Heiko Thiele/Ricore Text
Anna Thalbach
Störende Macken?
Interview: Anna Thalbachs Sexleben
Wie Mutter Katharina sind fast alle nahen Verwandten von Anna Thalbach Schauspieler. Weshalb sie dennoch daran dachte, einen anderen Beruf zu ergreifen, erzählt die sympathische Berlinerin im Interview Filmreporter.de. Anlässlich ihrer neuen Komödie "Kein Sex ist auch keine Lösung" spricht sie zudem über Sex, Lieblingsfilme und Macken, die das Leben in einer Wohngemeinschaft unmöglich machen.
erschienen am 1. 12. 2011
Studiocanal
Kein Sex ist auch keine Lösung
Ricore: Ist es für Paule schlimm, dass sie so spät erstmals Sex hat?

Anna Thalbach: Ich glaube, dass das für sie völlig okay ist.

Ricore: Wie wurde bei Ihnen Zuhause mit dem Thema 'Das erste Mal' umgegangen?

Thalbach: Wir reden nicht viel über Sex. Wenn es Fragen gibt, werden diese klar gestellt und klar beantwortet. Sex ist kein Thema über das man zu viel sprechen sollte. Es ist eine Sache zwischen zwei Personen.

Ricore: Gehört Sex und Liebe zusammen?

Thalbach: Das lässt sich nicht pauschalisieren. Dieses Thema muss jeder für sich entscheiden.

Ricore: Eigentlich wollte ich ja wissen, wie es für Sie selbst ist...

Thalbach: Ich kann Sex und Liebe trennen.

Ricore: Sie stammen aus einer Schauspieler-Familie. Gab es mal den Gedanken, einen anderen Beruf zu wählen?

Thalbach: Als junges Mädchen hatte ich ab und an Anfälle, wo ich keine Schauspielerin werden wollte. Aber das kam eher aus einem renitenten Auflehnungsmoment.
Studio Canal
Anna Thalbach in "Kein Sex ist auch keine Lösung"
Ricore: Welche Alternativen kamen Ihnen in den Sinn?

Thalbach: Das waren Dinge, die immer noch mit Schauspielerei zu tun hatten. Aus dem kreativen Bereich bin ich eigentlich nie herausgekommen. Ich habe mal Kostüme am Theater gemacht, um diesen Beruf auszuprobieren. Sowohl beim Theater, als auch beim Film finde ich fast alle Bereiche spannend.

Ricore: Was bedeutet Kunst für Sie?

Thalbach: Kunst ist für mich eine weitere Möglichkeit, sich auszudrücken. Es ist aber nichts, das ich mir im Laufe der Zeit angeeignet habe. Schon als Kind zeichnete und schrieb ich gerne. Das mache ich auch in meiner Arbeit als bildende Künstlerin. Ich habe eigene interessante Ideen, die ich gerne zum Ausdruck bringen möchte.

Ricore: Werden Sie noch immer lieber für Ihre Kunst, als für Ihre Arbeit als Schauspielerin gelobt?

Thalbach: Ich glaube, dass ich das nie so direkt gesagt habe. Das kann ich so nicht stehen lassen. Natürlich ist es etwas anderes, zu malen, als zu schauspielern. Die Schauspielerei ist von allen Künsten die größte Dienstleistung. Man ist ausführendes Element und hört auf jemand anderen. Ich bin nur Teil eines Gesamtkonzeptes, aus dem ich nicht ausbrechen kann und auch nicht ausbrechen sollte. Das ist nicht die Aufgabe eines Schauspielers. Wenn man etwas Eigenes schafft und dafür Anerkennung erhält, hat es eine ganz andere Tiefe. Man hat das Gefühl, dass jemand die eigenen Ideen wirklich gut findet. In der Schauspielerei ist das ein anderer Vorgang. Das heißt aber nicht, dass ich mich nicht über Lob für meine Arbeit als Schauspielerin freuen würde.

Ricore: Ist Schauspielerei wirklich nur eine Dienstleistung? Am Set oder am Theater kann man sich doch kreativ einbringen.

Thalbach: Natürlich. Es gibt schon eine große Palette. Allerdings gibt es Grenzen, die man nicht überschreiten darf.
Sony Pictures
Anna Thalbach
Ricore: Wie kam es, dass Sie Hörbücher und -spiele sprechen?

