20th Century Fox
Regisseur Paul Feig ("Taffe Mädels")
Vorbild Woody Allen?
Interview: Traumtänzer Paul Feig mag "Taffe Mädels"
Paul Feig landet 2011 mit "Brautalarm" einen weltweiten Überraschungserfolg. In der Krimi-Komödie "Taffe Mädels" stehen mit Sandra Bullock sowie Melissa McCarthy als gewiefte Polizistinnen erneut starke Frauen im Zentrum seiner Inszenierung. Weshalb das für Feig besonders wichtig war, erklärt er im Interview mit Filmreporter.de. Zudem erläutert der sympathische Regisseur, weshalb er sein Haus nur im Anzug verlässt und wieso er wohl vergeblich von Woody Allen träumt.
erschienen am 3. 07. 2013
20th Century Fox
Elegant auf der New Yorker Premiere: Paul Feig mit Hauptdarstellerin Sandra Bullock
Großer Druck nach "Brautalarm"-Erfolg
Ricore Text: "Brautalarm" war 2011 ein großer Erfolg. Hat das den Druck für Ihre Arbeit an "Taffe Mädels" erhöht oder verringert?

Paul Feig: Der Druck auf mich ist definitiv gestiegen. Bevor es dir gelingt einen kommerziell erfolgreichen Film zu drehen, hoffst du lediglich, dass dein Werk die Kosten einspielt. Hattest du Erfolg, denkt man zwar zunächst, dass alles einfacher wird. Dem ist aber nicht so, denn man wird ängstlich eventuell nicht mehr an vorherige Erfolge anknüpfen zu können. Auch dem Publikum gegenüber wird es schwieriger, weil du sie nicht enttäuschen möchtest. Die Leute mochten "Brautalarm" sehr, deshalb war es mir wichtig danach einen Stoff zu finden, der emotional und filmisch an den Vorgänger anschließt, inhaltlich jedoch eine ganz andere Geschichte erzählt und in denen ebenfalls starke weibliche Charaktere im Vordergrund stehen.

Ricore: War die Intention eine Verbindung zwischen "Brautalarm" und "Taffe Mädels" herzustellen ein Grund, dass sie Melissa McCarthy erneut für eine der Hauptrollen besetzten?

Feig: Das lag viel mehr daran, dass Melissa und ich so viel Spaß daran hatten, miteinander zu arbeiten. Sie ist eine großartige Schauspielerin und Komödiantin, sie ist sehr selbstironisch. Ich bin ein echter Fan von ihr und wollte deshalb unbedingt nochmals mit ihr zusammenarbeiten.

Ricore: Waren Sie überrascht, dass sie für ihre Rolle in "Brautalarm" für einen Oscar nominiert wurde?

Feig: Nur insofern, dass Hollywood normalerweise keine Komödien würdigt. Ich war von Anfang an der Meinung, dass sie eine Oscarwürdige komödiantische Leistung abgeliefert hat. Deshalb waren wir emotional umso aufgepeitschter, als es schließlich passierte. Komödien werden leider generell von Preisverleihungen übergangen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass alles was in einer Komödie perfekt funktioniert, besonders simpel aussieht. Dabei bedarf es in Wirklichkeit knallharter Arbeit. Daher ist es besonders schön, wenn eine Leistung wie die von McCarthy gewürdigt wird.

Ricore: In "Taffe Mädels" stehen erneut starke Frauen in Zentrum der Geschichte. Wie haben Sie sich mit der Situation von Frauen bei der Polizei auseinandergesetzt?

Feig: Drehbuchautorin Katie Dippold stellte zunächst Nachforschungen an. Zudem ließ sie sich von actionreichen Polizeifilmen inspirieren, in denen Männer das Heft in der Hand halten, um daraus eine weibliche Variante zu machen. Abgesehen davon ist Katie ein großer Fan des FBI. Schon als sie klein war wollte sie dort mitarbeiten, zu meinem Glück hat das aber nicht geklappt [lacht]. Das ist der Grund, weshalb sie besonderen Wert darauf legte, dass die Dinge in "Taffe Mädels" absolut korrekt gezeigt werden. Als wir dann konkret damit beschäftigt waren den Dreh vorzubereiten, lernte ich das Bostoner FBI kennen, die unser Arbeit beobachteten und Kommentare abgaben, damit wir in unserem Film keinen Unfug erzählen. Wir wollten, dass es bei uns so aussieht wie bei ihnen. Ich denke "Taffe Mädels" ist in dieser Hinsicht sehr authentisch geraten.

