Walt Disney
Christian Tramitz jetzt auch in 3D
Ängste eines Vaters
Interview: Christian Tramitz' Aha-Erlebnis
Christian Tramitz spricht 2003 zum ersten Mal einen animierten Charakter. Es folgen Sprechrollen in "Cars" und "Toy Story 3". Das erste Mal sei auch das schönste Mal gewesen, verrät der Schauspieler und Entertainer Filmreporter.de anlässlich der Wiederaufführung der 3D- Fassung von "Findet Nemo". Außerdem spricht der 57-Jährige mit uns über seine Rolle als Vater und darüber, warum er, Michael Herbig und Rick Kavanian heute beruflich getrennte Wege gehen.
erschienen am 12. 02. 2013
Walt Disney
Christian Tramitz mit Marlin
Ricore: Herr Tramitz, im Gegensatz zu den Technikern mussten Sie als Synchronsprecher nicht mehr für die 3D-Version von "Findet Nemo" ins Synchronstudio, oder?

Christian Tramitz: Nein, Sprache gibt es noch nicht in 3D. Um ehrlich zu sein, bin ich auch ganz froh darüber. Denn die Stimme verändert sich in zehn Jahren schon sehr. Wenn ich mir meine Stimme heute anhöre, fällt mir auf, dass sie damals viel klarer war.

Ricore: Würden Sie den Charakter heute anders anlegen?

Tramitz: Wenn ich heute meine Arbeit im Kino oder im Fernsehen ansehe, dann denke ich oft, dass ich das eine oder andere hätte besser machen können. Selbst bei Marlin aus "Findet Nemo" denke ich mir, dass es noch nicht hundertprozentig stimmt. Sicher merkt das keiner von den Zuschauern, mir fällt das aber auf.

Ricore: Hat der Film durch die 3D-Konvertierung etwas hinzugewonnen?

Tramitz: Es gibt wahnsinnig viele Szenen, die sich für 3D anbieten. Zum Beispiel der Golfstrom, durch den die Fische durchsausen. Man muss heute nicht alle Filme in 3D sehen. Ich weiß nicht wo die Entwicklung hingeht. 3D wurde am Anfang sehr aufgebauscht. Im Moment habe ich das Gefühl, dass sich die Technik vor allem auf Animationsfilme beschränkt.

Ricore: "Findet Nemo 3D" war ihre erste Synchron-Tätigkeit in einem Animationsfilm. War das erste Mal auch das schönste Mal?

Tramitz: Ja, keine Erfahrung kommt an "Findet Nemo" heran. Die Arbeit war sehr anstrengend, aber es hat unglaublich viel Spaß gemacht. Das lag auch an der Figur, die ich gesprochen habe. Marlin ist unglaublich genau gezeichnet. Es lag auch an der Geschichte des Films. "Findet Nemo" würde auch ohne Fische funktionieren, weil das Drehbuch einfach fantastisch ist.

Ricore: Welche Botschaft ziehen Sie aus dem Film?

Tramitz: Da ich vielfacher Vater bin, erkenne ich mich in der Figur Marlins wieder. Das Übervorsichtige, das Behüten-Wollen der Kinder hat viel mit Sorge und Angst zu tun. Dann gibt es noch das Motiv des Vertrauens, mit dem ich mich sehr identifiziere. Marlin hat Schwierigkeiten, anderen Meeresbewohnern Vertrauen entgegenzubringen. Auch das ist sehr realistisch. Menschen sind nun mal vorsichtig gegenüber anderen.
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Christian Tramitz spricht Marlin in "Findet Nemo"
Ricore: Das Ideal eines Vaters wird demnach von der Schildkröte dargestellt, die ihren Kindern ihre Freiheit und Selbstständigkeit lässt.

Tramitz: Ja, die Schildköte ist der Gegenpol von Marlin. Von ihr lernt er das Vatersein. Als Vater hat man in "Findet Nemo" viele Aha-Erlebnisse.

Ricore: Sie haben inzwischen viel Erfahrung als Synchronsprecher. Haben sie durch diesen Job auch was für die Schauspielerei gelernt?

