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Anna Fischer leiht ihre Stimme Venellope von Schweetz in "Ralph reicht's 3D"
Aufregung im Synchronstudio
Interview: Sprachlose Anna Fischer
Musikerin und Schauspielerin Anna Fischer hat etwas Neues probiert. Für die Animationskomödie "Ralph reicht's 3D" arbeitet sie das erste Mal als Synchronsprecherin. Wie sie sich dabei fühlte und weshalb jeder wie ihre Figur Vanellope mal Außenseiter gewesen sein sollte, erläutert sie im Interview mit Filmreporter.de. Zudem erklärt Fischer, weshalb es ihr bei Komiker Kurt Krömer die Sprache verschlägt, ihre Band den Namen Panda trägt und wieso Berlin die geilste Stadt der Welt ist.
erschienen am 5. 12. 2012
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Anna Fischer spricht Venellope von Schweetz in "Ralph reicht's 3D"
Ricore Text: Frau Fischer, kennen Sie noch das Daddeln am Spieleautomaten?

Anna Fischer: Es gibt ja noch immer Spielhallen, wo man diese alten Spiele spielen kann. Ich bin jedoch die Generation, die mit dem Gameboy, Tetris, Super Mario Land und anderen schönen Konsolenspiele aufgewachsen ist. Das andere war vor meiner Zeit.

Ricore: Welches Spiel ist Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben?

Fischer: Tetris. Ganz klar. Es ist ganz simpel, ganz einfach. Du verstehst es sofort und kannst es überall spielen. Tetris ist das Spiel, dass mich auf jeden Fall am stärksten geprägt hat.

Ricore: Wie gut können Sie sich mit Vanellope identifizieren?

Fischer: Ich konnte mich sofort mit ihr identifizieren. Natürlich haben wir etwas an der Stimme gemacht und die eine oder andere Charge hereingebracht, aber im Grunde bin ich ihr schon sehr nah. Meine Haare sind Vanellopes ähnlich. Als ich sie das erste Mal gesehen habe, hat sie sofort Laune gemacht. Sie ist wie sie ist und du weißt nie, was sie im nächsten Moment anstellen wird. Ich finde super, dass sie so witzig ist, sagt was sie denkt und ihr Ding durchzieht, obwohl sie eine Außenseiterin ist. Heutzutage sollte man auch wissen, wie es sich anfühlt eine Außenseiterin zu sein. Wenn du das Gefühl selber nicht kennst, wirst du unbewusst immer andere Leute ausgrenzen.

Ricore: Waren Sie mal Außenseiterin?

Fischer: Na klar. Ich war vieles. Ich war in der Schule vom Spaßvogel bis zu superuncoolen blöden Kuh sowie supercool und heiß und sexy so ziemlich alles. Es gibt keine viele Phasen, die ich nicht erlebt habe.

Ricore: Das Pixelige Ihrer Figur als Symbol sich nicht vollständig zu fühlen, ist sehr gelungen. Hatten Sie Momente, in denen Sie sich unvollständig gefühlt haben?

Fischer: Es gibt auf jeden Fall solche Situationen. Wenn ich ganz doll aufgeregt bin zum Beispiel, ist das schon etwas komisch und ich weiß danach manchmal nicht, was mir zuvor geschehen ist und was ich da gemacht habe. Außerdem rede ich dann ganz viel. Aber Bildstörungen oder so etwas habe ich nicht [lacht]. Ich bin was ich bin und eben kein Glitsch wie Vanellope.

Ricore: In welchen Situationen sind Sie aufgeregt?

Fischer: Es kann passieren, wenn ich Leute aus der Film- und Fernsehlandschaft treffe, vor denen ich wahnsinnigen Respekt habe und selber nur aus dem Fernseher kenne. Dann kann es schon passieren, dass ich sehr aufgeregt bin. Aber es geschieht selten, dass ich dastehe und es zugeben würde.
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Anna Fischer freut sich über ihren Erfolg im Synchronstudio für "Ralph reicht's 3D"
Ricore: Vor wem haben Sie besonderen Respekt?

Fischer: Einen den ich ganz toll finde, ist Kurt Krömer. Der ist richtig cool, den mag ich. Und Harald Schmidt, aber da es gibt auch noch andere.

Ricore: Naja, der fristet nun ein Nischendasein auf Sky...

Fischer: Ja, aber das macht er trotzdem sensationell. So ist das halt. Er bleibt sich ja trotzdem treu. Es ist egal wo du arbeitest, es geht nur darum, dass du es machst und es dir Spaß bereitet.

Ricore: Ist es für Sie ein großes Thema sich selbst treu zu bleiben?