Ricore: Haben Sie etwas Neues über die Situation von Frauen bei der Polizei gelernt?

Feig: Nein. Ich war höchstens davon überrascht wie gleichmäßig das FBI in Boston zwischen Männern und Frauen aufgeteilt ist. Es war wirklich schön zu sehen, dass da keiner benachteiligt behandelt wurde und in sämtlichen höheren Positionen auch Frauen zu finden sind. Alle Frauen die wir in Boston kennengelernt haben, waren starke, smarte und freundliche Persönlichkeiten. Es war einfach toll, dass das Bostoner FBI kein Jungs-Club ist.
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Sandra Bullock und Regisseur Paul Feig auf der Berliner PK zu "Taffe Mädels"
Law and Order-Befürworter Paul Feig?
Ricore: Wollten Sie jemals Polizist werden?

Feig: [lacht] Wer ich? Nein! Ich wäre ganz sicher der allerschlimmste Polizist, den sie sich je vorstellen können. Ich bin ein großer Fan von 'Law and Order' und bewundere was sie für Arbeit leisten, aber ich könnte mich nicht so einfach in gefährliche Situationen begeben, wie es Polizisten tun müssen.

Ricore: Weshalb glauben Sie, dass Sie ein so schlechter Polizist wären?

Feig: Ich könnte meine Angst nicht unterdrücken. Und das ist etwas, wozu du in diesem Job unbedingt in der Lage sein musst. Gute Polizisten können sich in jede Situation begeben ohne von Angst getrieben zu sein. Sie kommen schnell mit den Gegebenheiten klar und erlangen so Kontrolle über das Geschehen. Bei mir wäre dies anders. Ich könnte mich in keine ähnliche Situationen begeben, die nicht ein offensichtlicher großer Spaß sein soll. Ich bin viel besser darin, gute Komödien zu drehen.

Ricore: Sie haben also schon als Kind daran gedacht, ihr Geld als Schauspieler oder Regisseur zu verdienen? Oder haben Sie auch von etwas anderem geträumt?

Feig: Nein. Ich wollte schon immer im Showbusiness landen. Als ich jung war, dachte ich nie daran, dass ich je Schauspieler, Komiker, Drehbuchschreiber und Regisseur werden würde. Aber als ich dann mit zehn oder zwölf Jahren zum ersten Mal von Woody Allen hörte und erfuhr was er macht, war ich so beeindruckt, dass es zu meiner eigenen Obsession wurde, ebenfalls den Film in dem ich spiele zu inszenieren und zu schreiben. Ich habe aber schnell realisiert, dass ich hinter der Kamera wesentlich besser aufgehoben bin und dafür das Starleben links liegen gelassen und darauf konzentriert mit Schauspielern zu arbeiten, die hierfür talentierter sind, als ich.

Ricore: Gibt es Pläne, dass Sie und Woody Allen zusammenarbeiten?

Feig: Ich würde es sehr gerne machen. Aber er macht so dermaßen sein eigenes Ding, dass ich nicht glaube, dass er mich je brauchen wird. Mir würde es ja schon reichen, wenn er einmal als Schauspieler in einem meiner Filme mitmachen würde. Aber ich befürchte, dass es auch dazu nie kommen wird.

Ricore: Haben Sie ihn kennengelernt?

Feig: Nein, ich habe ihn leider noch nicht persönlich treffen können. Aber ich habe ihn mal eines Montags Nachts in New York gesehen, als er mit seiner Jazz-Band im Carlyle Hotel aufgetreten ist. Die Menge war ziemlich begeistert davon, Allen so nah zu sein.
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Sandra Bullock und Melissa McCarthy sind wahrhaft "Taffe Mädels"
Starke Frauen gegen Vorurteile
Ricore: In "Taffe Mädels" geht es nicht nur um starke Frauen, sondern auch darum Vorurteile zu überwinden. Inwieweit kann der Film da tatsächlich etwas bewirken?

