Walt Disney
Taylor Kitsch in "John Carter - Zwischen zwei Welten 3D"
Im Höhenflug?
Interview: Taylor Kitsch vom Mars
Taylor Kitsch gilt in Hollywood als vielversprechendes Talent. Vor allem mit seiner Rolle in der hochgelobten Serie "Friday Night Lights" kann er Kritik und Publikum überzeugen. In Andrew Stantons Science-Fiction-Abenteuer "John Carter - Zwischen zwei Welten" gerät er als titelgebender Held zwischen die Fronten eines außerirdischen Krieges. Über seine Arbeit am Film sowie seine schwierige Zeit als obdachloser Nachwuchsschauspieler in New York spricht Taylor Kitsch in Berlin mit Filmreporter.de.
erschienen am 9. 03. 2012
Walt Disney
John Carter - Zwischen zwei Welten 3D
Ricore: Sind Sie zum ersten Mal in Deutschland?

Taylor Kitsch: Ja und ich liebe es. Ich möchte gar nicht mehr von hier weg. Auch wenn ich vor lauter Stress nicht viel Zeit habe, mir die Städte anzuschauen. Eines ist sicher: Ich werde wieder kommen, ob Sie es mögen oder nicht.

Ricore: Haben Sie deutsche Wurzeln?

Kitsch: Ja, die habe ich. Aber leider kenne ich meine Ursprünge nicht und habe sie auch nicht zurückverfolgt. Mein Nachname ist deutsch.

Ricore: Was machen Sie, um so fit zu sein?

Kitsch: [lacht] Ich habe es schon einmal gesagt. Es ist ein Klischee, dass man viel in den Körper investieren muss, um viel zu erreichen. Ich habe elf Monate lang die langweiligste Diät eingehalten, die man sich vorstellen kann. Aber wenn Sie ehrlich wissen wollen, was ich getan habe, sage ich es Ihnen. Ich habe viele Proteine zu mir genommen. Die Menge hängt davon ab, wie viel Energie man am Tag verbraucht. Hinzu kommt viel Körpertraining. Ich habe morgens um 4:30 Uhr bereits mit dem Training angefangen. Im Laufe des Tages kommen weitere Einheiten hinzu. Es ist kein Spaß, das sage ich Ihnen [lacht]. Man ist wie ein Roboter, vor allem wenn man sechs Tage die Woche dreht.

Ricore: Gab es Tage, an denen Sie keine Lust hatten, zu trainieren?

Kitsch: Oh ja, es gab sogar sehr viele Tage, an denen ich keine Lust hatte, Gewichte zu stemmen. An manchen Tagen hat mein Körper richtig gestreikt. Manchmal war ich so erschöpft, dass ich nicht aus dem Bett steigen und kaum gehen konnte. Man muss eben einen hohen Preis für die Fitness zahlen.

Ricore: Wie groß ist in Hollywood der Druck, um körperlich in Form zu bleiben?

Kitsch: Es ist mein Lebensstil. Ich tue es nicht, um in Hollywood erfolgreich zu sein. Ich bin schon immer sportlich sehr aktiv gewesen. Im Moment sehe ich nicht wie John Carter aus. Für eine andere Rolle habe ich auch schon einmal 35 Pfund abgenommen. Ich bin bereit, ziemlich viel für eine Rolle zu tun.
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Taylor Kitsch in "John Carter - Zwischen zwei Welten 3D"
Ricore: Welche Szenen waren am schwierigsten zu drehen? Wie war es beispielsweise, die ganzen Sprünge zu machen?

Kitsch: Ich bin dankbar dafür, dass die so gut aussehen. Aber das war ständiges und wiederholtes Ausprobieren. Da war Geduld und Teamwork gefragt. De Sprünge waren mit Sicherheit der technisch anspruchsvollste Teil der Dreharbeiten für mich. Da muss man Stunden über Stunden investieren, um es richtig hinzukriegen. Wenn man es nicht hinkriegt, sieht es nicht gut aus. Ich finde, das Endprodukt sieht phänomenal aus. Wir haben auch eine Sequenz im Film, in der John Carter das Springen überhaupt erst lernt.

Ricore: Wie ist es, vor der Greenscreen zu drehen?

Kitsch: Man bekommt Dinge gesagt wie: das schwarze X da drüben an der Wand ist ein riesiges Luftschiff. Ich bekam eine Menge Requisiten an die Hand, das hilft sehr dabei, sich zu orientieren. Es ist trotzdem sehr anstrengend. In einem normalen Film spielt man von Person zu Person. Wenn man vor Greenscreen dreht, braucht man wahrscheinlich zehn oder 15 Takes mehr pro Szene. Man muss sich merken, wo der Augenkontakt im Film sein soll.

