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Melanie Winiger auf der "Resturlaub"-Premiere in München
Porno als Alternative?
Interview: Melanie Winiger kennt sich aus
Melanie Winiger wurde 1996 mit 17 Jahren zur bis dato jüngsten Miss Schweiz gewählt. Seitdem ist sie als Model tätig. Zudem ist sie auch als Moderatorin und Schauspielerin aktiv. In "Resturlaub" agiert Winiger als feurige Argentinierin Luna, die den Männern den Kopf verdreht. Weshalb diese so gar nicht ihre Persönlichkeit spiegelt, erläutert die sympathische Schweizerin Filmreporter.de im Interview. Gut gelaunt berichtet sie dabei, weshalb Sex-Szenen kein Problem sind.
erschienen am 26. 08. 2011
Sony Pictures
Resturlaub
Ricore: Wie kommt man zu einer teuren Penthouse-Wohnung wie der in "Resturlaub"?

Melanie Winiger: Das weiß ich auch nicht. Am besten fragen Sie die Besitzerin des Hauses.

Ricore: Auch in der Schweiz sind die Mieten teuer, etwa in Basel.

Winiger: Warum sollte man in Basel leben?

Ricore: Was ist schlecht an Basel?

Winiger: Sie fragen eine Züricherin was schlecht an Basel ist? Das geht nicht. (Lacht) Schon gar nicht beim Fußball, wenn FC Zürich gegen FC Basel spielt. Aber in Zürich sind die Mieten auch zu hoch. Da muss man mal mit den Politikern reden.

Ricore: Wohnen Sie direkt in Zürich?

Winiger: Ein wenig außerhalb, da ich einen neunjährigen Sohn habe. In der Stadt zu wohnen, wäre nicht unbedingt förderlich.

Ricore: Ist das Leben auf dem Land generell besser?

Winiger: Ich bin im Tessin aufgewachsen und deswegen sowieso ein Landei. Losone ist ein Ort mit 6.000 Einwohnern. Das ist ein richtiges Kaff. Deswegen bin ich ein wenig traumatisiert vom Leben. Aber ich arbeite daran, dass es besser wird.
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Melanie Winiger verdreht in "Resturlaub" Maximilian Brückner den Kopf
Ricore: 6.000 Menschen? Das ist eher eine Kleinstadt...

Winiger: Nein, Nein. Losone hat nichts von einer Stadt (lacht).

Ricore: Hat man es als ehemalige Miss Schweiz schwerer oder leichter im Business?

Winiger: Ich habe superjung gewonnen. Ich war 17 und die jüngste Miss Schweiz überhaupt. Also noch ein Teenie, quasi ein Baby. Für mich war es extrem schwierig, weil man mindestens zehn Mal härter kämpfen muss, damit man ernst genommen wird und das Aussehen keine Rolle mehr spielt. Es ist wie eine Corsage. Man muss sich aus dieser befreien. Bei mir hat es gut geklappt, weil ich in der Schweiz nie die typische Miss Schweiz war. Ich habe immer die falschen Sachen im falschen Moment gesagt. Ich habe nie das gemacht, was man von mir erwartet hat. Ich war eher ein starker Gegenpol, weil ich schon immer ein Rüpel oder ein Tomboy war. Ich habe eher mit Fußbällen gespielt, als mit Barbies. Darum polarisiere ich in der Schweiz auch. Entweder man hasst mich, oder man liebt mich.

Ricore: Ist diese Polarisierung der Grund, weshalb Sie Ihr Schauspielstudium in Los Angeles absolvierten?

Winiger: Nein. Das habe ich gemacht, weil mir Method Acting mehr liegt. Aber das gibt es in der Schweiz nicht. Außerdem ist LA auch eine ganz schöne Stadt.

Ricore: Weshalb gibt es in der Schweiz kein Method Acting?

