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Jessica Schwarz
Erholung in Wien
Interview: Jessica Schwarz in Urlaubstimmung
Wir treffen eine entspannte Jessica Schwarz, die schon in Vorfreude auf ihren Urlaub ist. Diesen habe sie sich nach einem Jahr Arbeit an vier sehr unterschiedlichen Filmen verdient. Einer davon ist das Drama "Am Ende eines viel zu kurzen Tages", in dem sie eine Prostituierte spielt. Filmreporter.de verrät sie auf dem Filmfest München, was an freizügigen Rollen schwierig ist, welche Verlustängste sie plagen und warum die Menschen in Wien etwas entspannter sind als die in Deutschland.
erschienen am 30. 08. 2012
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Am Ende eines viel zu kurzen Tages
Ricore: Haben Sie "Am Ende eines viel zu kurzen Tages" schon gesehen?

Jessica Schwarz: Nein, noch nicht. Ich lasse mich überraschen.

Ricore: Hat man als Schauspieler nach den Dreharbeiten ein Gefühl dafür, wie gut man seine Arbeit gemacht hat?

Schwarz: Also es kann auch mal nach hinten losgehen. Aber mit den Filmen, die ich bisher gemacht habe, war ich im Nachhinein immer sehr glücklich.

Ricore: Sie spielen in "Am Ende eines viel zu kurzen Tages" eine Prostituierte. Das haben Sie ja schon einmal in "Das Parfum" gemacht. Gab es trotzdem Berührungsängste mit einer so freizügigen Rolle?

Schwarz: Ich durfte dieses Mal ja mehr anlassen, als bei "Das Parfum"(lacht). Nein, also ich finde das schon schwierig. Vor allem, wenn man nicht die Hauptrolle spielt und nicht jeden Tag bei den Dreharbeiten ist. Und dann muss man sich gleich vor dem ganzen Team entblößen. Andererseits war es sehr schön, diese Rolle zu spielen. Wie geht man als Prostituierte damit um, dass man sich strafbar macht, weil man kurz davor steht, mit einem Minderjährigen Geschlechtsverkehr zu haben. Gleichzeitig versteht sie die Nöte und Sorgen des totkranken Jungen. Die Herausforderung war also, wie man eine Hure mit Herz darstellt.

Ricore: Die Figur der Prostituierten hat trotz Ihres kurzen Auftrittes ja auch eine tiefergehende Bedeutung.

Schwarz: Das finde ich auch. Die Rolle war ursprünglich ganz anders angelegt. Eigentlich sollte die Frau des Arztes anstelle einer Prostituierten für die Verführung des Protagonisten sorgen. Das war ursprünglich eine Rolle mit 15 Drehtagen. Als man sich dann für die Figur der Prostituierten entschied, wollte ich auch für diesen Kurzauftritt zur Verfügung stehen. Besonders deshalb, weil die Bavaria-Filmstudios so vehement für die Entstehung dieses Films gekämpft haben. Außerdem gibt es in dem Film diesen einen so schönen und wichtigen Satz. Solange ich wusste, dass dieser Satz nicht weggestrichen wird, wollte ich bei dem Projekt dabei bleiben.

Ricore: Welchen Satz meinen Sie denn?

Schwarz: Das darf ich jetzt eigentlich nicht sagen. Ansonsten geht ja keiner mehr in den Film (lacht).
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Jessica Schwarz und Thomas Brodie-Sangster: Am Ende eines viel zu kurzen Tages
Ricore: Ein elementarer Satz im Film ist "Immer gewinnt der Tod". Wie gehen Sie denn mit dem Thema an sich um? Sind Sie gläubig? Was sind Ihre Ängste?

