Universal Pictures Germany
Keanu Reeves in "47 Ronin (3D)"
'Ich kenne das Gefühl, ein Außenseiter zu sein'
Interview: Keanu Reeves: Spagat zwischen den Kulturen
Es war in letzter Zeit etwas still um Keanu Reeves. Aus der Welt war der 49-Jährige nach dem Welterfolg der "Matrix"-Trilogie jedoch nicht. Vielmehr widmete er sich kleineren Projekten, beteiligte sich etwa an der Dokumentation "Side by Side" und war in Independent-Filmen wie "Pippa Lee" zu sehen. Dieses Jahr meldet sich Reeves mit zwei Großproduktionen auch beim breiten Publikum zurück. In "47 Ronin" verkörpert er einen Krieger, der sich 47 herrenlosen Samurai anschließt, um den Tod ihres Fürsten zu rächen. Beim Martial-Arts-Spektakel "Man of Tai Chi" spielt er nicht nur die für ihn untypische Rolle eines Bösewichts, sondern führte auch erstmals Regie. Im Interview mit Ricore Text spricht der gut gelaunte Reeves über seine Begeisterung für die asiatische Kultur, sein Image als Sexsymbol und seinen bevorstehenden 50 Geburtstag.
erschienen am 30. 01. 2014
Universal Pictures Germany
Regisseur Carl Rinsch mit Hauptdarsteller Keanu Reeves ("47 Ronin")
Keanu Reeves hat mehrfach die Schule gewechselt
Ricore Text: Mr. Reeves, kurz nach "47 Ronin" kommt mit "Man of Tai Chi" ein weiterer Film mit Ihnen in der Hauptrolle in die Kinos. Letzteren haben Sie selbst inszeniert. Woher kommt Ihr Interesse für die asiatische Kultur und Kampfsportarten?

Keanu Reeves: Es hat sich einfach so ergeben, dass die beiden Filme im gleichen Jahr in die Kinos kommen. An "Man of Tai Chi" habe ich fünf Jahre lang gearbeitet. Nach den Dreharbeiten zu "47 Ronin" machte ich mich an die Dreharbeiten von "Tai Chi". Seit meiner Kindheit liebe ich die morgenländische Kultur und Philosophie. Ich erinnere mich daran, wie ich als Kind Haikus rezitierte. Überhaupt hatte mich die japanische Ästhetik, das gesamte Konzept vom Verhältnis zwischen Äußerem und dem Innerem, immer angezogen.

Ricore: War diese Philosophie ihr Kompass im Leben?

Reeves: Ich bin mir nicht sicher. Wie die meisten habe auch ich einfache Richtlinien im Leben: gute Dinge tun und kein zu großes Arschloch sein (lacht).

Ricore: Was reizte Sie an "47 Ronin"?

Reeves: Ich habe den Film als Western betrachtet. Es geht um Liebe, Rache und Ehre. Auf der anderen Seite erzählt der Film eine intime Geschichte. Diesen Spagat zwischen großen Themen einerseits und einer menschlichen Geschichte mochte ich sehr.

Ricore: Mit welchen der dieser Themen identifizieren Sie sich am ehesten?

Reeves: Ich bin mir nicht sicher, ob ich bei diesen Gefühlen ein Ranking erstellen würde. Als Romantiker würde ich sagen: Liebe. Die Liebe steht über allem. Ein Mensch muss Liebe empfinden, sei es für einen Menschen, einen Ort oder eine Sache.

Ricore: Wie bewahren Sie die Balance im hektischen Filmgeschäft?

Reeves: Ich bin schon immer sehr geerdet gewesen.

Ricore: Nach den "Matrix"-Filmen, "47 Ronin" und "Man of Tai Chi" müssen Sie ein Experte für asiatische Kampfkünste sein.