Tramitz: Ja, wahnsinnig viel. Zum Beispiel habe ich Matt Dillon in "L.A. Crash" synchronisiert. Um das erfolgreich zu tun, musste ich sehr tief in die Figur einsteigen und genau beobachten, wie er sie spielt. Es gibt viele Takes in denen er nichts spricht, sondern nur durch seine Mimik und seinem Blick spielt. Von solchen Kollegen lerne ich gerne. Da ist die Synchronisation auch eine Schulung.

Ricore: Welchen Schauspieler haben sie am liebsten synchronisiert?

Tramitz: Am meisten liegt mir Ray Liotta. Bei ihm konnte ich vieles nachvollziehen, das Timing etwa. Es gibt aber auch sehr schwer zu synchronisierende Leute. Wenn Schauspieler etwa stottern, dann tut man sich als Synchronsprecher wahnsinnig schwer. Oder wenn das Original viel zu schnell spricht, dann muss man einen Take schon an die zwölf Mal wiederholen. Dann fängt es an zu nerven.

Ricore: Sie sind ein viel beschäftigter Schauspieler, Entertainer und Synchronsprecher. Dabei schien ihr Leben am Anfang in eine ganz andere Richtung zu gehen.

Tramitz: Ja, tatsächlich. Ich wollte nicht das Gleiche tun, was die ganze Familie machte. Wir hatten schon so viel Kasperle, dass ich dachte, es braucht nicht noch einen weiteren. Außerdem hat mich das Theater nie richtig fasziniert. Aus diesem Grund habe ich es relativ leidenschaftslos gespielt. Mich interessierte vielmehr das Kabarett und der Film. Wenn ich heute gefragt werde, ob mir das Theater fehlt, sage ich: Nee. Ich kann damit sehr wenig anfangen.

Ricore: Auch mit ihren früheren Kollegen Michael Herbig und Rick Kavanian scheinen Sie in letzter Zeit beruflich getrennte Wege zu gehen. Täuscht das?

Tramitz: Ja, wir gehen tatsächlich getrennte Wege. Es hat sich ein bisschen auseinander entwickelt. Das liegt auch daran, dass sich unsere Humorfarbe mit den Jahren auseinander gegangen ist. Wenn Sie mich mit Bully vergleichen: Ich bin eher in die schwarzhumorige Richtung gegangen, unter anderem auch mit "Tramitz & Friends". Bullys größtes Talent ist die Regie. Was das angeht, ist er in Deutschland ganz weit vorne.

Ricore: Heißt das, dass sie nicht mehr zusammenarbeiten werden?

Tramitz: Nein, das nicht. Wir treffen uns regelmäßig und sagen oft, dass wir vielleicht irgendwann mal wieder was zusammen machen wollten. Vielleicht den zweiten Teil von "Der Schuh des Manitu". Aber da müssen wir alle richtig alt sein, damit wir nicht mehr aufs Pferd müssen. Das war nicht unser aller Leidenschaft. Das kann ich heute ruhig zugeben (lacht).

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch
erschienen am 12. Februar 2013
Zum Thema
Auch wenn man es ihm auf den ersten Blick nicht unbedingt ansieht: Christian Tramitz ist ein Vollblutkomiker. Seinen Durchbruch hat der am 13. Juli 1955 geborene Enkel von Paul Hörbiger und Cousin von Mavie Hörbiger an der Seite von Michael "Bully" Herbig und Rick Kavanian in der "Bullyparade". In der Fernseh-Comedy-Serie überzeugt er in unzähligen Sketchen mit seinem komödiantischen Talent, bevor er dann in Bullys Spielfilmen "Der Schuh des Manitu" und "(T)Raumschiff Surprise - Periode 1"..
Findet Nemo (Kinofilm)
Wenn das Kinopublikum beim Abspann applaudiert und ausgelassen in den Reihen tanzt, haben die Filmemacher einen Nerv getroffen. Und in der Tat begeistert das computeranimierte Unterwasserabenteuer "Findet Nemo" Groß und Klein. Für das Trickfilmstudio Pixar ("Die Monster AG") ist das Fisch-Spektakel schon der fünfte Superhit in Folge.
2024