Sony Pictures
Photocall zu Total Recall mit Kate Beckinsale
Erst schießen, dann fragen
Interview: Action-Lady Kate Beckinsale
Nach "Underworld" arbeitet Kate Beckinsale erneut mit Gatte Len Wiseman zusammen. Unter seiner Regie macht sie in der Neuauflage von "Total Recall" erbarmungslos Jagd auf Colin Farrell. Im Interview mit Filmreporter.de spricht die glänzend aufgelegte Engländerin über ihr Leben in Los Angeles und die Arbeitsdynamik zwischen ihr und ihrem Ehegatten. Zudem verrät sie, welche Rolle sie gerne in einem James Bond-Film spielen würde.
erschienen am 23. 08. 2012
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Total Recall
Ricore: Wie hat es sich angefühlt, Colin Farrell in "Total Recall" ordentlich zu verprügeln?

Kate Beckinsale: Das hat sehr viel Spaß gemacht. Für mich war es aber auch ein wenig furchteinflößend, weil ich nur vier Tage zwischen zwei Filmen hatte. Normalerweise hat man eine längere Vorbereitungszeit. Daher habe ich befürchtet, dass ich jemandem versehentlich ins Gesicht schlagen könnte. Den einzigen, den ich schließlich verletzt habe, war Colin, doch er nahm es sehr galant hin [lacht].

Ricore: Wie waren die Kampfszenen mit Jessica Biel?

Beckinsale: Das war toll, weil sie sehr gut ist. Es war aber noch ein wenig furchteinflößender, weil ich ihr nicht ein blaues Auge verpassen wollte. Immerhin wurde sie zur Sexiest Woman Alive gewählt [lacht].

Ricore: Sie sind immer wieder in Action-Filmen zu sehen. Wie kommt das?

Beckinsale: Das ist sehr merkwürdig. Zunächst wollte ich so viele unterschiedliche Sachen wie möglich spielen, Comedy, Theater, und so weiter. Als ich "Underworld" machen sollte, konnte ich mir zunächst nicht vorstellen, diese Rolle zu spielen. Ich habe nicht darüber nachgedacht, dass solche Filme bei einem entsprechenden Erfolg sehr viel beliebter werden können, als andere Filme, so dass man immer wieder damit in Verbindung gebracht wird. Das ist etwas merkwürdig, weil man mit etwas assoziiert wird, das eigentlich nicht viel mit der eigenen Person zu tun hat. Meine Familie fand das aber großartig. Sie findet es immer noch ziemlich lustig, mich als Action-Darstellerin zu sehen [lacht]. Es ist toll, das machen zu können.

Ricore: Wie war es, bei "Total Recall" mal zur Abwechslung den Bösewicht zu spielen?

Beckinsale: Das war toll. Ich finde es gut, dass sie selbst nicht denkt, dass sie der Bösewicht sei. Sie denkt, sie sei die Heldin, was vielleicht auf alle Bösewichte zutrifft. Mir gefiel bei ihr, dass sie in gewisser Weise außer Kontrolle ist. Auf der anderen Seite war ich in der Rolle eher auf mich allein gestellt, während Colin und Jessica als Duo agieren konnten.
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Schlagkräftig: Kate Beckinsale in "Total Recall"
Ricore: Wie schwer ist es, eine Balance zwischen aufwendigeren Produktionen wie "Total Recall" und kleineren Dramen wie "Nichts als die Wahrheit - Im Fadenkreuz der Staatsmacht" zu finden?

Beckinsale: Die Balance zu finden ist nicht so schwer. Allerdings ist es schwieriger, es ausgeglichen wirken zu lassen, da sich nicht so viele Leute einen Film wie "Nothing but the Truth" ansehen. Gerade dieser Film ist ein perfektes Beispiel. Ich war sehr froh über diesen Film, doch leider ging die Filmfirma Bankrott und der Film kam nie in die Kinos. Es ist merkwürdig, dass man einen großen Film macht, den man hasst und den jeder sieht, obwohl man sich das Gegenteil wünscht. So ein Beispiel ist "Whiteout", der ein furchtbarer Film ist. Gleichzeitig macht man einen kleinen Film, auf den man sehr stolz ist und den keiner sieht. Das ist sehr ärgerlich. Doch grundsätzlich gefällt es mir, dass ich beides machen kann.

Ricore: Ist es aufgrund Ihres Bekanntheitsgrades inzwischen einfacher, kleinere Projekte, die Ihnen am Herzen liegen, zu realisieren?

Beckinsale: In mancherlei Hinsicht ist es einfacher. Nichtsdestotrotz habe ich festgestellt, dass die Anzahl an Independent-Filmen in den vergangenen Jahren immer kleiner geworden ist. Das ist eine Schande. Doch ich denke schon, dass es einfacher ist, wenn man auch Filme macht, die an der Kinokasse erfolgreich sind.

Ricore: Wie war das bei "Whiteout"? Als Sie für den Film unterschrieben haben, kann er Ihnen ja zunächst nicht so furchtbar vorgekommen sein.

Beckinsale: Das war das letzte Mal, dass ich für einen Film unterschrieben habe, bei dem das Drehbuch noch nicht fertig ist und man mir sagt, dass man es dennoch hinbekommen wird. Manchmal muss man die Dinge eben auf die harte Tour lernen [lacht]. Das war eine dieser Erfahrungen und ich werde das nicht nochmal machen. Außer vielleicht bei Woody Allen - das Risiko würde ich eingehen [lacht].