Winiger: Das müssten Sie die Schweizer fragen. Die machen eher Theater-Schauspielerei im Sinne des Imitations-Schauspielens. In dem Film, den ich als erstes drehte, habe ich einfach etwas gemacht. Ich hatte wirklich keine Ahnung, ich war grün hinter den Ohren. Dort habe ich einfach angefangen, von mir aus Sachen zu machen, die mit Method Acting zu tun haben. Als ich weinen sollte, habe ich mir Sachen vorgestellt, die mir in meinem Leben passiert sind. Der Regisseur sagte später zu mir, dass es Method Acting sei, was ich mache. Zu dem Zeitpunkt war ich gerade zwei Monate in LA und habe mir das Ganze mal angesehen. Manches fand ich total daneben, manches funktionierte hingegen für mich. Das habe ich dann anschließend übernommen.
Movienet Film
Achtung, fertig, Charlie!
Ricore: Weshalb sind Sie nach Ihrer Ausbildung nach Europa zurückgekehrt?

Winiger: Das ist so eine Sache, dass man immer denkt, in Amerika geht alles besser. Mein Interesse war nie, überwiegend in LA zu drehen. Ich hatte zudem nur ein Studentenvisum. Mein neunjähriger Sohn war eineinhalb als ich damals nach LA gezogen bin. Ich habe mir immer gesagt: "Wenn es um die Schule geht, kehre ich zurück in die Schweiz." Denn unser Ausbildungssystem ist wirklich gut. Ich möchte das mein Sohn in der Schweiz in die Schule geht und nicht in Amerika. Als er dann vier Jahre alt wurde, bin ich schließlich zurück gekommen. Wenn es mal dazu kommt in Amerika zu drehen, dann ist es super. Aber dann muss mir auch die Figur liegen. Ich muss einfach von der Rolle profitieren können. Dabei ist es egal, wo diese herkommt.

Ricore: Was heißt 'von der Rolle profitieren'?

Winiger: Ich muss etwas auf dem Weg mitnehmen können. Jede Figur die ich spiele, muss etwas haben von dem ich denke, dass ich es noch nicht ausprobiert habe. Nach "Achtung, fertig, Charlie!" habe ich ein Drama namens "Lange" gemacht. Irgendwann habe ich gesagt: "Das mit dem Weinen habe ich jetzt drauf. Darauf habe ich nun keinen Bock mehr." Das Schönsein in "Resturlaub" war für mich das Schwierigste, dass ich bisher machen musste. Ich habe so sehr dagegen gearbeitet, seit dem ich 17 war. Einfach schön zu sein und das Schöne so zu spielen, war für mich unfassbar schwer.

Ricore: Waren die Sex-Szenen insofern einfacher, als das Schönsein?

Winiger: Viel einfacher. Ganz einfach ist es natürlich nicht. Aber ich halte die Problematik schon für überbewertet. Ich habe keine Probleme mit Sex-Szenen. Das wird viel zu sehr tabuisiert. Alle Frauen haben ungefähr denselben Körper. Probleme habe ich nur, wenn der andere Schauspieler schwierig ist. Mit Maximilian Brückner gab es zum Glück keine Probleme. Wir haben uns gesehen und waren sofort super Kumpel. Von Anfang an war es wie 'Gehen wir ein Bier trinken?'. Er hat keinen Größenwahn und ist locker drauf. So einen männlichen Schauspieler, hatte ich bisher noch nie am Set getroffen. Außerdem hat er nicht wie viele andere, dieses Schauspieler-Ego. Er steht auf der Bühne, weil es ihm Spaß macht. Bei mir ist es dasselbe. Der Dreh der Sex-Szene war höchstens deswegen ein wenig schwierig, weil es mein erster Drehtag war. Aber dadurch, das Maximilian und ich super ausgekommen sind, war das kein Problem.
Anna Weinreich/Ricore Text
Melanie Winiger auf der "Resturlaub"-Premiere in München
Ricore: Und das Stöhnen?

Winiger: Das Stöhnen war der Horror. Das war echt zum Kotzen. Ich kam mir so dämlich vor.

Ricore: Man stöhnt wie im Porno, oder?

Winiger: Ja eben. Aber ich habe am Set gesagt: "Falls es mit der Schauspielerei nicht mehr klappt, kann ich immer noch in die Pornoindustrie einsteigen." (Lacht)

Ricore: Gibt es für die Zukunft schon weitere Pläne, außer Kinder groß zu ziehen und die Schweiz zu vertreten?

