Universum Film
Liam Neeson in "The Grey - Unter Wölfen"
Mehr Rekruten dank Hollywood?
Interview: Liam Neeson unter Wölfen
Ob blutrünstige Wölfe oder feindliche Außerirdische, Liam Neeson nimmt es mit jeder Gefahr auf. So zieht er in "Battleship" in die Schlacht gegen Aliens, während er sich in "The Grey - Unter Wölfen" bei eisigen Temperaturen gegen wilde Tiere zur Wehr setzt. Wie hart er in Wirklichkeit ist, verrät der ruhige Künstler mit der tiefen Stimme im Interview mit Filmreporter.de. Zudem diskutiert der in Nordirland geborene Schauspieler mit fast gleichgültig wirkender Selbstverständlichkeit über den zunehmenden Militarismus im gegenwärtigen Hollywood-Kino.
erschienen am 11. 04. 2012
20th Century Fox
Harter Brocken: Liam Neeson in "96 Hours"
Ricore: In "Battleship" und "The Grey - Unter Wölfen" spielen Sie wieder mal sehr harte Kerle. Wie hart sind Sie im wahren Leben?

Liam Neeson: Überhaupt nicht. Aber es gefällt mir, harte Typen zu spielen.

Ricore: Was spricht Sie an diesen Rollen an?

Neeson: In erster Linie, dass sie überhaupt nicht meinem eigenen Charakter entsprechen. Es ist immer interessant, Rollen zu spielen, die ganz anders sind, als du selbst. Das ist eine tolle Fluchtmöglichkeit.

Ricore: Wie würden Sie sich selbst charakterisieren?

Neeson: Als sensibel, intelligent und sexy, aber nicht als hart [lacht].

Ricore: Warum sieht man Sie so selten in witzigen Rollen?

Neeson: Ich kriege einfach nicht die entsprechenden Angebote. Doch es würde mir gefallen, wenn das Drehbuch gut ist. Es kommt immer auf die Qualität des Skripts an. Das Genre ist dabei zweitrangig.

Ricore: Würden Sie sich selbst als ernsthaften Menschen bezeichnen?

Neeson: Wir haben alle unsere witzigen Seiten oder denken, dass wir witzig seien. Ich unterscheide mich in dieser Hinsicht nicht von anderen.
20th Century Fox
Was man nicht alles für eine Rolle tut: Ein Ex-Raucher greift für Hannibal zur Zigarre
Ricore: Dennoch werden Sie meist für ernstere Rollen besetzt. Woran liegt das Ihrer Ansicht nach?

Neeson: Ich weiß es nicht. In Hollywood wird man als Schauspieler immer wieder in eine Schublade gesteckt. Man wird nur allzu gern kategorisiert und wenn man mal mit einer anderen Sache Erfolg hat, sind sie ganz überrascht.

Ricore: Haben Sie schon mal mit dem Gedanken gespielt, selbst ein Drehbuch zu schreiben?

Neeson: Nein, ich bin kein Autor. Ich liebe Autoren und verehre sie, doch nichts würde mir mehr Angst machen, als am Morgen aufzuwachen und ein leeres Blatt Papier füllen zu müssen, um die Kinder zu ernähren oder die Rechnungen zu bezahlen. Ich habe mich nie mit Autoren zusammengesetzt, um gemeinsam ein Projekt zu entwickeln. Ich bin mit vielen Schauspielern befreundet, die ihre eigene Produktionsfirma haben, doch das ist nichts für mich.

Ricore: Ist der Schauspielberuf nach wie vor eine Herausforderung für Sie?

Neeson: Es ist immer eine gute Sache, wenn man schauspielerisch herausgefordert wird. Ich mag den Prozess des Spielens und ich liebe es, am Set zu sein. Ich mag Schauspieler, doch die Filmcrews verehre ich besonders. Man fühlt sich wie in einer Zigeunerfamilie. Das finde ich toll.
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Liam Neeson in "The Grey - Unter Wölfen"
Ricore: Charakterrollen und Actionbetonte Rollen halten sich bei Ihnen die Waage. Gehen Sie unterschiedlich an die verschiedenen Rollentypen heran?

Neeson: Ich nehme alle Rollen ernst. Manche Rollen nehme ich an, um die Rechnungen zu bezahlen. Nichtsdestotrotz muss man an jedes Projekt mit Engagement herangehen und sein Bestes geben.

Ricore: Wie schwer war es, unter den extrem kalten Wetterbedingungen bei den Dreharbeiten zu "The Grey" sein Bestes zu geben?

Neeson: Es war sehr kalt und harsch, wir drehten unter wirklich extremen Bedingungen. Doch ich konnte mit einer Gruppe von wundervollen Darstellern zusammenarbeiten, denen ich sehr nahe kam.

