20th Century Fox
Nia Vardalos
Nia Vardalos über Glückstreffer, Klischees und Idioten
Interview: Die Idioten haben zugestimmt!
Nur fünf Millionen Dollar kostete die Independent-Comedy über eine griechische Großfamilie in Amerika, und auch am Marketing des Streifens wurde nach Kräften gespart. Trotzdem entpuppte sich "My Big Fat Greek Wedding" im Land der unbegrenzten Möglichkeiten als Kinosensation des Jahres 2002. Die turbulente Komödie spielte bisher gut 200 Millionen Dollar ein. Als strahlende Siegerin wird die griechische Hauptdarstellerin und Drehbuchautorin Nia Vardalos (40) gefeiert, der nun sämtliche Türen Hollywoods offen stehen.
erschienen am 22. 01. 2003
20th Century Fox
Szene aus: My Big Fat Greek Wedding
Ricore: Frau Vardalos, Sie sehen in Wirklichkeit viel hübscher aus als im Film...

Nia Vardalos: Oh, vielen Dank! Im Film bin ich um einiges dicker. Ich wollte wie eine typische Griechin aussehen und habe deshalb alles gegessen, was fett macht - ein pures Vergnügen! Jetzt habe ich mein altes Gewicht wieder erreicht.

Ricore: Ursprünglich war "My Big Fat Greek Wedding" eine One-Woman-Show, die Sie für sich selbst geschrieben haben. Wie kam es zur Verfilmung dieses Stoffes?

Vardalos: Eines Tages hat die Produzentin Rita Wilson meine Show gesehen und war begeistert. Nachher kam sie zu mir hinter die Bühne, und ich fasste sofort Vertrauen zu ihr. Eine Selbstverständlichkeit war das nicht, denn ich wurde in meinem Leben bereits von zu vielen Agenten, Produzenten und Studios angelogen. Aber zwischen uns beiden spürte ich eine gewisse Harmonie. Ein paar Tage später schickte ich ihr das Drehbuch zu, das ich zum Glück schon früher geschrieben hatte. In meiner nächsten Show saß dann auf einmal Ritas Ehemann Tom Hanks im Publikum...
20th Century Fox
Szene aus: My Big Fat Greek Wedding
Ricore: ...und war so fasziniert, dass er zusammen mit seiner Frau den Film produzierte?

Vardalos: Ja, aber daran hatte ich damals nicht im Traum gedacht. Ich war erst einmal schrecklich aufgeregt, dass Mr. Forrest Gump gekommen war, um sich mein Stück anzusehen. Als er mich dann anrief und mir eine Zusage gab, konnte ich es einfach nicht fassen: Drei Jahre hatte ich verzweifelt versucht, in Hollywood als Schauspielerin Fuß zu fassen, und auf einmal ist Tom Hanks am Telefon und will mein Drehbuch mit mir in der Hauptrolle verfilmen. Wahnsinn!

Ricore: Damit nicht genug: In Amerika entwickelte sich der Independent-Film zum Kassenschlager und startet nun in großen Teilen Europas. Ist es schwer für Sie, bei dem Gedanken daran ruhig zu bleiben?

Vardalos: Ich versuche es erst gar nicht. Ein solcher Glückstreffer gelingt einem - wenn überhaupt - nur einmal im Leben. Daher koste ich jede Sekunde dieses Erfolgs voll aus. Ich hoffe aber, dass durch diesen Film Studiobosse aufhorchen und merken, dass auch mit ganz normalen Frauen Geld zu verdienen ist. In Hollywood hat eine Schauspielerin doch nur Erfolg, wenn sie wirklich gut aussieht. Dass es eben auch anders geht, beweist unser Film.
20th Century Fox
Szene aus: My Big Fat Greek Wedding
Ricore: Wollen Sie auch in Zukunft an griechischen Themen arbeiten?

Vardalos: Wahrscheinlich. Es gibt noch viele griechische Geschichten zu erzählen, und vielleicht bin ja gerade ich die Richtige dafür. Dass Interesse an ausländischen Stoffen vorhanden ist, zeigt der Erfolg von Filmen wie "Der Super-Guru" oder "Monsoon Wedding". Eigentlich dachte ich, dass "My Big Fat Greek Wedding" ein Film über typische Griechen ist, aber für das Publikum war das zweitrangig. Für die Zuschauer ist es in erster Linie ein Familienfilm.

Ricore: Vielleicht liegt es an der romantischen Liebesgeschichte?

Vardalos: Könnte sein. Männer kommen doch in solchen Filmen fast immer schlecht weg. Sie betrügen ihre Geliebte und versuchen danach, sie zurück zu gewinnen. Ich finde das unverschämt! Im wirklichen Leben sind die meisten Männer ganz anders. Genauso schrecklich finde ich das Klischee, dass Frauen im Film meistens eine Mutter, Ehefrau oder Hure spielen müssen. Warum können sie nicht einfach ganz normal sein? Warum muss es bei der großen Liebe anfangs immer Eifersucht und Betrug geben? "My Big Fat Greek Wedding" ist deshalb eine Geschichte über positive Charaktere, die trotzdem lustig wirken. Und es funktioniert: Das Publikum erkennt sich wieder und findet es komisch.
20th Century Fox
Szene aus: My Big Fat Greek Wedding
Ricore: Verlief die Hochzeit mit Ihrem Mann genauso wie im Film?

