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Elizabeth Banks in "Love & Mercy"
"Das war eine Geschichtsstunde für mich"
Interview: Powerfrau Elizabeth Banks
Wie viele hat auch Elizabeth Banks einen Soundtrack, der sie durch den Tag begleitet. Von den Beach Boys war sie jedoch bei weitem nicht so beeindruckt wie von Madonna, wie sie im Interview mit Filmreporter.de berichtet. Die Rolle der Melinda Ledbetter in Bill Pohlads Film "Love & Mercy" über die Geschichte des musikalischen Genies Brian Wilson nahm sie jedoch trotzdem gerne an, weil sie von deren starker Persönlichkeit und ihrer Hingabe zu Wilson so beeindruckt war.
erschienen am 11. 06. 2015
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Elegant: Elizabeth Banks auf der Berliner "Love & Mercy"-Premiere
Seit 22 Jahren mit meinem Ehemann zusammen
Ricore Text: Wie war es, die echte Melinda Ledbetter zu treffen und was haben Sie von Ihr erfahren?

Elizabeth Banks: Wir haben uns in einem Lokal getroffen. Ich habe Sie sofort gemocht. Das Treffen hat mir sehr viel Vertrauen gegeben, dass ich die Rolle spielen kann. Ich glaube, Sie mochte mich auch. Dadurch, dass wir beide Mütter sind, die ihre Kinder in Los Angeles großziehen, hatten wir sofort eine Verbindung. Wir haben über alles Mögliche gesprochen. Melinda und Brian haben eine tiefe Verbindung zueinander. Sie sind seit 30 Jahren ein Paar, nahezu von dem Augenblick an, als sie sich kennenlernten.

Ricore: Bewundern Sie das?

Banks: Natürlich! Es ist sehr inspirierend. Ich selbst bin ja auch schon seit 22 Jahren mit meinem Ehemann zusammen.

Ricore: Welche Fragen stellten Sie ihr?

Banks: Nach dem Treffen blieben wir in Kontakt und ich konnte ihr Fragen stellen wie: Was hast du in ihm gesehen? Warum hast du dich in ihn verliebt? Aber die Antworten möchte ich lieber für mich behalten. Nur so viel: Brian hat eine sehr reine Persönlichkeit. Es war keine Liebe auf den ersten Blick, aber sie fand ihn faszinierend und verblüffend. Sie waren ja nicht mehr zwanzig, als sie sich kennenlernten und Melinda hatte schon einige Enttäuschungen hinter sich. Sie hatte nicht damit gerechnet, auf jemanden zu treffen, der so ehrlich ist. Außerdem war sie kein großer Beach-Boys-Fan.

Ricore: Sie lernten sich auch nicht unter einfachen Bedingungen kennen.

Banks: Nein. Dr. Eugene Landy, Brians Psychiater, spielte eine große Rolle am Anfang ihrer Beziehung. Ich glaube, gegen Landy zu kämpfen, gab ihr zu der Zeit einen großen Ansporn. Da spielte sich noch viel mehr ab als wir im Film zeigen. Ihre Hingabe galt nicht nur Brian, sondern sie wollte Landy auch ordentlich in den Hintern treten. Diesen Teil ihrer Persönlichkeit mochte ich besonders (lacht).

Ricore: Wie haben Sie sich sonst noch auf die Rolle vorbereitet?

Banks: Zuerst traf ich mich einige Mal mit Bill Pohlad, bevor ich überhaupt zusagte. Dann las ich alles, was ich über Melinda finden konnte und das war nicht allzu viel. In den Biografien wird sie meist nur kurz erwähnt. Bill zeigte mir private Fotos, sie war und ist so schön, ein waschechtes California-Girl, das genaue Gegenteil von mir. Erst als wir uns trafen habe ich den Kern ihrer Persönlichkeit erkannt. Sie ist eine starke Frau, die weiß was sie will.

Ricore: Und sie war für die 1980er Jahre unglaublich toll angezogen.

Banks: Oh ja, die Kostüme sind ein Traum. Sie war Single und ihr Lebensinhalt war hauptsächlich ihr Job, also gab sie ihr Geld für schicke Kleider aus, hatte immer eine tolle Frisur und gemachte Nägel. Sie musste nicht hinter ihren Kindern herrennen (schaut auf ihre eigenen Hände). Sehen sie, ich hab meine Nägel jetzt seit Wochen nicht machen lassen.
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Elegant: Paul Dano und Kollegin Elizabeth Banks ("Love & Mercy")
Elizabeth Banks: Cusack ist ein Draufgänger
Ricore: Macht es für Sie einen Unterschied, eine reale oder eine fiktive Person zu spielen?

Banks: Nein, so darf man an die Sache nicht herangehen. Es geht immer darum, ob man einen Zugang zu der Persönlichkeit findet. Sehen Sie sich doch nur an, wie unterschiedlich John Cusack und Brian Wilson sind. Cusack ist ein Draufgänger und Brian ist so ruhig und sanft.

Ricore: Was wussten Sie vor dem Film über Brian Wilsons Geschichte? Elizabeth

Banks: So gut wie nichts. Der Film war wie eine Geschichtsstunde für mich. Aber ich denke, das wird den meisten Menschen so gehen. Zwar kennen alle die Musik, aber man denkt nicht weiter darüber nach. Ich wusste nichts über seine Krankheit und die Sache mit seinem Arzt Dr. Eugene Landy.

