Walt Disney Studios Motion Pictures Germany
Erfolgsproduzentin Denise Ream
"Papst-Mobil musste in den Film"
Interview: Auto-Fan Denise Ream
Man könnte meinen, dass eine Frau als Produzentin eines Films über Autorennen und Spionage nicht die richtige Wahl sei. Das ist ein Irrtum, wie "Cars 2"-Produzentin Denise Ream im Interview beweist. Sie liebt Autos, findet Formel-1 im Gegensatz zur amerikanischen Nascar richtig spannend und träumt von ihrem eigenen Hybrid-Auto. Der Grund, warum sie sich für "Cars 2" richtig ins Zeug legte, war ihre Nichte. Die sollte die Fortsetzung noch mehr mögen als den ersten Teil.
erschienen am 27. 07. 2011
Walt Disney Studios Motion Pictures Germany
Harmonisches Team Denise Ream und John Lasseter
Ricore: Wie war Ihr Leben in den letzten drei Jahren während der Produktion von "Cars 2"?

Denise Ream: Es war schon anstrengend. Es ist ja ein sehr großer Film, eigentlich der größte, den wir bei Pixar bisher realisiert haben: Mehr Handlungsorte, mehr Charaktere, mehr Massenszenen. Wir mussten sehr planvoll vorgehen. Dass John Lasseter als Regisseur hinzukam war natürlich toll, aber er hat sehr viel zu tun. Wir mussten also einen ziemlich guten Zeitplan entwickeln. Zum Glück konnte er viele seiner Aufgaben delegieren, so dass er sich wirklich auf die Story fokussieren konnte.

Ricore: Wie groß war der Erfolgsdruck, "Cars" zu toppen?

Ream: Ich denke, dass jeder Produzent, der bei Pixar einen Film macht, einen gewissen Erfolgsdruck verspürt. Ich wollte diesen Film unbedingt machen, weil meine kleine Nichte den ersten Teil so wahnsinnig liebt. Sie ist verrückt nach "Cars". Und jetzt war meine Motivation, dass sie den zweiten Teil lieber hat. Und es hat geklappt. Ihr Urteil war am wichtigsten für mich.

Ricore: Bei Pixar arbeiten viele kreative Leute, die manchmal vielleicht auch über die Stränge schlagen - was die Kosten angeht. Wie hielten sie die unter Kontrolle?

Ream: Manchmal kamen beim Brainstorming Storyboards zur Sprache, bei denen ich leicht zusammengezuckt bin.

Ricore: Wie bei "Wie wäre es mit einem Rennen in Berlin?"

Ream: Ja. Für die ganzen Szenen, die in Deutschland spielen, haben wir uns ausführlich vorbereitet. Wir sind in den Schwarzwald gefahren, auch zum Nürburgring. Aber der Film wurde zu lang und wir mussten uns entscheiden, was wir reinnehmen wollen. In diesem Punkt war ich sehr froh über John, denn er ist sehr gut darin zu entscheiden, was für die Story wichtig ist und worauf wir am Ende verzichten können.
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Cars 2
Ricore: In Pixarfilmen gibt es immer viele kleine Details. Hier etwa eine Szene im Vatikan, in der das Papst-Mobil zu sehen ist. Es ist ein Auto in einem Auto. Wie teuer ist es, solche Gags zu machen, die nur für Sekunden zu sehen sind?

Ream: Im Film gibt es viele Szenen, die wir One-Offs nennen. Im Vergleich mit "Oben" war die Arbeit anders. Nachdem wir das Haus gebaut hatten, konnten wir viele kleine Dinge dort filmen. Bei "Car 2" hatten wir aber keinen festen Handlungsort. Wir reisten von einem Ort zum nächsten. Bei diesem Film haben wir uns darauf konzentriert, was die Kamera sieht. Bei anderen Pixarfilmen wurde alles gebaut und dann konnte man die Kamera dort hinsetzen, wo man wollte. Aber dazu hatten wir diesmal nicht genug Zeit. Stattdessen haben wir einen Pre-Scout eingesetzt und John sagte, welche Einstellungen er unbedingt benötigt. Als das Papst-Mobil in der Story-Gag-Planung auftauchte, war klar, dass es unbedingt im Film sein musste.

Ricore: Es gibt eine Story-Gag-Planung?

Ream: Man hat eine Szene und überlegt, was da alles passieren könnte. Zum Beispiel am Anfang, als Hook und Lightning McQueen nach dessen Rückkehr einen Tag verbringen. Die Story-Guys überlegen, was sie alles erleben könnten. Natürlich gibt es dann Ideen, die zu teuer sind und die nicht realisiert werden können.

Ricore: Welche waren das?

Ream: Hook und Lightning McQueen in einem Wasser-Fun-Park. Stattdessen gab es das Traktor-Schubsen. Angeblich hat das Kühe-Schubsen ja eine Tradition in Amerika, wovon ich zuvor aber noch nie gehört hatte.

Ricore: Was sind das für Typen, diese Story-Guys?

Ream: Sie haben alle komplett unterschiedliche Persönlichkeiten. Bei manchen wären sie zunächst überrascht, wie ruhig sie sind. Sie sagen tatsächlich kein Wort. Und dann setzen sie sich hin und zeichnen, dabei kommen ihnen die wunderbarsten Ideen. Andere sind großartige Schauspieler, die für die Geräusche zuständig sind. Wir nehmen uns den Film ungefähr acht Mal vor, besprechen alle Szenen, die Soundeffekte, die Musik, die Dialoge. Da sind wirklich tolle Schauspieler dabei. Ich war wiederholt einfach geblendet von den Schauspielern und den Zeichnern, die die Szenen mit so vielen Details so fantastisch gestalten.
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Denise Ream
Ricore: Welche mochten sie besonders?

