Universum Film
Regisseur Drew Goddard am Set von "The Cabin in the Woods"
Cocktails mit Joss Whedon
Interview: Drew Goddard zelebriert Horror
Was für ein Debüt! Mit seinem Regieerstling "The Cabin in the Woods" hat Drew Goddard einen brillanten Horrorfilm realisiert, der die Regeln des Genres genüsslich auf den Kopf stellt. Das Drehbuch hat er mit Joss Whedon geschrieben, dem er seinen Karriereeinstieg bei der Fernsehserie "Buffy - Im Bann der Dämonen" zu verdanken hat. Im Interview mit Filmreporter.de spricht Goddard über seine Liebe zum Phantastischen, sein Verhältnis zu Whedon und das Besondere an "Buffy".
erschienen am 5. 09. 2012
Universum Film
The Cabin in the Woods
Ricore: Sie und Joss Whedon beschreiben "The Cabin in the Woods" als liebevollen Hass-Brief an das Horror-Genre. Was lieben Sie und was hassen Sie an Horror?

Drew Goddard: Es gibt sehr viele Dinge, die ich liebe. Ich liebe es vor allem, einen Horror-Film im Kino anzuschauen. Horror-Filme funktionieren auf so vielen emotionalen Ebenen, dass es viel mehr Spaß macht, sie mit anderen Zuschauern zu teilen. Es können Leute neben dir sitzen, die dabei anfangen zu schreien. Bei keinem anderen Genre hat man solch ursprüngliche Erlebnisse. Dagegen hasse ich es, wenn man merkt, dass dem Regisseur das Genre egal ist. Man merkt, wenn es dem Regisseur nur um sein Honorar geht und ihm die Charaktere egal sind.

Ricore: Welcher ist Ihr Lieblings-Horrorfilm?

Goddard: Ich liebe sehr viele, doch wenn ich einen auswählen müsste, wäre es "The Thing" von John Carpenter. Der Film funktioniert auf so vielen Ebenen. In erster Linie ist er furchteinflößend, witzig und schön. Gleichzeitig funktioniert er als gesellschaftlicher Kommentar. Man spürt, dass es um etwas Größeres geht, das über die Handlung hinausgeht. Das ist mir immer wichtig bei Horrorfilmen.

Ricore: Inwiefern ist das Phantastische besser als andere Kunstformen geeignet, das menschliche Dasein und die Welt um uns herum zu ergründen?

Goddard: Das ist eine gute Frage. Da man bei Science-Fiction und Fantasy eine Distanz zur Realität hat, kann man diese Dinge ergründen, ohne belehrend oder prätentiös zu wirken. Durch die Genre-Elemente fühlt es sich nicht so an, als ob man in der Schule sitzen würde. Mir zumindest macht es auf diese Weise mehr Spaß. Manchmal braucht man Distanz zur Realität, um sich selbst besser zu verstehen.

Ricore: Über "The Cabin in the Woods" haben Sie gesagt, dass sich der Film mit dem menschlichen Bedürfnis auseinandersetzt, die Jugend zunächst zu idealisieren, sie dann zu marginalisieren und sie schließlich zu zerstören. Warum haben wir Menschen dieses Bedürfnis?

Goddard: Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass es so ist. Es scheint ein natürliches Bedürfnis zu sein, die Jugend zu marginalisieren, sobald man älter wird. Das stelle ich auch bei mir selbst fest. Das fängt schon bei simplen Dingen an, etwa wenn man sagt, dass die Musik heutzutage nicht mehr so gut ist. Das trifft aber auch bei komplizierteren Dingen zu, etwa wenn wir unsere Kinder in den Krieg schicken, damit sie für uns sterben können. Es ist eine faszinierende Frage, da ich beide Seiten bei dieser Angelegenheit sehe. Ich verstehe die Erwachsenen und ich verstehe die Jugendlichen. Das Problem zwischen beiden Seiten steht im Zentrum von "The Cabin in the Woods", diesen Konflikt wollten wir ergründen.
20th Century Fox
Sarah Michelle Gellar, Buffy - Im Bann der Dämonen
Ricore: Wie würden Sie den Schreibprozess mit Joss Whedon beschreiben?

Goddard: Das hat Spaß gemacht. Wir arbeiten bereits seit zehn Jahren zusammen. Normalerweise fängt es damit an, dass wir in einer Bar zusammen sitzen, ein paar Cocktails trinken und versuchen, uns gegenseitig zum Lachen zu bringen. Auf diese Weise hat "The Cabin in the Woods" seinen Anfang genommen [lacht]. Wir haben ein paar Monate an der Story gearbeitet und sobald wir die Handlung hatten, haben wir versucht, das Drehbuch so schnell wie möglich zu schreiben, da beim schnellen Arbeiten eine besondere Energie entsteht. Also haben wir uns drei Tage in ein Hotelzimmer eingeschlossen, bis wir das Drehbuch fertig hatten.

