20th Century Fox
Paula Kalenberg und Tim Oliver Schultz harmonieren in "Systemfehler - Wenn Inge tanzt"
Nackt auf der Bühne kostet Überwindung
Interview: Punky Tim Oliver Schultz und Paula Kalenberg
In "Systemfehler - Wenn Inge tanzt" spielen Tim Oliver Schultz und Paula Kalenberg zwei Abiturienten, die sich eigentlich gar nicht leiden können. Beim Interview in Berlin ist sofort klar, dass sich die beiden Jungschauspieler absolut sympathisch sind und ihr ganzes Können zusammennehmen mussten, um diese Antipathie im Film glaubwürdig rüberzubringen. Gut gelaunt berichten sie Filmreporter.de wie es war, zum ersten Mal ein Instrument zu spielen und dann auch noch nackt auf der Bühne zu stehen.
erschienen am 12. 07. 2013
20th Century Fox
Tim Oliver Schultz und Paula Kalenberg erst verbiestert, dann...
Paula Kalenberg: "Ich liebe, liebe, liebe Rockmusik"


Ricore Text: Konnten sie vor dem Film Instrumente spielen?

Paula Kalenberg: Ich liebe, liebe, liebe Rockmusik, vor allem mit viel Gitarre und Schlagzeug, also was für's Grobe, aber ich habe noch nicht mal in der Schule Blockflöte spielen gelernt. Noten und Akkorde kannte ich auch nicht.

Tim Oliver Schultz: Ich hatte auch noch nie in meinem Leben ein Instrument in der Hand und singen konnte ich auch nicht. Es ist sogar so, dass meine Familie in der Kirche immer nach hinten gesetzt wurde, weil wir alle so unbegabt beim Singen sind. Weder meine Familie noch meine Freunde haben mir zugetraut, dass ich einen Sänger spielen könnte.

Ricore: War denn gleich klar, dass sie selbst singen sollen?

Schultz: Nein, ich habe erst einen Tag nach dem Casting erfahren, dass ich selbst singen und Bass spielen soll. Aber dann hatte ich einen guten Lehrer, bekam Tag für Tag Gesangsunterricht und im Keller hatte ich ein kleines Studio, in dem ich laut Musik spielen konnte, denn es muss ja sehr laut sein. Und dann habe ich jeden Tag geübt und irgendwann war es dann soweit, dass sie gesagt haben, ja, das wirst du auf jeden Fall alles selber machen. Das war total schön. Bei anderen Musikfilmen wird ja oft nicht live gesungen, aber wir haben es live gemacht.

Ricore: Wann habt ihr angefangen zu üben?

Kalenberg: Wir hatten knapp drei Monate. Wir haben täglich mehrere Stunden geübt, bis die Finger blutig waren. Naja, eigentlich hatte ich nur einen blutigen Finger, aber an den anderen war eine dicke Schicht schützende Hornhaut. Ich musste ja E-Gitarre und klassische Gitarre lernen.

Schultz: Mit fiel es anfangs schwer, das Zusammenspiel von Bass und Gesang zu koordinieren. Meine Stimme musste geschult werden, dass ich alle Töne erreiche.

Ricore: Wie viele Gitarren habt ihr vor Frust zertrümmert?

Schultz: Da ist dieser Frust diesem Instrument gegenüber, weil es einfach nicht so klappt, wie es soll. Im Internet gibt es ja tausend Tutorials, wie man ein Lied spielt, aber wenn man dann merkt, dass man es einfach nicht schafft, so zu greifen und sich das alles zu merken, ist das schon sehr frustrierend.

Kalenberg: Mein Respekt vor Musikern ist ungemein gestiegen. Man hört ja ständig Musik, dass dahinter so eine harte Arbeit steht, war uns vermutlich allen nicht bewusst.

Ricore: Was wäre gewesen, wenn ihr es nicht geschafft hättet, die Instrumente zu spielen?

Schultz: Dann hätten das professionelle Musiker machen müssen. Es war schon ein bisschen gewagt, dass die Produzenten die Entscheidung von Wolfgang Groos unterstützten, dass wir das machen dürfen.

Kalenberg: Aber sie haben es gemacht und uns vertraut. Dafür bin ich ziemlich dankbar.