Thalbach: So etwas liegt bei Schauspielern sehr nahe. Vor ungefähr elf Jahren habe ich mein erstes Hörbuch gemacht, nachdem man mich darauf angesprochen hatte. Das war so erfolgreich, dass ich seit über zehn Jahren gut von der Arbeit als Hörbuchsprecherin leben kann. Es macht mir immer noch sehr viel Spaß, vorzulesen.

Ricore: Was ist am Vorlesen so besonders?

Thalbach: Ich habe lesen gelernt, als ich vier war. Seitdem lese ich sehr gerne. Es ist eine Sache, die mir geschenkt wurde und die mir als Vorgang Freude macht. Vorzulesen ist auch deshalb so interessant, weil ich alle Rollen spielen darf: Männer, Frauen, Alte, Junge, Böse und Gute. Außerdem kann ich den Rhythmus bestimmen, indem ich entscheide wann ich langsam und wann ich schnell lese. Ich habe viel Macht über die Wirkung des Buches. Ich finde es in der Kunst gut, dass man Menschen nur etwas mit an die Hand gibt, aus dem sie selbst noch etwas formen müssen. Auch in der Literatur schafft sich jeder beim Lesen oder Vorlesen seine eigene Welt. Das ist ein schöner Austausch von Kreativität.

Ricore: Welche Bedeutung hat für Sie in diesem Zusammenhang die Sprache?

Thalbach: Eine sehr hohe, weil man sich so vielfältig ausdrücken kann. An der deutschen Sprache ist das Interessante, dass sie Dinge und Emotionen sehr präzise beschreiben kann.

Ricore: Sind Sie Fußball-Fan wie Paule?

Thalbach: Nein, gar nicht. Fußball interessiert mich Null. Ich bin aber loyal gegenüber meinen Freunden die größtenteils Fans von Werder Bremen sind.
Studio Canal
Corinna Harfouch spielt Stephan Lucas Mutter in "Kein Sex ist auch keine Lösung"
Ricore: Sehen Sie sich trotzdem EM- oder WM-Spiele an?

Thalbach: Nein [lacht]. Aber ich kann die Leidenschaft für eine bestimmte Sache gut nachvollziehen. Das Gefühl am Ende des Tages ist vergleichbar mit der Schauspielerei. Man brennt für eine Sache und beschäftigt sich sehr genau damit. Insofern war es im Stadion vom FC St. Pauli schon ganz lustig.

Ricore: Wie viele Spiele haben Sie gesehen?

Thalbach: Es müssten zwei gewesen sein. Ich weiß nicht mehr gegen wen. Aber auf jeden Fall hat Pauli beide Partien verloren [lacht].

Ricore: Gibt es eine Sportart, die Sie begeistert?

Thalbach: Nein - da bin ich ganz Churchill. Ich interessiere mich generell nicht für Sport.

Ricore: Wie entspannen Sie in Ihrer Freizeit?

Thalbach: Am liebsten liege ich auf der Couch und telefoniere mit Freunden. Oder sie kommen vorbei, um mich zu besuchen. Außerdem sehe ich zum entspannen fern.

Ricore: Wie wichtig war es für den Film, dass Elisa und Paule konträre Entwicklungen durchmachen?

Thalbach: Das weiß ich nicht. Elisa und Paule haben auch nur wenige Berührungspunkte.
Oliver Wia
Anna Thalbach
Ricore: Haben Sie wie Paule WG-Erfahrung?

Thalbach: Nein. Das könnte ich mir nie vorstellen. Ich habe viele Macken, die ich niemandem zumuten möchte.

Ricore: Welche Macken haben Sie?

Thalbach: Ich schlafe gerne lang.

Ricore: Ist das wirklich eine Macke, die das Zusammenleben mit anderen ausschließt?

Thalbach: Manche stört so etwas. Außerdem muss ich hinzufügen, dass ich unordentlich bin.

Ricore: Konnte das von Ihren Eltern nie ausgetrieben werden [lacht]?

Thalbach: Nein, sie haben es nicht geschafft. Zu ihrer Ehrenrettung muss ich allerdings sagen, dass sie es immer wieder versuchten.

Ricore: Als Sie im Alter von drei Jahren von Ost- nach Westdeutschland gezogen sind, haben Sie Ihre Puppe über die Grenze geworfen, um sie ganz sicher in den Westen mitnehmen zu können. Wie geht es der Puppe heute?

Thalbach: Die Puppe gibt es nicht mehr.
Studio Canal
Stephan Luca und Anna Thalbach in "Kein Sex ist auch keine Lösung"
Ricore: Wieso?

