Michael Winter/Ricore Text
Justus von Dohnányi auf der Premiere von Hanni & Nanni 3
Glaube darf nicht einschränken
Interview: Reflektierter Justus von Dohnányi
Justus von Dohnányi schlüpft in viele Rollen. Dabei überzeugt er sowohl als Nazi-Offizier in "Der Untergang" wie auch als liebenswert abgedrehter Musiker in "Männerherzen". In der Kinderbuchverfilmung "Hanni & Nanni 3" verkörpert von Dohnányi nun einen sympathischen britischen Internats-Lehrer. Im Gespräch mit Filmreporter.de spricht er von seiner Schulzeit, erklärt, was ihm Auszeichnungen bedeuten und wie sein Verhältnis zur Religion ist.
erschienen am 9. 05. 2013
Universal Pictures
Justus von Dohnányi, Hannelore Elsner, Sophia und Jana Münste auf der "Hanni & Nanni 3" Premiere in München
Ricore Text: Was macht einen guten Kinderfilm aus?

Justus von Dohnányi: Er muss auf jeden Fall unterhaltend sein und Humor haben, denn Kinder wollen immer was zu lachen haben. Am Ende wollen sie aber auch die Gewinner sein. Ich glaube, es ist daher wichtig, dass die Kinder im Film mit ihren Mitteln und Möglichkeiten zum Erfolg kommen, und dass sie stärker sind als die Widerstände und die Erwachsenen.

Ricore: In "Hanni & Nanni 3" spielen Sie einen britischen Lehrer, der ein deutsches Internat besucht. Wie war Ihre Schulzeit?

von Dohnányi: Solche Lehrer wie im Film hatte ich selten. Ich bin in vielen Bundesländern in verschiedenen Schulen gegangen. Die meisten Lehrer in Deutschland haben ja das veraltete Verständnis, sich der Klasse gegenüberzustellen. In England ist es wirklich ein bisschen anders. Da ist der Lehrer eher auf der Seite der Schüler. In einer Art Zentralprüfung werden nämlich nicht nur die Schüler, sondern auch deren Lehrer beurteilt. Wenn der Lehrer gut ist, haben alle gute Noten. Bei uns ist es so, dass wenn alle gute Noten haben, der Lehrer als zu schwach und nicht streng genug gilt.

Ricore: Sind Sie als Vater eher locker oder autoritär?

von Dohnányi: Das kommt immer drauf an, was für ein Thema gerade angesprochen wird. Bei manchen Themen kann man als Vater entspannt sein, bei anderen muss man schon mal Gas geben.

Ricore: Wie waren die Dreharbeiten mit den Kindern und Jugendlichen?

von Dohnányi: Gerade die Mädchen, die ja schon zum dritten Mal dabei sind, waren echt schon ein eingespieltes Team, hatten viel Spaß und waren sehr professionell.

Ricore: Wie haben Sie sich auf Ihre Rolle vorbereitet?

von Dohnányi: Ich habe mich eigentlich in erster Linie mit meinem Sohn unterhalten. Der ist zwei Jahre in England zur Schule gegangen, hat dann in Oxford studiert und ist jetzt in London. Von ihm habe ich mir ein bisschen was über die englischen Schulen erzählen lassen - also wie der Umgang mit den Lehrern war und was das für Typen sind. Auch was die englische Aussprache betrifft, habe ich ihn zu Rate gezogen.

Ricore: Der Film handelt ja auch von der ersten großen Liebe. Wie war dieser bei Ihnen?

von Dohnányi: Ich war verliebt in das Mädchen unserer Nachbarn und habe dementsprechend immer lange am Fenster gesessen, um sie eventuell im gegenüberliegenden Haus zu sehen. Und meine Lehrerin hatte meine Mutter mal gefragt, warum ich in der Klasse immer nach hinten schauen würde. Ich weiß das nicht mehr genau, aber da habe ich wohl auch ein Mädchen im Visier gehabt.
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Justus von Dohnányi in "Ruhm"
Ricore: Sie spielen sowohl charmante Charaktere als auch Fieslinge. Was liegt Ihnen mehr?

von Dohnányi: Der Wechsel ist entscheidend. Man ist Schauspieler geworden, um unterschiedliche Rollen zu spielen. Das wünsche ich mir auch für die Zukunft. Die Branche tendiert wie natürlich überall dazu, einem das anzubieten, was man schon mal gemacht hat. Dem versuche ich entgegenzuwirken, damit es für mich facettenreich und spannend bleibt.

Ricore: Sie haben ja schon zwei Mal den Deutschen Filmpreis bekommen. Sind Ihnen solche Auszeichnungen wichtig?

von Dohnányi: Ja, das hat schon eine gewisse Auswirkung, weil es zum Beispiel zur Aufmerksamkeit in der Branche führt. Es ist schon wichtig, sich irgendwo zu positionieren und ein Filmpreis kann dazu führen, neue Rollenangebote zu bekommen.

Ricore: In US-amerikanischen Filmen haben Sie auch schon mitgespielt. Was kann der deutsche Film von Hollywood lernen?

von Dohnányi: Die Sprache auf jeden Fall (lacht). Ich glaube, das ist echt entscheidend. Es liegt aber auch am Markt. Wir haben hier in allen Bereichen viele professionelle Leute, dass eigentlich gut mit Hollywood mithalten können. Nur unsere Filmstoffe werden für einen Markt von 100 Millionen Menschen entwickelt und die Amerikaner entwickeln Filme für einen Markt von zwei Milliarden Menschen. Deswegen können die viel größer denken und haben viel mehr Möglichkeiten einen Film zu finanzieren - etwa über Auslandsverkäufe. Das ist bei uns eher die Ausnahme. Diesen ganz großen Unterschied werden wir auch nie einholen. Außerdem sind deren Stoffe oft cool und multikulturell. Das würde man uns gar nicht abnehmen, weil wir doch sehr korrekt und ordentlich sind. Also diese lässige Nummer kriegen wir gar nicht hin.

