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Charlize Theron in "Mad Max: Fury Road 3D"
Ich will authentisch sein
Interview: Stark und selbstbewusst: Charlize Theron
Nach 30 Jahren ist die lang erwartete Fortsetzung der legendären "Mad Max"-Reihe in den Kinos. In "Mad Max: Fury Road" weht ein ganz anderer Wind. Nicht nur hat Tom Hardy dem in die Jahre gekommenen und politisch unkorrekten Mel Gibson die Hauptrolle weggeschnappt, auch ästhetisch, optisch und produktionstechnisch unterscheidet sich das auf Digi-Tech getrimmte Actionspektakel von den kultigen Vorgängern. Auch das Frauenbild ist stark modernisiert. Während Max Rockatansky, der entschlossene Straßenkrieger von früher, an den Rand gedrängt wird, gibt eine Frau namens Furiosa die Marschrichtung vor. Gespielt wird der bemerkenswerte Charakter von der Oscar-Preisträgerin Charlize Theron, mit der sich Filmreporter.de in Los Angeles unterhalten hat.
erschienen am 29. 05. 2015
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Charlize Theron auf der Premiere von "Mad Max: Fury Road 3D" in Los Angeles
Die Wahrhaftigkeit der Frau ist Stärke genug
Ricore Text: Sie spielen in "Mad Max: Fury Road" eine starke Frau namens Furiosa. Sind Sie auch im wahren Leben so taff?

Charlize Theron: Ich würde mich schon gerne so sehen. Eigentlich bin ich ein glücklicher Mensch. Ich muss nicht so hart sein wie Furiosa. Sie kämpft, um zu überleben, ich nicht.

Ricore: Glauben Sie, dass Frauen so stark sein wollen wie es Männer gerne wären?

Theron: Nein, das glaube ich nicht. Das ist eine irrige Vorstellung. Wir sind zwar stark, gleichzeitig sind wir aber vieles mehr. Wir haben ebenso viele Konflikte wie Männer und sind genauso interessant und düster wie sie.

Ricore: Was faszinierte Sie an Furiosa?

Theron: Sie wird von den Umständen geleitet. Sie ist stark, gebrochen, entschlossen und zornig wegen der Welt, in der sie lebt. Handle oder sterbe - das ist ihr Motto. Ihr Ziel ist zu überleben. Das fand ich so authentisch an ihr.

Ricore: Dabei ist Furiosa eine von vielen Frauen im Film. Das ist ungewöhnlich für einen Actionfilm.

Theron: Ich war tatsächlich von Frauen umgeben, was sich wie eine frische Brise anfühlte. Ich wusste, dass George [Regisseur George Miller; Red.] ein Gefühl dafür hat, was Frauen in der Gesellschaft repräsentieren und er wollte das so authentisch wie möglich in der postapokalyptischen Welt des Films spiegeln.

Ricore: Alle redet darüber, wie stark die Frauen im Film sind. Das muss sich wie Musik in Ihren Ohren anfühlen.

Theron: Es ist schon interessant, Menschen immer wieder über starke Frauen reden zu hören. Die Wahrhaftigkeit der Frau ist an sich schon Stärke genug, wir müssen nicht ständig aufs Podest gestellt werden. Wir sollten auch nicht in Rollen gezerrt werden, denen wir nicht gerecht werden können. Zu was wir alles im Stande sind, ist schon erstaunlich genug. Für die Gestaltung der Welt werden wir nicht nur im Sinne der Fortpflanzung gebraucht. Vor diesem Hintergrund war ich von Furiosa gerührt. George und ich haben viel über ihren Charakter gesprochen.

Ricore: Viele Frauen betrachten Sie als Verfechterin der Frauenrechte. Ist Ihnen das manchmal nicht zu viel Verantwortung?

Theron: Ich möchte nichts anderes sein als das, was ich bin: eine authentische Frau. In vielen Filmen ist man entweder eine gute Nutte oder eine gute Mutter. Die seelischen Konflikte einer Frau fehlen nicht nur in Filmen, sie werden auch in der Gesellschaft nicht wahrgenommen.
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Charlize Theron mit Tom Hardy feiert die "Mad Max"-Premiere
Charlize Theron: Haare abrasiert - dann Selfie
Ricore: Hatten Sie bedenken, sich für den Film die Haare schneiden zu lassen?

Theron: Nein, gar nicht. Um ehrlich zu sein, war es sogar befreiend. Ich mochte es sehr. Außerdem wachsen Haare wieder nach.

Ricore: Haben Sie sie von einem Stylisten schneiden lassen?

Theron: Nein, eine Freundin tat es. Es dauerte 45 Minuten, um sie abzurasieren. Danach machte ich ein Selfie.

Ricore: Würden Sie anderen Frauen empfehlen, das Gleiche zu tun?

Theron: Mit langem Haar musste ich für jeden Anlass 20 Minuten mehr einplanen. Es ist schon erstaunlich, wie viel Zeit wir mit unseren Haaren verbringen. Ich empfand es als sehr befreiend. Weiblichkeit bedeutet mehr als die Haare einer Frau. Andererseits ist aber auch schön, Haare zu haben.

