20th Century Fox
Heino Ferch bei der Synchronisation von "Die Pinguine aus Madagascar 3D"
''Alles hört auf mein Kommando!''
Interview: Perfektionist Heino Ferch
Obwohl seit über 35 Jahren vor der Kamera in Filmen wie ''Das Wunder von Bern'', leiht Heino Ferch in der Animationskomödie "Die Pinguine aus Madagascar 3D" erstmals einer animierten Figur seine Stimme. Wieso ihn das Projekt überzeugte, erzählt der gut gelaunte Heino Ferch Filmreporter.de im Interview. Gemeinsam diskutieren wir auch über seinen Hang zum Perfektionismus sowie die Frage, ob es besser ist einen Film in englischer Sprache zu sehen oder in Deutsch.
erschienen am 28. 11. 2014
20th Century Fox
Die Pinguine aus Madagascar 3D
Agent Geheimsache ist ein lupenreines Bond-Zitat
Ricore Text: Herr Ferch, wie sehr haben Sie es darauf angelegt, das Ihre Synchronarbeit der von Benedict Cumberbatch in der Originalversion ähnelt?

Heino Ferch: Die Künstler von DreamWorks, welche die Figur visuell hergestellt haben, haben eine Figur hergestellt, die erst einmal einfach nur da ist. Dann hat Cumberbatch die englische Fassung gesprochen und das mit starkem britischem Akzent. Agent Geheimsache ist ein lupenreines Bond-Zitat. An das, was Cumberbatch gemacht hat, habe ich mich natürlich dran gehängt. Insgesamt klinge ich aber schon etwas rauer als er. Agent Geheimsache hat ja auch ganz weiche Momente und die gehören dazu, um der Figur eine Komplexität zu geben, die diese authentisch macht.

Ricore: Wie frei haben Sie sich dabei gefühlt?

Ferch: Einigermaßen frei. Selbst wenn ich das Original eins zu eins hätte nachahmen wollen, wäre dies nicht gegangen, da das Deutsche immer sehr anders klingt, als das Englische. Für Schauspieler ist Englisch eigentlich die perfekte Sprache, weil darin die Emotionen am besten transportiert werden können. Dies hat mit der Stellung der Wörter im Satz zu tun und damit, dass zum Beispiel 'I love you' wesentlich weicher und liebevoller klingt als 'Ich liebe dich'. Das Visuelle war eine Vorgabe, die englische Version von Cumberbatch eine weitere Zutat und ich habe dann auch nochmal etwas Eigenes von mir eingebracht. Das Ganze ist ein großer Spaß gewesen, eine Herausforderung, einer animierten Figur ein echtes Wesen zu verleihen.

Ricore: Haben Sie die Figur alleine eingesprochen, oder zusammen mit anderen Synchronsprechern?

Ferch: Jeder hat alles alleine gemacht. Das ist ein großes Chaos, wenn da noch andere dabei sind. Man hat schon genug mit seiner eigenen Arbeit zu tun. Alleine an meiner Figur, habe ich zwei komplette Tage gesprochen. So etwas dauert und deshalb ist es blöd, wenn die anderen sich dann immer wieder hören wollen. Ich bin jemand, der sehr penibel und lange nicht zufrieden ist mit dem was er tut. Ich musste die Szenen die ich eingesprochen habe immer wieder sehen. Frei nach dem Motto: 'Der sechste Take, der geht noch besser.' Ich bin was so etwas angeht echt kompliziert.

Ricore: Das letzte Wort hat dann aber der Synchronregisseur, oder?

Ferch: Nein, ich habe das schon alles solange gemacht, bis ich selber vollkommen zufrieden war. Aber der Synchronregisseur, der auch alle anderen "Madagascar"-Filme gemacht hat ist sehr erfahren mit Animation und dazu noch ein verrückter Vogel. Er ist für mich eine große Hilfe gewesen.

Ricore: Hörten Sie beim einsprechen die anderen Figuren auf Englisch, oder bereits auf Deutsch?

Ferch: Ich war der letzte, der seine Figur eingesprochen hat. Das war ein großes Glück, denn ich musste in den ganzen Szenen, die da schon fast fertig zusammengebaut waren, nur noch meine Stimme einfügen. Ich konnte immer hören, wie die anderen ihre Figuren im Vergleich zur Originalversion eingesprochen haben. Ich fand das wirklich klasse, da ich so besser einschätzen konnte, wo ich noch mehr Gas geben muss mit meiner Stimme und wo ich mich besser zurücknehme.

Ricore: Welches war das entscheidende Argument, dass Sie bei "Die Pinguine aus Madagascar" davon überzeugt hat, erstmals eine Animationsfigur zu synchronisieren?

