Concorde Filmverleih
Monica Bellucci in: Brothers Grimm (2005)
2.000 Jahren nichts dazu gelernt!
Interview: Märchenhafte Monica
Monica Bellucci ist Italiens Stolz. Die umbrische Schönheit landete zunächst im Modelgeschäft, fasste aber Anfang der 1990er-Jahre auch im Filmgeschäft erfolgreich Fuß. Seitdem ist sie nicht zu stoppen. Sie verzaubert in dem italienischen Film "Der Zauber von Malèna", überzeugt im US-Blockbuster "Matrix" und findet in Frankreich nicht nur eine zweite Filmheimat, sondern auch Ehemann und Kollege Vincent Cassel. Wie sie bei all dem auch noch die Erziehung ihrer zweijährigen Tochter Deva auf die Reihe bekommt und warum sie in ihrem aktuellen Film "Brothers Grimm" mit Schönheitsproblemen zu kämpfen hatte, verriet uns die 41-Jährige bei den Filmfestspielen in Venedig 2005.
erschienen am 5. 10. 2005
Concorde Filmverleih
Märchenhaft: Matt Damon an den Lippen von Monica Bellucci ("The Brothers Grimm", 2005)
Ricore: Mrs. Bellucci, was hat eine schöne Frau wie Sie in einem Horrormärchen zu suchen? Monica

Bellucci: Der Grund heißt Terry Gilliam. Ich bewundere seine Arbeit. In "Brothers Grimm" erschuf er mit seinem bunten Mix aus Märchen etwas völlig Neues. Etwas, das von Fantasie und Furcht erzählt und damit in Tradition seiner anderen Filme, etwa "Brazil" oder "12 Monkeys", steht. Meine Rolle, eine böse Königin, die mit ihrer verblassenden Jugend nicht klarkommt, ist dabei als Metapher zu sehen: Wir alle sind auf die eine oder andere Weise Opfer unserer Eitelkeit.

Ricore: Wie meinen Sie das?

Bellucci: Altern ist nicht gerade etwas, das mich glücklich macht. Es bedeutet, dass man bald sterben muss. Dabei liebe ich das Leben! Von mir aus könnte es ewig dauern. Oft spiele ich Ikonen wie Persephone in "Matrix", Cleopatra oder eben eine böse Hexe. Aber sterben müssen sie alle - trotz ihrer Besonderheit.

Ricore: Sie selbst gelten als Sexsymbol und Aushängeschild für Italiens Schönheitsideal...

Bellucci: Auch das ist vergänglich und wird nicht ewig dauern. Ich bin mir dessen durchaus bewusst. Ich hatte wohl nur etwas mehr Glück als viele andere, weil ich als Italienerin einen anderen Typ Frau verkörpere als viele andere Schauspielerinnen. Wer weiß? Vielleicht war genau das der Grund, weswegen mich Terry Gilliam als schöne Hexe engagiert hat.

Ricore: Sind Sie ein Fan der deutschen Geschichtenerzähler?

Bellucci: Ich bin mit Märchen aufgewachsen, und als Italienerin ist meine Lieblingsgeschichte natürlich die von Pinocchio. Bedenkt man, wie schwer es ist, solche Geschichten auf die Leinwand zu bringen, muss man Terry doppelten Tribut zollen. Zwischen all den Spezialeffekten ist es für einen Schauspieler normalerweise sehr schwierig, Leistung zu bringen. Terrys weiß das und kümmert sich besonders intensiv um seine Schauspieler. Er will, dass du eigene Ideen einbringst. Auch wenn mein Auftritt nur sehr kurz ist, habe ich die Arbeit sehr genossen. Immerhin ist Schauspielerei keine Sache von Minuten.
Constantin Film
Monica Bellucci in dem umstrittenen Bibelfilm: Die Passion Christi
Ricore: Was macht in Ihren Augen Italiens Schönheit aus?

Bellucci: Die Lebensqualität! Die vielen Urlaubstage stehen für unsere Mentalität. Wo andere im Kampf um Arbeit, Geld und Karriere das wahre Leben vergessen, machen wir von Juli bis September einfach blau. In den Tag hinein leben ist eine großartige Sache. Auf meinen Reisen muss ich mir diese Freiräume selbst schaffen.

Ricore: Ihre zweijährige Tochter Deva begleitet Sie ständig?

Bellucci: Selbstverständlich. Ohne sie geht gar nichts! Man gewöhnt sich mit den Jahren an das ständige Reisen, und was mich betrifft, war es in meinem Leben nie anders. Speziell wenn man eine Familie hat, erkennt man die Vorteile des Schauspielberufs. Wäre ich ein Arzt oder Anwalt, könnte ich Deva niemals an meinen Arbeitsplatz mitbringen. An einem Filmset stört das dagegen niemand. Ich kann ihr noch zwei Minuten vor einer Szene die Brust geben.

Ricore: Was war das Wichtigste, das Sie durch Devas Geburt gelernt haben?

Bellucci: Mein Baby hat mir gezeigt, was wahres Leben bedeutet. Wenn man Mutter ist, wird man schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Vor allem in meinem Beruf ist das hilfreich: Als Schauspielerin hebt man gerne mal ab.

Ricore: Um es mit Ihren Worten aus "Brothers Grimm" zu sagen: "Realität ist schlimmer als Fiktion".

Bellucci: Genau, und weil Sie gerade die Themen Realität und Fiktion anschneiden: Meinen beiden letzten Filmen "Die Passion Christi" und "Irreversibel" wurde vorgeworfen, dass sie zu gewalttätig und schockierend sind. Dabei machen wir doch mit Fiktion nichts anderes als die Realität zu portraitieren. Und die ist um einiges grausamer als unsere Filme. Wenigstens malen wir uns nur alles aus und machen es nicht wirklich.

Ricore: Die Vergewaltigungsszene in "Irreversible" war so heftig inszeniert, dass Zuschauer sich übergeben mussten!

Bellucci: Ich habe nie behauptet, der Film wäre leichte Kost. Ich selbst kann ihn mir auch nicht öfter ansehen. Nichtsdestotrotz ist er in meinen Augen ein wichtiger Film.

Ricore: Über "Die Passion Christi" denken Sie ähnlich? Mel Gibson wurde auf der ganzen Welt des Antisemitismus beschuldigt.

Bellucci: Ich bin keine Katholiki, sondern Agnostikerin. Deshalb will und kann ich mich in diese Diskussion nicht einmischen. Aus Mel Gibsons Sicht war es ein ehrlicher Film. Und was die Gewalt darin angeht? Eine Kreuzigung ist eben nicht schön! Die Gewalt führt uns etwas Wichtiges vor Augen: Wir mögen in den letzten 2.000 Jahren aus technologischer Sicht Fortschritte gemacht haben, menschlich haben wir uns nicht weiterentwickelt. Wir schlachten uns heute noch genauso ab wie vor Hunderten von Jahren. Wir sind wie Tiere - nur noch schlimmer.
erschienen am 5. Oktober 2005
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Brothers Grimm (Kinofilm)
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