Warner Bros. Pictures Germany
Jannis Niewöhner in "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" (2021)
"Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" und "Je suis Karl"
Interview: Jannis Niewöhner startet durch
In "TKKG - Das Geheimnis um die rätselhafte Mind-Machine" erobert der 1994 geborene Jannis Niewöhner erstmals die Herzen des jungen Publikums, er baut seine Popularität mit "Die wilden Hühner und die Liebe", "Gangs" und die Edelstein-Trilogie nach den Romanen von Kerstin Gier aus. Mit der Serie "Beat" und dem Spielfilm "Kids Run" schafft er den Sprung zu erwachseneren Rollen. In den vergangenen Jahren brilliert er in der Adaption des "Überläufers" sowie "Narziss und Goldmund". Jetzt spielt er in zwei Filmen mal den Verführer. Er gibt die Titelrolle in "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" und einen rechten Rattenfäner in "Je Suis Karl". Für letztere Rolle erhält er eine Nominierung als Bester Schauspieler für den deutschen Filmpreis.
erschienen am 21. 10. 2021
Pandora Film, Sammy Hart
Luna Wedler & Jannis Niewöhner in "Je Suis Karl" (2021)
In Kommune aufgewachsen
Ricore Text: Sie spielen jetzt in zwei Filmen den Verführer. Was reizt Sie an diesem Charakter?

Jannis Niewöhner: Seine Widersprüchlichkeit. Diese Menschen haben die Gabe, andere Menschen zu verführen, aber lassen meist ungern andere in ihre Seele blicken. Oft haben sie ihr Päckchen zu tragen und sind Einzelgänger. Es ist eine reizvolle Aufgabe auszuloten, welche Abgründe unter der strahlenden, äußeren Fassade schlummern.

Ricore Text: Treibt nur die Sehnsucht nach Reichtum und einem unbeschwerten Leben Felix Krull an?

Jannis Niewöhner: Sicher ist er dem süßen Leben nicht abgeneigt. Krull treibt vor allem seine ungeheure Lebenssehnsucht an. Er braucht die Abwechslung, um seine Angst vor dem bürgerlichen, zu monotonen Leben zu besiegen, in dem seine Kreativität und Lebenslust versiegen könnten. Diese Furcht mündet bei ihm in eine wahnsinnige Lust auf seine Umgebung und andere Menschen. Er studiert sie mit Freude und ehrlichem Interesse, was ihm ermöglicht, sich in sie hineinzuversetzen und ihre Bedürfnisse zu erkennen. Die Verführten können ihm kaum böse sein, denn sie haben auch Vorteile durch ihre Beziehung.

Ricore Text: War es schwerer, den rechten Attentäter und charmanten Verführer in "Je suis Karl" zu spielen?

Jannis Niewöhner: Politisch ist er mir sehr fremd. Ich bin in einer Art Kommune aufgewachsen. Meine Eltern sind eher 68er. Gegen sie und ihr Gesellschaftsbild musste ich nicht wirklich rebellieren.

Ricore Text: Sind Ihnen Verführer näher als der Verführte, den Sie im "Überläufer" spielten?

Jannis Niewöhner: Ich habe viel mit beiden gemeinsam. Beide Seiten stecken ja in jedem von uns, der Verführte und der Verführer. Für mich war spannend, sie in mir zu entdecken.
Pandora Film, Sammy Hart
Luna Wedler & Jannis Niewöhner in "Je Suis Karl" (2021)
Angst spornt mich an
Ricore Text: Steckt nicht auch in jedem Schauspieler ein Hochstapler und Verführer?

Jannis Niewöhner: Auf jeden Fall. Wir wollen die Gunst der Menschen gewinnen und geliebt werden. Dafür flunkern wir und machen anderen etwas vor oder geben ihnen, was sie wollen. Zugleich leiden wir unter ähnlichen Ängsten. Wir fürchten, nie perfekt vorbereitet zu sein und entlarvt zu werden.

Ricore Text: Lähmt die Angst oder treibt sie an?

Jannis Niewöhner: Mich spornt sie an. Ich musste lernen, dass ich mich so gut wie möglich vorbereiten muss, um dann am Set alles zu vergessen und mich fallen zu lassen. Diesen Schritt muss ich bei jedem Film neu gehen.