Ricore: So etwas ist ja heute kaum noch vorstellbar.

Banks: Solche Quacksalber gab es früher viele und niemand hat sie in Frage gestellt. Man muss nur an Marilyn Monroe denken, die wurde in die Klapsmühle eingewiesen, weil man sie für hysterisch hielt. Homosexuelle wurden mit Elektroshocks gequält, weil sie das angeblich heilen sollte.

Ricore: Mit Brian hatte Landy das perfekte Opfer gefunden.

Banks: Man darf ihn aber nicht nur schwarz-weiß sehen. Als Landy in Brians Leben trat, wog dieser 150 Kilo und hat das Bett nicht verlassen. Landy brachte ihn dazu am Strand spazieren zu gehen und sich gesünder zu ernähren.

Ricore: Was glauben Sie, warum Brian von zwei verschiedenen Darstellern gespielt wird?

Banks: Das war von Anfang an Bills Vision und wenn man das Drehbuch liest, ist es auch logisch. Es sind einfach zwei ganz verschiedene Menschen. Aber der Brian, den Paul Dano spielt, der existierte nach diesem psychotischen Anfall einfach nicht mehr.

Ricore: Warum hat seine Familie ihn nicht aus den Fängen Landys befreit?

Banks: Naja, ich erkläre mir das so, zum einen ist es natürlich schwer, über eine solche geistige Erkrankung zu sprechen, dann hat Brian auch noch versucht, sich mit Drogen selbst zu behandeln. Außerdem war er der Goldesel der Familie, ohne ihn hätte es nicht funktioniert, er war der kreative Kopf hinter den Beach Boys. Aber an einem Punkt hörte er auf, Musik zu machen, da schickten sie ihn zu Landy, der ihn dann von den anderen ziemlich abschottete.
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Elizabeth Banks ganz in rot ("Love & Mercy"-Premiere in Berlin)
Reale oder eine fiktive Charaktere verkörpern?
Ricore: Was für eine Rolle spielt Musik in Ihrem Leben?

Banks: Ich wüsste nicht, wie ich ohne Musik durch den Tag kommen soll. Es gibt Musik für jede Stimmungslage und ich kann mich damit beeinflussen. Wir haben doch alle einen Soundtrack für unseren Alltag.

Ricore: Erinnern Sie sich an den ersten Song der Beach Boys, den sie hörten?

Banks: Nein, da war ich noch sehr jung. Ich verbinde zwar glückliche Kindheitserinnerungen damit, denn diese Songs sind Amerika. Aber sie haben mich nicht so beeinflusst wie Madonna.

Ricore: Sie führen selbst auch Regie, hilft das dabei, andere Regisseure besser zu verstehen?

Banks: Absolut. Als Schauspielerin muss ich eingestehen, dass wir sehr egozentrisch sind und eine Menge Aufmerksamkeit benötigen (lacht). Aber mittlerweile habe ich sehr viel mehr Verständnis, wenn der Regisseur vielleicht gerade keine Zeit für mich hat. Andersherum bin ich sehr dankbar, wenn ich mit Schauspielern arbeite, die mich als Regisseurin nicht so sehr brauchen.

Ricore: Wie gehen Sie mit Erfolgsdruck um?

Banks: Nichts besonders gut (lacht). Aber ich versuche, mich davon nicht so beeinflussen zu lassen. Es gibt so viel Negativität, aber ich versuche, mich auf das Positive zu konzentrieren. Ich konzentriere mich auf das, was ich brauche, um ein normaler Mensch zu bleiben und pflege meine Beziehungen zu anderen.

Ricore: Was sind Ihre nächsten Projekte?

Banks: Sie werden dieses Jahr noch einige Male mit mir zu tun bekommen. Im May startet neben "Love & Mercy" auch "Pitch Perfect 2", bei dem ich wieder Regie geführt habe, im Juli kommt "Magic Mike XXL" ins Kino und dann steht ja noch am Ende des Jahres "Die Tribute von Panem: Mockingjay - Teil 2" an.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch!
erschienen am 11. Juni 2015
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Love & Mercy (Kinofilm)
Brian Wilson (Paul Dano und John Cusack) ist ein begnadeter Musiker. Mit seiner Band The Beach Boys schreibt er Musikgeschichte, unzählige Hits gehen auf sein Konto. Doch der beispiellose Erfolg bringt auch Probleme. Brian experimentiert mit bewusstseinserweiternden Drogen, wird depressiv und fällt in ein psychisches Tief. Erst in den 1980er Jahren findet er mit der Liebe zu seiner späteren Lebensgefährtin den Rettungsanker. Bill Pohlad hat die Rolle Brian Wilsons mit zwei Schauspielern..
Zur Schauspielerei kommt die im ländlichen Pittsfield, Massachusetts geborene Elizabeth Banks durch Zufall. Als sich die Tochter eines Fabrikarbeiters und einer Bankangestellten auf der Schule beim Softball verletzt, wechselt sie ins Schultheater. Nach dem Abschluss der Oberschule im Jahr 1996 studiert sie an der Wet Hot American Summer" (2001) ändert die als Elizabeth Maresal Mitchell geborene Schauspielerin ihren Nachnamen in Banks, um nicht mit der gleichnamigen "Lost"-Darstellerin..
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