Ricore: Nach nur drei Tagen. Das ist ziemlich schnell.

Goddard: Das ist schnell, doch wir hatten ja bereits sechs Monate damit verbracht, die Story auszuarbeiten und das ist immer der härteste Teil. Sobald man eine gute Handlung hat, kann man ziemlich schnell arbeiten, da man nur noch die Dialoge schreiben muss.

Ricore: Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Whedon beschreiben? Was bedeutet er Ihnen als Künstler und auf persönlicher Ebene?

Goddard: Ich habe ein merkwürdiges Verhältnis zu ihm, da ich ihn verehre. Als "Buffy - Im Bann der Dämonen" herauskam, war ich auf dem College und ich dachte: 'Oh mein Gott, das sind die besten Drehbücher, die ich je gesehen habe.' Er ist mein Lieblingsautor und als ich dann die Chance hatte, mit ihm zu arbeiten, wurde ein Traum wahr. Noch heute fühlt es sich immer wieder wie ein Traum an, mit meinem Lieblingsautor arbeiten zu können. Ich kann mich sehr glücklich schätzen.

Ricore: Was haben Sie von Ihm als Autor lernen können, als Sie bei "Buffy" angefangen haben?

Goddard: An erster Stelle kommen bei ihm immer die Charaktere. Er ist in der Hinsicht so leidenschaftlich, dass es fast schon religiös ist. Ihm kommt es immer darauf an, dass seine Charaktere etwas durchmachen, was emotional nachvollziehbar ist. Wenn man sich daran hält, spielt es keine Rolle, wie verrückt es wird. Wir haben bei "Buffy" verrückte Dinge gemacht, doch es diente immer Buffys emotionaler Entwicklung zum jeweiligen Zeitpunkt. Diese Lektion nehme ich mir immer sehr zu Herzen. Wenn die Emotionen nicht aufrichtig sind, ist es egal, was du machst - die Zuschauer werden es dir nicht abkaufen. Sind die Emotionen hingegen ehrlich, sind sie bereit, alles zu glauben.
Alberto E. Rodriguez/Wire Image
Joss Whedon auf der "Avengers"-Weltpremiere
Ricore: Man nimmt sogar böse Einhörner hin.

Goddard: [lacht] Ja, man nimmt sogar böse Einhörner hin, solange die Charaktere wie menschliche Wesen agieren.

Ricore: In dem Buch "Seven Seasons of Buffy" stellen Sie in Ihrem Vorwort die Frage: 'Warum liegt uns Buffy so sehr am Herzen?' Warum lag Ihnen die Serie so sehr am Herzen, schon bevor Sie in der letzten Staffel als Autor angefangen haben?

Goddard: Das ist eine gute Frage, wie viel Zeit haben Sie? [lacht] Die Charaktere gingen durch emotionale Dinge, die ich auch durchgemacht habe. Darüber hinaus fühlte es sich aber auch gefährlich und andersartig an. Da war jemand, der Komödie, Horror und Science-Fiction vermischte, ohne sich um Konventionen zu scheren, da er daran glaubte, dass das Publikum es verstehen würde. Zu der Zeit hatte ich das noch bei keinem anderen gesehen. Heutzutage ist diese Vermischung der Genres üblicher und das ist ein Verdienst von Joss und dem, was er bei "Buffy" gemacht hat. Zudem hat mich keine andere Serie mehr zum Lachen gebracht als "Buffy".

Ricore: Wie kürzlich bekannt wurde, wird Joss Whedon für Marvel die Serie "S.H.I.E.L.D." realisieren. Wären Sie bei der Serie auch gerne an Bord?

Goddard: [lacht] Joss und ich sprechen jeden Tag miteinander. Es gibt nur sehr wenige Projekte von ihm, bei denen ich nicht gerne dabei wäre, in welcher Form auch immer. Ich habe also sowohl an "S.H.I.E.L.D." Interesse, als auch an jedem anderen Projekt, an dem Joss jemals beteiligt sein wird.

Ricore: Gibt es bereits bestimmte Dinge, die Sie bei der "S.H.I.E.L.D."-Serie gerne sehen würden?

Goddard: Nein, bisher noch nicht. Wie jeder andere, freue auch ich mich momentan einfach darüber, dass es eine "S.H.I.E.L.D."-Serie von Joss Whedon geben wird.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 5. September 2012
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2024