20th Century Fox
Lernbegieriger Tom Payne in "Der Medicus"
"Ich wusste immer, was ich will"
Interview: Tom Payne kann warten
Tom Payne betritt gut gelaunt das Hotelzimmer und begrüßt mich mit einem fröhlichen 'Guten Abend'. In der Hand hat er einen Energydrink gegen den Jetlag. Er trägt eine schwarze Jeans und ein schlichtes beiges Shirt, dessen geöffnete Knöpfe den Blick auf die unbehaarte Brust freigeben. Voller Begeisterung spricht der junge Schauspieler über seine erste Hauptrolle in "Der Medicus" und verrät, dass er nach Drehtagen im örtlichen Pub anzutreffen sei. Schließlich sei er Engländer.
erschienen am 26. 12. 2013
20th Century Fox
Tom Payne mit einer kuscheligen Emma Rigby in "Der Medicus"
"Ich würde mich schon als belesen bezeichnen"
Ricore Text: Wie fühlen Sie sich kurz vor der Premiere Ihres Films?

Tom Payne: Ich bin sehr stolz auf den Film und freue mich darauf, dass ihn nun endlich auch andere Menschen sehen können. Es war eine tolle Erfahrung. Das ist mir ein bisschen peinlich zu sagen, aber ich möchte gerne mitten im Kino sitzen und fühlen, wie das Publikum den Film wahrnimmt.

Ricore: Ihre Filmfigur Rob Cole ist sehr mutig. Wie mutig sind Sie selbst?

Payne: Naja, so mutig wie er bin ich nicht. Allerdings habe ich in meinen Zwanzigern meine Karriere selbst in die Hand genommen. Ich wusste immer, was ich will und wohin ich gehen werde. Ich traute mich, Risiken einzugehen. Aber ich denke nicht, dass ich wie er Leute aufschneiden könnte. Trotzdem haben wir den gleichen Wissensdurst und teilen die Liebe zum Leben.

Ricore: Ursprünglich waren für ihre Rolle auch andere bekannte Darsteller im Gespräch. Wussten Sie davon?

Payne: Ja. Ich hatte das Drehbuch schon ein Jahr zuvor zugeschickt bekommen und bereits für die Rolle vorgesprochen. Damals war das Skript aber noch ganz anders und funktionierte so einfach nicht. Doch dann kam mein Agent noch mal auf mich zu und sagte, dass sie meine Rolle diesem anderen, momentan sehr erfolgreichen Schauspieler anbieten würden, doch wenn der absage, wovon mein Agent ausging, dann wäre ich der nächste. Und so kam es. Über diese Chance bin ich sehr froh, denn so eine Erfahrung werde ich nie wieder machen!

Ricore: Wie populär ist der Roman in England?

Payne: Ich habe nie davon gehört und ich würde mich schon als belesen bezeichnen. Aber ich werde ihn lesen, wenn das hier alles vorbei ist. Als wir mit den Textproben begannen, fing ich an, das Buch zu lesen. Aber schon nach 100 Seiten merkte ich, dass im Buch viele Dinge geschehen würden, die nicht im Drehbuch stehen. Das wäre für meine Rolle nicht gut gewesen, wenn ich diese Sachen im Kopf gehabt hätte.

Ricore: Im Roman stirbt der Bader.

Payne: Genau! Und darüber habe ich mich mit am meisten gefreut, dass er am Ende des Films wieder auftaucht. Diese Szene bringt mich beinahe zum Weinen, weil ich den Bader so liebe. Er ist Robs Familie.

Ricore: Wie war die Zusammenarbeit mit Stellan Skarsgård?

Payne: Toll. Wir drehten die Szenen die am Anfang des Films spielen auch zuerst. Stellan und ich verbrachten die ersten fünf Wochen zusammen und reisten durch Deutschland in unserem Planwagen. Diese Vater-Sohn-Beziehung, die wir auf der Leinwand darstellen sollten, hatten wir auch in echt. Die Dreharbeiten fanden alle paar Tage an einem anderen Ort statt, wir sind wirklich viel gereist. Und dann stand Köln als nächstes auf dem Drehplan und ich musste mich im Film und im wahren Leben von Stellan verabschieden.
20th Century Fox
Tom Payne trommelt in Berlin die Werbetrommel für "Der Medicus"
Tom Payne will noch viel lernen
Ricore: Und wie war es mit Ben Kingsley...?