Ream: Als sie die Mel-Dorado-Show sehen, mixt Guido Drinks. Während er sie eingießt, leckt er sich die Lippen. Es ist nur eine kleine Szene, die man verpasst, wenn man gerade zwinkert, aber ich finde es großartig. Die Zeichner haben viele solcher Ideen.

Ricore: Es geht um Autos und eine Spionage-Geschichte, was nicht unbedingt frauenaffine Themen sind. Wie war das für Sie als Frau, mit diesen ganzen Autofans zusammen zu arbeiten?

Ream: Ich war früher kein Autofan. Ich wusste gerade einmal, was ich für ein Auto fahre. Für mich sahen alle Autos gleich aus. Aber dann war ich einmal für einen anderen Film bei einem Formel-1-Rennen und es hat mich gepackt. Nascarrennen interessieren mich nicht, die Formel-1 schon. Ich begann mich auch für die technische Seite zu interessieren. Das war, als Michael Schumacher für Ferrari fuhr. Spionagefilme mag ich, das war also ein Kinderspiel. Ich machte eine Vorbereitungsreise nach Pebble Beach, wo ein berühmtes Autorennen stattfindet. Das gab mir die größte Inspiration für den Film. Die Autos sind dort einfach fantastisch. Ich war heute Morgen kurz im Museum und dort habe ich mir tatsächlich die Autos angesehen. Ich kann mich mittlerweile für das Design begeistern. Hätten Sie mir vor ein paar Jahren gesagt, dass ich mir im Museum für moderne Kunst die Autos ansehe, hätte ich gesagt, Sie sind verrückt. Ich liebe die europäischen Autos der 1950er und 60er Jahre. Und jetzt will ich auch so eins. Es ist einfach Autos zu lieben, wenn man sich das Design genau anschaut.

Ricore: Was wird also Ihr nächstes Auto?

Ream: Ich weiß nicht, ob ich das sagen sollte, aber als wir am Flughafen in diesen BMW einstiegen, das war einfach fantastisch. Aber diese Autos sind so teuer und ich glaube, ich bin dafür zu geizig. So werde ich meinen Volvo wohl noch etwas fahren und auf ein Hybrid-Auto von BMW warten. Obwohl, ein Maserati würde mir auch gefallen. Aber die sind noch teurer.
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Auto-Fans Denise Ream und John Lasseter
Ricore: In "Cars 2" ist Lightning McQueen fast zum Nebencharakter geworden - Hook steht nun viel mehr im Vordergrund. Wie kam das?

Ream: Die Idee für den Agentenfilm ist schon über elf Jahre alt. Aber bei seinen Reisen stellte sich John Hook in diesen Situationen vor. Hook in einer Spionagehandlung war der Anstoß für diesen Film. Unter anderem war auch Alfred Hitchcocks "Der unsichtbare Dritte" eine Inspiration. Die Idee, dass ein Unschuldiger in eine Verschwörung hineingezogen wird. Und was ist Hook, wenn nicht unschuldig? Er ist so warmherzig und gutgläubig.

Ricore: Gerade für Kinder ist er eine gute Identifikationsfigur.

Ream: Ja, aber das war nicht die Motivation für die Story.

Ricore: Pixar macht Familienfilme. Wie sehr mussten sie bei der Agentengeschichte darauf achten, dass nicht zu viel Gewalt ins Spiel kommt?
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Regisseur John Lasseter und Produzentin Denise Ream mit den deutschen Synchronsprechern von "Cars 2" Thomas Kretschmann und Bettina Zimmermann
Ream: Es gab ein paar Fälle, bei denen ein paar Leute dachten, es könnte zu weit gehen. Ich sprach also mit John und er akzeptierte es. In einem Spionagefilm muss man auch eine Atmosphäre von Gefahr schaffen, sonst ist es nicht realistisch. Aber ich habe sehr darauf geachtet, dass es nicht zu viel wird.

Ricore: Es gibt eine Szene, in der es um Hooks Hotelrechnung geht und wo indirekt auf Sex angespielt wird.

Ream: Das ist ein Insider. Ich hoffe, dass Kinder ihn einfach nicht verstehen.

Ricore: Was für ein Typ ist John Lasseter?

Ream: Er ist sehr leidenschaftlich und enthusiastisch. Er sorgt sich und spürt die Dinge tief. Er holt sich seine kreative Inspiration von überall her. Er sieht die Welt mit anderen Augen, was wirklich belehrend ist, aber auf eine gute Art. Das versuche ich nachzuahmen. Sein Enthusiasmus war sehr ansteckend. Am Ende wollten alle ihr Bestes tun, um ihm zu gefallen, weil er selber mit ganzem Herz dabei ist. Ich denke es gibt kein anderes Studio, wo es so viel Kreativität gibt.

Ricore: Wie ist es, bei Pixar zu arbeiten? Wird sich dort sehr um die Leute gekümmert?

Ream: Es ist ein Ort, an dem die Familie der Angestellten stark mit einbezogen wird. Die Angehörigen können immer vorbei kommen. Die Weiterbildung der Leute wird sehr gefördert. Es gibt viele Seminare. Die Mitarbeiter arbeiten sehr hart. Umso wichtiger ist es, dass ihre Kreativität gut gefüttert wird. Wenn man so viele Stunden arbeitet, ist es wichtig, dass es einem dabei gut geht. Darauf achtet man bei Pixar sehr.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 27. Juli 2011
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Cars 2 (3D) (Kinofilm)
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2024