ZDF/noirfilm/Germano Coelho
Nash Laila in "Glückliche Wüste" (Deserto Feliz )
Charmante Schüchternheit
Interview: Nash Laila streitet nicht gerne
In ihrer ersten Spielfilmrolle spielt Nash Laila in dem brasilianischen Berlinale-Beitrag "Glückliche Wüste" die junge Jéssica. Die ist zunehmend genervt vom Leben im Hinterland und flüchtet sich in die Großstadt Recife. Dort arbeitet sie als Prostituierte. Als sie den deutschen Touristen Mark (Peter Ketnath) kennenlernt, hofft sie mit ihm in Berlin auf eine bessere Zukunft. Im Interview wirkt Schauspielschülerin Laila im Gegensatz zu ihrem Charakter im Film überaus schüchtern. Dennoch beantwortete sie charmant unsere Fragen.
erschienen am 6. 05. 2013
ZDF/noirfilm/Fred Jordão
Nash Laila in "Glückliche Wüste" (Deserto Feliz )
Seit 1999 auf der Theaterbühne
Ricore: Wie sind Sie zur Schauspielerei gekommen?

Nash Laila: Ich spiele seit 1999 Theater. Ich habe das immer neben der Schule gemacht.

Ricore: Wie sind Sie zu "Deserto Feliz" gekommen?

Laila: Eine Freundin hat mich zum Casting geschickt. Diese fanden in drei Städten statt. Sie haben ein Mädchen gesucht, das über 18 Jahre alt sein musste, aber von der Erscheinung jünger aussehen sollte. Ich bin zum Casting gegangen und wurde einfach genommen.

Ricore: Konnten Sie sich gut in die Rolle von Jéssica herein versetzen?

Laila: Bei jeder Rolle muss man Nachforschungen betreiben und sich in die Situation hinein versetzen. Ich empfand es als nicht so schwer. Aber um die Realität von Jéssica für den Zuschauer zu transportieren musste man sich sehr stark in sie hineindenken. Ich spielte einmal in einem Theaterstück eine Figur, die stirbt und in eine Zwischenwelt zwischen Himmel und Hölle kommt. Jemand der sich vom Leben löst. Das war viel schwieriger, da man nicht weiß wie es ist, wenn man stirbt. Bei Jéssica gibt es mehr Anhaltspunkte die nachvollziehbar sind.

Ricore: Haben Sie sich mit Jugendlichen unterhalten, denen es ähnlich erging wie Jéssica?

Laila: Ich habe Bücher gelesen und Filme angeschaut. Ich habe mit vielen Mädchen gesprochen, die ich am Strand von Recife getroffen habe. Das ging soweit, dass wir inzwischen Freunde sind.

Ricore: Hatten Sie den Eindruck, dass diese mit ihrem Leben zufrieden sind?

Laila: Es gibt in dem Sinne keine Zuhälterei in Brasilien. Niemand zwingt die Mädchen zur Prostitution. Zehn Prozent sind dabei weil sie es möchten. Die Anderen sind hauptsächlich wegen ihrer Vergangenheit dazu gezwungen. Die Mädchen befinden sich in einem Teufelskreis. Sie werden aus der brasilianischen Gesellschaft ausgeschlossen. Sie haben es später schwer wieder aufgenommen zu werden.

Ricore: Der Film hat ein offenes Ende. Was denken Sie darüber?

Laila: Ich denke alles ist wirklich passiert. Der ganze Film ist aus der Psyche und Perspektive von Jéssica erzählt. Es gibt keine Dialoge, die etwas erklären. Ich denke, Jéssica ist wirklich in Berlin gewesen und der ganze Film ist ihre Erinnerung.

Ricore: Wie war die Arbeit mit Paulo Caldas?

Laila: Er ist ein sehr großzügiger Mensch. Er sagt einem, was der Film aussagen soll, was er möchte und danach lässt er einen als Schauspieler frei. Er erwartet, dass man das dann umsetzt. Diese Freiheit ist für einen Schauspieler ein Geschenk.
"Streit ist nicht meine Welt"
Ricore: Welche Szene war für Sie die Schwierigste?

Laila: Die Szene ist nicht im fertigen Film. Sie wurde rausgeschnitten. Es war eine sehr brutale und intensive Streitszene zwischen meiner Figur und der Figur von Pamela. Das war für mich die größte Überwindung, da es nicht in meiner Natur liegt, zu streiten.

Ricore: Haben Sie sich nie mit Ihren Geschwistern gestritten?

Laila: Nein (lacht). Ich habe drei Schwestern. Ich bin die sensibelste von allen und dass haben meine Schwestern früh bemerkt. Ganz früher haben wir uns ganz selten gestritten, aber sonst haben wir uns immer in Ruhe gelassen. Streit ist nicht meine Welt.

Ricore: Gibt es überhaupt etwas, wo Sie mal ausflippen?

Laila: Ab und zu nerven natürlich meine Schwestern, wenn sie zu spät kommen und ich auf sie warten muss. Aber bis jetzt gibt es eigentlich nichts, was mich auf die Palme bringt.

Ricore: Sie haben auch einige Szenen in Berlin gedreht. Was sind ihre Eindrücke von Deutschland?

Laila: Seit ich klein bin, habe ich immer gehört, dass alle Deutschen streng und ernst sind. Ich war angenehm überrascht, dass die Leute so empfänglich sind. Besonders im Alltag. In einer Bäckerei haben sie ständig gelächelt. Es herrschte eine wesentlich freundlichere Atmosphäre als etwa in Portugal.

Ricore: Hat Ihnen Ihr Kollege Peter Ketnath einige deutsche Gepflogenheiten oder die Sprache näher gebracht?

Laila: Nein. Ich habe nur die deutschen Dialoge gelernt, die ich im Film sagen muss. Aber ich tue mich hier sehr schwer mit dem Essen. Ich nehme dann meistens einfach einen Cheeseburger.

Ricore: "Deserto Feliz" war ihr erster Film. Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Laila: Ich habe keine Ahnung. Wenn ich daran jetzt schon denke - da habe ich Angst davor. Ein weiteres Kinoprojekt ist noch nicht geplant. Ich werde erst einmal weiter Theater spielen. Das macht mir großen Spaß.

Ricore: Frau Laila, wir bedanken uns für das Gespräch.
erschienen am 6. Mai 2013
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