Ferch: In dieser ganzen Animationswelt sind die "Madagascar"-Filme schon sehr präsent und herausragend. Als das Projekt an mich herangetragen wurde, habe ich sofort gesagt, dass ich dazu große Lust habe und man mal sehen muss wie man das Ganze angeht. Anschließend gab es ein Probesprechen und die zuständigen Personen in den USA haben schließlich meine Stimme abgesegnet. Die wollen da drüben ja immer alles in der Hand behalten und bestimmen, wie in den einzelnen Ländern die jeweiligen Stimmen klingen. Es war für mich jedenfalls eine Ehre, für DreamWorks arbeiten zu dürfen. Auch deswegen, weil ich die ganzen "Madagascar"-Filme rauf und runter kenne. Als die damals herausgekommen sind, habe ich die Filme mit großer Freude im Kino gesehen - aber nicht in 3D.

Ricore: 3D ist also nicht Ihr Ding?

Ferch: Sehr selten. 3D ist mir meistens etwas zu viel des Guten. Deshalb versuche ich in der Regel, wenn ich irgendwie die Möglichkeit dazu habe, den Film in der zweidimensionalen Version zu sehen.
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Konzentrierter Heino Ferch im Tonstudio von "Die Pinguine aus Madagascar 3D"
Heino Ferch: Kinder sind schon stolz auf den Papa
Ricore: Haben Sie vor, in Zukunft öfter Synchronrollen in Animationsfilmen zu übernehmen?

Ferch: "Die Pinguine aus Madagascar", das war ein großer Spaß und kann gerne weitergehen. Es war überhaupt erst das dritte Mal, dass ich nicht mich selbst synchronisiert habe und das erste Mal eine Animation. Zuvor habe ich Woody Harrelson in "Palmetto" gesprochen, da Volker Schlöndorff eine frische Stimme wollte, die nicht im Synchronstudio Zuhause ist. Außerdem habe ich in einem anderen Werk David Morse gesprochen. Aber auch ansonsten bin ich mit fast jedem Film den ich mache im Synchronstudio, weil es immer wieder Sachen gibt, die man ausbessern muss.

Ricore: Und wie ist es sprachlich: Bevorzugen Sie privat ein Werk in der Originalfassung zu sehen, oder die deutsche Sprachfassung?

Ferch: Wenn es geht, dann nehme ich immer die Originalsprache. Wobei ich aber nicht unerwähnt lassen darf, dass es auch tolle Synchronfassungen von Filmen gibt.

Ricore: In wieweit werden Sie von Ihren Kindern beeinflusst, Rollen anzunehmen, an denen diese sich erfreuen könnten?

Ferch: Die sind schon megastolz, wenn der Papa eine Rolle in einer Geschichte spielt, die sie sich auch ansehen können, oder die weltweit berühmt ist. Es ist natürlich klar, dass so etwas auch ein kleiner Faktor ist, der bei der Entscheidung für oder gegen eine Rolle mit hineinspielt.

Ricore: Von welchen Animationsformaten wurden Sie geprägt?

Ferch: Ich glaube "Das Dschungelbuch" war das erste mit dem ich konfrontiert wurde. Dann gab es noch Sachen wie "Susi und Strolch" sowie "Aristocats".

Ricore: Haben Sie auch ein "Bambi"-Trauma?

Ferch: Ja, schon ein wenig. Man muss echt aufpassen, in welchem Alter man diesen Film den eigenen Kindern vorsetzt. Das kann sonst böse enden.

Ricore: Wie würden Sie Ihre Figur Agent Geheimsache charakterisieren?

Ferch: Als snobistischen, leicht arroganten Vogel mit englischem Way of Life, der denkt, dass er alles kann und der Beste ist. Eben ein lupenreines Bond-Zitat.

Ricore: Was kann man von Agent Geheimsache lernen?

Ferch: Das ist der pädagogische Faden, der über allem steht: Gemeinsam sind wie am stärksten, wenn wir uns gegenseitig respektieren und nicht nur von uns selbst eingenommen sind.
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Die Pinguine aus Madagascar 3D
"Eines der sensibelsten Drehbücher gewesen..."
Ricore: Sie haben vor kurzem die Dreharbeiten zu "Du, Mädchen!" abgeschlossen. Wie war die Arbeit?

