Anke Neugebauer/ARD
Tobias Schenke in "Heiter bis tödlich - Akte Ex"
Erfolg statt Ausbildung
Interview: Freigeist Tobias Schenke
Tobias Schenke spielt sich als pubertierender Jugendlicher mit der Komödie "Harte Jungs" im Jahr 2000 in viele Teenie-Herzen. Dass er mittlerweile Wert darauf legt, möglichst wenig mit dem Überraschungserfolg in Verbindung gebracht zu werden, wird im Interview mit Filmreporter.de deutlich. Schenke spricht zudem von seiner Vorbereitung auf die Rolle als Gerichtsmediziner in der Serie "Heiter bis tödlich - Akte Ex" und erklärt uns, warum eine abgeschlossene Schauspielausbildung für ihn der falsche Weg ist.
erschienen am 19. 09. 2012
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Tobias Schenke als Gerichtsmediziner in "Heiter bis tödlich - Akte Ex"
Ricore Text: In den ersten zwei Episoden von "Heiter bis tödlich - Akte Ex" haben Sie nur eine kleine Rolle. Wird diese in den nächsten Folgen größer?

Tobias Schenke: Ich komme auf jeden Fall noch mehr zum Einsatz. Es wird zwar nicht so sein, dass sich meine Figur von einer kleinen Nebenrolle zur großen Hauptrolle entwickelt. Aber sie bekommt mehr Persönlichkeit und der Zuschauer erfährt mehr über das Privatleben, damit man sich mit der Figur emotional besser identifizieren kann und nicht nur ihre berufliche Seite kennt.

Ricore: Wie haben Sie sich auf die Rolle des Gerichtsmediziners vorbereitet?

Schenke: Ich habe mich natürlich damit beschäftigt was passiert, wenn man an einer Leiche arbeitet, vor allem am Tatort. Da wir mit echten Polizisten, in einem echten Krankenhaus und in einer echten Pathologie gedreht haben, konnte ich mir auch während der Dreharbeiten noch einige Informationen besorgen, damit ich keine Fehler mache. Allerdings muss ich zugeben, dass ich für die Vorbereitung meiner Rolle nicht so viel Zeit hatte, da ich sie erst ungefähr eine Woche vor Drehbeginn überhaupt angeboten bekam. Da war dann nicht mehr so viel Zeit, sich richtig einzuarbeiten.

Ricore: Weshalb wurde Ihre Rolle so kurzfristig besetzt?

Schenke: Die Rolle war kurz vorher noch nicht so jung angelegt, sondern für eine Person konzipiert, die ungefähr 50 Jahre alt ist. Aufgrund der Besetzung von Sarah Alles als Yvette Müller, musste das Alter der Figur jedoch nach unten korrigiert werden. Weshalb, das können Sie sich wahrscheinlich denken.

Ricore: Wie gehen Sie damit um, dass Sie von vielen Menschen noch immer vor allem mit "Harte Jungs" assoziiert werden, obwohl Sie mittlerweile ganz andere Sachen spielen?

Schenke: "Harte Jungs" und die Fortsetzung "Knallharte Jungs" sind zwei von ungefähr 70 Film- und Fernsehproduktionen die ich bisher gemacht habe. Insofern sind die beiden Komödien für mich überhaupt nicht belastend. Dass man die beiden Filme im Kopf hat, ist klar, da beide große Erfolge waren. Gespielt habe ich aber schon viele andere Charaktere, die mit diesen zwei Filmen überhaupt nichts zu tun haben und deswegen denke ich über so etwas nach zwölf Jahren gar nicht mehr nach. Das müssen andere entscheiden, ob sie mich immer noch lieber als den "Harte Jungs"-Darsteller sehen wollen, oder als Schauspieler mit vielen Facetten. Ich jedenfalls identifiziere mich mit der Rolle von damals nicht mehr.
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Tobias Schenke untersucht das Gewaltopfer in "Heiter bis tödlich - Akte Ex"
Ricore: Nervt es, immer wieder auf den "Harte Jungs"-Charakter reduziert werden.