Payne: Auch diese Beziehung spiegelt sich vom Film zum wahren Leben, was meine Arbeit sehr viel einfacher gemacht hat. Ben ist ein älterer, gefeierter Profi und ich bin ein junger Schauspieler, der noch viel lernen will.

Ricore: Was sind Ihre Erinnerungen an die Dreharbeiten in Deutschland?

Payne: (überlegt, grinst) Das Bier. Gleich am Anfang hat mich einer der Produzenten im Pub erwischt. Es war schon etwas später, aber was soll ich sagen, ich bin Brite. Und er meinte, Tom, solltest du nicht schlafen gehen? Und ich antwortete, ach, mach dir keine Sorgen. Also meine Erinnerungen gelten den verschiedenen Bieren. In Köln trank ich Kölsch. Aber aus einem großen Glas! Was soll das mit diesen winzigen Gläsern? Ein Schluck und es ist leer!

Ricore: Die kleinen Gläser sorgen dafür, dass es bizzelig bleibt.

Payne: Ach, dann kommt es doch nur darauf an, wie schnell man trinkt.

Ricore: Mussten Sie sich für den Film Muskeln antrainieren?

Payne: Absolut. Seit "Game of Thrones" und all diesen Sachen müssen alle muskulöser sein. Das setzt alle unter Druck. Mein Agent sagte zu mir, wenn ich die Hauptrolle haben will, muss ich was tun. Von Natur aus bin ich eher dünn. Also trank ich Proteinshakes und machte Krafttraining. Aber das ist halt Teil des Jobs.

Ricore: Was war beim Dreh ihre Lieblingsszene?

Payne: Der Abschied vom Bader. Ich mochte die Beziehung der beiden, denn Rob hatte nie einen Vater. Überhaupt mag ich die Abenteuer, die die beiden erlebt haben. Da ist diese Szene im Badehaus. Alle sind nackt. Aber anscheinend hat damit in Ostdeutschland niemand ein Problem. Alle liefen ganz locker nackt durch die Gegend. Das war wirklich eine Erfahrung (grinst). Aber in der Sahara zu drehen war auch unglaublich toll.
20th Century Fox
Tom Payne auf der "Medicus"-Premiere in Berlin
"Ich bin sehr emotional"
Ricore: Sie haben bald Geburtstag. Wie verbringen Sie den Tag.

Payne: Da werde ich mit Philipp Stölzl in Moskau sein. Keine Ahnung was wir machen werden. Aber ich bin sicher, dass die Russen wissen, wie man Spaß haben kann.

Ricore: Was wünschen Sie sich?

Payne: Einen neuen Job. Für nächstes Jahr habe ich noch nichts Festes. Ich habe eine Nebenrolle abgelehnt, die gerade mal gereicht hätte, die Miete zu bezahlen. Ich will lieber auf etwas größeres warten.

Ricore: Mussten Sie sich für den Film medizinische Kenntnisse aneignen?

Payne: Nein, das war nicht nötig. Rob lernt ja auch alles erst. Wir schnitten also beide zum ersten Mal einen Körper auf - und dann kamen uns die Gedärme entgegen" Er war sehr realistisch. Die ganze Crew um mich herum begann zu würgen. Das war wirklich eklig. Ich freue mich schon darauf, was meine Eltern sagen, wenn Sie sehen, wie ich den Körper von Olivier Martinez aufschneide.

Ricore: "Der Medicus ist ein Abenteuerfilm mit viel Romantik. Wie romantisch sind Sie?

Payne: Absolut romantisch, ich bin sehr emotional. Ich liebe zum Beispiel die Schlussszene mit Rebecca und Rob auf dem Pferd, so etwas passt einfach zu einem Abenteuerfilm.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch!
erschienen am 26. Dezember 2013
Zum Thema
Der Medicus (Kinofilm)
Waise Rob Cole (Tom Payne) reist vom mittelalterlichen England ins persische Isfahan. Sein Traum ist es, Arzt zu werden. Er hofft, dass ihm der große Mediziner Ibn Sina (Ben Kingsley) die Heilkunst beibringt. Auf dem Weg nach Isfahan begegnet Cole zahlreichen Gefahren, sein Ziel verliert er dabei nicht aus dem Blick. "Der Medicus" ist die erste Verfilmung von Noah Gordons gleichnamigem Bestseller. Dass es sich dabei um eine deutsche Produktion handelt, überrascht nicht. In Deutschland war der..
2024