Fischer: Natürlich muss man sich selber treu bleiben. Man muss versuchen sein Leben irgendwie zu meistern. Na klar gibt es Zeiten, wo alles irgendwie komisch ist, oder man selbst nicht so gut drauf ist. Aber es geht ja darum, dass du trotzdem versuchst, das Beste draus zu machen, dass du so handelst, wie du es für richtig hältst, auch wenn es mal nicht so toll läuft. Das ist wichtig. Viele lassen sich von Äußerlichkeiten leiten und sehen nicht, was dahinter steckt. Ich habe Freunde, die ich schon ewig kenne und die vor mir stehen und sagen, dass ich mich charakterlich gar nicht groß verändert habe. Das ist ein Kompliment.

Ricore: Wie hat Sie diese Berliner Ecke geprägt?

Fischer: In Berlin aufzuwachsen ist anders, als vom Land zu kommen. Du kennst bestimmte Sachen nicht anders. Berlin ist nicht immer heile Welt, grad nicht in Bezirken wie Hohenschönhausen, aber wo ist schon die heile Welt. Dennoch hat mich das geprägt, wo ich aufgewachsen bin. Denn wenn du etwa in einem reichen Haushalt aufwächst, wo alles im Überfluss da ist, dann kann man manche Dinge vielleicht nicht so wertschätzen. Ich bin froh so wie es ist, ich habe meine Leute kennengelernt, mein Leben gemacht und gut ist.

Ricore: Wo ziehen Sie heute um die Häuser?

Fischer: Also ich lebe in Friedrichshain und finde es total geil da. Leider Gottes hast du das Problem, dass das ganze Boxi Viertel zum übelsten Tourie-Viertel geworden ist. Aber da halte ich mich auch nicht mehr so oft auf. Alles befindet sich im Wandel. Das, was früher im Prenzlauer Berg war, befindet sich nun in Friedrichshain und jetzt geht es weiter nach Neukölln. Das ist ein ewiger Kreislauf.

Ricore: So richtig raus aus Ihrem Kiez kommen Sie nicht, oder?

Fischer: Ja, so sind halt die Berliner: "Oh nee, ist so weit, Schöneberg, nein! Spandau? Ganz weit weg für mich!" Man kennt seine Freunde und die Party ist auch immer gleich um die Ecke. Nur Kreuzberg oder Neukölln kommen ab und zu in Frage.

Ricore: Sie sprachen von Touristen-Hochburgen. Nerven Sie diese so sehr, dass Sie sich in Ihrem Kiez mittlerweile anders bewegen?

Fischer: Es geht. Ich merke vor allem, dass die Mietpreise extrem hochgehen. Das ist ein wahnsinniges Problem. Anscheinend haben die Leute, die zuziehen, alle so viel Kohle, dass sie für eine scheiß Zwei Zimmer-Wohnung an die 1.000 Euro pro Monat ausgeben würden. Hey knallt's da noch irgendwo [wütend]? Das hebt die Preise so an, dass die normalen Leute die Wohnungen überhaupt nicht mehr zahlen können. Das ist wirklich ein wahnsinniges Problem und nimmt in Friedrichshain immer mehr zu.
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Anna Fischer bei der Arbeit im Synchronstudio für "Ralph reicht's 3D"
Ricore: Kommt Ihre Verbundenheit mit Kurt Krömer vielleicht daher, dass er auch so eine Berliner Type wie Sie ist und mit seiner speziellen Art so viel Erfolg hat?

Fischer: Ja, er hat einfach sein Ding durchgezogen. Und sagt, wie es halt ist.

Ricore: Glauben Sie, dass Berlin die Stadt ist, in der man am wenigstens auf das Wesen einer Person schließen kann, wenn man diese auf der Straße trifft?

Fischer: Ja, das würde ich so sagen. Berlin ist halt die Hauptstadt. Berlin galt schon immer als alternativ. Du gehst auf die Straße und es ist scheißegal wie du aussiehst, wer du bist, was du machst - im Gegensatz zu München. Da ist alles immer sehr posh. Da ist immer alles sehr konservativ. Wahrscheinlich nicht überall und nicht alle Leute, aber so sind meine Eindrücke überwiegend. Berlin hingegen ist ein bisschen ranzig, so ein bisschen "Och weeste, wenn nicht heute, dann halt morgen oder übermorgen". Aber trotzdem tun die Leute irgendetwas. Du hast das Gefühl hier ist die Kunst zu Hause. Jeder werkelt irgendwie herum und du hast nicht ein Zentrum, wo sich alles drauf stürzt, sondern du hast in jedem Bezirk eine Art Special-Zentrum. Das findest du nicht in vielen Städten, dass du deinen Kiez nicht verlassen musst, weil eigentlich alles da ist. Das macht glaube ich das Berlin-typische zu einem großen Teil aus.

