Universal Pictures International (UPI)
Jan Delay bei der Synchronarbeit ("Ich - Einfach Unverbesserlich 3D")
Ein bisschen faul, ein bisschen Schiss
Interview: Wie viel Willi steckt in Jan Delay?
Mit "Die Biene Maja - Der Film 3D" kommt die erste Kinoadaption des beliebten Zeichentrickklassikers in die Kinos. Zu den deutschen Synchronsprechern zählt neben Nina, Cosma Shiva und Eva-Maria Hagen auch Jan Delay. Wen spricht der Musiker mit der markant näselnden Stimme wohl? Richtig geraten: Majas besten nervigen Freund Willi. Im Interview mit Filmreporter.de verrät der sympathische 38-jährige, warum er beleidigt wäre, wenn man ihn nicht für die Rolle besetzt hätte.
erschienen am 11. 09. 2014
Universum Film
Kinderarbeit! Eva Maria Hagen mit Enkelin Cosma Shiva und Tochter Nina ("Die Biene Maja - Der Film")
"Ich schaute die Serie, weil ich Willi so cool fand"
Ricore Text: Herr Delay, wann haben sie die TV-Zeichentrickserie "Die Biene Maja" zum ersten Mal gesehen?

Jan Delay: Vielleicht mit vier, fünf oder sechs Jahren. Ich durfte damals nicht viel Fernsehen und wenn, dann gab es nicht viel zur Auswahl. Erst recht nicht für Kinder. Es gab zu meiner Zeit an die fünf Kindersendungen, nicht mehr.

Ricore: Haben Sie aus nostalgischen Gründen die Sprechrolle in der Kinoadaption angenommen?

Delay: Nein, es hat vor allem mit der Stimme zu tun. Ich fühlte mich über das Angebot geehrt und wäre beleidigt gewesen, wenn man mich nicht gefragt hätte. Selbst wenn es etwas komplett anderes gewesen wäre, hätte ich zugesagt. "Der kleine Rabe Socke" beruhte nicht auf einer Vorlage und da war ich auch geehrt. Ich bin in dieser Hinsicht relativ offen.

Ricore: Welche Emotionen wurden bei Ihnen geweckt, als Sie die Rolle Willis gesprochen haben?

Delay: Ich hatte die gleichen Gefühle wie als Fünfjähriger. Ich schaute die Serie damals, weil ich Willi so cool fand. Er war meine Identifikationsfigur. Als Junge konnte ich mich natürlich nicht mit Maja identifizieren, sie ist doch ein Mädchen. Willi war ein Antiheld, das fand ich toll.

Ricore: Wie viel Willi steckt ihn Ihnen?

Delay: Ein paar Gramm mehr als die Stimmbänder. Wie Willi war auch ich immer ein bisschen faul und hatte immer ein bisschen Schiss. Außerdem ist Willi nicht auf den Mund gefallen, womit er andere fehlende Eigenschaften kompensiert, wie zum Beispiel Ehrgeiz oder Fleiß.

Ricore: Willi hat in "Die Biene Maja - Der Film" auch eine musikalische Einlage. Dachten Sie nicht daran, auch einen Song zum Film beizusteuern?

Delay: Das lag nicht in meinem Ermessen. Hätte man mich gefragt, hätte ich es mir überlegt.
Universum Film
Jan Delay mit seiner Lieblingsdrohne Willi ("Die Biene Maja - Der Film")
Jan Delay: beste deutschsprachige Platte aller Zeiten...
Ricore: Ist die Musiknummer ein Zugeständnis an Sie als Musiker?

Delay: Das glaube ich nicht, der Film ist ja eine englischsprachige Produktion. Man frage mich aber vorher, ob ich für den Film auch singen und ein bisschen Beat-Box machen will. Das hat mir gelegen. Andererseits waren die Musikszenen am aufwendigsten zu synchronisieren, weil das Timing sitzen musste.

Ricore: Zur Neuschöpfung passt auch, dass "Die Biene Maja - Der Film" ein Animationsfilm und kein Zeichentrickfilm ist. Hat das auf lange Sicht genauso viel Traditionspotential wie die Zeichentrickserie, die Generationen von Kindern begeistert hat?

Delay: Klar. Es gibt eine Evolution des Trickfilms. "Findet Nemo" ist meiner Meinung nach der beste Animationsfilm aller Zeiten. Trotzdem erkennt man technische Qualitätsunterschiede, wenn man ihn mit aktuellen Animationsfilmen vergleicht. Heute kann man selbst kleinste Details wie Haare animieren. Damals ging das noch nicht. Insofern steht "Findet Nemo" für seine Zeit und wird mit bestimmten Kindheitserinnerungen behaftet sein. Wenn in 20 Jahren "Biene Maja" mit modernster Technik noch einmal umgesetzt wird, werden sich die Menschen an die 2014-er Version erinnern und sagen: 'Das könnt ihr nicht machen! Wir wollen unsere gute alte animierte Biene Maja haben!' Dabei haben sie die gezeichnete Maja aus den 1970er Jahren noch nicht gesehen.

