Gertraud von Welser
Eva-Maria Reichert
Mit der Motorsäge im Forsthaus
Interview: Starke Eva-Maria Reichert
Eva-Maria Reichert hat sich bei der Verfolgung ihrer Karriereziele nicht vom Weg abbringen lassen. Daran konnten auch die Zweifler in ihrem Umfeld nichts ändern. Diese Entschlossenheit erkennt sie auch in ihrer Rolle in "Forsthaus Falkenau". Im Interview mit Filmreporter.de berichtet die Schauspielerin, wie sie sich auf die Rolle als Forstarbeiterin vorbereitet hat. Zudem spricht sie über die Ungeduld am Set und ihren Plan B.
erschienen am 6. 10. 2011
ZDF/Elke Werner
Eva-Maria Reichert und Hardy Krüger jr. in "Forsthaus Falkenau"
Ricore: Kennen Sie sich mit der Forstwirtschaft genauso gut aus, wie Eva Dacher in "Forsthaus Falkenau"?

Eva-Maria Reichert: Nein, natürlich kenne ich mich nicht so gut mit der Forstwirtschaft aus. Ich verlasse mich in solchen Dingen immer auf unsere Fachberatung. Die haben wirklich auf alle Fragen eine Antwort. Alle wichtigen Fakten sind stets auch im Drehbuch erklärt. Außerdem machen wir ja keine Serie für Forstwirte, sondern für Laien.

Ricore: Inwieweit haben Sie sich mit dem Thema im Vorfeld beschäftigt?

Reichert: Ich habe viel gelesen und von der Produktion eine Einweisung erhalten. Immerhin musste ich Traktor fahren, Motorsägen anwerfen und Bäume entasten. Das sind Dinge, die ich vorher noch nicht konnte - für die Serie jedoch können musste. Deswegen war ich sehr dankbar für die Hinweise der Fachberatung. Sie war sehr wichtig, da es gefährlich ist, solche Sachen erst am Set auszuprobieren.

Ricore: Haben Sie auch für die Rolle trainieren müssen?

Reichert: Ich habe schon trainiert. Ich bin ins Power-Plate-Training gegangen, um schnell und effektiv Muskeln aufzubauen. Von der Rollenzusage bis zum Drehbeginn hatte ich nur einen Monat Zeit, um mich auf Eva Dacher vorzubereiten. Es gehört zum Beruf, sich den Charakteren auch körperlich anzunähern. Vor allem bei jemandem wie Eva Dacher ist das sehr wichtig.

Ricore: Hat alles geklappt?

Reichert: Es war super. Am Anfang habe ich noch gedacht: "Die Männer werden mich kritisch beäugen, da ich die einzige Frau im Forstarbeiterteam bin." Ich hatte wirklich Respekt, weil einen alle beobachten, ob man mit dem Traktor den Weg entlang kommt oder nicht. Zum Glück hat alles super geklappt.
Universum Film
Forsthaus Falkenau - Staffel 15
Ricore: Ging nichts schief?

Reichert: Ich habe keinen Baum unfreiwillig gefällt oder umgefahren. Bis jetzt habe ich eine gute Statistik.

Ricore: Inwieweit setzen Sie den ökologischen Gedanken von "Forsthaus Falkenau" privat um?

Reichert: Ich bin auf dem Land, am Starnberger See aufgewachsen, obwohl ich in München geboren wurde. Für mich war Umwelt deshalb schon immer ein ganz großes Thema. Hinzu kommt, dass ich seit meinem achten Lebensjahr leidenschaftliche Reiterin bin. Da bin ich natürlich viel in der Natur und im Wald unterwegs. Deshalb kenne ich mich dort wahrscheinlich etwas besser aus, als der durchschnittliche Stadtmensch. Jetzt lebe ich allerdings in der Großstadt und genieße auch das sehr.

Ricore: Welche Vorteile hat es, in der Stadt zu leben?

Reichert: Gerade für die Arbeit ist es von großem Vorteil, dass ich alles schnell erreichen kann. Von Seeshaupt aus habe ich immer eine Stunde bis München gebraucht. Da ist es natürlich sinnvoll, seinen Standort zentraler zu wählen. An den Wochenenden bin ich oft bei meiner Schwester. Sie hat jetzt eine eigene Reitschule in Bad Wörishofen gegründet.

Ricore: Nutzen Sie den Reithof manchmal?

Reichert: Ja, oft. Ich übernehme sogar hin und wieder die eine oder andere Reitstunde. Und manchmal kann ich da auch streng sein.
ZDF/Elke Werner
Eva-Maria Reichert in "Forsthaus Falkenau"
Ricore: Wieso sind Sie streng?

Reichert: Im Reitsport ist es ähnlich wie beim Drehen. Wenn du etwas nicht sofort umsetzt, ist der Moment, indem du etwas ändern kannst, vorbei.

Ricore: Kritisiert Ihre Schwester Sie für diese Art?

