Stefan Huhn/Ricore Text
Benno Fürmann beim Interview zu "Das grüne Wunder - Unser Wald" im Bayrischen Hof
Stadtmensch in Wildnis
Interview: Naturbursche Benno Fürmann
Im schmucken Zimmer des traditionsreichen Münchner Hotels Bayrischer Hof treffen wir einen entspannten Benno Fürmann. Am Abend vor der Premiere zu "Das grüne Wunder - Unser Wald" (Kinostart: 13. September 2012), in dem der Schauspieler als Erzähler fungiert, stellt er sich den Fragen von Filmreporter.de. Dabei verrät er uns, warum eine Auszeit in der Natur so wichtig ist, wie begeistert er von seiner Tochter ist und in welchen Punkten sich Hollywood von der deutschen Filmindustrie unterscheidet.
erschienen am 14. 09. 2012
polyband Medien
Das grüne Wunder - Unser Wald
Ricore: Was kann der Zuschauer aus der Naturdokumentation "Das grüne Wunder - Unser Wald" lernen?

Benno Fürmann: Der Film ist wie eine Lupe, durch die man den Wald vor unserer Tür anders wahrnimmt. Die Menschen um Regisseur Jan Haft haben so unglaublich viel Zeit aufgewendet, um diese vielen Prozesse der Natur einzufangen. Durch diese Bilder kann der Zuschauer ein bewussteres Empfinden für den Wald entwickeln. Auch ich gehe jetzt bewusster durch den Wald. Und ich finde toll, dass es sich bei der im Film gezeigten Natur nicht um einen Regenwald handelt, sondern um die Natur, die uns umgibt.

Ricore: Sind Sie als Berliner eher Stadt- oder Naturmensch?

Fürmann: Beides. Ich bin viel und regelmäßig draußen, sowohl mit meiner Tochter als auch alleine. Als Berliner ist es ja toll, dass wir nach dem Mauerfall auch ein neues Umland erhalten haben. Früher hatte man nur den Wannsee, den Grunewald sowie den Tiergarten, und das war es dann auch schon. Ich liebe es einfach sehr in die Natur zu gehen, um der Großstadt so für Tage und Wochen zu entkommen. Für mich sind Wälder einfach Ursprungsorte, wo man Ruhe hat. Jeder kennt die Geräusche, wenn beispielsweise der Wind die Blätter bewegt. In der Stadt muss man was tun, um zur Ruhe zu kommen. Draußen passiert das ganz automatisch, indem die Natur dich einhüllt und man so anders drauf kommt. Orte wie der Wald, das Meer und die Berge erinnern uns an unsere Ursprünglichkeit und die Tiefe unserer Herkunft. Das sind Energiequellen, die für mich ganz wichtig sind.

Ricore: Manche Leute joggen aber auch mit Kopfhörern und bekommen gar nichts von den Naturgeräuschen mit.

Fürmann: Ja, das stimmt. Bei mir geht das nach Tagesform. Ich habe mal in Niederbayern einen Film gedreht, wo ich mit die schönsten Läufe hatte. Ich bin durch die bayrische, eingeschneite Landschaft gelaufen und habe dabei eine ganz sphärische Musik über den Walkman gehört - und das hat komplementiert. Habe ich gerade Walkman gesagt? (lacht) Ich habe gestern einen Regisseur getroffen, mit dem ich einen Film mache, der in den 1980er Jahren spielt. Vielleicht bin ich deshalb ja gerade in einer anderen Zeit gelandet. Jedenfalls geht es mir bei anderen Läufen auch eher so, dass ich ohne Musik jogge, um die perfekte Symbiose mit der Natur einzugehen. Ich habe dann Sport getrieben, meinen Körper ertüchtigt und gleichzeitig auch einen Waldspaziergang gemacht.
Rufus F. Folkks/Ricore Text
Benno Fürmann
Ricore: Sie sind sozial sehr engagiert, so auch für Amnesty International. Ist Naturschutz auch ein Thema für Sie?