Schultz: Ich weiß noch, wie aufgeregt ich war, als der Typ vom Plattenlabel kam, um mich anzuhören. Und dann hatten wir ja noch den wunderbaren Peter Kraus, der uns absolut dabei unterstützt hat.
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Rockiger Tim Oliver Schultz in "Systemfehler - Wenn Inge tanzt"
Auf einmal eine Rampensau sein müssen...
Ricore: Inwiefern?

Schultz: Irgendwann organisierte die Produktion so eine Art Männerabend. Ich sollte mich mit ihm treffen und unsere Rollen besprechen. Und da hat er mir total geholfen, und mich bestärkt dass das richtig ist, was ich hier mache. Er hat einfach gesagt, dass ich auf der Bühne locker lassen und Spaß haben muss. Und dass alles andere egal ist. Aber wenn man noch nie auf einer Bühne gestanden hat und dann auf einmal eine Rampensau sein muss...

Ricore: ...und dann auch noch nackt auftreten soll...

Schultz: Ja (lacht). Ich weiß gar nicht mehr, ob das vorher überhaupt abgesprochen war, dass Constantin von Jascheroff und ich dann ganz nackt auf der Bühne sein sollten. Bei der Szene für das kleinere Konzert sollte das Publikum oben ohne sein und nur hautfarbene Slips tragen, das wussten wir. Und das war schon aufregend genug, dass wir da für die gesungen haben und die das auch noch cool fanden. Wir haben uns dann auch ausgezogen und teilweise über unsere Penisse solche Frotteesocken gestülpt, die dann festgeklebt wurden...

Kalenberg: Haha, ja es waren pinke Socken!

Schultz: Ja, pinke Socken. Beim Auftritt hatten wir dann die Gitarren davor. Aber letztendlich sind die Socken weggeflogen und dann standen wir da, vor den vielen Menschen, die echt nackt waren. Und in der ersten Reihe standen viele Frauen, die auch noch gesprungen sind und echt alles gegeben haben. Und wir standen da und Wolle rief von hinten nur 'Drogenszene, Drogenszene!' Weil wir ja nicht mehr die coolen Rocker, sondern aus der Sicht von Lukas die verstrahlten und strahlenden Musiker sein sollten. Das hat sehr viel Spaß gemacht, kostete uns aber auch große Überwindung.

Ricore: Wie war die Vorbereitung?

Kalenberg: Wir sind ein paar Monate vor Drehbeginn nach Köln gegangen und haben in überwiegend kleinen, muffigen Proberäumen zusammen Musik gemacht und sind dabei auch echt gut zusammengewachsen. Das war toll. Die Jungs sind sogar zusammengezogen.

Schultz: Ja, Constantin und ich sind zusammen in eine Wohnung gezogen, weil wir dachten, dass das ja auch für die Produktion viel günstiger ist und viel produktiver für unser Spiel. Das war 'ne ziemlich wilde Zeit.

Ricore: Wer wurde zuerst gecastet und besetzt?

Kalenberg: Ich. Und dann gab es einen Tag, an dem echt viele Maxe um die Ecke kamen und mit uns hat es am besten geklappt. Tim und ich haben am meisten gelacht, da stimmte einfach die Chemie. Du kamst da frisch von deinem Roller reingestolpert.

Schultz: Fahrrad! Ich kam grad von der Uni, weil ich nebenbei ja noch studiere, war total verschwitzt und hatte auf dem Fahrrad noch geraucht. Ich rauche ja eigentlich gar nicht.

Kalenberg: Ach, auch noch Method Acting.

Schultz: Jedenfalls kam ich voll gut gelaunt an und ich kannte Paula ja vorher nicht. Aber dann haben wir so gut zusammen gespielt, dass die Szene abgebrochen werden musste, weil wir so viel gelacht haben. Dabei sollte sie böse auf mich sein.
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Paula Kalenberg ist der "Systemfehler - Wenn Inge tanzt"
Tim Oliver Schultz strebt zum Film
Ricore: Was studieren Sie denn?

Schultz: Filmproduktion. An der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin.

Ricore: Normalerweise ist für die Schauspieler nach Drehende ja Schluss. Aber ihr müsst ja jetzt noch mit der Band auf Tour.

