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Karl Urban in Berlin
Neuseeländer mit deutschen Wurzeln
Interview: Globetrotter Karl Urban
Karl Urban wird gern in die Bösewicht-Schublade gesteckt. Das mag an seiner Verkörperung des knallharten Gegners von Bruce Willis in "R.E.D. - Älter.Härter.Besser" liegen. Mit seinem Auftritt in der Comic-Verfilmung "Priest (3D)" scheint Urban dieses Vorurteil zu bestätigen. Doch sind das eindimensional böse Figuren? Auch wird übersehen, dass dem Neuseeländer mit Eomer in den ersten beiden "Herr der Ringe"-Abenteuern der Durchbruch gelang. Verständlich, dass der 38-Jährige im Interview mit Filmreporter.de eine differenzierte Betrachtung seines Rollenspektrums verlangt.
erschienen am 10. 05. 2011
Sony Pictures
Priest (3D)
Ricore: Wie würden Sie "Priest" bezüglich seiner Genrezuordnung klassifizieren?

Karl Urban: Meiner Meinung nach ist "Priest" eine Mischung verschiedener Genres. Er enthält Science-Fiction- und Western-Elemente, während die Handlung vor dem Hintergrund eines apokalyptischen Szenarios angesiedelt ist. Ich denke, man kann den Film als eine moderne Variante von John Fords Klassiker "Der schwarze Falke" betrachten.

Ricore: Sie spielen in "Priest" erneut einen Bösewicht. Ist das ein Trend?

Urban: Ich denke, man sollte meine vermeintlich bösen Rollen differenzierter betrachten. Was mich an "Priest" besonders interessiert, ist die Tatsache, dass es sich bei der Figur um einen gefallenen Helden handelt. Black Hat war ein Priester-Krieger, der bei einer Schlacht ums Leben kam. Sein Job war es, die Menschheit vor Vampiren zu beschützen. Nach seinem Tod verwandelt er sich selbst in einen Blutsauger. Ich fand es interessant, eine Figur darzustellen, die sich gegen ihren Willen auf der anderen Seite befindet.

Ricore: "Priest" enthält viele Actionszenen. Mussten Sie sich darauf vorbereiten?

Urban: Ja, wir haben uns ausgiebig darauf vorbereitet. Vier oder fünf Wochen vor Drehbeginn haben wir angefangen, zu trainieren. Wir hatten ein großartiges Stuntteam. Es half uns, bei den Kämpfen gut auszusehen.

Ricore: Stimmt es, dass Sie während einer Kampfszene Paul Bettany verletzt haben?

Urban: Ja, es floss Blut (lacht)
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Karl Urban in "Priest (3D)"
Ricore: Was ist passiert?

Urban: In einer Szene sollte Pauls Figur Priest an der Seite eines Zuges hängen. Meine Figur sollte über ihm stehen und auf seine Hand treten, damit er runterfällt. Als wir diese Szene drehten, traf ich Paul tatsächlich am Finger. Ich hörte ihn plötzlich schreien und dachte nur: Oh Mann ist der ein toller Schauspieler (lacht). Paul aber lief am Set herum schrie ganz wild vor Schmerzen, bis ich realisierte, dass er tatsächlich verletzt war. Das war kein guter Tag (lacht).

Ricore: Sie haben sich wieder versöhnt, oder sind sie jetzt Feinde fürs Leben?

Urban: Alles ist wieder gut. Der ganze Stunt hätte anders aufgebaut werden sollen. Später wurde das Konzept geändert und dann funktionierte es.

Ricore: Wie so viele Filme in letzter Zeit basiert auch "Priest" auf einer Comic-Vorlage. Wie erklären Sie sich den Erfolg von Comic-Adaptionen?

Urban: Ich denke, das hat etwas mit den Figuren und den Geschichten zu tun. Viele Comics liefern großartige Vorlagen. Außerdem haben Comics Gemeinsamkeiten mit dem Medium Film. Beides sind visuelle Medien, die ihre Geschichten in einer Abfolge von Bildern erzählen.

Ricore: Begrüßen Sie die Tendenz zu Comic-Vorlagen oder wünschen Sie sich mehr Originalgeschichten?

Urban: Ich denke, solange die Filme qualitativ hochwertig und erfolgreich sind und ihr Publikum finden, wird Hollywood damit weitermachen. Auch wenn ihr die Vorlagen irgendwann ausgehen, wird die Industrie auf andere Vorlagen als Inspirationsquellen zurückgreifen. Sei es, dass es sich dabei um moderne oder alte Literatur-Vorlagen handelt oder dass sie fiktional oder der Wirklichkeit entnommen sind. Dabei kann es auch ungewöhnliche Vorlagen geben. Ich denke da zum Beispiel an Sean Penns "Indian Runner", der von einem Song Bruce Springsteens inspiriert wurde.
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Karl Urban auf der Deutschlandpremiere von "Star Trek" in Berlin
Ricore: Dennoch sehen manche diese Entwicklung kritisch. Sie würden den Trend nicht als Zeichen für Mangel an Ideen in Hollywood betrachten?

