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Daniel Craig
Investigativ gegen das Verbrechen
Interview: Daniel Craig jagt Serienkiller
Als James-Bond-Darsteller kennt sich Daniel Craig mit der Jagd auf Verbrecher aus. Dieses Mal greift er jedoch nicht zur Pistole, sondern zu Bleistift und Notizblock. Als investigativer Journalist spürt er in "Verblendung" einem Serienmörder nach. Unter der Regie von David Fincher spielt Craig an der Seite von Rooney Mara in der Verfilmung von Stieg Larssons Roman. Im Gespräch mit Filmreporter.de spricht der Schauspieler darüber, welchen Wert kritischer Journalismus hat und warum es ihm leicht fiel, sich mit seiner Rolle zu identifizieren.
erschienen am 11. 01. 2012
Sony Pictures
Verblendung
Ricore: Sie kennen den Roman "Verblendung" ja schon länger. Dachten Sie bei der Lektüre bereits, dass der Stoff etwas für sie sein könnte?

Daniel Craig: Manchmal passiert das schon. Man denkt beim Lesen als Schauspieler: ja, das könnte funktionieren. Aber in diesem Fall ist mir der Gedanke nicht gekommen.

Ricore: Welche Gemeinsamkeiten sehen Sie mit ihrer Figur? Als sie die Rolle annahmen, hielten Sie viele für die perfekte Wahl.

Craig: Ich weiß nicht, ob das alle so sahen (lacht). Ich bin im richtigen Alter für die Rolle. Außerdem hat mir der Stoff sehr gefallen. Ich dachte schon beim Lesen, dass man daraus einen tollen Film machen könnte. Ich kann mich mit der Figur identifizieren. Mikael Blomkvist hat einen Sinn für Gerechtigkeit, den ich wirklich gut verstehe. Er ist eine komplizierte Figur. Einerseits ist er Journalist, andererseits wäre er gerne berühmt. Blomkvist ist voller Widersprüche. Dazu kann man gut einen menschlichen Bezug herstellen.

Ricore: Sind Sie auch in Stieg Larssons Welt eingetaucht?

Craig: Ein wenig. Es ist relativ schwer, dem Rummel auszuweichen. Seine Bücher wurden Bestseller, dann wurde seine Biografie bekannt. Um seine Person entwickelte sich eine Art Mythos. Wenn man seine Sachen liest, scheint ein angenehmer Mensch durch. Er hat sich gegen den Faschismus engagiert. Larsson hat einen regelrechten Kreuzzug geführt. Diese biografischen Informationen sind fast so interessant, wie die Romane.

Ricore: Ein Kreuzzug, mit dem Sie sich identifizieren können?

Craig: Ich glaube, mit einem gerechten Kreuzzug kann man sich immer identifizieren.
Paramount Pictures
Daniel Craig in Berlin
Ricore: Was halten Sie von den Schauspielern in der schwedischen Verfilmung der Romane? Haben Sie darüber gesprochen, wo die Unterschiede zwischen den beiden Adaptionen liegen?

Craig: Ich kenne die schwedischen Filme nicht.

Ricore: War es eine bewusste Entscheidung, sie nicht anzuschauen?

Craig: Ich hatte sie noch nicht gesehen, als ich zu diesem Projekt kam. Das habe ich später nicht nachgeholt, weil ich nicht wollte, dass sie mich beeinflussen. Unsere Quelle ist nun mal der Roman, nicht die schwedische Verfilmung.

Ricore: Haben Sie schon für die Fortsetzungen unterschrieben?

Craig: Ja, aber das hat gar nichts zu bedeuten.

Ricore: Wieso?

Craig: David Fincher hat es auf der Pressekonferenz gut ausgedrückt. Wenn der Film am ersten Wochenende floppt, dann werden wir gar nicht weiter über die Fortsetzungen sprechen. Wenn "Verblendung" ein Erfolg wird, dann reden wir weiter.
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Daniel Craig in Berlin
Ricore: War beim Dreh noch ein wenig James Bond in Ihnen?

