Ralf Hake/Ricore Text
Ken Duken
Johann von Bülow rettet Leben
Interview: Ken Duken dankbar
Johann von Bülow rettet in "Das Adlon. Eine Familiensaga" Kollege Ken Duken das Leben. Nicht nur in dem Fernsehmehrteiler über die berühmte Hoteliers-Familie versteht sich das Duo, auch im echten Leben ist dies der Fall, wie im Interview mit Filmreporter.de deutlich wird. Die Schauspieler berichten uns von mutlosen deutschen Produktionsfirmen, der Kitschgefahr in Historienfilmen und den Eigenschaften eines guten Regisseurs.
erschienen am 8. 01. 2013
Universal Pictures
Das Adlon. Eine Familiensaga
Ricore Text: Haben Sie sich auf "Das Adlon. Eine Familiensaga" aufgrund seines geschichtlichen Hintergrundes vorbereiten müssen?

Ken Duken: Ich habe es versucht, bis ich erfahren habe, dass Johann ebenfalls mitspielt. In dem Moment wusste ich, ich muss eigentlich gar nichts machen, denn er zieht mich mit [lacht].

Ricore: Sie haben also viel Spaß zusammen?

Johann von Bülow: Das haben wir. "Das Adlon" ist ja auch nicht unser erster gemeinsamer Dreh. In "Carl & Bertha" habe ich schon mal eine kleine Understudy für ihn gespielt.

Ricore: Herr Duken, Sie sind ja nicht nur Schauspieler, sondern auch Regisseur und Produzent. Kommen Sie überhaupt noch dazu, angesichts der vielen Großproduktionen, die Sie in letzter Zeit drehen?

Duken: Wir entwickeln weiter unsere Sachen, wobei in meiner Produktionsfirma derzeit natürlich mein Partner stärker involviert ist, als ich. Kleine schöne Regieprojekte, Musikvideos. In erster Linie hat die Quantität nachgelassen. Aber ich habe immer noch das Gefühl, dass ich gerne meine eigenen Geschichten erzählen möchte.

Ricore: Würden Sie gerne, oder werden Sie?

Duken: Die Sachen, die wir bisher gemacht haben, ob das zum Tanz war oder etwas anderes, sind jetzt fertig. Nun sind wir in der weiteren Entwicklung. Ich habe in der letzten Zeit sehr viel gedreht und bin deshalb zu nichts gekommen, deshalb geht alles ein wenig langsamer.

Ricore: Schmerzt das?

Duken: Überhaupt nicht. Ich bin jetzt 33 und habe noch wahnsinnig viel vor mir. Wenn ich das irgendwann nicht mehr machen dürfen sollte, baue ich mir meine Kleinkunstbühne in Buxtehude und spiele dort vor meinen Haustieren.
Stefan Huhn/Ricore Text
Johann von Bülow auf der Deutschlandpremiere von "Fünf Freunde"
Ricore: War Ihre Figur in "Das Adlon" vorgefertigt, oder konnten Sie noch etwas an Ihrer Rolle verändern?

Von Bülow: Nein, es gab schon ein fertiges Buch. Allerdings gab es mitunter Überlegungen darüber, wer welche Rolle spielen sollte. Man kann nicht immer sicher sein, dass man die Rolle bekommt, die man eigentlich haben will. Ich habe aber Glück gehabt und verrate jetzt nicht, für welche andere Figur ich noch im Gespräch war [lacht]. Ken, ich weiß nicht wie es bei dir war, aber ich hatte ein langes Gespräch mit Uli geführt und dabei gab es von meiner Seite auch gar nicht das Bedürfnis, etwas an meiner Rolle zu verändern. Wir waren uns sehr einig.