Feig: Ich hoffe zumindest, dass dies ein wenig der Fall sein wird. Ich versuche definitiv mit diesem und weiteren Filmen die Mauer weiter einzureißen, die in Hollywood viel zu lange existierte. Speziell solche Fälle, in denen Männer Frauen auf Filmpostern sahen und sofort wussten, dass es ein Frauenfilm ist und sie deswegen meinten, dass er eh nur Damen gefallen könnte. Ich will die Zuschauer dazu kriegen, dass man sich nicht mehr die Frage stellt, ob Männer lustiger als Frauen sind, oder umgekehrt. Lustige Leute sind einfach lustige Leute. So sollte auch dieser Film mit zwei lustigen Frauen an der Spitze, sowohl von Frauen, als auch Männern genossen werden.

Ricore: Sie sind ein großer Befürworter von Testvorführungen. Warum?

Feig: Die einzigen die mir sagen können, ob etwas wirklich witzig ist, ist ein Publikum von 500 Leuten. Denn ich, mein Cutter und die anderen Leute mit denen ich arbeite, glauben lediglich zu wissen was lustig ist, doch oft liegen wir mit dem daneben von dem wir denken, dass es das Publikum amüsiert oder eben nicht. Um das herauszufinden, dafür ist ein Testpublikum gut. Das ist mein Weg, um in den Film herein zu finden. Und ich fange damit schon sehr früh im Produktionsprozess an, also bereits dann, wenn der Film eigentlich noch gar nicht fertig ist. Wenn wir zwei bis drei Wochen geschnitten haben, zeigen wir unser Material vor Publikum. Danach schneiden wir es erneut und zeigen es danach nochmal. Und so geht es dann immer weiter, bis wir die richtige Mischung gefunden haben. Meist brauchen wir so ca. acht Testvorführungen.

Ricore: Haben Sie im Zuge von "Taffe Mädels" wichtige Veränderungen vornehmen müssen?

Feig: Es waren eigentlich nur kleinere Sachen, davon aber viele. Vor allem was Witze und lustige Situationen angeht. Die Geschichte selbst hat von Anfang an beim Publikum funktioniert und darüber waren wir alle sehr froh. Denn wenn das nicht funktioniert hätte, hätte man mit der Gestaltung des Films nochmal komplett von vorne anfangen müssen. Wir haben so viel Extramaterial an Witzen vorliegen gehabt, das wir einfach sehen mussten welche am besten funktionieren.

Ricore: Welche Filme sehen Sie privat?

Feig: Ich mag auch privat Komödien. Außerdem sehe ich gerne Action-Filme. Alte Werke aus den 1930ern und 40ern gefallen mir aber auch. "Leoparden küßt man nicht" mit Cary Grant und Katharine Hepburn gehört zu meinen absoluten Favoriten, die Geschichte ist wundervoll geschrieben.

Ricore: Stimmt es, dass Sie ausschließlich im Anzug das Haus verlassen?

Feig: Das ist absolut korrekt. Ich trage stets einen Anzug sowie eine Krawatte, selbst wenn ich Regie führe. Ich kam dazu aus verschiedenen Gründen. Zum einen liebe ich das alte Hollywood, als noch alle Regisseure exzellent gekleidet waren. Wenn ich arbeite stellt das Tragen von Anzügen zudem eine Möglichkeit dar, den Menschen, insbesondere Schauspielern, Respekt zu zollen. Ich bin die Führungskraft. Ich bin der Meinung, dass ein Boss immer Anzug sowie Krawatte tragen sollte und sich seinen Mitarbeitern nicht in schlabbriger Jeans und T-Shirt zeigen sollte. Es veranschaulicht allen, dass ich meine Arbeit ernst nehme. Außerdem finde ich, dass ich im Anzug besser aussehe.

Ricore: Welche Designer bevorzugen Sie?

Feig: Ich kaufe oft in der Savile Row in London ein. Außerdem bekomme ich meine Anzüge bei Anderson & Sheppard, Ralph Lauren und von Tom Ford.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch!
erschienen am 3. Juli 2013
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Taffe Mädels (Kinofilm)
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