Ferch: Sehr schön. Ich hatte vor längerer Zeit ein Treatment bekommen, welches ich zwar sehr interessant fand, aber noch abwarten wollte in welche Richtung sich die Produktion entwickelt, bevor ich endgültig zusage. In ''Du, Mädchen!" schickt ein Vater seinen Sohn in einen einjährigen San Francisco-Urlaub und bekommt eine junge Dame zurück, weil dieser Herr sich schon immer im falschen Körper fühlte und im Ausland nun den Mut für die Veränderung gefunden hat. An dem Vater ist das zuvor total vorbeigegangen, der ist jemand, der von morgens bis Nachts um vier gearbeitet hat. Seine Frau, die vor zwei Jahren gestorben war, hatte diese anstehende Veränderung bei ihrem Kind mit vorbereitet, aber ihrem Mann nichts davon erzählt. Der Film ist daher eine Tragikomödie, da der Vater natürlich mit den Veränderungen bei seinem Kind konfrontiert wird. Es ist eines der sensibelsten Drehbücher gewesen, dass ich je gemacht habe.

Ricore: Wie bereitet man sich auf so eine Rolle vor?

Ferch: Es gibt eine Biografie von einer Person, die so etwas durchlebt hat. Dann gibt es noch die Drehbuchautorin, den Regisseur und Psychologen, mit denen ich intensive Gespräche geführt habe. Das sind Menschen, die einem einen Einblick in das geben, was das Buch schon sehr plastisch beschreibt.

Ricore: Trotz einiger dramatischer Momente, ist der Film aber vor allem eine Komödie, oder?

Ferch: Klar. Die erste Szene, wenn ich am Flughafen bin und darauf warte, dass mein Bub herauskommt und dann kommt keiner. Auf einmal tippt dich dann von hinten eine hübsche junge Frau an und stellt sich als deine Tochter vor. Das ist eine komödiantische Szene. Ich bin keiner, der Komödien mag, in der eine Bananenschale auf dem Boden liegt und jemand darauf ausrutscht. Ich mag viel lieber Komödien, wenn sie tragisch sind, wie zum Beispiel bei Billy Wilder. Es gib einfach Dinge die wirklich sehr witzig und zum Lachen sind, obwohl sie eigentlich sehr furchtbar sind. Zwei Menschen können nicht miteinander und daraus ergeben sich Sachen, die komisch sind.

Ricore: Haben Sie sich bevor Sie mit diesem Projekt in Berührung gekommen sind über Ihre persönliche Einstellung zu Transsexuellen, Transvestiten und Homosexuellen Gedanken gemacht?

Ferch: Dieser Film war das erste Mal, dass ich mich so konkret mit Themen wie Transsexualität auseinandergesetzt habe. Dieses Thema ist sehr polarisierend und wir haben bei "Die Pinguine von Madagascar" mit Conchita Wurst jetzt auch zufällig jemanden dabei, die ähnlich mit dem Thema in Berührung steht wie mein Filmsohn in "Du, Mädchen". Vielleicht ist es auch nicht zufällig, dass so ein Film wie "Du, Mädchen" gerade jetzt umgesetzt wird, da Conchita Wurst jemand ist, die seit eineinhalb Jahren sehr polarisierend und sehr medienwirksam unterwegs ist und dadurch für die Öffentlichkeit zu einer realen Person wurde.

Ricore: Sind Sie aus den Dreharbeiten als anderer Mensch herausgekommen? Hatten Sie Learnings?

Ferch: Natürlich, denn manchmal hat man zunächst auch eine gewisse Scheu sich mit bestimmten Dingen zu beschäftigen, einfach weil man nie zuvor mit ihnen konfrontiert wurde und sich dann unsicher ist, wie man sich verhalten soll.

Ricore: Konnten Sie diesbezüglich mit Conchita Wurst über deren persönlichen Erfahrungen sprechen?

Ferch: Nein, denn wir haben uns bisher weder im Synchronstudio getroffen, noch heute im Rahmen dieser Interviews. Auch gibt es keine Premiere von "Die Pinguine aus Madagascar", bei der wir uns begegnen werden.

Ricore: Welches Projekt steht bei Ihnen als nächstes an?

Ferch: Ich habe vorgestern einen Film über Fritz Lang abgedreht, in dem es um eine bestimmte Phase in seinem Leben geht aus der heraus der Film "M - Eine Stadt sucht einen Mörder" entstand. Der Film wird aber erst 2016 ins Kino kommen, zum 40. Todestag des Regisseurs.

Ricore: Vielen Dank für das Interview.
erschienen am 28. November 2014
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Der Sohn eines Kapitäns stand 15-jährig für "Can Can" zum ersten Mal auf der Bühne. Davor war er als Leistungsturner durch Europa gezogen. Sein Durchbruch im Filmgeschäft gelang Heino Ferch 1997 mit Hauptrollen in "Comedian Harmonists", "Das Leben ist eine Baustelle" und "Winterschläfer". Seitdem gilt Ferch als einer der vielseitigsten Charakterschauspieler des deutschen Kinos. Tom Tykwer beeindruckte er 1998 in der Rolle des Gangsters Ronnie in "Lola rennt". Ferch spielte mehrfach an der..
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