Schwarz: Also beim Thema Tod bin ich sehr sensibel. Eigentlich muss man bei mir nur ganz wenige Knöpfe drücken, damit ich todtraurig bin. Ich habe glücklicherweise noch niemanden aus meiner Familie durch Tod verloren. Meine Großeltern waren zum Teil schon verstorben, als ich zur Welt kam, die anderen sind gestorben, als ich noch sehr jung war. Das habe ich dann nicht so richtig mitbekommen und deshalb fehlt mir diese Erfahrung. Die Angst jemanden zu verlieren ist immer da und ich weiß nicht, wie ich dann damit umgehen würde. Ich bin nicht religiös und auch aus der Kirche ausgetreten. Ich bin zwar getauft, finde die Kirche für mich aber nicht sinnvoll. Sie hat über die Jahrhunderte zu viel angestellt, als dass ich sie als gute Einrichtung empfinde. Manchen mag sie helfen, mir nicht. Ich finde, sie hat vor allem Unglück über die Menschheit gebracht.

Ricore: Was gibt Ihnen im Leben halt?

Schwarz: Die Menschen, die ich liebe. Deswegen ist auch die Verlustangst bei mir groß. Ich glaube aber nicht an Vorstellungen wie die Wiedergeburt. Solche Ideen sind mir fremd. Aber ich glaube daran, dass es eine Energie gibt, mit der wir gehen, die auch bleibt und sich verteilt. Aber ich glaube weder an Himmel oder Hölle. Wenn dann möchte ich eh lieber in die Hölle. Da sind wahrscheinlich die interessanteren Menschen Ich habe mir mit ein paar Leuten da auch schon einige Zimmer nebeneinander reserviert (lacht).

Ricore: Sie sind also eher ein Mensch, der verdrängt?

Schwarz: Na ja. Also ich suche mir eher Rollen, die wehtun. So bin ich vielleicht besser vorbereitet auf schmerzhafte Erfahrungen im wirklichen Leben.

Ricore: Der Protagonist aus "Am Ende eines viel zu kurzen Tages" ist ein rebellischer Charakter. Haben Sie in Ihrer Jugend rebelliert?

Schwarz: Auf jeden Fall. Ich fühlte mich wie so viele in der Pubertät völlig missverstanden. Und da ich ja Schauspielerin bin, war das bei mir besonders dramatisch (lacht).

Ricore: Sind Sie wie der Protagonist auch mal mit dem Gesetz in Konflikt gekommen?

Schwarz: Also wenn ich etwas ausgefressen habe, dann habe ich mich so geschickt verhalten, dass es niemand mitbekommen hat. Einmal allerdings, während meiner Modelzeit, bin ich wegen eines fehlenden Bahntickets in einem Mailänder Knast gelandet. Die wollten - glaube ich - einfach mal fünf Models in ihrem Gefängnis haben. Und dann wurden aus einem herumstehenden Polizisten auf einmal zwölf. Wir saßen dann da zwölf Stunden und unser Model-Agent kam nicht, weil er beim Essen war.
SWR/Phoenix/Joachim Gern
Jessica Schwarz als Romy Schneider
Ricore: Wären Sie gerne wieder jünger, also nochmal Kind oder Jugendliche?

Schwarz: Nein. Ich muss nicht nochmal zurück. Also bis jetzt habe ich bis auf einige Fehler alles richtig gemacht. Manches würde ich gerne rückgängig machen, aber eigentlich gehören Fehler zum Leben.

Ricore: Würden Sie uns einen Einblick in Ihre Fehler geben?

Schwarz: Nein (lacht).

Ricore: Sie leben zurzeit mit Ihrem Freund in Wien. Was ist wienerisch an Ihnen? Was am dortigen Lebensgefühl kommt Ihnen entgegen? Wie gehen Sie zum Beispiel mit dem Wiener Schmäh um? Hatten Sie Probleme mit der Sprache? Man verteufelt uns ja häufig als Piefkes..

Schwarz: Ganz schlimm ist es zur Fußball-Europameisterschaft. Das ist gar nicht witzig. Ansonsten mag ich dieses mediterran Angehauchte. Die Leute sind alle ein bisschen genüsslicher und entspannter. Es richtet sich nicht alles nach Stress, Druck, und Schnelligkeit, sondern man setzt sich hin und plaudert einfach. Die Leute bleiben auf der Straße stehen und erzählen sich etwas. Das finde ich sehr angenehm. Auf der anderen Seite vermisse ich die direkte Art der Berliner. In Wien weiß man manchmal nicht genau, ob etwas ehrlich gemeint ist. Ich mag diese Höflichkeit aber trotzdem.