Ricore: Ist es nicht furchtbar witzig, Willem Dafoe in einem grauen Trainingsanzug zu sehen?

Kitsch: Ja, aber wir sind uns in einer Hinsicht sehr ähnlich: wir sind beide sehr fokussiert. Wenn er bei einem Take toll spielt, dann will ich das ganz sicher nicht ruinieren.

Ricore: Sie waren schon immer ein sehr körperbetonter Mensch. So standen Sie zum Beispiel vor einer Eishockey-Karriere.

Kitsch: Ja, aber ich musste das Eishockey wegen einer Verletzung aufgeben. Dennoch hat diese Sportart bei mir jene Eigenschaften herausgebildet, die ich heute für meine Schauspielkarriere brauche. Leistungsbereitschaft, Disziplin, Teamwork und Führungskraft, all das habe ich vom Eishockey.
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Taylor Kitsch in "John Carter - Zwischen zwei Welten 3D"
Ricore: Was war das für eine Verletzung?

Kitsch: Mein Knie wollte nicht mehr. Da war ich 20. Ich habe nach der Verletzungspause noch einmal ein Comeback versucht. Aber in meinem ersten Spiel hat es dann endgültig aufgegeben.

Ricore: Hatten Sie schon zuvor den Wunsch, Schauspieler zu werden oder waren Sie eher auf Eishockey konzentriert?

Kitsch: Das mit dem Eishockey beruht auf meiner kanadischen Erziehung. Man hat den gefrorenen Teich im Garten. Ich bin auf einer Apfelplantage groß geworden und kannte es gar nicht anders. Als ich mit der Schauspielerei in Kontakt kam, habe ich es sofort geliebt. Sobald man verwunden hat, dass man kein Profisportler wird, holt die Realität einen ein. Ich bekam dann die Chance, in New York Schauspielunterricht zu nehmen.

Ricore: Die Realität hat Sie eingeholt, also haben Sie sich dazu entschlossen, ein Filmstar zu werden?

Kitsch: Das habe ich nicht geplant. Ich wäre auch glücklich damit, den Rest meines Lebens Independent-Filme zu drehen.

Ricore: Gab es am Set von "John Carter" Momente, in denen Sie dachten: genau deshalb mache ich diesen Job?

Kitsch: Ich hatte eine Menge Momente, in denen ich dachte: was zur Hölle mache ich hier? Lynn Collins und ich hatten viele Szenen vor dem Greenscreen, die sehr witzig waren. Wir saßen auf motorisierten Sätteln und taten so, als würden wir reiten. Wir waren in vollem Kostüm. Da denkt man sich schon: Mann, das ist es!
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Taylor Kitsch in "John Carter - Zwischen zwei Welten 3D"
Ricore: Wie erging es Ihnen am Anfang Ihrer Karriere in New York?

Kitsch: Oh, ich musste kämpfen. Ich kannte niemanden. Ohne Risiko gibt's nichts Wertvolles... Der Umzug nach New York war so ein Risiko. Das Schwierigste war, dass ich als Kanadier kein Visum hatte. Das heißt, ich konnte nicht arbeiten und mir ging bald das Geld aus. Ich war obdachlos...

Ricore: Wie übersteht man das?

Kitsch: Man schläft in der U-Bahn oder auf der Luftmatratze eines Freundes. Meine Schauspiellehrerin unterrichtete mich umsonst. Und als ich meine erste Filmrolle bekam, bezahlte ich sie nachträglich.

Ricore: Sie werden zunehmend erfolgreicher. Ihr nächster Film ist "Battleship" von Peter Berg.

Kitsch: Ich plane das eigentlich gar nicht. Es ist Zufall, dass diese beiden Filme nacheinander kamen. Ich hoffe, die Leute damit zu überraschen, welche Rollen ich spiele. Es ist doch toll, wenn niemand eine Ahnung davon hat, was ich als nächstes machen werde. Meine Figuren in "Battleship" und "John Carter" sind sehr unterschiedlich. Es ist toll, diesen Beruf auszuüben und mit Leuten wie Oliver Stone, Benicio Del Toro und Willem Dafoe zu arbeiten.

Ricore: In "Battleship" arbeiten Sie wieder mit Peter Berg zusammen, der Sie quasi entdeckt hat.