Reichert: Nein. Nessi und ich hatten eine ganz ähnliche Ausbildung, die wir beide sehr schätzten. Es ist nämlich ein Privileg, dass ein Pferd dich trägt. Dies sollte man als Reiter immer schätzen und unnötigen Schmerz vermeiden. Nur deshalb werde ich manchmal ein bisschen lauter. Grundsätzlich bin ich zwar harmonieliebend, aber Pferde sind mir sehr nahe und ich möchte nicht, dass sie Schmerz erleiden müssen.

Ricore: Warum bedeuten Ihnen die Tiere so viel?

Reichert: Wie fast jedes kleine Mädchen fand ich Pferde immer toll. Das hat etwas Romantisches. Reiten zu lernen war ein Traum von mir. Ich war acht und meine Schwester sieben als Mama mit uns das Reiten angefangen hat. Man muss ja meistens zu den Reitställen mit dem Auto fahren, was ohne Eltern oft nicht geht. Mama hat das zum Glück immer mitgemacht und dafür bin ich ihr sehr dankbar. Ich habe schnell gemerkt, dass es mir Spaß macht und ich Talent habe. Es war eine tolle Zeit.

Ricore: Warum haben Sie Ihre Sportkarriere nicht weiter verfolgt?

Reichert: Das war tatsächlich mal ein Thema. Ich war kurz vor dem Abitur und habe überlegt, was ich machen möchte. Der Turnierreitsport nimmt täglich mindestens drei bis fünf Stunden Training in Anspruch. Wenn du dann einen normalen Beruf richtig ausüben willst, mit Praktika und Reisen ins Ausland, wird das schwierig. Ich wollte auf Turnieren nicht schlechter werden. Deshalb habe ich mich gegen das Turnierreiten entschieden und die Arbeit mit Pferden als Hobby weiter betrieben. Wenn ich etwas mache, dann zu 100 Prozent.
ZDF/Elke Werner
Eva-Maria Reichert in "Forsthaus Falkenau"
Ricore: Ist Schauspielern einfacher, als professionelles Reiten?

Reichert: Das ist es definitiv. Das Schauspielern ist insofern einfacher, da ich nicht auf einen Partner Rücksicht nehmen muss. Steht mein Pferd unruhig im Hänger, werde auch ich nervös. Beim Dreh bin nur ich es, die mit ihrer großen Ungeduld klar kommen muss. Ich muss nur mich selbst ablenken und auf mich achten. Aber ich habe definitiv viel vom Reitsport gelernt.

Ricore: Wie ungeduldig sind Sie am Set, wenn etwas nicht klappt?

Reichert: Ich glaube, das Leben gibt dir die Aufgaben, an denen du wachsen sollst. In meinem Fall, ist es wohl das Bekämpfen meiner Ungeduld. Ich raste natürlich nicht aus oder so, aber ich merke einfach, dass ich jetzt gerne arbeiten würde. Ich werde hibbelig und habe zum Glück nette Kollegen, mit denen ich reden kann oder checke meine Emails.

Ricore: Sie haben also immer Ihren Laptop dabei?

Reichert: Mein Smartphone. Aber wir drehen oft in Gebieten ohne Empfang. Das ist dann wirklich doof. Dann lerne ich einfach den Text für die nächste Szene und lese die neuen Drehbücher.

Ricore: Die Affinität zur Technik passt nicht zu Ihrer Rolle.

Reichert: Nein. Affinität ist das falsche Wort. Mein Freundeskreis macht sich immer darüber lustig, denn meine technische Höchstleistung ist es, eine E-Mail zu tippen. Excel-Tabellen kenne ich zwar, werden aber schon schwierig... Aber mein Smartphone hilft mir tatsächlich oft Wichtiges schon in den Pausen zu erledigen, um nach Drehschluss dann wirklich Feierabend zu haben.
Manuel Jacob
Eva-Maria Reichert
Ricore: Also gehen Sie nach Drehschluss nicht mehr mit Ihren Kollegen aus?

Reichert: Das machen wir schon ab und zu. Aber der Dreh für Forsthaus Falkenau war tageslichtabhängig, da wir nie im Studio gedreht haben. Deshalb begann der Tag stets sehr früh. Ich nehme den Beruf sehr ernst und will nicht mit vermeidbaren Augenringen am Set auftauchen. Deshalb gibt es unter der Woche keine Feiern oder Alkohol.

Ricore: Aber an den Wochenenden gehen Sie gerne weg?

Reichert: Naja, meine wilden Zeiten sind vorbei. Es wird zur Wies'n jedoch etwas extremer. Ich habe sieben Dirndl im Schrank und die wollen alle ausgeführt werden.

Ricore: Damit zeigen Sie auch, wo Sie herkommen.

Reichert: Absolut. Ich bin Bayerin mit Leib und Seele. Aber eine, die über den Tellerrand hinaus geschaut hat.

Ricore: Welchen Beruf könnten Sie sich an Stelle der Schauspielerei vorstellen?

Reichert: Es gibt so viele schöne andere Berufe, in denen man glücklich werden kann. Es ist ein Privileg, im Frieden und ohne Hunger in Deutschland zu leben und gesund zu sein. Sollte ich mal mit der Schauspielerei aufhören, finde ich sicher eine neue Aufgabe in unserer Gesellschaft.
Ralf Wilschewski
Eva-Maria Reichert
Ricore: Vielleicht im Betrieb Ihrer Schwester?