Ricore: Technische Entwicklung heißt also nicht Kulturverlust...

Delay: Es ist wie mit dem Satz. 'Wenn es mit der Demoralisierung der Jugend so weiter geht, wird es in 200 Jahren keine Zivilisation mehr geben.' Das sagte ein griechischer Philosoph 3.000 Jahre vor Christus. Den Satz hätte vor zwei Jahren auch irgendein Kardinal sagen können.

Ricore: Eine weitere Sprechrolle in "Die Biene-Maja - Der Film" hat Nina Hagen übernommen. Stimmt es, dass sie früher ein Vorbild für Sie gewesen ist?

Delay: Meiner Meinung nach hat sie mit dem Titelalbum der Nina Hagen Band die beste deutschsprachige Platte aller Zeiten aufgenommen. Ich kenne kein besseres Album mit deutschen Texten. Es ist bis heute eine meiner Lieblingsplatten.
Universum Film
Die Biene Maja - Der Film 3D
"Synchronsprechen macht mir Spaß"
Ricore: Warum hat man Sie bis jetzt auf der Leinwand nur gehört und nicht gesehen?

Delay: Synchronsprechen macht mir Spaß, weil ich hier mein Ding mache und dann nach Hause gehen kann. Irgendwann kriege ich ein geiles Ergebnis präsentiert. Beim Schauspielern hasse ich das Warten drum herum. Das kenne ich vom Video-Drehen. Hinzu kommt, dass man immer am Start sein und immer wieder seine Gefühle abrufen muss. Dann schauen einem 20 Leute zu, wie man sein Innenleben nach außen kehrt. Darauf habe ich überhaupt keinen Bock (lacht). Deswegen habe ich jedes Angebot kategorisch abgelehnt. So schnell wird keiner mehr kommen, weil mittlerweile alle wissen müssten, dass ich keine Lust habe.

Ricore: Schauen Sie sich oft Filme an?

Delay: Ich schaue sehr gerne Filme und würde mir am liebsten jeden Film anschauen. Leider schaffe ich es, nur ein oder zwei Mal im Jahr ins Kino zu gehen. Immer um die Weihnachtszeit herum, weil ich da mehr Zeit habe. Es hat nichts damit zu tun, dass ich Vater geworden bin. Es ist schon bestimmt seit zehn Jahren so.

Ricore: Eine Alternative wäre, Filme auf anderen Medien zu schauen.

Delay: Ich bin nicht der Typ, der Filme auf dem Handy schaut. Es sollte schon ein großer Bildschirm sein oder wenigstens ein großer Laptop. Mittlerweile sind die Handys zwar so groß wie mein Fernseher (lacht), dennoch würde mir etwas fehlen. Ich bin schon ein krasser Filmnerd. Zwar nicht im Sinne von Fatih Akin, der so ziemlich alles kennt. Ich bin eher Hollywood-verseucht. Mit anspruchsvollen Oscar-Filmen kann man mich jagen. Ich schaue lieber "Transformers" als "Das weiße Band" - obwohl der gut sein soll. Vielleicht werde ich ihn mir noch anschauen. Immerhin spielen da einige Schauspieler mit, die ich sehr schätze.

Ricore: Mit ihrem aktuellen Album "Hammer & Michel" sind Sie zwar sehr erfolgreich. Trotzdem gab es auch ein paar kritische Stimmen. Lassen Sie die Kritik an sich heran?

Delay: An mich heranlassen muss ich das ja, es geht ja schließlich um mich. Es ist nun mal, wie es ist. Ich liebe das Album noch immer von vorne bis hinten. Ich finde, es ist die allerderbste Platte und bin froh, dass es Leute gibt, die das ähnlich sehen. Wenn jemand anderer Meinung ist, muss ich damit klarkommen. Wer mit der Kunst verheiratet ist, hat die Kritik zur Schwiegermutter, heißt es doch so schön.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 11. September 2014
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Jan Delay wird am 25. August 1975 in Hamburg als Jan Phillip Eißfeldt geboren und wächst in einer musikalischen Familie auf. Er hört Musik von Bob Marley und Nina Hagen. Seine Mutter bringt ihn als Zehnjähriger erstmals mit dem Rap in Berührung. 1995 macht Delay sein Abitur. Udo Lindenberg die Single "Ganz anders" auf. Seine markante Stimme beschert ihm eine Synchronrolle im Animationsfilm "Der kleine Rabe Socke" und in "Die Biene Maja - Der Film 3D" als Majas bester nerviger Freund Willi.
2024