Fürmann: Zumindest als Privatmensch bin ich da engagiert. Und zwar dadurch, dass ich einfach versuche, meinen Haufen Müll so klein wie möglich zu halten. Ich achte auch darauf, meiner Tochter diese Dinge immer wieder zu erklären. Einerseits sollte man ein Bewusstsein für Naturschutz entwickeln, gleichzeitig aber sollte man nicht zu streng mit sich sein und trotzdem Spaß haben. Ich gehe dann einmal im Jahr mit meiner Tochter in ein Fast Food Restaurant. Das sind dann aber auch wirklich Ausnahmen. Gerade dieser ganze Fleischkonsum ist einer der größten Klimakiller, den wir haben. Da kann man heutzutage nicht mehr so tun, als ob man das nicht wüsste, da es die Informationen darüber längst gibt. Dann sollte man halt nicht mehr jeden Tag Fleisch essen gehen. Das gleich gilt fürs Fliegen. Das ist zwar schneller und bequemer, aber ich nehme ebenso gerne mal die Bahn, um die Umwelt zu schonen. Ich fahre auch häufig Fahrrad, statt das Auto zu nehmen. Wenn ich aber einen Leihwagen habe, dann machen mir zehn Zylinder auch mal Spaß - als Ying zum Yang (lacht). Ich versuch einfach bewusst zu leben und so wenig Scheiße als möglich anzurichten.

Ricore: Was ist ihnen bei der Erziehung Ihrer Tochter noch wichtig?

Fürmann: Es geht eben vor allem darum, ein Bewusstsein zu entwickeln. Wir bestimmen mit unseren Konsumentscheidungen jeden Tag diesen Planeten. Ansonsten habe ich den Eindruck, dass ich meiner Tochter gar nicht so viel beibringen muss, weil ich das Glück habe, ein ganz tolles Kind zu haben. Sie ist mit zehn Jahre schon unheimlich weit für ihr Alter.

Ricore: Wohin reisen Sie gerne, um auch woanders die Natur zu erleben?

Fürmann: Also Indien und Nepal liebe ich sehr. Ich mag generell sehr gerne asiatische Länder. In Nepal trifft man nach vier, fünf Stunden auf einen komplett anderen Stamm, der was die Luftlinie betrifft, nur wenige Kilometer vom anderen Stamm entfernt ist. Durch die bergige Landschaft braucht man aber sehr lange, um von einem zum anderen zu kommen, so dass quasi Welten dazwischenliegen. Das finde ich jedes Mal sehr aufregend. Im Januar war ich in Indien im höchsten subtropischen Regenwald im tieferen Himalaya. Man sieht also die verschneiten Riesen am Horizont, befindet sich aber im Wald, der kein Sonnenlicht mehr durchlässt. Das war ein ziemlich einzigartiger Kontrast. Und jetzt im Sommer war ich auf der Insel Stromboli und habe einen mediterranen Traum erlebt. Abends habe ich mit meiner Tochter den Vulkan beim Explodieren beobachtet. Danach habe ich eine Flasche Barolo geöffnet und das Leben war gut.
Rufus F. Folkks/Ricore Text
Benno Fürmann (Venedig 2008)
Ricore: Aktuell drehen Sie "Hai-Alarm am Müggelsee". Was für eine Figur spielen Sie da?

Fürmann: Meine Figur hat gar keinen Namen, sondern heißt einfach 'Der reiche Mann von Friedrichshagen'. Und es ist das einzige Mal, dass mir bei den Dreharbeiten keine Maskenbildner mit Schirm und Sun-Blocker in der Hand hinterherlaufen, weil ich explizit für die Rolle braun sein soll. Ich trage weiße Leinenanzüge und habe einen gesunden Teint. Und mir gehören der See, eine Straßenbahnlinie und der Friseur!

Ricore: Der Film ist also eine Komödie?

Fürmann: Er ist ein anarchisches, doch sehr stringent geführtes Konglomerat von Menschen, die versuchen lustig zu sein. Ich hoffe, wir schaffen das. Letztendlich geht es um Kommunalpolitik und um Hai-Alarm-Partys, die am Müggesee stattfinden. Und auf einmal ist Friedrichshagen hipper als Kreuzberg. Also da ist sehr wenig ernst gemeint.

Ricore: Stimmt es, dass sie auch als Produzent im Gespräch waren?

Fürmann: Ja. Aber das Produzenten-Dasein hätte in dem Fall bedeutet, dass man vom finanziellen Erfolg des Films abhängig gewesen wäre. Das wollte ich nicht, sondern einfach mitspielen und Spaß haben.