Ricore: Was sind Ihre Interessen neben dem Beruf und Ihrer Familie?

Theron: Ich liebe es, zu reisen und mich zu bilden. Ich mag es zu wissen, was in der Welt vor sich geht.

Ricore: Glauben Sie, man wird Mel Gibson in den neuen "Mad Max"-Filmen vermissen?

Theron: Nein, das denke ich nicht. Ich liebe die "Mad Max"-Reihe mit Mel. Sie waren großartig. Um ehrlich zu sein: Wir haben nicht viel über diese alten Filme gesprochen. Dabei waren wir keinesfalls respektlos. Vielmehr wollten wir mit "Fury Road" etwas Eigenständiges schaffen. Ich denke, das ist uns gelungen.

Ricore: Sie sind mit Ihrer Mutter Gerda groß geworden. Heute sind Sie selbst Tochter eines Sohnes. Was haben Sie von Ihrer Mutter gelernt, das Sie gerne an Jackson weitergeben wollen würden?

Theron: Meine Mutter war stolz auf mich und hat mich immer dazu ermutigt, ein eigenständiger Mensch zu sein. Das half mir dabei, unabhängig und frei zu sein. Ich wäre glücklich, wenn ich auch meinem Kind diese Werte vermitteln könnte.
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George Miller mit Courtney Eaton auf dem Roten Teppich
Verständnisvoller und geduldiger...
Ricore: Inwiefern hat das Muttersein Sie verändert?

Theron: Die Frage ist nicht leicht zu beantworten. Es hat mich zu einem besseren Menschen gemacht. Ich bin verständnisvoller und geduldiger als früher. Mein Sohn bedeutet mir alles.

Ricore: Was ist der Motor Ihres Lebens?

Theron: Man wird im Leben nicht nur von einer Sache angetrieben werden. Und es sind nicht unbedingt die großen Dinge des Lebens, die einen beflügeln. Es fühlt sich schön an, wenn man weiß, dass man nicht allein ist mit seinen Gefühlen. Es ist schön, dass andere Menschen ebenso empfinden wie man selbst.

Ricore: Es heißt, Tom Hardy hat am Set einen Hund entdeckt und ihn Mad Maxine genannt.

Theron: Ich kann mich an den Hund erinnern. Er nannte ihn wirklich Mad Maxine? Das ist witzig.

Ricore: "Fury Road" spielt in einem Niemandsland und wurde auch in einer Wüstenlandschaft gedreht. Das waren keine einfachen Drehbedingungen, oder?

Theron: Ja, es war schwer, der Situation zu entkommen. Ich glaube, George hat das alles geplant - der Bastard (lacht).

Ricore: Glauben Sie nicht auch, dass es in den letzten Jahren immer mehr Filme über starke Frauen gegeben hat?

Theron: Es geht weniger um die Quantität von Filmen, als vielmehr um deren Qualität. Es geht das Gerücht um, dass es auch in den nächsten Filmen eine starke Frau an der Seite von Mad Max' geben wird. Das fände ich großartig. Als ich die Rolle Furiosas angeboten bekam, dachte ich zunächst, dass ich die Kleine im Hintergrund sein würde mit einem Push-up und zerzausten Haaren im Mund. Die Zynikerin in mir hatte vorher also Zweifel. Das liegt daran, dass ich genau das lange gemacht habe.

Ricore: Was war der schwerste Stunt, den Sie im Film selbst machen mussten?

Theron: Die schwierigste Szene war die, als Tom auf die Motorhaube knallt und Riley und ich ihn halten mussten. Er hing an Furiosas Armprothese, sodass ich ihn nicht aus eigener Körperkraft halten konnte. Ich musste mich aus dem Fenster lehnen und dachte, dass das böse enden könne. Außerdem machte ich mir Sorgen, dass Toms Kopf den Boden berühren könnte. Wenn er fallen würde, dachte ich, dann würde ich mit ihm fallen. Also hab ich mich an ihn gekrallt. Ich war an dem Tag ein richtiges Weichei.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 29. Mai 2015
Zum Thema
Geboren am 7. August 1975 im südafrikanischen Benoni, wächst Charlize Theron auf einer kleinen Farm auf. Bevor sie 1996 in "2 Tage in L.A." ihr Filmdebüt feiert, ist sie vier Jahre als Model tätig. Mit 16 von einer italienischen Agentur entdeckt, bekommt sie fortan sowohl in Europa, als auch in Amerika Aufträge. Monster". 2006 wird sie für "Kaltes Land" erneut nominiert. Beides kann sie nicht mit ihrem Vater Charles feiern. Der wurde von ihrer Mutter Gerda 1991 in Notwehr erschossen.
Der Markenwahn der amerikanischen Filmstudios gönnt Outlaw Mad Max eine zweite Trilogie, die mit "Mad Max: Fury Road" startet. Die Sequels bleiben reines Männerkino. Ein hoher Adrenalin-Spiegel ist bei den wilden und gewohnt spektakulären Verfolgungsjagden, etlichen Schießereien mit viel Pyrotechnik garantiert. Gesprochen wird wenig, Gewalt ist im Überlebenskampf das einzige Mittel, um zu Überleben.
2024