Schenke: Ich kann nachvollziehen, dass es solch einen Effekt gibt, wenn man als junger Schauspieler einen großen Erfolg hat und jetzt wo ich älter bin dieses Bild von mir noch immer existiert, zumal sich ja mein Aussehen in den letzten zehn Jahren nicht so stark verändert hat. In der Filmindustrie, bei den Fernsehsendern, den Regisseuren und in Redaktionen wird das anders gesehen. Die haben auf mein Schaffen ein anderes Auge und wissen, dass "Harte Jungs" nicht die einzige Produktion ist, die ich gemacht habe. Solange die das wissen, bin ich ganz beruhigt.

Ricore: Würde "Harte Jungs" im Zuge von immer extremeren Komödien wie "Hangover" heute noch funktionieren?

Schenke: "Hangover" hat eine andere Zielgruppe als "Harte Jungs". Wir wollten damals die Zwölf- bis 16-Jährigen ansprechen, während "Hangover" eher für Leute gedacht ist, die schon bestimmte Erfahrungen in ihrem Leben gesammelt haben. Dass sich so einen Film auch Teenies angucken, hat ja auch mit der Transparenz der Medien zu tun. Zu unserer Zeit konnte man sich noch nicht so detailliert im Internet informieren. Insofern glaube ich schon, dass "Harte Jungs" auch heute funktionieren würde. Dazu dürfte es den Film vor zehn Jahren dann aber nicht gegeben haben [lacht].

Ricore: Sehen Sie die Entwicklung des Internets positiv oder negativ?

Schenke: Beides - der Mensch wird immer gläserner. Ich bin der Meinung, dass Privatsachen auch privat bleiben sollten, soweit man selber ein Problem damit hat, das nach Außen zu tragen. Wenn das für einen okay ist, dann soll man es erzählen. Dann finde ich es auch gut, dass die Medien so transparent sind, dass alles schnell an den Bürger geht. Das Problem dabei ist jedoch, dass man über die preisgegeben Informationen immer weniger Kontrolle hat. Das finde ich nicht gut. Auch gefällt mir nicht, dass der Staat immer mehr die Möglichkeit hat, sich diese Sachen zunutze zu machen, um mehr über dich zu erfahren, auch wenn er das jetzt vielleicht noch nicht ausnutzt. Das hat schon Ähnlichkeiten mit der Staatssicherheit der ehemaligen DDR. Ich habe ein wenig Angst davor, dass sich die Welt zu sehr in eine Richtung entwickelt, in welcher der Mensch zu sehr kontrolliert und beobachtet wird.

Ricore: Hat Ihre Skepsis auch mit den Stasi-Erlebnissen Ihrer Familie zu tun?

Schenke: Ich bin gar nicht so vorsichtig. Ich habe vor allem einen gesunden Selbstschutz und beschäftige mich nicht so viel mit dem Internet wie die Kinder von heute. Ich nutze diese Plattform einfach nicht als virtuelle zweite Welt. Ich treffe mich immer noch gerne mit Leuten und bespreche Dinge persönlich. Auch lerne ich Menschen lieber Auge in Auge kennen, als über irgendwelche sozialen Netzwerke. Ich nutze diese zwar auch, aber nur, um Informationen zu verbreiten, von denen ich denke, dass die Menschen sie über mich wissen sollten. Alles andere bleibt bei mir und soll auch mein Geheimnis bleiben.
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Tobias Schenke stößt an in "Heiter bis tödlich - Akte Ex"
Ricore: Sie haben den Besuch der Schauspielschule abgebrochen. Hatten Sie manchmal das Gefühl, Nachteile gegenüber ausgebildeten Schauspielern zu haben?

Schenke: Ich sage mal so, in diesem Beruf führen mehrere Wege zum Ziel. Die Ausbildung an einer Schauspielschule ist meiner Meinung nach sehr wichtig und unverzichtbar für angehende Schauspieler, die in diesem Beruf noch gar nicht Fuß gefasst haben. Ich drehe seit ich zwölf Jahre alt bin Filme und habe dabei einiges gelernt, dass man auf einer Schauspielschule nicht beigebracht bekommt. Man steckt in diesem Beruf sowieso in einem ständigen Lernprozess. Ob man eine Schauspielschule besucht oder schon im Berufsleben steckt, die Arbeit an einer Rolle beginnt immer von neuem. Die Erfahrungen, die man bei einer Ausbildung macht, helfen dabei genauso, wie die der praktischen Arbeit.

Ricore: Weswegen brachen Sie die Schauspielschule ab?