Winiger: Ich weiß nicht, ob die Schweizer so froh wären, wenn ich sie nach Außen vertreten würde (lacht). Aber die Filmindustrie ist immer schwierig. Ich habe zwei, drei Drehbücher Zuhause. Aber dann kommen noch verschiedene Dinge wie die Finanzierung hinzu. Ich habe aufgehört für bestimmte Sachen Vorfreude zu empfinden. Das gibt ansonsten nur große Enttäuschungen. Ich fahre nach dem Motto: "Habe keine Erwartungen. Dann wirst du auch nicht enttäuscht." Das hat meine Mutter immer gesagt. Deshalb ist eine Sache für mich erst dann ein neues Projekt, wenn der Vertrag fertig unterschrieben bei mir auf dem Schreibtisch liegt.

Ricore: Werden Sie in Zukunft erneut Fußball EM- oder WM-Auslosungen moderieren?

Winiger: Auf jeden Fall. Schon in wenigen Wochen werde ich zum Beispiel die Champions League-Auslosung in Monte Carlo moderieren.
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Maximilian Brückner und Melanie Winiger in "Resturlaub"
Ricore: Wie läuft die Vorbereitung auf so ein Event ab?

Winiger: Ich habe bisher noch keinen Text bekommen. Aber ich glaube, dass wohl dieselben dabei sein werden, wie jedes Jahr. Für mich ist der schwierige Teil der Moderation die Gewinner in den verschiedenen Kategorien wie Bester Torwart des Jahres und so weiter zu prämieren.

Ricore: Warum?

Winiger: Das Problem ist, dass die meisten Fußballer nicht fürs Sprechen geschaffen sind. Es ist manchmal echt schwierig mit ihnen. (Lacht)

Ricore: Gibt es positive Ausnahmen?

Winiger: Lionel Messi ist ein absoluter Schatz, dass muss ich wirklich zugeben. Mit ihm würde ich jeden Tag arbeiten. Er ist so süß und gut erzogen. Er hat überhaupt kein Fußballer-Ego, ich finde ihn echt super. Er freut sich immer noch über jeden Preis und hat immer noch das Gefühl, dass jeden Tag Weihnachten sei. Man sieht im richtig an, wie sehr er sich freut. Es ist immer schön, wenn man mit solchen Menschen zusammenarbeiten kann. Dann gibt es bei Fußballern natürlich aber auch ganz andere Sachen. Cristiano Ronaldo ist zum Beispiel nicht so mein Typ.

Ricore: Sieht Ihr Sohn "Resturlaub"?

Winiger: Nein, ich habe es ihm verboten. Er ist neun und darf auch keine Sachen wie "Harry Potter" gucken. Er ist vom Sternzeichen Fisch und deshalb sehr sensibel. Von den Filmen die ich bisher gemacht habe, wären "Resturlaub" und "Achtung, fertig, Charlie!" noch am ehesten etwas für ihn. Aber für ihn ist es noch schwer zu akzeptieren, dass seine Mama nicht immer das ist, was er im Film sieht. Er weiß, dass ich Schauspielerin bin und im Prinzip das mache, was andere mir sagen (lacht). Aber die Details würde er noch nicht verkraften. Deshalb ist es besser, wenn er noch eine Weile unbelastet bleibt. Aber wenn er älter ist, kann er natürlich selbst entscheiden, ob er seine Mutter in Filmen sehen möchte, oder nicht.
Anna Weinreich/Ricore Text
Melanie Winiger auf der "Resturlaub"-Premiere in München
Ricore: Als Elternteil kann man das auch irgendwann nicht mehr verhindern.

Winiger: Genau. Ich würde es auch nicht verhindern, wenn ich Probleme mit den Sex-Szenen hätte. Ich habe es bisher einfach unterbunden, weil ich weiß, dass er emotional noch nicht so weit ist.

Ricore: Wo Sie eben auf Sternzeichen eingegangen sind: Glauben Sie an Horoskope?