Ricore: Nochmal eine Frage zu ihrer Rolle als Sprecher in "Das grüne Wunder - Unser Wald". War das Timing schwieriger als bei den Synchronsprecherrollen, die sie sonst so hatten?

Fürmann: Als ich die Texte Zuhause gelesen hatte wie "Da - ein Eichhörnchen", wusste ich zunächst nicht, wie man sowas ernsthaft spricht, ohne sich die ganze Zeit totzulachen. Dann habe ich mir die Bilder zukommen lassen und mir den Film zunächst stumm angeguckt, um zu sehen, was der Jan Haft da überhaupt gemacht hat. Zusammen mit der Musik habe ich dann einen Zugang gefunden, wo ich versucht habe, mich mit meiner Stimme genauso behutsam und zart wie die Kamera an die Prozesse des Waldes anzuschleichen.
UFA CINEMA
Benno Fürmann als Ulf in "Der perfekte Mann"
Ricore: Sie haben ja schon mehrfach in US-amerikanischen Filmen mitgespielt. Sehen wir Benno Fürmann bald mal wieder in einem Hollywood-Film?

Fürmann: Das plane ich gar nicht. Das sind letztlich Dinge, die an einen recht kurzfristig herangetragen werden. Sobald ein Film eine Finanzierung bekommt, geht es Schlag auf Fall und die Schauspieler werden gesucht. Wer weiß also, was die Zukunft bringt? 'Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, erzähl ihm von deinen Plänen', hat mal ein kluger Kopf gesagt (lacht). Jetzt gerade wird mein nächstes Projekt ein Fernsehfilm sein, der in München gedreht wird. Es ist die Geschichte vom Oktoberfest-Attentat in den 1980er Jahren. Dann habe ich noch einige Sachen vor, die noch in der Finanzierungsphase sind, wo aber noch kein grünes Licht gibt. Amerikanische Filme sind also erst einmal nicht dabei, was nicht heißt, dass sich auch da nicht mal wieder etwas ergeben wird. Filme aus den USA sind für mich eher Ausflüge und am Ende des Tages ist hier in Deutschland meine Heimat.

Ricore: Man sagt ja oft, dass der deutsche Film von Hollywood lernen müsse. Gibt es etwas, dass Hollywood vom deutschen Film lernen kann?

Fürmann: Ich finde das Arbeiten als Schauspieler in Deutschland unheimlich kollegial. Wenn du hier als Team zusammenarbeitest, hast du übergreifende Prozesse, die es beim amerikanischen Film nicht gibt. Dort ist es viel klarer reglementiert, wer welchen Bereich hat. Hier ist das Miteinander größer als in den USA, wo zumindest die Grenze schärfer gezogen ist. Auf der anderen Seite können wir uns von den Amerikanern die Lust am Erzählen abgucken sowie den Mut mit Geschichten nach vorne zu gehen. Hier wird oft so viel abgewägt, dass am Ende manchmal gar nichts raus kommt. Ich finde es super, dass ich in Deutschland arbeiten kann, meine Schauspielerei aber nicht an den deutschen Außengrenzen endet.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 14. September 2012
Zum Thema
Benno Fürmann entwickelt sich binnen kurzer Zeit vom leichten Seriendarsteller zum ernstzunehmenden Schauspieler. Zunächst für Und tschüss!" im Einsatz, arbeitet er mittlerweile mit renommierten Regisseuren wie Christian Petzold ("Wolfsburg"), Lars Becker ("Kanak Attack") und Tom Tykwer ("Der Krieger und die Kaiserin") zusammen.Sin Eater - Die Seele des Bösen" und "The Mutant Chronicles" mit. Shrek"-Reihe. In der Naturdokumentation "Das grüne Wunder - Unser Wald" fungiert Fürmann als Erzähler...
In seiner Dokumentation "Das grüne Wunder - Unser Wald" hat der renommierte Naturfilmer Jan Haft das gesamte Spektrum des organischen Lebens in den Wäldern Deutschlands, Österreichs und Dänemarks unter die Lupe genommen. Dafür war er sechs Jahre lang mit seiner Kamera unterwegs und hat insgesamt 250 Stunden Filmmaterial belichtet. Als Sprecher hat er den Schauspieler Benno Fürmann gewinnen können.
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