Ricore: Sie sind der Großneffe des berühmten Theologen Dietrich Bonhoeffer. Wie ist Ihr Verhältnis zur Religion?

von Dohnányi: Ich habe ein ambivalentes Verhältnis zur Religion. Überall da, wo sie Trost spendet, können wir sie gut gebrauchen. Dafür ist Religion doch eigentlich auch gedacht. Überall da, wo sie Menschen Regeln auferlegt, einschränkt, unfrei macht und Leid in die Welt trägt, bin ich ein scharfer Kritiker. Egal, um welche Religion es sich handelt. Auf der anderen Seite ist der Glaube für sehr viele Menschen ein Halt und ein Trost in Notlagen. Als Kind habe ich auch mit meinen Eltern gebetet. Aber ich habe bis heute keinen wirklichen Zugang zur Religion gefunden.

Ricore: Ihr Großvater ist Hans von Dohnanyi, der ein Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus war. Ist das ein Grund dafür, dass Sie in einigen Filmen wie "Der Untergang - Hitler und das Ende des 3. Reichs" und "Napola - Elite für den Führer" mitgespielt haben?

von Dohnányi: Nein. Also wenn ich jetzt rote Haare und einen Rauschebart hätte, würde ich möglicherweise ganz andere Rollen kriegen. Ich habe aber blaue Augen und blonde Haare - das gibt eine gewisse Richtung für manche Rollen vor.

Ricore: In "Männerherzen" spielen Sie an der Seite von Til Schweiger. Seine Filme werden ja häufig von der Presse kritisiert. Wie haben Sie ihn als Schauspielpartner erlebt?

von Dohnányi: Also ich habe ihn unglaublich nett, positiv und offen erlebt. Und ich finde, dass Til Schweiger absolut seine Berechtigung im Filmgeschäft hat und die Filmlandschaft bereichert und bunter macht. Der Erfolg gibt ihm einfach Recht.
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Überzeugter Nazi: Albrechts Vater ( Justus von Dohnanyi )
Ricore: Nochmal zurück zum Anfang Ihrer Karriere. Wann haben Sie sich entschieden, Schauspieler zu werden?

von Dohnányi: Im Alter zwischen 14 und 20 habe ich darüber nachgedacht, Schauspieler zu werden, mich aber noch nicht getraut, da ich nicht so gerne in der Öffentlichkeit stehen wollte. Mit 20 Jahren habe ich dann den Schritt gewagt.

Ricore: Angefangen haben Sie als Theater-Darsteller.

von Dohnányi: Genau. Filme fand ich als junger Schauspieler eigentlich blöd. Nach einigen Jahren dachte ich dann aber, dass ich unbedingt mal was Neues machen muss und bin zum Film gegangen. Dort hatte ich direkt das Glück, anspruchsvolle Rollen zu bekommen.

Ricore: Und was ist der größte Unterschied zwischen Theater und Film?

von Dohnányi: Der Prozess ist anders. Beim Theater erarbeitet man etwas in einer Gruppe in sechs bis acht Wochen, das dann zum fertigen Produkt wird. Beim Film bereitet sich hingegen jeder selbst Zuhause auf seine Rolle vor, um diese dann am Drehtag abzurufen. Normalerweise hat man also beim Film weniger Zeit, über die Rolle nachzudenken.

Ricore: Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie nicht Schauspieler geworden wären?

von Dohnányi: Ich habe mich für Medizin und Fotografie interessiert. Die Fotografie hilft mir auch bei meiner Arbeit als Regisseur und Drehbuchautor, da mir Bilder und der Bildaufbau so schon etwas sehr Vertrautes sind. Im Herbst dieses Jahres werde ich übrigens meinen zweiten Kinofilm drehen.

Ricore: Wer wird bei diesem Film mitwirken?

von Dohnányi: Produziert wird der Film von Schiwago Film, Jan Josef Liefers, Stefan Kurt und mir. Der Film heißt "Desaster" und ist wieder eine schwarze Komödie wie mein erster Kinofilm "Bis zum Ellenbogen".

Ricore: Was sehen Sie gerne im Kino?

von Dohnányi: Also ich schaue mir sowohl Arthouse-Filme als auch Mainstream-Kino an. Außerdem gehe ich gerne ins Theater.

Ricore: Wenn Sie rausgehen, werden Sie doch sicher oft erkannt. Ist das schön oder auch mal nervig?

von Dohnányi: Also das ist okay. Bei mir ist das nicht so schlimm wie bei anderen Kollegen. Ich habe gerade mit George Clooney gedreht und Sie können sich nicht vorstellen, was da für ein Affentanz stattfindet. Das ist sicherlich sehr einschränkend, aber der geht damit äußerst professionell um. Und wohl auch Til Schweiger würde sich sicherlich ab und zu mehr Privatsphäre wünschen, wenn er in einem Restaurant sitzt.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch
erschienen am 9. Mai 2013
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Justus von Dohnányis Rolle in Heinrich Breloers Buddenbrook-Verfilmung "Buddenbrook - Ein Geschäft von einiger Größe" mag den gebürtigen Lübecker an den Ruhm der eigenen Familie erinnert haben. Sein Vater ist Chefdirigent des Der Untergang - Hitler und das Ende des 3. Reichs" (2004) und "Hardcover" (2008). 2007 führt er bei der schwarzen Komödie "Bis zum Ellenbogen" erstmals Regie, für die er auch das Drehbuch verfasst und sie produziert. Für seine Nebenrollen in dem Thriller "Das Experiment"..
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2024