Duken: Meine Figur an sich gab es natürlich schon und es war bereits sehr früh klar, dass ich diese spielen würde und keine andere. Ich hätte schon nach großen Ausflüchten suchen müssen, um diese Rolle nicht anzunehmen - bei dem Cast und bei dem Regisseur. Natürlich gibt es immer wieder Dinge, die nicht ganz rund sind. Aber das Gute an der Arbeit mit Uli ist, dass er als Regisseur sehr offen ist und genau an den Stellen wo es doch noch etwas hakt ohne zu zögern ansetzt und noch etwas verändert und nicht zufrieden ist. So wurde auch das Drehbuch erst kurz vor Drehbeginn fertig, da er immer wieder Details perfektionieren wollte.

Ricore: Was macht Uli Edel aus?

Duken: Er weiß ganz genau wo er die Schauspieler laufen lassen will. Das finde ich das Tolle, das hat mich an der Produktion insgesamt beeindruckt, dass egal was man gedreht hat, immer alles genau konzipiert war. Der Regisseur wusste, wann er bei den Schauspielern ist und wann er das Bild aufmacht. In der letzten Szene die wir gedreht haben, hatte ich bei keinem einzigen Komparsen das Gefühl, dass er verschwendet wird. Die Macher wissen ganz genau wo sie ihr Geld einsetzen. Dies ist umso beeindruckender, denn große Produktionen verpulvern oft Geld für unnötige Dinge.

Von Bülow: Das ist auch, was Oliver Berben mal mit amerikanisch meinte. Es herrschte am Set ein großes Maß an Professionalität. Das geht bis hin zur First-ID-Lösung, der wirklich den absoluten Überblick hat. Er ist die rechte Hand des Regisseurs und kein Aufnahmeleiter im klassischen Sinn, der den Dreh für den Produzenten organisiert. Am Set von "Das Adlon" gab es den Missing Link zwischen Regie und Produktion, das war super organisiert.

Ricore: Hinkt Deutschland den USA in Sachen Produktion und Organisation generell noch hinterher?

Duken: Es kommt immer auf die Produktion an. Ich habe bereits einige Sachen im Ausland, in den USA oder anderswo gedreht und dabei festgestellt, dass es eigentlich immer ums Budget geht. Je größer amerikanische Produktionen sind, desto mehr Geld wird verschwendet. Du hast teilweise das Gefühl, dass das Geld verbrannt wird - auch Talent.

Ricore: In welcher Form?

Duken: Oft müssen Leute stundenlang herumstehen, ohne etwas zu tun zu haben. Sie sind nicht gefordert. Bei Low-Budget-Produktionen ist es anders. Ich war bei einer amerikanischen Indie-Produktion, das war wie einen deutschen Film zu realisieren. Was hier toll ist, ist, dass wir alle zusammen etwas entwickeln konnten. Es ist nicht so extrem, deswegen drehen auch immer mehr Schauspieler Serien, weil es wirklich etwas ist, wo sie ihr eigenes Ding drehen können. Im amerikanischen Kinofilm hast du 50 Studiobosse, da wird jeder Schritt überwacht und kontrolliert. Und wenn es bei "Fluch der Karibik" nicht Johnny Depp gegeben hätte, hätte die Person, die Jack Sparrow spielt, seine Sache nicht so durchziehen können, wie er es eigentlich gewollt hätte.

Ricore: Sind Sie zur Produktion "Das Adlon. Eine Familiensaga" gekommen, oder umgekehrt?

Duken: Johann hat die Rolle ergattert und mich dann mitgezogen [lacht].

Von Bülow: Ja, ich habe gesagt: 'Da draußen steht noch einer, der will auch mitmachen!' [lacht]. Dann haben Sie natürlich gemeint: 'Johann, das ist eine ganz schön große Forderung.' Am Ende hab ich mich dann durchgesetzt [lacht].
Heiko Thiele/Ricore Text
Johann von Bülow und Ken Duken am Set von "Das Adlon. Eine Familiensaga"
Ricore: Weshalb wird in "Das Adlon" keine der Hauptfiguren von einem Ausländer verkörpert?