Winiger: Ich bin nicht abergläubisch und lese auch nicht jeden Tag mein Horoskop. Aber es gibt Eigenschaften, die definitiv auf einen zutreffen. Ich bin Wassermann und es gibt glaube ich niemanden, der freiheitssüchtiger und -liebender ist als ich. Es gibt wirklich gewisse Facetten, die auf einen zutreffen. Für allgemeine Dinge natürlich, nicht für tägliches. Man wird durch ein Horoskop nie erfahren, wann man seine große Liebe findet.

Ricore: Ist das Ende von "Resturlaub" für einen freiheitsliebenden Menschen wie Sie erfüllend?

Winiger: Freiheitsliebend muss ich nochmal erklären. Der Begriff heißt für mich nicht wahnsinnig zu sein und jeden Tag in einem anderen Ort zu leben. Jeder hat einen anderen Eindruck, was Freiheit für ihn bedeutet. Ich finde das Ende schön, weil es für mich nicht spießig ist. Heute denken viele, dass nur Kunstleute und Superintelligente cool sind. Das finde ich total überbewertet. Eine Familie und ein Haus zu haben und irgendwo auf dem Land zu leben, kann viel cooler sein, als die ganze Zeit ein Suchender zu bleiben. Für mich ist Suchen nicht gleichbedeutend mit Freiheit. Ich finde Spießer viel cooler, als diejenigen die drei Stunden vor dem Spiegel stehen und übercool aussehen wollen. Am Ende sehen die so aus, als hätten sie gar nichts gemacht.

Ricore: Dann ist Ihre persönliche Meinung konträr zu der von Ihnen dargestellten Luna. Diese ist schließlich auf das schöne Leben und reiche Männer aus.

Winiger: Ich habe in der Tat nicht sonderlich viel gemeinsam mit Luna. Was sie macht ist nicht mein Ding (lacht). Ich habe eine strenge indische Erziehung von meiner Mutter genossen. Sie sagte immer: "Wenn du etwas möchtest musst du es dir holen. Nicht von einem Typen, sondern selbst für deine Sachen kämpfen.". Ich war zudem lange allein erziehende Mutter. Ich bin also das genaue Gegenteil von Luna. Ich habe noch nie von einem Mann Geld genommen oder Geld gebraucht. Ich habe mir immer alles selbst erarbeitet.

Ricore: Wie lässt man sich auf eine Figur ein, die so konträr zu einem selbst ist?

Winiger: Man muss ja nicht genau so sein wie die Figur. Ich musste sehen, wie ich bei mir bestimmte Reaktionen hervorrufe, damit es aussieht wie die Manipulationen der blöden Kuh Luna. Bei mir war es die Vorstellung von Bienenpräsenz, PMS-Syndrom und anderen Dingen die ich hier nicht sagen kann. Luna sucht nach Geld, ich suche nach etwas anderem. Ich musste nur darauf achten, dass ich auch etwas finde, dass ich unbedingt will.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 26. August 2011
Zum Thema
Melanie Winiger wird 1996 im Alter von 17 zur bis dato jüngsten Miss Schweiz gewählt. Im Ausland macht sie sich durch Moderationen verschiedener Veranstaltungen wie der Auslosung der Fußball-Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz einen Namen. In "Achtung, fertig, Charlie!" hat sie 2003 ihren ersten Kino-Auftritt. 2011 verdreht sie Maximilian Brückner in "Resturlaub" den Kopf. Winiger hat einen Sohn namens Noël und ist seit Mai 2008 mit dem Schweizer Rapper Stress verheiratet.
Resturlaub (Kinofilm)
Der 37-jährige Brauereimanager Maximilian Brückner hat das Leben in der deutschen Provinz satt. Kurzentschlossen packt er seine Sachen und verlässt Freundin und Freunde Richtung Argentinien. Hier hofft er auf ein neues, aufregendes Leben. Die Realität in Buenos Aires erscheint jedoch nicht so rosig, wie erträumt. Schon bald regen sich erste Zweifel über die Entscheidung. "Resturlaub" ist die Adaption des gleichnamigen Romans von Tommy Jaud, der auch das Drehbuch der von Gregor Schnitzler..
2024