Kitsch: Behauptet er das? [lacht] Das darf er gerne sagen. Er hat mir eine unglaubliche Chance geboten. Wir sind sehr eng befreundet und verstehen uns einfach. Wir haben zusammen geboxt und ich habe eine Zeit lang in Los Angeles bei ihm gewohnt. Als er mit "Battleship" zu mir kam, fühlte sich das an wie die Vollendung unserer Beziehung.

Ricore: Wie wichtig war "Friday Night Lights" für Sie?

Kitsch: Enorm wichtig. Ich bin als Mensch und als Schauspieler an dieser Aufgabe gewachsen. Es war toll, all diese Bestätigung von den Kritikern und dem Filmgeschäft zu bekommen. Aber wir waren kein Riesending, das ewig gelaufen wäre. Manche Serien laufen sieben oder acht Jahre.
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Taylor Kitsch und Ryan Phillippe in "The Bang Bang Club"
Ricore: Macht es Ihnen Sorgen, mehr als Star denn als Schauspieler wahrgenommen zu werden?

Kitsch: Ich weiß nicht. Man darf sich davon nicht beeinflussen lassen. Ich ziehe mich oft zurück. Man sieht mich nicht in Boulevardblättern und das will ich auch nicht ändern. Meiner Meinung nach hat man da ganz klar die Wahl. Wer in diesen Medien auftauchen will, der kann das. Ich will das nicht. Ich will meine Rollen aufgrund meiner Arbeit als Schauspieler bekommen. Darauf bin ich stolz und so werde ich es halten. Wie ich gesagt habe: ich könnte den Rest meines Lebens Independent-Filme machen. Das wäre sehr erfüllend. "The Bang Bang Club" ist wohl der Film, auf den ich am stolzesten bin.

Ricore: Es gibt neun weitere "John Carter"-Bücher. Haben Sie Angst davor, den Rest ihres Lebens John Carter zu sein?

Kitsch: Wenn es der Rest meines Lebens ist, dann ja! [lacht] Aber nicht, wenn es die nächsten fünf oder zehn Jahre sind. Andrew Stanton hat ein tolles Drehbuch geschrieben. Die Geschichte von John Carter ist unglaublich gut. Die Figur ist etwas komplett anderes für mich. Der erste Film erzählt die Ursprünge der Figur. Darauf können wir aufbauen. Ich hoffe sehr, dass wir den zweiten Teil machen können.

Ricore: Hatten Sie eine Alternative für die Schauspielerei für den Fall Ihres Scheiterns?

Kitsch: Nein. Ich glaube, darum habe ich diesen Weg so konsequent und vehement verfolgt. Ich habe eine Ausbildung zum Ernährungsberater gemacht, als ich in New York war. Das heißt, falls alles auseinandergefallen wäre - und das könnte ja immer noch passieren - würde ich wohl Ernährungsberater werden und mit Kindern arbeiten.

Ricore: Wie sexy haben Sie sich in Ihrem John-Carter-Kostüm gefühlt?

Kitsch: Man wird sehr verletzlich im eigentlichen Sinne des Wortes. Mir ist während der Kostümproben etwas aufgefallen. Die Outfits spiegeln John Carters emotionale Verfassung wider. Er kommt auf dem Mars an und ist nackt und verletzlich. Aber mit dem Rüstzeug, das er sich aneignet, wird er wieder zum echten John Carter. Das ist ein großartiges Storytelling. Es ist subtil, aber man sieht es. Wenn man die Rüstung anhat, fühlt man sich gleich größer.

Ricore: Würden Sie auch mal gerne einen anderen Planeten besuchen?

Kitsch: Ja, diese Art von Fantasie liebe ich an Andrew Stanton. Wenn man älter wird, verliert man diese Einbildungskraft. Filme wie "John Carter" bringen einen zurück zu seinem achtjährigen Selbst.

Ricore: Glauben Sie an Außerirdische?

Kitsch: Ich glaube, es macht mehr Spaß an Außerirdische zu glauben, als es nicht zu tun. Also ja, natürlich.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 9. März 2012
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Der frühere US-Offizier John Carter (Taylor Kitsch) gerät auf unerklärliche Weise auf einen fremden Planeten, deren Bewohner sich gegenseitig bekriegen. Unverschuldet gerät er hier zwischen die Fronten. "John Carter - Zwischen zwei Welten 3D" ist die Verfilmung des Romans "Die Prinzessin vom Mars" von Edgar Rice Burroughs. Das Buch ist Teil eines mehrere Bände umfassenden Science-Fiction-Zyklus John "Carter vom Mars", der unter anderem für George Lucas' "Star Wars" Pate stand.
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