Ricore Text: Fühlen Sie sich manchmal von den Göttern geküsst wie Krull?

Jannis Niewöhner: Ich bin ein Glückskind, obwohl ich natürlich auch durch schwerere Phasen gegangen bin. Doch meine Eltern gaben mir dieses manchmal etwas naive Grundvertrauen ins Leben mitgegeben, das alles gut wird. Diese Grundeinstellung zum Leben empfinde ich als Geschenk.

Ricore Text: Wie sehen Sie heute die Ablehnung der Schauspielschule?

Jannis Niewöhner: Sicher nicht mit einem Gefühl der Genugtuung, dass ich es denen gezeigt habe. Das wäre die falsche Haltung. Ich würde auch nie sagen, ich habe es geschafft, mag es noch so gut laufen. Es fühlt sich für mich nie so an. Ich sehe eher die Unzulänglichkeiten, aus denen die Zweifel erwachsen, was ich noch nicht kann und was ich noch lernen muss.
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Jannis Niewöhner in "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" (2021)
Lust, Neues auszuprobieren
Ricore Text: Wie gehen Sie mit Rückschlägen um?

Jannis Niewöhner: Ich bin nach Rollenabsagen natürlich auch enttäuscht. Wichtig ist, Rückschläge richtig einzuordnen und weiter zu machen.

Ricore Text: Braucht es für den Erfolg mehr als eine glückliche Hand bei der Rollenwahl?

Jannis Niewöhner: Bestimmt ist ein wenig Glück dabei, dass ich die Angebote überhaupt erhalte. Zugleich ist es das Ergebnis eines genauen Auswahlprozess mit meiner Agentin und Freunden.

Ricore Text: Haben Sie gezielt Abschied genommen vom Teenie-Idol?

Jannis Niewöhner: Zwangsläufig ließ ich diese Rollen irgendwann hinter mir. Dazu kam die Lust, Neues auszuprobieren, was eine andere Tiefe hat. Wenn meine Fans mir bei diesen Schritten folgen, ist das natürlich wunderbar. Dieser Aspekt ist aber nicht ausschlaggebend für meine Entscheidungen.

Ricore Text: Wer holt Sie nach den Erfolgen wieder runter?

Jannis Niewöhner: Meine Mutter, die eher dagegen war, dass ich Schauspieler werde. Sie hatte Angst, dass ich abhebe oder so ganz auf mich bezogen werde. Diese Angst habe ich wohl verinnerlicht. Ricore Text: Danke für das Gespräch
erschienen am 21. Oktober 2021
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Bereits mit elf Jahren steht Jannis Niewöhner vor der Kamera. Ähnlich wie seinem Freund Jimi Blue Ochsenknecht wird auch ihm der Beruf in die Wiege gelegt. Auch seine Eltern sind in der Filmbranche tätig. Seinen Durchbruch markiert die Hauptrolle in der Verfilmung der Fantasytrilogie "Liebe geht durch alle Zeiten" von Kerstin Gier. "Rubinrot" lockt 2013 mehr als 480.000 Zuschauer in den Kinos und garantiert die Fortsetzung "Saphirblau".Emilia Schüle ("Freche Mädchen") liiert, mit der er in..
Die Welt könnte ihm mit all ihren Verlockungen zu Füßen liegen, wäre da nicht die Kleinigkeit mit dem Geld, das Felix Krull (Jannis Niewöhner) nicht besitzt. Nach dem Freitod seines Vaters wächst der Junge in ärmlichen Verhältnissen auf und hält sich mit kleinen Diebstählen über Wasser. Daniel Kehlmann fasst die dreibändige Biografie aus der Feder von Thomas Mann zu einer unterhaltenden und kurzweiligen Mischung aus Menage à Trois, Verführungsreigen und Hochstaplerballade zusammen.
Je Suis Karl (Kinofilm)
Mit wackliger Handykamera halten Axel (Milan Peschel) und seine Frau Inèz (Mélanie Fouché) fest, wie sie einen jungen Mann aus Syrien aus Griechenland nach Deutschland schmuggeln. Zwei Jahre später nimmt Axel ein Paket für die Nachbarin an. Wenig später erschüttert eine Explosion das Haus.
2024