Ricore: Sie waren aber nicht von der Außenwelt abgeschnitten, oder?

Neeson: Nein, wir konnten in Betten schlafen, da es ein paar Motels und kleine Dörfer am Fuß der Berge gab. Doch die Tage waren sehr kurz und aufgrund von Schneestürmen musste man vor Sonnenuntergang die Berge verlassen.

Ricore: Was hat Sie an "The Grey" besonders fasziniert?

Neeson: Es war das Drehbuch, das mich an ein außerordentliches Versepos aus dem 19. Jahrhundert erinnert hat, "The Rime of the Ancient Mariner" [deutsch: "Die Ballade vom alten Seemann", Anm. d. Red.]. Ich hatte es mal in der Schule gelesen. Es handelt von einem Seefahrer, der einen Albatros erschießt, der von den Matrosen als heiliger Vogel angesehen wird. Daraufhin muss der Seefahrer den toten Albatros um den Hals tragen. Das Drehbuch hat mich an diese Art von Versepen erinnert, in denen es um Existentialismus und Schicksal geht. "The Grey" ist nicht nur ein Actionfilm.

Ricore: In "The Grey" geht es um eine Gruppe von Männern, die in der Wildnis ums Überleben kämpfen. Was sagt der Film über das Männlichkeitsbild im Allgemeinen aus?

Neeson: Die Männer in "The Grey" haben Schwierigkeiten damit, ihre Gefühle auszudrücken. Ich denke, dass Männer generell Probleme damit haben.
Universal Pictures (UPI)
Battleship
Ricore: Wie ist das bei Ihnen?

Neeson: Wenn ich eine Rolle spiele, gibt mir das die Möglichkeit, meinen Emotionen freien Lauf zu lassen. Das kann man auch in Schulen sehen, in denen man verstörten Kindern durch das Spielen eine wundervolle Möglichkeit bietet, ihren Aggressionen Luft zu verschaffen.

Ricore: Hat Ihnen das auch geholfen, als Sie mit der Schauspielerei angefangen haben?

Neeson: Ja, das war wundervoll. Als ich in Nordirland aufgewachsen bin, sind dort Bomben hochgegangen. Es war ein sehr gewalttätiger Ort. Schulaufführungen haben mir in dieser Zeit geholfen.

Ricore: Wie haben Sie sich beim Tragen der Admirals-Uniform in "Battleship" gefühlt?

Neeson: Das war ein tolles Kostüm und ich konnte auf der Brücke des berühmten Schlachtschiffes USS Missouri stehen. Auf dem Schiff hat Japan am Ende des Zweiten Weltkrieges offiziell kapituliert. Es ist schon beeindruckend, wenn dort so viele echte junge Kadetten vor dir salutieren.

Ricore: Sie sind inzwischen US-Staatsbürger. Wollen Sie dem Land mit dieser Rolle Tribut zollen?

Neeson: Ja, vielleicht. Ich fühlte mich sehr geschmeichelt, den Admiral einer US-Flotte zu spielen.

Ricore: Wird Hollywood angesichts von Filmen wie "Act of Valor", "Battleship" und der geplanten Fortsetzung von "Top Gun" militaristischer?

Neeson: Es sieht ein wenig danach aus. Ich weiß nicht, ob es militaristischer wird, aber mit all seiner Technologie kann Hollywood solche Filme sehr gut realisieren.
20th Century Fox
Liam Neeson am Set von "96 Hours"
Ricore: Mit seinem Pathos und seinem Patriotismus ist "Battleship" vor allem auf das US-Publikum zugeschnitten.

Neeson: Ja, das stimmt wohl. Die US Navy hofft, dass der Film zum Aushängeschild wird, um Rekruten für die Navy zu gewinnen.

Ricore: Sind Filme der richtige Weg, um Leute zu rekrutieren?

Neeson: Aus deren Sicht schon, schließlich werden wohl Millionen Zuschauer den Film sehen. Zu entscheiden, inwiefern das richtig oder falsch ist, ist Aufgabe der Journalisten.

Ricore: Inwieweit haben Sie sich im Vorfeld Gedanken über die politische und moralische Dimension Ihrer Rolle gemacht?

Neeson: In diesem Fall war es ein Gefallen für einen Freund. Ich habe an dem Film nur eine Woche gearbeitet und es bot mir die Möglichkeit, auf diesem erstaunlichen Schiff zu stehen und in Pearl Harbor zu sein.

Ricore: Im Juni feiern Sie einen runden Geburtstag.

Neeson: [scherzhaft] Ja, meinen vierzigsten [Neeson wird im Juni 60, Anm. d. Red.].

Ricore: Werden Sie ihn auf besondere Weise zelebrieren?

Neeson: Nein, ich denke nicht.

Ricore: Dennoch schon mal alles Gute und vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 11. April 2012
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2024