Urban: Nein, ganz im Gegenteil. Ich halte das für ein Anzeichen der Kreativität. Man kann nicht von der Art des Stoffes auf die Kreativität schließen. Hinter einem Filmprojekt steht ein großes kreatives Team, die den Film für die Menschen herstellen. Wenn diese das Ergebnis mögen, dann ist das doch schön.

Ricore: Sind sie selbst Comic-Leser?

Urban: Nein, ich habe nicht viele Comics gelesen. Es gibt aber einige, die ich in jüngeren Jahren gerne las. Zum Beispiel "Judge Dredd" oder Frank Millers "The Dark Knight Returns".

Ricore: Sie leben derzeit in Neuseeland. Warum ziehen Sie nicht in die USA, wo Sie eh meist arbeiten?

Urban: Ich verbringe in der Tat wegen meines Berufs viel Zeit in Los Angeles. Neuseeland ist jedoch mein Zuhause. Hier habe ich meine kulturellen Wurzeln, hier wohnen meine Familie und meine Freunde. Ich habe kein Verlangen, meine Heimat zu verlassen.

Ricore: Es gibt also gewisse Werte, die mehr wiegen, als die Karriere?

Urban: Ja, meine Familie ist mir sehr wichtig. Und ich sehe einfach nicht die Notwendigkeit, die Karriere über die Familie zu stellen.
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Karl Urban unter Fans in Berlin
Ricore: Ist es nicht stressig, zwischen Neuseeland und Los Angeles hin- und her zu pendeln?

Urban: Nein, gar nicht. Diese zwei Lebensstile ergänzen einander sehr gut. Ich liebe Neuseeland. Ich genieße es, wegen meiner Arbeit in fremde Länder zu reisen. Erst kürzlich war ich wegen der Dreharbeiten zu "Dredd" in Südafrika. Es war großartig. Ich habe einen Job, bei dem ich fremde Länder und Kulturen kennenlernen kann und gleichzeitig das tun darf, was ich gerne tue. Das ist schön.

Ricore: Sie haben einen deutschen Vater, der Ihnen einen deutschen Vornamen gegeben hat: Karl-Heinz. Hat er Sie auch zweisprachig erzogen?

Urban: Nein, das hat er nicht.

Ricore: Also sprechen Sie kein Wort Deutsch?

Urban: (auf Deutsch:) Ich spreche ein bisschen Deutsch. (Wieder auf Englisch:) Ich verstehe aber mehr, als ich sprechen kann. Ich habe einige Zeit in Deutschland verbracht. In meiner Jugend habe ich oft in Deutschland Urlaub gemacht. Außerdem lebte ich für einige Monate in Berlin, als wir dort "Die Bourne Verschwörung" gedreht haben. Ich liebe Deutschland und seine Kultur. Das Land hat eine reichhaltige und interessante Geschichte. Ich liebe es, durch Deutschland zu wandern. Vor allem die Mosel- und die Rhein-Region haben es mir angetan. Es gibt dort sehr viele beeindruckende Gebäude. Es ist ein schönes Land.

Ricore: Sie erwähnten eben schon ihr nächstes Projekt "Dredd". Was werden wir von Ihnen in der Zukunft sehen?

Urban: Leider habe ich keine Zauberkugel, deswegen kann ich nicht sagen, was in der Zukunft passieren wird (lacht). Sicher ist aber, dass "Dredd" als nächstes in die Kinos kommen wird. Außerdem werde ich in einem weiteren "Star Trek"-Teil mitwirken und es wird ein Sequel von "R.E.D. - Älter.Härter.Besser" geben.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 10. Mai 2011
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Als Sohn einer deutschen Mutter wächst Karl Urban im neuseeländischen Wellington, auf. Jahrelang arbeitet er auf dem Bauernhof seines Onkels und ist so harte Arbeit gewöhnt. Daher ist für ihn eine intensive Vorbereitung selbstverständlich, als er für die Rolle Éomers in der "Der Herr der Ringe"-Trilogie engagiert wird. Jahre später spielt er als Dr. McCoy in J.J. Abrams "Star Trek"-Neuflage erneut in einer kommerziellen Filmreihe. 2011 jagt er in "Priest (3D)" Vampire. Privat ist Urban..
Priest (3D) (Kinofilm)
Durch den Krieg zwischen Mensch und Vampire wurde die Welt nahezu komplett verwüstet. Die wenigen Überlebenden leben in der Finsternis ummauerter Städte. Einer davon ist ein Priester (Paul Bettany), der sich im Kampf gegen die Untoten als legendärer Gotteskrieger hervorgetan hat. Als seine Nichte Lucy (Lily Collins) von einer Bande Vampiren entführt wird, begibt er sich auf eine obsessive Jagd. Er muss Lucy finden, bevor es den Vampiren gelingt, sie zu einer der ihren zu machen. "Priest" ist..
2024