United International Pictures (UIP)
Jake Gyllenhaal beim Photocall von "Jarhead - Willkommen im Dreck"
Jake Gyllenhaal zu Pornoheftchen am Set
Interview: Erster Blick in Spiegel war Schock!
Hollywoodbeau und Charakterschauspieler Jake Gyllenhaal begibt sich für "American Beauty"-Regisseur Sam Mendes in die Wüste. In der Bestsellerverfilmung "Jarhead - Willkommen im Dreck" spielt er den rebellierenden Soldaten Swoff, der durch seinen Einsatz im Ersten Golfkrieg vor eine schwere Identitätskrise gestellt wird. In New York City trafen wir den 25-Jährigen zum Gespräch.
erschienen am 5. 01. 2006
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Jake Gyllenhaal auf der New Yorker Premiere
Ricore: Jake, würden Sie für Ihr Land in den Krieg ziehen?

Jake Gyllenhaal: Soldat zu sein ist nicht mein Ding. Es ist nicht die Art von Job, die ich mir wünsche. Ich würde nur für etwas kämpfen, an das ich wirklich zutiefst glaube.

Ricore: Optisch geben Sie zumindest einen guten Soldaten ab...

Gyllenhaal: Ich hätte auch genug Aggression in mir. Außerdem kann ich mich gut auf Dinge konzentrieren, bin geschickt und weiß mich richtig zu verhalten, wenn ich mal herumgeschubst werde. Ich kann mich leicht anpassen.

Ricore: Haben Sie sich über die Sterblichkeit Gedanken gemacht, als Sie sich für "Jarhead" mit Krieg, Mord und Totschlag beschäftigten?

Gyllenhaal: Nicht so stark wie bei einem anderen schrecklichen Erlebnis, das ich neulich hatte. Ein paar meiner engen Vertrauten sind vor kurzem ums Leben gekommen - und da habe ich mir den Kopf über unser begrenztes Dasein zerbrochen. Da wurde mir auch klar, dass jede Art von Gefühl uns weiter bringt und in Ordnung ist. Gefühle töten niemanden, im Gegenteil: Sie erwecken uns zum Leben. Ich versuche immer, meine eigenen Gefühle auf meine Rollen zu projizieren. Vor allem bei "Jarhead" war der Dreh sehr instinktiv. Nichts wurde bis ins Detail geplant. Oft wurde spontan über eine Szene entschieden.
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Der Drill vor dem Dreh von Jarhead macht Gyllenhaal auch privat zeitweise aggressiver...
Ricore: Wie intensiv empfanden Sie die Arbeit mit "American Beauty"-Regisseur Sam Mendes?

Gyllenhaal: Er ist einer von den Typen, die dich als Schauspieler bei der Hand nehmen anstatt auszurasten, wenn etwas mal nicht nach Plan läuft. Ich erinnere mich an einen besonderen Moment, in dem ich ständig meinen Text vergaß und er mich nach einer Alternative fragte. Er machte mich nicht nervös, war ganz gelassen und suchte nach einem Ausweg. Solche Menschen wünsche ich mir als Partner. Geschrieen und geflucht hat er nur einmal - dafür zu Recht. Es war kurz vor einer schwierigen Szene mit Dutzenden von Darstellern, und niemand hörte ihm zu. (lacht)

Ricore: Lernen Sie bei der Arbeit mit solchen Profis auch etwas fürs Leben?

Gyllenhaal: Ich behaupte sogar, dass mich die Arbeit an diesem Film erst richtig erwachsen gemacht hat. Zu sehen wie ein Typ wie Jamie Foxx feiern kann, aber trotzdem immer pünktlich am Set erscheint und dabei immer wie ein Sonnenschein wirkt, macht auf mich enormen Eindruck. Leute wie er haben mir auch beigebracht, in mich zu gehen und zu überlegen, was ich wirklich will. Meinen Gefühlen - wie vorher bereits erwähnt - freien Lauf zu lassen. In Gesprächen war ich früher immer sehr erpicht darauf zu erfahren, was andere von mir halten. Heute bin ich höflich und interessiert am anderen, vertrete aber doch sehr stark das, was ich persönlich denke.

Ricore: Weniger erwachsen ist dagegen Ihre wohl schwierigste Szene in "Jarhead", in der Sie besoffen und nackt durch das Soldatenlager rennen - nur bekleidet mit einer Nikolausmütze, die Sie lose um Ihre Genitalien gebunden haben...

Gyllenhaal: (lacht) Ich habe mich anfangs natürlich auch gefragt, ob ich unbedingt scharf auf diese Szene bin. Aber es waren ohnehin fast nur Jungs am Set, und wir haben alle gemeinsam so viel Zeit miteinander verbracht, dass es mir irgendwann einfach egal war.

Ricore: Ihr Körper wirkt überraschend muskulös. Wie genau haben Sie sich für den Film vorbereitet?

Gyllenhaal: Zuerst habe ich alleine trainiert, bin täglich fünf Meilen gelaufen, danach zwanzig Minuten geschwommen und am Ende 35 Meilen Rad gefahren. Später hab ich das unter Aufsicht eines Trainers noch ausgebaut. Kurz vor dem Dreh mussten wir allesamt in ein Boot-Camp, wo man uns mit dem nötigen militärischen Drill den Rest gegeben hat.
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Jake Gyllenhaal
Ricore: Wie viele Liegestützen schaffen Sie?

