Universal
Tyrese auf der "Fast & Furious Five"-Premiere
Vorurteile in der Traumfabrik
Interview: Tyrese und Justin Lin über Rassismus
Tyrese und Justin Lin verstehen sich offenbar blendend. Zumindest scheint Regisseur Lin keine Kosten und Mühen zu scheuen, um Schauspieler Tyrese bei "Fast & Furious Five" dabei zu haben, wie dieser uns mit einem Augenzwinkern berichtet. Während die Helden ihres aktuellen Action-Films ungeachtet der unterschiedlichen Nationalitäten für eine gemeinsame Sache kämpfen, sieht die Wirklichkeit leider anders aus. Im Interview mit Filmreporter.de sprechen Tyrese und Lin von rassistischen Konfrontationen in Hollywood. Ihren Humor lassen sie sich zum Glück nicht nehmen...
erschienen am 3. 05. 2011
Universal
Justin Lin auf der "Fast & Furious Five"-Premiere
Ricore: Herr Lin, wie wollten Sie mit "Fast & Furious Five" die anderen Teile toppen?

Justin Lin: Bei Sequels ist es immer das Ziel, den vorangegangenen Teil zu übertreffen. Als Kinogänger weiß man, dass Fortsetzungen gemacht werden, weil sie viel Geld einspielen. Es ist ein Privileg für einen Regisseur, daran teilzuhaben. Es gibt einem das Gefühl, dass die Zuschauer sich mit dem Stoff verbunden fühlen. Es liegt an uns, sich von Sequel zu Sequel zu steigern und nicht zu stagnieren. Wir hatten das Glück, dass das Studio uns unterstützte. Sie betrachteten den Film nicht nur unter dem finanziellen Aspekt, sondern ließen auch neue Ideen zu. Wenn man sich die fünf Teile rückblickend anschaut, merkt man, dass sie stilistisch und visuell alle anders sind.

Ricore: Paul Walker sagte, wenn es nach ihm ginge, könnte der sechste Teil noch düsterer und gewalttätiger werden.

Lin: [lacht] Das war beim fünften Teil auf jeden Fall die Herausforderung. Ich wollte, dass der Film bodenständig und realistisch wird. Am Ende ist er so geworden, wie ich ihn haben wollte. Trotzdem wird die Blu-ray eine weitere Szene enthalten, die wir für die Kinoversion herausgeschnitten haben. Dann bekommen die Fans die volle Packung des Films zu sehen.

Ricore: Es gibt eine Szene, in der ein Zug aus den Gleisen rutscht. Stimmt es, dass diese Szene eher durch Zufall entstand?

Lin: Nein, es war kein Zufall. Die Produzenten meinten, die Szene wäre zu teuer, doch mir war sie wichtig. Deshalb bestand ich darauf, sie dennoch zu drehen. Zum Glück ist alles gut gegangen. Das schwere und aufregende bei Auto- und Zug-Stunts ist, dass ein Stunt nie so läuft, wie ursprünglich geplant. Normalerweise habe ich vier Versionen, wie ein Stunt aussehen soll. In diesem Fall traf Plan C ein.
Universal Pictures (UPI)
Fast & Furious Five
Ricore: Der Film beinhaltet auch emotionale Momente...

Lin: Wenn Menschen "Fast & Furious" hören, denken sie an schnelle Autos und schöne Frauen. Wäre das ein sicheres Erfolgsrezept, hätten Studios mit vielen Filmen schon sehr viel Geld verdient. Der Grund, weshalb diese Reihe so erfolgreich ist, liegt darin, dass es außerhalb von Frauen und Autos um einen nicht traditionellen Familien-Gedanken geht. Das ist, was die Zuschauer mit dem Film verbindet. Ich glaubte, wenn wir alle Charaktere aus den bisherigen Filmen zusammenbekämen, könnten dieses Gefühl stark genug werden. Außerdem liebe ich an den Charakteren, dass sie sich entwickeln. Sie werden älter und ihre Probleme werden größer. Die Action-Szenen sollten helfen, die Charaktere hervorzuheben. Wir haben viel darüber gesprochen, wie die Szenen aussehen sollten, denn jeder hat eine andere Vorstellung. Wir wollten dem Zuschauer etwas bieten, von dem er eventuell noch gar nicht weiß, dass er es will. Wenn wir das geschafft haben, haben wir unseren Job erfüllt.