Ricore: Zurück zu "Ralph reicht's 3D": Was war schön oder schwierig an der Arbeit als Synchronsprecherin?

Fischer: Ein Animationsfilm wird so gemacht, dass die Schauspieler vorab aufgenommen werden und die Figuren sprechen, wie es mit dem Regisseur erarbeitet wurde. Danach wird es erst animiert. Also erst die Sprache dann das Bild. Bei uns ist es der Fall gewesen, dass wir erst das Bild hatten und dann die Sprache. Das hat es relativ schwierig gemacht, zumal ich das erste Mal einen Film synchronisiert habe und mich auf bestimmte Dinge erst einstellen musste. Es war aber spannend und total lustig. Und natürlich gab es auch Worte die nicht so einfach über die Lippen gingen.

Ricore: Gibt es eine Szene, bei der es besonders stark gehakt hat?

Fischer: Eher Worte, aber die sag ich nicht. (lacht)

Ricore: Warum haben Sie sich dafür entschieden das Synchronisieren auszuprobieren?

Fischer: Ich wurde zu einem Casting eingeladen und fand dann alles sehr aufregend, vor allem die Vanellope hat mir wahnsinnig gut gefallen. Irgendwie hat es gepasst, die haben's auch gemerkt und so haben wir schnell zusammengefunden.

Ricore: Wollen Sie in Zukunft öfters synchronisieren?

Fischer: Das kommt ganz darauf an. Ich war auch schon bei anderen Castings, bis jetzt hat es aber nicht geklappt. Deshalb mal gucken was noch so kommt. Auf jeden Fall macht mir das Synchronisieren sehr viel Spaß.

Ricore: Wie wichtig ist für Sie, dass Sie mit Ihrer Arbeit nicht nur kopflastiges Arthaus bedienen, sondern auch die Musik-Bühne nutzen, um sich mal auszurotzen zu können?

Fischer: Ich mag es wahnsinnig gerne dramatische und ernste Sachen zu drehen. Aber natürlich muss man sich auf der anderen Seite auch mal ausrotzen können. Und dafür ist Musik ein guter Ausgleich. Das eine ist die eine Welt und die andere die andere. Und beides macht Spaß. Schrecklich wäre nur, wenn ich die ganze Zeit dasselbe machen müsste. Das wäre nicht gerade erfüllend für mich.

Ricore: Was macht Ihre Band Panda gerade?

Fischer: Panda ist derzeit im Probenraum und nächste Woche sperren wir uns in einem Haus ein, um weiter zu proben. Danach geht es ab ins Studio.

Ricore: Wie sind Sie auf den Bandnamen gekommen?

Fischer: Mein Freund und ich sind hier in Berlin auf die Straße gegangen und haben ganz viele Leute gefragt, welchen Namen wir nehmen sollen. Wir hatten verschiedene Vorschläge und die meisten haben Panda gewählt.

Ricore: Und jetzt rennt Cro mit der Maske durch die Gegend, die eigentlich besser zu euch passen würde ...

Fischer: Cro hat ja auch von uns abgeguckt (lacht).

Ricore: Du heißt mit erstem Namen Marion. Wer spricht dich so an?

Fischer: Niemand, in keiner Situation. Ich habe den Namen von meiner Mutter bekommen, die auch Marion heißt. Sie wollte offenbar, dass ihre Töchter auch alle Marion heißen. Deswegen habe ich ihn heute in meinem Personalausweis stehen. Süße Idee!

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 5. Dezember 2012
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Anna Fischer ist ein Multitalent. Als Elfjährige gründet sie ihre erste Band. Sie ist Mitglied eine Kinder-Girlgroup namens Zungenkuss und spielt in Musical-Projekten. Seit 2004 ist sie Frontfrau der Rockgruppe Panda, für den Namen entscheidet sich die Band mit einer Straßenumfrage. 2002 wird Fischer von Regisseur Hans-Christian Schmid für den Film "Lichter" entdeckt. 2006 bekommt sie den Liebeskind". Groupies bleiben nicht zum Frühstück" ein.
Der arme Ralph hat es nicht einfach. Als Bösewicht des Videospiels "Fix-it Felix Jr." wird der computeranimierte Riese eins ums andere Mal vom strahlenden Titelhelden Fix-It Felix in seine Schranken verwiesen. Ralph hat endgültig genug und will in einer anderen Videospielwelt zum Helden werden. Als er im Rennspiel "Sugar Rush" landet, trifft er auf die kleine Vanellope. Für die beiden Außenseiter beginnt ein aufregendes Abenteuer. "Ralph reicht's 3D" ist rasant inszeniert und erstklassig..
2024