Kinowelt Filmverleih
Regisseur Marc Forster am Set von "Stay"
Marc Forster erobert Publikum und Kritik
Interview: Fotokunst als visueller Begleiter
Nach seinen großen Erfolgen "Monster's Ball" und "Wenn Träume fliegen lernen" widmet sich Marc Forster einer ungewöhnlich düsteren Geschichte. Auf der Berlinale wurde "Stay", der in der Sektion "Berlinale Special" läuft, von Publikum und Kritik sehr positiv aufgenommen. Wir haben nach dem Screening nachgehakt.
erschienen am 14. 02. 2006
Kinowelt Filmverleih
Am "Stay"-Set: Marc Forster mit Hauptdarsteller Ewan McGregor
Ricore: Wie sind Sie auf das Projekt aufmerksam geworden? Marc

Forster: Das Projekt kam zu mir. Ich hab es zuerst gelesen und dachte es sei nichts für mich. Irgendwie ging es mir aber nicht aus dem Kopf. Ich konnte es einfach nicht loswerden. Nach zwei, drei Monaten habe ich es nochmal gelesen und dabei gesehen, daß unter der eigentlichen Geschichte, auf einer anderen Ebene, noch eine Geschichte ist. Diese hatte ich auch immer in meinem Kopf gesehen. Es ist eine sehr bildliche, gefühlsmäßige Geschichte, die sehr visuell ist. Die Charaktere aus der oberen Geschichte hatten das für mich bein ersten lesen in den Hintergrund verschoben. Ich dachte es ist eine unglaubliche Herrausforderung den Film zu machen. Ich könnte aber auch zum scheitern verurteilt sein, weil man ja nicht mit einer handfesten Geschichte, wie in "Monster's Ball" oder "Wenn Träume fliegen lernen" arbeitet, wo es direkt von A nach Z geht. Hier aber entsteht eine unreale Welt und daher dachte ich, es wäre sicher sehr gut für mich, sowas mal zu machen.

Ricore: Wie haben sie sich dann auf "Stay" mit all diesen kleinen visuellen Details in den Bildern vorbereitet?

Forster: Alles wurde in der Vorproduktion geplant. Während des Drehens es war es zwar nicht so, daß es ein Abdrehen war, aber es war alles organisiert. Das war auch sehr schwierig. Die einzelnen Übergänge von Szene zu Szene waren so genau wegen der Effekte geplant, daß wir das eigentlich alles schon vorher machen mußten.

Ricore: Was war dabei für sie die übergeordnete, was die untergeordnete Rolle?

Forster: Die Übergeordnete ist die rationale Geschichte, wo Ewan McGregor als Psychater auf Ryan Gosling triffe, dem er helfen will und versucht ihm vom Suizid abzuhalten. In der unteren Geschichte geht es eigentlich um die Auseinandersetzung mit dem Tod. Es geht um den Moment des Todes, um Wiedergeburt und der Angst vor dem Tod. Zum Teil befaßt er sich auch mit allen Ängsten die wir haben, welche sich direkt und indirekt aus der Angst vor dem Tod kommen. Es ist die Auseinandersetzung mit all diesen metaphorischen Themen.
Ricore: Wie sind sie auf Stefanie Schneiders Fotokunst aufmerksam geworden, die viel zur visuellen Optik des Films beiträgt?

Forster: Ich kenne Stefanie schon seit 10 Jahren und wir wollten schon immer zusammen arbeiten. Ich mag ihre Arbeit sehr und ihre Fotokunst ist einfach wunderschön. Als ich das Drehbuch laß habe ich natürlich gedacht, daß die Stefanie perfekt dafür ist, da ihre Bilder das gewisses Licht und Melancholie haben. Sie haben eine starke Wirkung auf den Film und ich wußte, daß das Hand in Hand mit meiner Vision gehen könnte, weil das die Welt ist, die ich kreieren wollte.

Ricore: Bei "Matrix" kamen Einstellungen und Bilder zutage, wie man sie zuvor noch nie im Kino gesehen hatte. Wären sie verärgert, wenn einige Zuschauer ihren Film mit "Matrix" vergleichen?

Forster: Nein. Jeder hat eine andere Interpretetion und manche vergleichen ihn mit "Matrix", manche mit "Lost Highway" und andere sagen wieder was anderes. Ich finde das schön, wenn jeder seine eigene Interpretatrion hat.

Ricore: Ihre letzten drei Filme drehten sich immer um den Tod. Warum?

Forster: Ich hab mich schon als Kind mit dem Tod auseinander gesetzt. "Stay" ist auch ein familiärer, sehr persönlicher Film. Mein Bruder hat Suizid begangen. Er war schizophren, was sich ein wenig in der Geschichte wiederspiegelt. Das hat alles natürlich intensiviert. Aber es ist nicht, daß ich absichtlich das Thema Tod wähle. Man zieht aber manchmal im Unterbewußtsein solche Sachen an, mit denen man sich dann auseinander setzt.

Ricore: Hatten Sie daher auch erst gedacht, dass der Film nichts für sie sei?

Forster: Nein. Das hatte ich da noch gar nicht gemerkt. Ich hatte es gelesen und nicht gemerkt, daß es irgendwas mit mir zu tun hat oder mir sehr nahe war. Als ich ja gesagt habe, habe ich dran gearbeitet und kurz vor dem Drehbeginn dachte ich mir, dass ist ja komisch und der Psychiater heißt auch noch Sam Foster. Das war schon ein merkwürdiger Zufall.
erschienen am 14. Februar 2006
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Stay (Kinofilm)
Henry (Ryan Gosling) will sich an seinem 21. Geburtstag das Leben nehmen. Psychiater Sam Foster (Ewan McGregor) hat genau drei Tage Zeit, den jungen Mann von diesem Plan abzubringen. Doch statt Sam vom Wert seines Lebens zu überzeugen, wird er immer mehr in Henrys Welt hineingezogen. Regisseur Marc Forster inszeniert einen visuell bestechenden Psycho-Thriller, in dem sich die Grenzen zwischen Fiktion und Realität auf rätselhafte Weise verwischen.
In Illertissen bei Ulm geboren, wuchs Marc Forster im Schweizer Wintersportort Davos auf. Nach dem Abitur geht er nach New York, um an der renommierten New York University Film zu studieren. 1995 gewinnt er mit dem experimentellen Low-Budget-Streifen "Loungers" beim Slamdance Festival in Utah den Publikumspreis. Seinen Durchbruch feiert er 2001 mit dem Drama "Monster's Ball". Nachdem seine Hauptdarstellerin Halle Berry für ihre Leistung einen Oscar erhält, ist die Karriere des Schweizers..
2024