Ricore: Wie schwer war es, hübsche Frauen, schnelle Autos und den Familiengedanken miteinander zu vereinbaren?

Lin: Natürlich ist es nicht einfach, aber das ist der Grund, weshalb man es macht. Ich mag die Herausforderung. Ich stehe jeden Morgen um vier Uhr auf und bespreche mit jedem die erste Einheit des Tages. Dann treffe ich mich mit dem Drehbuchautoren, um Szenen zu besprechen, denn ein Drehbuch ist niemals fertig. Danach spreche ich mit dem Mann der zweiten Einheit und bespreche mit ihm, wie die nächsten Szenen aussehen sollen. Ich gehe schließlich um zwei Uhr nachts ins Bett und bekomme insgesamt eineinhalb Stunden Schlaf. Das ist mein Leben am Set. Ich muss Ambitionen für Höheres haben. Hätte ich die nicht, würde ich sterben.

Ricore: Die Familie in "Fast & Furious Five" ist in erster Linie eine selbst gewählte. Wie definieren Sie Ihren Familienbegriff?

Tyrese: Bevor ich die Möglichkeit hatte, in der Welt zu reisen, waren es für mich die Schwarzen und die Latinos. Mit ihnen bin ich in South Central L.A. aufgewachsen. Als ich durch Reisen das Ghetto verließ und verschiedene Umgebungen kennenlernte, merkte ich, dass es in vielen Kulturen große Ähnlichkeiten zu meiner gibt. Mittlerweile habe ich Freunde aus vielen Nationen. Das ist meine Familie, so wie sie auch im Film zu sehen ist. Wie im Film, als auch im Leben, sind alle auf dem gleichen Weg: Man versucht, sein Leben bestmöglich zu gestalten. Zwar verliert man immer wieder Weggefährten, aber letztlich versuchen sich alle gegenseitig zu helfen, egal welche Hautfarbe sie haben oder welche Religion sie besitzen. Alle sind darum bemüht, sicher zu leben und für ihre Familie zu sorgen.
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Vin Diesel, Paul Walker, Dwayne Johnson und Tyrese auf der "Fast & Furious Five"-Premiere
Ricore: Das spiegelt sich in "Fast & Furious Five".

Tyrese: Im Film ging es mir deswegen um den Gedanken der Brüderlichkeit. Ich bin froh, dass das Franchise keine Angst hat, sich den ethnischen Gruppen zu öffnen. Normalerweise haben Afro-Amerikaner in Filmen immer nur eine kleinere Rolle. Haben sie eine größere Präsenz, hat es einen zu urbanen Charakter und die Produzenten haben Angst um die Einspielergebnisse. Will Smith als Superstar bildet eine Ausnahme. Bei Asiaten ist das ebenso. In "Fast & Furious Five" gibt es sehr viele ethnische Kulturen, die nebeneinander existieren. Alle spielen eine gleichberechtigte Rolle. Keine Figur verkommt zum ethnischen Klischee. Alle kämpfen gemeinsam für die gleiche Sache. Das schätze ich am "Fast & Furious"-Franchise.

Ricore: Ist es nicht verrückt, dass es immer noch eine große Sache ist, ob ein Darsteller schwarz, weiß oder asiatisch ist?

Lin: Ja, das ist nach wie vor sehr rückwärtsgewandt. Ich muss deswegen immer noch Kämpfe austragen. Es ist verrückt, dass sich manche nicht mit asiatischen oder schwarzen Protagonisten identifizieren können. Ich kann mich als Asiate auch mit weißen Charakteren identifizieren. Das ist eine Frage von Menschlichkeit. Man realisiert, dass es nach wie vor ein sehr kleiner Club ist. Es ist einfach die Art und Weise, wie sie das Leben betrachten. Selbst heute habe ich es schwer, ins Studiogelände zu gehen. Obwohl ich der Regisseur von "Fast & Furious Five" bin, wurde ich von Sicherheitsleuten gestoppt und gefragt, was ich ausliefere. Ich beschwere mich nicht einfach, das ist nun mal die Realität.