Schultz: Einen Tag, nachdem klar war, dass ich die Rolle habe, sagte mir Wolfgang Groos, dass ich was für meinen Körper tun müsse. Ich solle drahtiger und muskulöser werden und selbst singen und Bass spielen. Zudem werde die Band nach dem Film wirklich existieren, damit wir auf Tournee gehen können. Das war das erste Mal, dass ich so viel für ein Projekt geben musste und natürlich freue ich mich da jetzt auch auf die Tour.

Ricore: Wie viele Konzerte sind geplant?

Schultz: Das steht noch nicht fest. Unser erster kleiner Auftritt ist bei "Circus Halligalli". Danach kommt die Single raus.

Ricore: Habt ihr denn ein richtiges Repertoire oder nur die drei, vier Songs aus dem Film?

Schultz: Eher nur drei, vier (lacht). Wenn die Leute mögen, was wir tun, wird da auf jeden Fall noch mehr Arbeit investiert. Denn was die zwei Musikproduzenten von Nice bisher geschrieben haben, da sind sich alle einig, dass das genial ist.

Ricore: Werdet ihr bei euren Auftritten live spielen?

Schultz: Wir wollen natürlich live spielen, aber...

Kalenberg: Und nackt!

Schultz: Genau, und nackt, aber das wird nicht möglich sein. Unser erfahrener Musiklehrer sagt, dass bei den meisten Sachen leider nicht live gespielt wird.

Ricore: Seid ihr noch aufgeregt?

Schultz: Ja klar.

Kalenberg: Meine Daumen werden bei Aufregung immer ganz kalt und taub, wahrscheinlich weil das ganze Blut für die Konzentration ja im Kopf ist oder im Herz.

Schultz: Oder ganz woanders!
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Musikalische Paula Kalenberg in "Systemfehler - Wenn Inge tanzt"
Größter Fan? Meine kleine Schwester...
Ricore: Was sagt ihre Familie dazu, dass sie jetzt auf einmal Sänger sind.

Schultz: Meine kleine Schwester, die fünf Jahre jünger ist, ist mein größter Fan. Und auch meine Mutter ist wahnsinnig stolz. Sie war ganz erstaunt, dass meine Stimme den Leuten auch ein positives Lächeln aufs Gesicht zaubern kann. Bisher hatte ich ja nur zum Spaß Karaoke gesungen.

Ricore: Paula, wie viel Inge steckt in ihnen?

Kalenberg: Erstaunlich viel.

Schultz: Deswegen mussten wir auch so schmunzeln, als sie fragten, wer von uns zuerst besetzt wurde.

Kalenberg: Das wussten die Produzenten und der Regisseur alles nicht. Die wussten nicht, dass ich auf der Waldorfschule war und natürlich auch meinen Namen tanzen kann. Ich trage schon so Züge einer Öko-Trulla in mir.

Schultz: Und was halten sie von so arroganten Typen wie Max einer ist?

Kalenberg: Lustigerweise habe ich damit Erfahrung. Ich war auch Klassensprecherin, war in der Antifa-Gruppe, beim Umweltschutz und in meiner Klasse waren zwei Jungs, die beide auch noch Max hießen. Die saßen in der letzten Reihe und immer, wenn ich was gesagt habe, denn ich habe immer so tolle Vorschläge gemacht, wie (wechselt die Stimme) 'Lasst uns doch mal so ein Regal aufstellen, mit Büchern, die wir uns dann alle teilen'...

Schultz: (lacht) Ätzend! Scheißidee!

Kalenberg: Ja, genau das haben die auch gesagt und immer so super wohlwollende Furzgeräusche dazu gemacht.

Ricore: Und wie sind sie damit umgegangen?

Kalenberg: Ich hab da schon Kontra gegeben, allerdings nicht so krass wie Inge. Was Inge ein bisschen fehlt, ist die Bereitschaft zu tanzen, das Leben leichter zu nehmen, mit ein bisschen mehr Humor. Und den hatte ich glücklicherweise dann doch!

Ricore: Sind sie gerne zur Waldorfschule gegangen?

Kalenberg: Das war echt eine schöne Zeit. Wir sind relativ oft umgezogen und das war die Schule, an der ich mich mit Abstand am wohlsten gefühlt habe. Auch die Freunde, die ich da kennenlernte, gehören heute noch zu meinen engsten Freunden.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 12. Juli 2013
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