Vardalos: Es steckt sehr viel von unserer eigenen Geschichte in diesem Film. Auch er ist Amerikaner und ließ sich, um die griechische Tradition zu wahren, vor der Hochzeit in einer griechisch-orthodoxen Kirche taufen. Einige Zuschauer bemängeln, dass die Figur meines Filmpartners etwas zu perfekt wirkt. Da kann ich nur sagen: Kommen Sie meinen Mann besuchen und sehen Sie selbst. Er ist wirklich so perfekt. Übrigens spielt mein Mann auch im Film mit.

Ricore: Hatten Sie so viel Einfluss auf die Rollenbesetzung?

Vardalos: Eigenartigerweise ja. Irgendwie haben Produzenten und Regisseur allem zugestimmt, was ich vorgeschlagen habe. Vielleicht kommt es daher, dass ich die Geschichte ja auch in Wirklichkeit fast so erlebt habe.

Ricore: "My Big Fat Greek Wedding" ist also eine Parodie auf Ihre eigene Großfamilie?

Vardalos: Es wird mir keiner glauben, aber der Film ist keine Parodie, sondern das authentische Spiegelbild meiner Familie. Sogar meine Familie ist dieser Meinung. Ich bin ziemlich froh, dass ihnen der Film gefällt und sie über sich selbst lachen können.
20th Century Fox
Szene aus: My Big Fat Greek Wedding
Ricore: Sogar Ihr Vater, der im Film anfangs doch ziemlich traditionsbewusst wirkt?

Vardalos: Ich habe ihm das Skript vor den Dreharbeiten gezeigt und dachte eigentlich, er würde die Ähnlichkeit sofort merken. Er ist zwar nicht frauenfeindlich oder gegen Bildung, aber ansonsten spiegelt praktisch alles im Film sein wirkliches Verhalten wieder. Aber irgendwie bemerkte er trotzdem nicht, dass er die eigentliche Personifikation dieser Rolle ist. Vielleicht wollte er es auch einfach nicht zugeben.

Ricore: Der Leitsatz des Films lautet: "Griechische Mädchen sollen griechische Jungen heiraten, griechische Babys bekommen und bis zu ihrem Tod alle durchfüttern." War es schwer für Sie, Ihre Eltern vom Gegenteil zu überzeugen?

Vardalos: Meistens liegen Eltern mit ihren Ratschlägen ganz richtig. Oft merkt man das erst sehr viel später. Ich habe damals versucht, einen griechischen Mann zu finden. Aber ich konnte mich einfach nicht verlieben. Als ich dann später beschloss, einen Amerikaner zu heiraten, änderten meine Eltern ihre Einstellung und nahmen ihn in die Familie auf. Heute ist mein Mann gut mit ihnen befreundet. Aber das sehen Sie ja alles im Film.
20th Century Fox
Szene aus: My Big Fat Greek Wedding
Ricore: Sie haben erwähnt, dass Sie von einflussreichen Leuten in Hollywood belogen und übergangen wurden. Rächen Sie sich nun dafür?

Vardalos: Oh ja! Nach dem Erfolg des Films wurden mir plötzlich Hauptrollen in riesigen Produktionen angeboten. Als es zu den ersten Verhandlungen kam, habe ich diesen Leuten jede Menge Bedingungen gestellt. Welchen Regisseur ich mir wünsche, wer mein Filmpartner sein werden sollte und ähnliches. Es war nicht so, dass ich mehr Geld wollte. Dank des finanziellen Erfolgs von "My Big Fat Greek Wedding" habe ich es nicht mehr nötig, auch nur einen einzigen Film in meinem Leben zu drehen. Wenn mich die Studios haben wollen, dann nur zu meinen Bedingungen. Ich muss mit dem Film zufrieden sein, sonst könnte ich es nicht mit mir vereinbaren.

Ricore: Und wie haben die Studios auf Ihre Forderungen reagiert?

Vardalos: Die Idioten haben zugestimmt! (lacht)

Ricore: Wir gratulieren. Haben früher eigentlich viele Ihrer Freunde an Ihrer Schauspielkarriere gezweifelt?

Vardalos: Ich bekam oft zu hören, dass ich einfach zu unscheinbar wäre. Nicht dick genug wie Kathy Bates und nicht so schlank wie Gwyneth Paltrow. Viele sagten auch, ich wäre einfach nicht talentiert. Ein Agent meinte, als Griechin würde ich niemals Erfolg haben. Aber ich habe zum Glück nie an mir gezweifelt und bin meinen Weg gegangen. Darauf bin ich sehr stolz.
erschienen am 22. Januar 2003
Zum Thema
Ihr Name ist untrennbar mit "My Big Fat Greek Wedding" verbunden. Aber Nia Vardalos kann mehr. Die Tochter aus griechisch-kanadischer Ehe ist nicht nur Schauspielerin. Sie schreibt Drehbücher und führt Regie, so bei "I Hate Valentine's Day" und provoziert auch mit der Komödie die Gemüter ihrer Fans.
Die griechische Familie Portokalos möchte die schüchterne Toula (Nia Vardalos) endlich unter die Haube bringen. Jede Menge heiratswilliger Männer werden ausgesucht und ihr vorgestellt - die Kuppelei ist im vollen Gange. Doch die Auserwählten finden nicht die Zustimmung der unscheinbaren jungen Griechin. Dafür läuft ihr High-School-Lehrer Ian (John Corbett) über den Weg. Familie Portokalos ist entsetzt, Ian ist ja gar kein Grieche!
2024