Schenke: Ich war 16 Jahre alt, als ich die Schule verlassen habe. Mein Abi habe ich nicht mehr gemacht. Auf die Schauspielschule zu gehen war damals noch ein Alibi-Ding für meine Eltern, damit ich ihnen zeigen konnte, dass ich etwas Richtiges in der Hand habe, einen ausgebildeten Beruf eben. Aber das ist bei einem künstlerischen Beruf immer so eine Sache. Entweder bist du gefragt, oder eben nicht. Da ist es eher zweitrangig, ob du eine Schauspielschule abgeschlossen hast. Meine größten Erfolge habe ich gehabt, nachdem ich die Schauspielschule abgebrochen habe [lacht]. Und abgebrochen habe ich auch nur, weil ich so viel gedreht habe. Ich hatte einfach keine Zeit mehr. Das, was mir womöglich gefehlt hat, habe ich durch Coaching nachgeholt.

Ricore: Weswegen sind Sie Schauspieler geworden? Es heißt ja immer wieder, dass Ihre wahre Leidenschaft die Musik sei.

Schenke: Als Schauspieler hab ich schon gearbeitet, als ich noch nicht wissen konnte was meine Leidenschaft später sein wird. Ich weiß auch gar nicht, ob ich das überhaupt mal so gesagt habe. Musik hat mir schon immer Spaß gemacht, war aber stets nur ein Hobby, vor allem zu Schulzeiten. Ich hätte mir durchaus vorstellen können beruflich in diese Richtung zu gehen. Da ich irgendwie bei der Schauspielerei gelandet bin und mich sehr schnell mit diesem Beruf angefreundet habe, kann ich so nicht unterschreiben, dass ich für die Schauspielerei meine große Leidenschaft, die Musik aufgegeben hätte.
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Tobias Schenke mit Damenbegleitung in "Heiter bis tödlich - Akte Ex"
Ricore: Ich dachte, dass Sie Ihre Musikkarriere nicht weiterverfolgt haben, weil die mit Adel Tawil aufgenommene Single "Niemand hat gesagt" kein Charterfolg war.

Schenke: Das mag einem zwar in den Sinn kommen, hatte mit meiner Entscheidung für die Schauspielerei jedoch absolut nichts zu tun.

Ricore: Machen Sie privat noch Musik?

Schenke: Ich mache hier und da schon noch Musik mit Freunden, aber das ist meine Privatsache. Eine neue Single oder ein Album sind erst einmal nicht geplant. Vielleicht in ein paar Jahren wieder. Ausgeschlossen ist das jedenfalls für mich nicht.

Ricore: Steht bereits fest, ob die erste Staffel von "Heiter bis tödlich - Akte Ex" fortgesetzt wird?

Schenke: Das steht noch nicht fest und hängt davon ab wie die Serie vom Publikum angenommen wird. Aber derzeit sieht es für eine Fortsetzung ganz gut aus, die Option existiert.

Ricore: Gucken Sie selbst Serien wie "Heiter bis tödlich - Akte Ex"?

Schenke: Wir machen dieses Format ja für Menschen, die um diese Zeit von der Arbeit kommen und abschalten wollen. Wenn sie dann "Heiter bis tödlich -Akte Ex" einschalten, bekommen sie ein Format das viel Witz hat und nicht zu schwer fällig und ernst daher kommt. Weil die Deutschen Krimis lieben, bekommen sie bei uns beides. Krimi mit der nötigen Leichtigkeit. Ich bin zu dieser Zeit meist noch gar nicht zu Hause. Ich auch bin nicht so der TV-Glotzer, es sei denn es läuft Fußball.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 19. September 2012
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Seinen bisher größten Erfolg feiert Tobias Schenke im Jahr 2000 mit der Teenie-Komödie "Harte Jungs". Seitdem spielt er in über 70 Film- und Fernsehproduktionen mit, darunter "Der letzte Lude" und "Tatort". Auf einen Rollentyp legt sich Schenke nicht fest, vom Gerichtsmediziner bis zum Oberproll ist alles dabei. Seit 2012 ist er an der Seite von Oliver Franck und Isabell Gerschke in der Vorabendserie "Heiter bis tödlich - Akte Ex" zu sehen. Adel Tawil aufgenommene Single "Niemand hat gesagt"..
2024