Thalbach: Mein Vater und ich haben die Puppe gerockt. Wir haben sie aufgeschnitten, weil da kleine Kügelchen drin waren. Mit denen sind wir anschließend durch die Wohnung gerannt und haben sie überall verteilt.

Ricore: Besaßen Sie viele Kuscheltiere und Puppen?

Thalbach: Ich hatte viele Puppen, aber keine Kuscheltiere. Für die Puppen habe ich in meinem Zimmer Häuser gebaut. Das waren richtige Welten, auch für meine Schlümpfe.

Ricore: Haben Sie "Die Schlümpfe" gesehen?

Thalbach: Auf gar keinen Fall. Die Schlümpfe in New York wollte ich ganz gewiss nicht sehen. Die Comics fand ich gut. Aber schon die spätere Zeichentrickserie hat mir nicht gefallen. Den neuen "Muppets"-Film werde ich hingegen auf jeden Fall im Kino sehen.

Ricore: Was gefällt Ihnen an den Muppets?

Thalbach: Ich bin mit den Muppets aufgewachsen und liebe sie. Ich freue mich sehr, dass man die Muppets nicht in 3D und auch nicht computeranimiert verfilmt hat. So ist es wie früher und der ursprüngliche Charme bleibt erhalten. Nur die neuen Stimmen sind ungewohnt. Aber die alten Sprecher sind vermutlich schon zu alt, um nochmals synchronisieren zu können oder tot.
Studio Canal
Stephan Luca in "Kein Sex ist auch keine Lösung"
Ricore: Was halten Sie von der 3D-Mode?

Thalbach: Ganz, ganz ehrlich: Ich habe noch nie einen Film in 3D gesehen.

Ricore: Auch nicht "Avatar - Aufbruch nach Pandora"?

Thalbach: Nein, den auch nicht. Ich war mal mit meiner Tochter in einem IMAX, um einen Film mit Dinosauriern zu sehen. Das war für mich sehr unangenehm. Ich benötige 3D wirklich nicht. In einer Zeitschrift stand mal bezüglich einer "Piranha 3D"-Kritik: 'Spätestens beim Wet-T-Shirt-Contest weiß man, weshalb 3D erfunden wurde.' Das kann ich gut nachfühlen. Wenn es zum Thema passt, ist 3D vielleicht schon ganz witzig. Derzeit wird die Technik allerdings zu inflationär genutzt.

Ricore: Wird sich 3D halten?

Thalbach: Man müsste die Leute fragen, was sie von dem Effekt halten. Ich kenne diesbezüglich keinerlei Umfragen. Deswegen habe ich überhaupt keine Idee, wie es mit 3D weitergehen wird. Ob mit oder ohne 3D: Ich glaube fest daran, dass am Ende die Geschichte darüber entscheidet, ob ein Film gut ist. Alles andere ist Beiwerk.

Ricore: Was sehen Sie im Kino am liebsten?

Thalbach: Ich sehe gerne fantastische Filme wie "Brazil". Mir gefallen die verschiedenen Ebenen. Splatter, Fantasy und Science-Fiction finde ich gut.

Ricore: Dann müsste Ihnen auch "Inception" gefallen.

Thalbach: "Inception" mochte ich nicht. Der Film war in sich unlogisch. Die Thematik war sehr interessant, aber sie wurde schlecht umgesetzt. Es wurden dutzende Baustellen aufgemacht, die nie geschlossen wurden. Ich war enttäuscht, da ich mich wahnsinnig auf den Film gefreut hatte.

Ricore: Welcher Aspekt war besonders unlogisch?

Thalbach: Ein berühmtes Beispiel wäre die Talisman-Geschichte. Die wird aufgebauscht und am Ende ist sie nicht mehr wichtig für die Geschichte. Das hat zwar nichts mit Logik zu tun, ist aber enttäuschend. Außerdem wunderte mich, weshalb die Figuren nicht in ihren gebauten Welten leben wollten. Die fand ich super [lacht]!

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 1. Dezember 2011
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Anna Thalbach wird in eine Schauspielfamilie geboren. Ihre Mutter ist die Schauspielerin Katharina Thalbach, auch Annas Vater, Vladimir Weigl, ist Film-, Fernseh- und Theater-Darsteller. Mit sechs Jahren feiert Anna an der Seite ihrer Mutter den ersten Bühnenerfolg in Bertolt Brechts "Mutter Courage". Tony Curtis feiert sie in "Der Passagier - Welcome to Germany" (1988) ihre erste Filmrolle. In der "Der Untergang - Hitler und das Ende des 3. Reichs" ist sie neben Bruno Ganz zu sehen. 2008..
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