Reichert: Das weiß ich nicht. Ich bin nämlich ein ziemlicher Besserwisser und liebe meine Schwester zu sehr, als dass ich uns das antun würde. Ich würde eher etwas in Richtung Psychologie machen. Ich glaube, dies kommt meinem aktuellen Beruf ziemlich nahe. In beiden Berufen muss man sich in andere hineinversetzen. Ich bin ein Menschenfreund und sehr kommunikativ. Psychologie ist also mein Plan B. Aber noch arbeite ich ja an Plan A: Nämlich hier in Deutschland mit der Schauspielerei durchzustarten. Man muss sich um mich also keine Sorgen machen. Ich würde im Ernstfall auch einen Plan C finden, denn ich bin Optimistin.

Ricore: Optimistin, Besserwisserin und dazu noch ungeduldig. Keine einfache Mischung.

Reichert: Ich habe nie gesagt, dass ich ein einfacher Mensch bin. Ich habe sicherlich gute und schlechte Seiten, so wie jeder Mensch. Aber ich bin mir meiner schlechten Seiten bewusst und kritikfähig. Das ist schon mal ein Anfang...

Ricore: Das ist in der Schauspielerei sehr wichtig.

Reichert: Genau. Anders geht es nicht. Auch nicht im Leben. Man darf Kritik niemals persönlich nehmen, aber das ist sehr schwer. Wenn deine Arbeit kritisiert wird, musst du das hinterfragen. Ist deine Schlussfolgerung allerdings eine andere, solltest du unbeirrt weiter machen. Kritik von außen ist wichtig, darf aber nicht die einzige Instanz sein. Auch auf das Bauchgefühl sollte man hören. Ich wäre nie Schauspielerin geworden, wenn ich immer nur auf die Zweifler gehört hätte, die sagten: "Was du machen willst, ist doch eine brotlose Kunst." Ich bin stolz, nicht auf meine Zweifler gehört zu haben. Das habe ich vermutlich auch mit Eva Dacher gemeinsam. Ihr wurde bestimmt auch gesagt, dass sie ihren Beruf nicht ergreifen soll, da es eine absolute Männerdomäne ist.

Ricore: Gab es wirklich gar keine Fürsprecher, als Sie sich für eine Karriere als Schauspielerin entschieden?

Reichert: Doch, meine Mutter hat mich motiviert und beide Eltern haben mich in letzter Konsequenz sehr unterstützt. Sie waren nur im allerersten Moment skeptisch, da die Schauspielerei sicherlich nicht der absolute Traumberuf ist, den man sich so für sein Kind wünscht.
ZDF/Elke Werner
Eva-Maria Reichert und Hardy Krüger jr. in "Forsthaus Falkenau"
Ricore: Können Sie sich vorstellen, mal selbst Kinder zu bekommen?

Reichert: Klar, möchte ich irgendwann meine eigene Familie gründen. Momentan habe ich aber nicht genügend Zeit und Platz in meinem Leben, um mich angemessen um ein Kind zu kümmern.

Ricore: Wie würden Sie reagieren, wenn sich Ihr Kind für eine Schauspielkarriere entscheiden sollte?

Reichert: Ich wäre definitiv skeptisch. Ich würde meinem Kind nicht erlauben, an Dreharbeiten teilzunehmen, bevor es 16 Jahre alt wäre.

Ricore: Warum?

Reichert: Man wird am Set sehr verhätschelt, erst recht als Kind. Man muss sich um fast nichts selber kümmern und sich nur auf seine Arbeit konzentrieren. Die Gefahr ist, dass die Kinder das dann mit dem echten Leben verwechseln. Ich habe beispielsweise Zuhause keine Putzfrau und niemanden, der mir die Wäsche macht. Ich mache das ganz bewusst selbst. Man dreht sonst ab. Gerade Jugendliche, die noch keinen eigenen Haushalt führen, denken doch, dass das im ganzen Leben so läuft. Das wäre definitiv die falsche Botschaft! Denn langfristiger Erfolg ist sowohl im Beruf als auch im Privatleben eine Frage von Fleiß und Respekt.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 6. Oktober 2011
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Eva-Maria Reichert schließt 2006 die Um Himmels Willen", "Forsthaus Falkenau" sowie im "Komödienstadel" zu sehen. Sollte es mit der Karriere irgendwann nicht mehr funktionieren, zieht die 1982 geborene Münchnerin ein Psychologie-Studium in Betracht.
Der verwitwete Martin Rombach (Christian Wolff) zieht nach Küblach, um das dortige Försteramt zu übernehmen. Nach 18 Jahren quittiert er seinen Dienst, als ihm ein Freund ein Naturreservat in Afrika vererbt. Sein Amt übernimmt der junge Kanadier Stefan Leitner (Hardy Krüger Jr.). "Forsthaus Falkenau" ist eine seit 1989 produzierte Serie, in der Familienwerte und Umweltbewusstsein im Zentrum der Handlung stehen. Christian Wolff wird 2007 durch den jüngeren Hardy Krüger Jr. ersetzt.
2024