Gyllenhaal: Inzwischen nicht mehr so viele, weil ich in dem neuen Film von David Fincher einen Comiczeichner spiele und für die Rolle ordentlich Muskeln abbauen musste. Aber am Set von "Jarhead" haben wir in den Pausen immer geübt - und da waren Hundert am Stück eigentlich kein Problem. Wir waren praktisch ständig am Trainieren - was bei anderen Dreharbeiten eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit ist.

Ricore: Wie hat sich diese neue Stärke in Ihrem Privatleben angefühlt?

Gyllenhaal: Es war seltsam: Einmal fuhr ich an einem drehfreien Tag nach Hause, und ein Typ überholte mich mit rasend schnellem Tempo. Mein erster Gedanke war: "Du blöder Idiot hast keine Ahnung, mit wem du dich gerade anlegst." Für mich war diese Denkensart völlig neu. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in der Position, dass ich aus einem Zweikampf vermutlich als der Stärkere hervorgegangen wäre. Und plötzlich ertappte ich mich selbst dabei, wie ich mir das in meinen Gedanken ausmalte.

Ricore: Wie kamen Sie mit Ihrem Kahlschnitt zurecht?

Gyllenhaal: Auch hier war es das erste Mal überhaupt, dass ich mir die Haare so kurz schneiden ließ. Der erste Blick in den Spiegel war ein Schock. Aber mit der Zeit gewöhnte ich mich daran. Es hat mir jegliche Eitelkeit genommen. Ich bin morgens aufgestanden und konnte fast ohne Styling zu drehen beginnen. Wir hatten ja auch keine aufwändige Garderobe oder ähnliches.

Ricore: Sind Sie denn eitel?

Gyllenhaal: Gar nicht so sehr, aber als Schauspieler kommt man doch immer wieder auf sein Äußeres zu sprechen. Es ist normalerweise einfach wichtig, wie du dich in einer Rolle präsentierst und deswegen fängst du an, dir darüber Gedanken zu machen und dich darüber zu unterhalten.
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Vom harten Training gestählt: Jake Gyllenhaal
Ricore: Bei den Dreharbeiten waren fast keine Frauen präsent. Haben Sie sich einsam gefühlt?

Gyllenhaal: Ich konnte an nichts anderes mehr denken! (lacht) Wenn mir etwas fehlt, beginne ich mich darauf zu fixieren. Zumindest ging uns nie der Gesprächsstoff über Masturbation aus! (lacht) Und Pornoheftchen waren am Set vermutlich die beliebteste Lektüre.

Ricore: Vor diesen Dreharbeiten spielten Sie in "Brokeback Mountain" einen schwulen Cowboy. War es schwer, sich sofort danach einem Militärfilm zu widmen.

Gyllenhaal: Eigentlich nicht. Egal wie unterschiedlich die Projekte sind: bei allen geht es mir eigentlich um die Herausforderung. Und die war bei beiden Filmen natürlich ziemlich unterschiedlich.

Ricore: Wie küsst Heath Ledger denn nun?

Gyllenhaal: (lacht) Ich muss gestehen, dass ich nicht besonders scharf darauf war, ihn zu küssen. Ich kann mich seltsamerweise auch nicht mehr wirklich daran erinnern, was ich während der gemeinsamen Liebesszenen gefühlt habe. Vermutlich habe ich es verdrängt. (lacht)

Ricore: Haben Sie vor den Filmfestspielen in Venedig geahnt, dass dieser kontroverse Film wirklich gewinnen würde?

Gyllenhaal: Als offizieller Wettbewerbsbeitrag hatten wir natürlich eine Chance, aber dass es wirklich dazu kam, war für uns alle eine große Überraschung. Ich bin froh, denn diese Auszeichnung kommt dem Film sehr gelegen. Viele hatten eine vorschnelle, negative Meinung zu dem Film und wurden nun Lügen gestraft. Ich mag es ganz besonders, solchen Nörglern das Gegenteil zu beweisen.
erschienen am 5. Januar 2006
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In seiner Karriere hat es Jake Gyllenhaal zu beachtlichem Erfolg gebracht. Vor allem seine Rolle als homosexueller Cowboy in "Brokeback Mountain" wird lange in Erinnerung bleiben. Doch schon mit elf Jahren stellt er in "City Slickers" sein Talent unter Beweis. Donnie Darko" bringt dem Nachwuchstalent der erste Durchbruch. Seine Darstellung des schizophrenen und verwirrten Jungen überzeugt nicht nur die Kritiker. Es folgen Engagements in großen Hollywood-Blockbustern. Heute gilt er als einer..
Das auf die Militärmemoiren von Anthony Swofford beruhende Drama schildert die unmenschliche Ausbildung und den durch Diskussionen über untreue Freundinnen, Masturbation, Langeweile und Frustration geprägten Einsatz des jungen Marineinfanteristen Swoff (Jake Gyllenhaal) im Golfkrieg. "American Beauty"-Regisseur Sam Mendes gewährt einen tiefen Einblick in einem trotz Bilderflut gesichtslosen Konflikt.
2024