Von Bülow: Warum sollte ein Ausländer dabei sein? Es ist ja eine Produktion über eine deutsche Hoteliers-Familie. Zudem wurde "Das Adlon" auch nicht ausländisch koproduziert. Von den Großproduktionen die ich bisher gedreht habe, unter anderem "Das Wunder von Lengede", ist "Das Adlon" auf jeden Fall die Produktion, die am internationalsten wirkt, vor allem vom Organisationsgrad her. Man sollte sich auch davon lösen, "Das Adlon" zwangsweise im internationalen Kontext zu sehen. Es ist einfach eine tolle große deutsche Produktion, die versucht, seine Geschichte emotional zu erzählen und sich nicht davor scheut, dass etwas womöglich kitschig wirken könnte und deshalb sagt: 'In Ordnung, da fahren wir mal lieber auf halber Kraft, um kein Risiko einzugehen.'

Ricore: Wie groß ist die Gefahr, dass man im Kitsch landet, wenn man so auf Emotionen setzt?

Von Bülow: Was soll man machen? Das muss man riskieren!

Duken: Das finde ich auch. Mich würde es langweilen, wenn ich mich so etwas nicht trauen würde. Ich habe Tränen gesehen, die ich gespielt habe, die im Rohschnitt wirklich toll waren. Wenn man schließlich den fertigen Film sehen würde und denkt: 'Ach du scheiße, wieso ist das so kitschig?' - hat der Regisseur etwas falsch gemacht? Dann hat er die Schmalzdose aufgemacht, indem er die Szene mit dementsprechender Musik, Soundeffekten und so weiter unterstützt hat. Wenn ein guter Regisseur in einer Szene mit Schauspielern große Emotionen zeigen will, dann ist er in der Verpflichtung das Drumherum so zu setzen, dass das nicht einen kitschigen Beigeschmack hat. Ich finde bei "Das Adlon" haben wir das ganz gut hinbekommen.

Ricore: Was ist für Sie kitschig?

Duken: In einem Melodrama bedeutet Kitsch Emotionen zu schaffen, die nicht da sind. Es wird sicherlich Leute geben, die der Meinung sind, dass "Das Adlon" zu viele Emotionen hat, weil sie generell mit Emotionen in einem Film nichts anfangen können. Aber wenn man diese ganz herunterfahren würde, wäre dies auch nicht richtig. Das ist auch so eine Sache in Deutschland, vor allem wenn man ein Event-Movie macht: Erst trauen sich die Macher etwas und im letzten Momenten rudern sie wieder zurück und sagen: 'Das war alles doch nicht so gemeint'. Da passt dann aber das amerikanische Sprichwort: 'Viel zu viel ist schon wieder gut!'. Man muss in dem was man macht vor allem konsequent sein und klar seine Linie verfolgen.

Ricore: Gab es trotz der guten Organisation von "Das Adlon" noch Möglichkeiten, hier und da eigene Ideen einzubringen?

Von Bülow: Uli hat eine sehr genaue Vorstellung davon, wie eine Szene auszusehen hat. Doch wie jeder Regisseur der gut ist, ist er bereit, andere Ideen, die vielleicht besser sind als das was er sich vorher gedacht hat, aufzunehmen. Er merkt sehr genau, wenn du etwas halbes machst, selbst wenn du es selbst nicht merkst. Es ist schon erstaunlich und eine besondere Eigenschaft. Wenn man einen Regisseur testet und einfach mal etwas anders macht, merkt der das oft gar nicht, weil es ihm nicht so wichtig ist. Bei Uli habe ich hingegen den Eindruck, dass so etwas nicht vorkommt. Er ist dabei aber extrem ruhig. Es kann vorkommen, dass er drei Takes lang nichts sagt und erst dann Kritik übt. Du weißt aber, dann sucht er und lässt dich solange drehen, bis ihm einfällt was er dir sagen kann und du anders machen musst.