Tyrese: [sarkastisch] Was liefern Sie aus? Ich liefere 700 Millionen Dollar Einspielergebnisse. Ich bin der Grund dafür, dass Sie bezahlt werden. Die Frage "Was liefern Sie aus" ist wirklich nicht in Ordnung. Das hätte man mich mal fragen sollen. [lacht] Ich fahre einen Maserati. Was ich ausliefere? McDonald's, du Motherfucker, öffne das Tor. [lacht]
UPI
Justin Lin mit Hauptdarsteller Vin Diesel
Ricore: Wie gehen Sie damit um?

Lin: Diese Kämpfe bei der Arbeit trage ich mit Stolz aus. Ich mache das nicht für einen größeren Zweck, sondern weil ich die Charaktere mag und sehen will, wie sie zu menschlichen Wesen werden.

Tyrese: Letztlich ist die Welt nicht schwarz und weiß.

Lin: Es ist interessant, dass Sie mich zu diesem Thema fragen. In den USA kommt es mir so vor, als ob es immer wieder um die Rasse geht. Wenn wir für den Film an andere Orte reisen, scheint das nicht so im Vordergrund zu stehen.

Tyrese: Ich denke, Rassismus existiert in allen Ländern. Der Unterschied liegt darin, wie man in anderen Ländern damit umgeht. Bei einem Film wie diesem, geht es darum, Spaß zu haben. Darüber hinaus verdient es jede Nationalität, jemanden auf der Leinwand zu sehen, mit dem man sich identifizieren kann.

Lin: Um nochmal auf Ihre Frage in Bezug auf Familie zurückzukommen: Für mich geht es um gemeinsame Erfahrungen. Wenn ich Leuten zum ersten Mal begegne, sieht man mich in erster Linie als Asiaten. Asiatische Amerikaner kommen auf mich zu und bezeichnen mich als Bruder. Ich denke mir dann, dass wir uns ähnlich sehen, aber ich die Person gar nicht kenne und keine Erfahrungen mit ihr geteilt habe. Familie ist etwas, das man sich verdient und zwar im nicht traditionellen Sinne, dass man eine gemeinsame Erfahrung teilt.

Ricore: Wie ist das zwischen Ihnen und Tyrese?

Lin: Tyrese und ich haben einen Film zusammen gemacht. So haben wir uns kennen gelernt. Wir haben uns unsere Beziehung verdient, wir haben zwei Filme miteinander gedreht. Auf diese Verbindung bin ich stolz. Mit dem Publikum und der Familie ist es genauso. Es gibt gute Asiaten, aber es gibt auch Asiaten, die Arschlöcher sind. Ich möchte also nicht einfach mit allen assoziiert werden, nur weil ich so ähnlich aussehe.

Tyrese: Es gibt auch schwarze Menschen, die Arschlöcher sind. [lacht] Darüber könnten wir hier die nächsten drei Stunden reden. Familie ist, dass Justin Lin für "Fast & Furious Five" einen Helikopter gekauft hat, um mich für ein Meeting einzufliegen. Er kommt mit dem Helikopter an und bittet mich, aus meinem Haus rauszukommen. Daraufhin antworte ich: "Klar, Justin. Aber ich hab hier noch ein Paket von McDonald's, das ich abliefern muss. [lacht]

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 3. Mai 2011
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Tyrese Gibson besitzt viele Talente. Neben der Schauspielerei ist er als Model, Musiker und Autor tätig. Als 19-Jähriger bringt er sein erstes Album heraus. 2000 wird er mit dem Fast & Furious"-Filmen, gehören die Auftritte in der "Transformers"-Reihe zu seinen bekanntesten Rollen.
Schon während seines Studiums an der Better Luck Tomorrow". Auch dieses Projekt wird ein Erfolg. 2002 wird das Werk unter anderem für den Jury-Preis auf dem Fast & Furious"-Reihe.
Seit der frühere Undercover-Polizist Brian O'Conner (Paul Walker) seinen Freund Dominic Toretto (Vin Diesel) aus der Gefangenschaft befreit hat, sind beide auf der Flucht. In Rio de Janeiro planen sie mit weiteren Verbündeten einen letzten Coup. Dabei bekommen sie es mit dem erbarmungslosen Gesetzeshüter Luke Hobbs (Dwayne Johnson) sowie einem skrupellosen Unternehmer zu tun. Wie bei den zwei vorhergehenden Teilen hat Justin Lin auf dem Regiestuhl Platz genommen. Gedreht wurde unter anderem in..
2024