Craig: In mir steckt nichts von James Bond. Steven Zaillian hat aus der Romanvorlage von Stieg Larsson ein tolles Drehbuch gemacht. Er hat die ethische und politische Essenz des Buches herausgebracht. Zudem ist "Verblendung" eine toll erzählte Geschichte. Wenn der Autor diese gut ins Drehbuch transportiert, dann ist das alles, was ich als Schauspieler für meine Arbeit brauche.

Ricore: Hat Ihnen David Fincher eine Richtung für die Rolle vorgegeben?

Craig: Ich habe angefangen zu essen und zu trinken bis zum Umfallen. Das war die Richtung, die er mir vorgegeben hat. Ich hatte ja gerade "Cowboys & Aliens" gemacht und war fit wie nie.

Ricore: "Verblendung" greift viele ernsthafte soziale und politische Themen auf. Wie steht es mit ihrem persönlichen Interesse an diesen Dingen?

Craig: Hauptfigur Mikael Blomkvist betreibt eine Art von Journalismus, die sehr wichtig für unsere Gesellschaft ist. Er deckt Korruption auf, sei es in der staatlichen Verwaltung oder in der Wirtschaft. In einer demokratischen Gesellschaft ist es die Aufgabe von Journalisten, die Wahrheit herauszufinden. Offensichtlich gibt es Grenzen, die beachtet werden müssen. Doch wir brauchen solche Leute in einer anständigen Gesellschaft.

Ricore: In jüngster Zeit gab es harsche Kritik am Journalismus, zum Beispiel an den Recherchemethoden von News of the World. Macht das den kritischen Journalismus schwieriger, den sie ansprechen?

Craig: Nein, im Gegenteil. Die Dinge sind außer Kontrolle geraten. Jedes Mal, wenn etwas außer Kontrolle gerät, muss man es kritisch überprüfen. Einiges ist da sicher schiefgelaufen aber das eröffnet neue Wege und Herangehensweisen. Das ist gar nicht schlecht.
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Wer hätte das gedacht: Daniel Craig bekommt von der Presse großes Lob und auch das Publikum goutiert den neuen 007
Ricore: David Fincher hat schon zwei Filme über Serienkiller gemacht. Wie wird sich "Verblendung" von diesen unterscheiden?

Craig: Wir kennen das fertige Produkt noch nicht, also keine Ahnung.

Ricore: Wie haben Sie sich auf die Rolle als Journalist vorbereitet?

Craig: Glücklicherweise habe ich einige Journalisten als Freunde. An denen habe ich mich orientiert. Ich kenne ein paar Kriegsreporter, ein paar Auslandskorrespondenten und investigative Journalisten. Von jedem habe ich ein bisschen was übernommen. Ich musste also nicht wirklich Recherchen betreiben. Da hätte ich Journalisten interviewen müssen. Gott bewahre (lacht)! Neben den persönlichen Kontakten, auf die ich mich stützen konnte, habe ich sehr viel gelesen.

Ricore: David Fincher ist bekannt dafür, viele Takes aufzunehmen. War das bei "Verblendung" auch so?

Craig: Ja, manchmal dreht man mit David eine Menge Takes. Aber die Geschichten klingen viel schlimmer als es einem beim Dreh vorkommt. Am Set macht man einfach seinen Job und versucht, es richtig hinzubekommen. Da zähle ich doch die Zahl der Takes nicht mit. Wir spielen eine Szene so lange, bis es passt. Dann fühlt es sich umso besser an, wenn man die Szene im Kasten hat. Das ist eben Davids Arbeitsweise und als Schauspieler macht man sich diese zu Eigen, wenn man mit ihm arbeitet.

Ricore: Können Sie uns etwas über den nächsten Bond-Film erzählen?

Craig: Gott sei Dank können wir den Film doch noch machen. Ich kann es kaum erwarten, mit den Dreharbeiten anzufangen.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 11. Januar 2012
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Verblendung (Kinofilm)
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2024