Ricore: Ihre Ausführungen klingen so, als hätte das Drehen einer Szene besonders lange gedauert. Dabei hatte "Das Adlon" doch verhältnismäßig wenige Drehtage, oder?

Von Bülow: "Das Adlon" ist drei Mal 90 Minuten lang und insgesamt hatten wir 75 Drehtage. Das macht 25 pro Folge. Das ist für das deutsche Fernsehen viel, aber für einen historischen Film dieses Ausmaßes recht wenig.

Duken: Normalerweise geht an einem Set viel Zeit dafür drauf, dass die Leute überlegen was sie wie machen wollen. Uli hingegen weiß was er macht. Er vertrödelt kaum Zeit damit nachzudenken, wo er die Kamera aufstellen lässt. Die Zeit, die er dabei spart, verwendet er für seine Darsteller. Uli Edel ist ein Schauspieler-Regisseur.

Ricore: Bei der ganzen Lobhudelei Edels gibt es aber bestimmt auch etwas, dass mit ihm nicht perfekt gelaufen ist, oder?

Von Bülow: Wenn, dann würden wir das hier bestimmt nicht sagen [lacht].

Duken: Ich weiß wie sich das alles anhört, aber die Arbeit mit Uli war wirklich großartig, auch wenn auch das wieder wie eine abgedroschene Floskel klingt.

Ricore: Sie sind beide regelmäßig in Film und Fernsehen zu sehen. Haben Sie Angst, dass das Publikum irgendwann Ihrer überdrüssig sein könnte?

Duken: Naja, ich mache auch viele Low-Budget-Filme, die kein großes Publikum erreichen. Zudem habe ich viele Filme gemacht, die im Ausland liefen, hierzulande jedoch nicht. Ich bin Schauspieler und möchte spielen. Ob jemand meiner überdrüssig sein könnte, darüber denke ich gar nicht nach.

Von Bülow: Es nützt ja auch nichts sich mit dieser Frage zu beschäftigen. Es gibt Phasen, wo man Projekte annehmen muss, weil man sonst nicht genug zum Leben hat. Dann wiederum gibt es Phasen, wo man nicht mehr jede Rolle annehmen muss. Das ist natürlich ein schönes Gefühl. Sich zu fragen, ob das Publikum einen satt haben könnte, ist keine Frage. Schließlich hat man lange genug dafür rackern müssen, überhaupt in diese Position zu kommen. Deswegen steht man nie da und fragt sich: 'Wo haue ich da jetzt die Bremse rein?' Man versucht einfach schöne Rollen zu spielen, denn wer weiß schon, wie lange man die Möglichkeit dazu hat. So muss man das sehen.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 8. Januar 2013
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Der Brad PittChristina Loeb geboren, folgt nach einigen Bühnenauftritten die erste TV-Rolle in "Blutiger Ernst". Schlaraffenland" ist er 1998 dann bereits an der Seite von Heiner Lauterbach im Kino zu sehen. Neben der Schauspielerei, ist Duken zunehmend auch als Produzent und Regisseur tätig. Mit seiner 2003 gegründeten Produktionsfirma Grand Hotel Pictures realisiert er neben Kurzfilmen wie "Der Antrag" auch Musikvideos für die Rockgruppen Oomph und Curse.
Johann von Bülow wird am 26. September 1972 in München geboren, sein Nachname entstammt dem mecklenburgischen Uradelsgeschlecht der von Bülow. Bevor sich der Schauspieler 1996 für mehrere Jahre der Theaterbühne verschreibt, feiert er 1995 sein Spielfilmdebüt an der Seite von Franka Potente in "Nach Fünf im Urwald". Erst seit der Jahrtausendwende ist von Bülow vermehrt wieder in Fernseh- und Kinoproduktionen wie "Und weg bist Du" oder "Fünf Freunde" zu sehen. Bezüglich seines Privatlebens hält..
2024