Ricore: Und die negativen Seiten? Sie haben eben die Fußball-Europameisterschaft angesprochen. Ist es so, dass manche Wiener den Deutschen etwas nicht gönnen? Nachname: Ja, also es ist schon so, dass man den Italienern mehr gönnt, als uns. Dann kommt es auch schon mal zu hitzigen Diskussionen (lacht).

Ricore: Welche Vorurteile gegenüber uns Deutschen stimmen und welche nicht?

Schwarz: Richtig ist, dass wir sehr strikt und organisiert sind.
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Jessica Schwarz als Romy Schneider
Ricore: Haben Sie sich in Wien verändert? Haben Sie sich etwa dem entspannten Tempo angepasst?

Schwarz: Das frage ich mich auch schon die ganze Zeit, aber ich weiß es nicht. Ganz grundsätzlich verändere ich mich gerade ein bisschen. Ich habe aufgehört zu rauchen und versuche etwas bewusster zu leben.

Ricore: Der Hauptdarsteller ihres neuen Films Thomas Brodie-Sangster steht ja noch eher am Anfang seiner Karriere. Konnten Sie ihm etwas beibringen?

Schwarz: Nein. Thomas hat eine so tolle Ernsthaftigkeit bei den Dreharbeiten gezeigt. Er war einfach in der Rolle drin. Vielmehr wurde es mir leicht gemacht, in meine kurze Nebenrolle schnell reinzukommen.

Ricore: Sie haben ja sehr erfolgreich Romy Schneider verkörpert. Spielen Sie lieber fiktive oder reale Personen?

Schwarz: Ich finde beides interessant. Für die Rolle der Romy Schneider gibt es natürlich viel Material. Da konnte ich mir die Figur sehr gut aneignen. Aber sich eine fiktive Figur selbst zusammenzubasteln macht auch Spaß. Diese wird man schneller wieder los, als reale Figuren (lacht).

Ricore: War "Romy" die Rolle ihres Lebens?

Schwarz: Das war auf jeden Fall ein richtiges Abenteuer. Da ist man durch ganz viele Stadien gegangen. Es war schon die Rolle, die mich auch bei den Dreharbeiten am meisten mitgenommen hat.

Ricore: Was macht man nach den Dreharbeiten, um wieder runterzukommen?

Schwarz: Da habe ich viel Rotwein getrunken und geredet (lacht). Ansonsten kommt man nicht zu allzu vielen Dingen. Man hofft höchstens, dass es in der Nähe ein zünftiges Restaurant mit Schweinbraten gibt.
Constantin Film
Heiter bis wolkig
Ricore: Das glaubt man gar nicht bei Ihnen. Mögen Sies gerne deftig? Was ist denn ihr Lieblingsessen?

Schwarz: Also ich mag Schnitzel schon sehr gerne. Und bei uns Zuhause im Odenwald gibt es Schnitzel mit Kochkäse oben drauf. Kochkäse ist eine hessische Spezialität.

Ricore: Was liegt momentan bei Ihnen an?

Schwarz: Nichts. Ich mach gerade Urlaub. Dadurch, dass vorher so viel verschoben wurde, hat sich alles in das letzte Jahr verlagert. Vom 1. April 2011 bis 1. April 2012 habe ich vier Filme gedreht, musste dabei sieben Kilogramm abnehmen und Französisch lernen. Da war zwischendurch für gar nichts anders Zeit. Das ist schon anstrengend bei so vielen unterschiedlichen Rollen. Deswegen brauche ich jetzt erst einmal Ruhe und Zeit für mich. Und dann werde ich tatsächlich zum ersten Mal in meinem Leben Theater spielen. Im Oktober dieses Jahres beginnen die Proben in Österreich.

Ricore: Um was für eine Rolle handelt es sich dabei?

Schwarz: Wir spielen das Stück "8 Frauen", das 2002 von François Ozon verfilmt wurde. Ich spiele die Figur der Louise, die im Film von Emmanuelle Béart verkörpert wurde. Ich freu mich sehr auf diese Herausforderung.