Ricore: Wie ist es, mit Ihrem eigenen Ehemann zusammenzuarbeiten?

Beckinsale: Es ist toll. Bevor wir verheiratet waren, hatten wir uns ja bereits an einem Set kennengelernt und schon da war es großartig, mit ihm zusammenzuarbeiten. Wenn ich noch nie mit gearbeitet hätte, bevor ich mit ihm verheiratet war, wäre es etwas anderes. Ich glaube, wir gehen bei der Arbeit inzwischen nicht mehr so höflich miteinander um. Dass uns alle dabei anstarren, bin ich inzwischen gewöhnt. Er empfindet es immer noch als sehr unangenehm, wenn uns alle dabei zusehen, wie wir über etwas diskutieren.
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Len Wiseman und Kate Beckinsale am Set von "Total Recall"
Ricore: Haben Sie bestimmte Regeln am Set? Etwa, dass Sie sich nicht gegenseitig mit 'Schatz' anreden?

Beckinsale: Nein, nicht wirklich. Bei "Total Recall" war es ohnehin etwas anders, da ich nicht die Protagonistin spielte. Ich finde, dass eine der wichtigsten Beziehungen am Set ist die zwischen Regisseur und Hauptdarsteller. Daher wäre es wohl unangebracht, wenn ich dauernd auf seinem Schoß gesessen hätte, während er mit Colin sprach. Beim zweiten "Underworld" saß ich öfter auf seinem Schoß [lacht].

Ricore: Mit Michael Bay sollen Sie es am Set von "Pearl Harbor" nicht so einfach gehabt haben.

Beckinsale: Ich würde nicht sagen, dass er schwierig war. Ich hatte zuvor noch nie einen Film dieser Größenordnung gemacht. Der Film spielte in den 1940ern und sie zerbrachen sich den Kopf darüber, wie sie mich für die 1940er Jahre attraktiv machen konnten. Wenn man dich in England nicht für attraktiv genug hält, tendieren die Leute dazu, das hinter deinem Rücken zu sagen. Ins Gesicht hatte man mir das zuvor noch nicht gesagt [lacht]. Sie haben mir dauernd Make-Up aufgetragen, irgendwas in meinen BH gestopft oder mein Haar verändert. Das war irgendwie eine schockierende Erfahrung. Als Michael Bay von der Presse gefragt wurde, warum er mich besetzt hat, sagte er, dass ich nicht so attraktiv sei, als dass ich andere Frauen einschüchtern würde [lacht]. Abgesehen davon, war es aber okay, es war einfach nur eine neue Erfahrung für mich.

Ricore: Es sagt aber einiges darüber aus, wie Hollywood Schauspieler und vor allem Schauspielerinnen betrachtet.

Beckinsale: Ja, es war hilfreich, dass ich Ben Affleck an meiner Seite hatte, der sagte, dass man das bei ihm auch so gemacht hätte [lacht]. Ich denke, Sie haben recht, doch es war das einzige Mal, dass ich so eine Erfahrung gemacht habe.

Ricore: Wie unterschiedlich ist das Leben in Los Angeles im Vergleich zu London?

Beckinsale: Sehr unterschiedlich und ich habe sehr lange gebraucht, um mich daran zu gewöhnen. Ich hatte nie vor, nach Los Angeles zu ziehen. Ich hatte eine gewisse Vorstellung von Personen, die in Los Angeles leben und ich erkannte mich darin nicht wieder. Die ersten vier oder fünf Jahre tat ich mich schwer damit. Zudem fahre ich nicht. Ich hatte in London, Paris und New York gelebt und dort fuhr niemand in meinem Alter, selbst wenn er es konnte. Doch sobald man wirklich gute Freundschaften schließt, spielt es keine allzu große Rolle wo man lebt, solange man tolle Leute in seiner Küche sitzen hat. Zudem ist es schön, dass das Wetter dort so gut ist.
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Kate Beckinsale kann man nicht entkommen
Ricore: Sind Ihre Freunde in Los Angeles in erster Linie Schauspieler?

Beckinsale: Die meisten nicht. Ich habe das Glück, dass meine Tochter Freunde gefunden hat, deren Eltern ich sehr mag. Einen meiner besten Freunde habe ich bei "Whiteout" kennengelernt. Es gab also doch einen guten Grund, den Film zu machen. Zudem freue ich mich immer sehr nach Hause zu kommen, da dort meine zwei besten Freunde sind, die ich kenne, seit ich fünf beziehungsweise elf bin.

Ricore: Haben Sie vor, in Zukunft wieder mehr in Europa zu drehen?

Beckinsale: Das fände ich großartig. Ich denke, dass einige Leute gar nicht realisieren, dass ich eigentlich Engländerin bin.

Ricore: Umso besser, dass Sie in Ihrem aktuellen Film wieder mit Ihrem britischen Akzent sprechen konnten.

Beckinsale: Ja, genau. Obwohl ich in einer Kritik gelesen habe, dass mein englischer Akzent furchtbar sein soll. Und ich dachte mir: 'Was?! Das ist meine eigentlicher Akzent.' [lacht]

Ricore: Würden Sie als Engländerin gerne in einem James Bond-Film mitspielen?

Beckinsale: Wenn ich James Bond selbst spielen könnte... [lacht]

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 23. August 2012
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