Reeves: Ich bin ein Experte für Kung-Fu-Filme (lacht). Dafür habe ich tatsächlich ein Händchen, im wahren Leben nicht. Kampfkunst ist eine Sache der lebenslangen Übung. In der Anwendung von Kampftechniken für einen Film habe ich einige Erfahrung gesammelt. Hier habe ich mir einen Stil angeeignet.

Ricore: Die Hauptfigur in "47 Ronin" ist ein Außenseiter und sie sehnt sich nach Zugehörigkeit. Kennen Sie diese Gefühle auch?

Reeves: Ja, durchaus. Als Kind habe ich mehrfach die Schule gewechselt. Ich war in vier Jahren in fünf Schulen. Hinzu kommt, dass ich halb Chinese, halb Hawaiianer bin und viele Jahre in Kanada gelebt habe. Insofern kenne ich das Gefühl, ein Außenseiter zu sein.

Ricore: Führen Sie ein glückliches Leben?

Reeves: Ja, es ist nicht so schlecht (lacht). Sicher hat es Höhen und Tiefen gegeben, aber die hat jeder Mensch.
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Keanu Reeves ist Martial-Arts-erfahren
Letzte große Studioproduktion 2008
Ricore: Sie feiern in diesem Jahr ihren 50 Geburtstag...

Reeves: Ja, dann habe ich ein halbes Jahrhundert hinter mir (lacht).

Ricore: Ist es für Sie eine große Sache?

Reeves: Nein, nicht wirklich. Ich bin ganz einfach glücklich, auf der Welt zu sein. Der 40. hatte sich etwas schräg angefühlt.

Ricore: Inwiefern?

Reeves: Ich hatte den Eindruck, dass ich vor einer großen biologischen Veränderung stehe. Als Kind machte ich mir oft Gedanken über den Tod. Als ich 40 wurde, fühlte ich diesen Gedanken zum ersten Mal. Man weiß zwar immer, dass man eines Tages sterben wird. Wenn man dann aber 40 wird, kommt man zu der Erkenntnis: Wow, ich werde ja tatsächlich sterben. Mit 50 denkt man: Verdammt, hoffentlich sterbe ich nicht. Mit 60: Scheiße, ich sterbe, ich muss was unternehmen. Lass uns etwas Verrücktes machen.

Ricore: Sie sehen aber nicht aus wie 50.

Reeves: Wenn Sie sich meine Knie ansehen, werden Sie anders darüber denken. Ich habe sehr alte Knie.

Ricore: 50 Jahre hin oder her: Sie gelten noch immer als Sexsymbol. Was bedeutet ihnen dieses Attribut?

Reeves: Es ist nicht Schlimmes daran. Es ist total lächerlich und es ist sehr lustig (lacht).

Ricore: Hat bei Ihnen das Alter jemals eine Rolle bei der Karriereplanung gespielt?

Reeves: Das spielt immer mehr eine Rolle. Es hat mit etwa 45 Jahren angefangen, dass ich mir sagte: Ok, du hast noch so und so viele Jahre vor dir, um das und das zu erledigen. Man spürt plötzlich diesen Motor in sich, mit dem man etwas schaffen will.

Ricore: Ist das der Grund, dass Sie derzeit wieder so aktiv sind, nachdem Sie das Arbeitstempo etwas gedrosselt zu haben schienen?

Reeves: Ich machte tatsächlich einige Jahre lang keine Studiofilme mehr. Meine letzte große Studioproduktion war 2008 "Der Tag, an dem die Erde stillstand".

Ricore: Stimmt es, dass es einen dritten "Bill & Ted"-Film geben wird?

Reeves: Wir versuchen, ihn auf die Beine zu stellen. Es gibt bereits ein wirklich gutes Drehbuch. Wir sind gerade dabei, das Budget für den Film etwas zu senken. Es wäre verrückt, diese Rolle wieder zu spielen. Sind diese Charaktere in Deutschland eigentlich bekannt?
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Keanu Reeves zuletzt mehr in unabhängige Produktionen
Keanu Reeves: "schön, nicht ständig verfolgt zu werden"
Ricore: Ja, durchaus.