Ricore: Die Komödie "Jesus liebt mich" kommt im Dezember in die Kinos. Können Sie mir sagen, was Sie an der Rolle der Marie gereizt hat und wie die Zusammenarbeit mit Regisseur Florian David Fitz war?

Schwarz: Also ich fand das Drehbuch von Florian schon toll. Eine Hauptrolle zu spielen ist immer schön. Wenn dann Jesus mitspielt, der Erzengel Gabriel und Satan, ist es witzig, wenn man die einzige Figur ist, die von dieser Welt ist. Dann setzt man sich auch mal mit solchen Themen auseinander. Ich fand Florians Drama "vincent will meer" schon unglaublich schön. Seine Vorschläge habe ich gerne angenommen, weil er für mich ein Regisseur ist, der die Komödie beherrscht. Ich fand die Rolle wirklich nicht leicht. Daher musste ich mich ganz in die Hände von Florian geben, obwohl ich es doch hasse, wenn ich von jemanden abhängig bin (lacht). Aber es war eine tolle Zusammenarbeit. Florian hat einen gewaltigen Ehrgeiz, was ich gut finde.

Ricore: Wollen Sie selbst Regie führen oder bleiben Sie bei der Schauspielerei?

Schwarz: Nein. Ich bleibe Hotelbesitzerin (lacht). Das Einrichten meines Hotels im Odenwald ist meine Art von Regiearbeit.
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Jessica Schwarz (Berlinale 2010)
Ricore: Wäre das Drehbuchschreiben etwas für Sie?

Schwarz: Nein, auch nicht. Ich schreibe nur für mich, kleine Sachen in Kurzform.

Ricore: Welches Genre liegt Ihnen am besten?

Schwarz: Also ich kann sagen, was ich am Schwierigsten finde - dramatische Komödien. Man weiß nie genau, auf welcher Ebene man sich gerade befindet. Das war so bei den Dreharbeiten zu "Jesus liebt mich" und zu "Heiter bis wolkig" (Kinostart am 6. September). Im Drama fühle ich mich am wohlsten, weil ich da besser weiß, wie ich zu reagieren habe. Ich kann mich gut in Zustände bringen, die einfach weh tun.

Ricore: Thomas Brodie-Sangster hat sich ja in Ihrem gemeinsamen Film für seine Rolle Augenbrauen und Haare abrasiert. Wie weit würden Sie für eine Rolle gehen?

Schwarz: Es gibt gewisse Grenzen. Wir haben in Deutschland nicht solche Gagen wie die Schauspieler in Amerika, die dann von einer Rolle zehn Jahre lang leben können. Und wenn ich für eine Rolle 15 Kilogramm zunehmen müsste, bräuchte ich auch wieder ein halbes Jahr, um das Gewicht abzunehmen, in dem ich ja auch nicht arbeiten könnte. Ich habe jetzt für meine Rolle in "Heiter bis wolkig" in knapp acht Wochen unter ärztlicher Aufsicht sieben Kilo abgenommen. Das war die Hölle. Da muss man auch erst mal durch. Toll war es aber dann, als ich wieder einige Kilos zunehmen konnte und für die darauffolgende Rolle auch musste. Da gab es ständig Pasta und Pizza, Pommes und Schnitzel (lacht). Die Haare würde ich mir nur für eine ganz wichtige Rolle sehr kurz schneiden lassen.

Ricore: Verraten Sie uns doch noch, was Jessica Schwarz an einem freien Tag in Wien so macht?

Schwarz: Ich habe gerade einen tollen neuen Sport namens Bikram Yoga für mich entdeckt. Da muss man bei 50 Grad 26 Übungen machen, bis man fast kollabiert. Man ist dann total glücklich, es am Ende geschafft zu haben. Aber ich liebe es auch, einfach raus in die freie Natur zu gehen. Ich war gerade am Montag Pilze suchen und gestern früh gab es eine riesige Pfifferling-Eier-Speise. Und die Donau ist zum Schwimmen natürlich super.

Ricore: Ist Ihnen der Rückzug in die Natur wichtig?

Schwarz: Absolut. Ich bin ja ein Naturkind, das vom Land kommt. Ich brauche meine grünen Wälder.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 30. August 2012
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