Reeves: Mögen die deutschen Jugendlichen den Humor, oder finden Sie die Filme einfach dumm? Es sollte nämlich ein guter dummer Humor sein.

Ricore: So sehen es auch die Deutschen. Man hatte immer den Eindruck, dass Sie Spaß an den Filmen hatten.

Reeves: Ja, es machte wirklich Spaß, diese Charaktere zu spielen. Ich liebte ihre Energie. Sie strahlten eine unauslöschliche Hoffnung aus. Sie wussten, dass schreckliche Sachen passieren würden, dennoch verloren sie nicht ihren Optimismus.

Ricore: Was tun Sie, wenn Sie nicht arbeiten?

Reeves: Wenn ich nicht arbeite, bin ich damit beschäftigt, Arbeit zu suchen. Meine Freunde sagen mir immer, ich müsste öfters Pausen machen. Meine Antwort ist nur, dass ich nicht anders kann. Wenn ich aber mal frei habe, dann versuche ich, so viel wie möglich mit Freunden und Familie zu verbringen. Ich lese Bücher, gehe ins Kino, hänge zu Hause ab.

Ricore: Wie muntern Sie sich an einem schlechten Tag auf?

Reeves: Ich unternehme eine Motorrad-Fahrt oder genehmige mir einen Scotch.

Ricore: Das Motorrad-Fahren ist eines Ihrer großen Leidenschaften. Was fasziniert Sie daran?

Reeves: Fahren Sie selbst Motorrad?

Ricore: Nein, nur Fahrrad.

Reeves: Also, es ist wie Fahrrad-Fahren nur schneller und lauter (lacht). Nein, ich genieße einfach die körperliche Erfahrung beim Motorrad-Fahren. Ich mag die Konzentration beim Fahren, mit der zugleich eine Art Entspannung einhergeht. Ich lebe in einem sehr schönen Teil der Welt [Los Angeles; Red.]. Es gibt hier wunderschöne Strecken, tolle Straßen, Berge, den Ozean. Man kann gut und schnell fahren.

Ricore: Haben Sie eine Lieblingsmaschine?

Reeves: Ich mag die Norton Commando, die Jahrgänge '69, '72 und '73.

Ricore: Ihre Begeisterung für Motorräder geht so weit, dass Sie eine Motorrad-Firma gegründet haben.

Reeves: Ja, sie nennt sich Arch-Motorcycle. Wir hoffen, dass wir dieses Jahr in Produktion gehen können.

Ricore: Der Vorteil beim Motorrad-Fahren ist auch, dass man als Prominenter durch den Helm nicht auf Anhieb erkannt wird.

Reeves: Ja, es ist schön, nicht ständig verfolgt zu werden. Vor allem in Los Angeles kann man nicht Tanken oder Einkaufen, ohne von den Paparazzi behelligt zu werden. Manchmal geht es zu weit.

Ricore: Stört es Sie, wenn die Presse ein falsches Bild von Ihnen vermittelt?

Reeves: Ich sage immer: Ein Bild sagt 1.000 Worte, aber sie müssen nicht alle wahr sein (lacht).
erschienen am 30. Januar 2014
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Keanu Reeves, der Sohn eines Hawaiianers und einer Amerikanerin, wird im libanesischen Beirut geboren. Sein Vorname Bill & Ted's verrückte Reise in die Zukunft" der Durchbruch in Hollywood. Zahlreiche Blockbuster folgen, unter anderem der vielfach gepriesene Kassenschlager "Speed" mit Sandra Bullock. Die zwei Schauspieler verbindet bis heute eine enge Freundschaft.Matrix", ein Actionspektakel, das den groß gewachsenen Keanu Reeves endgültig in Hollywoods Olymp hebt. Zahlreiche Auszeichnungen..
2024