20th Century Fox
Kiefer Sutherland
Kiefer Sutherland zu seiner Midlife Crisis
Interview: Wirklich zufrieden?
Bei seiner täglichen Arbeit für "24" spielt er einen einsamen Wolf, der die Welt retten will. In seinem aktuellen Kinofilm "The Sentinel" ist er zwar auch ein Agent, doch ist er anderen Menschen gegenüber wesentlich aufgeschlossener. Was Kiefer Sutherland alias Jack Bauer gegen die bevorstehende Midlife Crisis tut, hört sich ganz normal an.
erschienen am 18. 06. 2006
Twentieth Century Fox
Kiefer Sutherland in: The Sentinel - Wem kannst Du trauen?
Ricore: Es gibt viele Gemeinsamkeiten zwischen "The Sentinel" und ihrem Job bei "24". Sehen Sie trotzdem Unterschiede?

Kiefer Sutherland: Agent Breckinridge aus "The Sentinel" ist ein aufrechter Kerl und Jack Bauer ist das gewiss nicht. Sie unterscheiden sich wie Tag und Nacht, leben aber in der gleichen Welt. Breckinridge legt Wert auf Fakten und Beweise und vertraut nie seinem Instinkt. Jack Bauer handelt nur nach Instinkt, er hört auf seinen Bauch und seine Intuition. Ich wollte den Film unbedingt machen, weil ich mir die Chance, mit Michael Douglas zu arbeiten, nicht entgehen lassen wollte. Er ist ein exzellenter Schauspieler und ich muss zugeben, dass ich ein wenig nervös war. Jeder gute Thriller muss eine verdrehte Handlung haben und dieser ist besonders gut. Ich habe Charaktere, die sich selbst in Frage stellen, immer bewundert. Es geht um Leben und Tod und trotzdem hat er den Mut, an sich zu zweifeln. Das hat mich beeindruckt. Vor einem Jahr habe ich "River Queen" gemacht. Ein Film über Maorikriege in Neuseeland. Es war ein sehr kleines Projekt und ich habe mich aus mehreren Gründe für den Film entschieden. Zum einen hat mich das Drehbuch überzeugt. Es war auch mal etwas anderes als "24". Der einzige Grund warum ich mit "The Sentinel" im gleichen Genre geblieben bin, ist, weil Michael Douglas dabei ist.

Ricore: Inwiefern hatte ihr Vater Einfluss auf ihre Karriere?

Sutherland: Einen großen. Als ich jünger war, habe ich in einem Theater in Kanada gearbeitet. Wir hatten weder Video noch DVD zu Hause. Ich bin mit 15 von Zuhause weggegangen und wusste natürlich, dass mein Vater berühmt war, aber ich hatte nicht einmal "M.A.S.H." gesehen. Alle diese Filme kamen raus als ich noch zu jung war. Mit 18 hat mir dann ein Freund eine Kassette mit einem seiner Filme geliehen. Danach habe ich mich wie der schlimmste Sohn auf der Welt gefühlt. Ich wusste gar nicht, wie gut er ist. Ich habe mich wirklich geschämt. Durch seine Filme habe ich fortan gelernt, worauf man bei der Schauspielerei achten muss. Ich habe gelernt was für einen Schauspieler wichtig ist. Schauen Sie sich doch mal "Die Französische Revolution fand nicht statt" an. Das ist einer der lustigsten Filme den Sie jemals sehen werden. Bei "Stoßtrupp Gold" ist Clint Eastwood fast verrückt geworden. Er wollte einen ernsten Film machen und mein Vater hat diese unglaubliche komische Rolle hingelegt. Das hat den ganzen Film verändert. Die wollten ihn sogar feuern. Am Ende hat der Film allen gefallen. Mein Vater hatte Courage. Das sieht man bei Schauspielern heutzutage kaum. Bei mir ganz bestimmt nicht. Er hat mich geprägt, mir gezeigt was man tun und was man lassen soll.

Ricore: Welchen Unterschied gibt es zwischen der Schauspielerei fürs Fernsehen und dem Kino? Kiefer

Sutherland: Ich denke nicht, dass es einen Unterschied gibt. Stephen Hopkins, der die erste Staffel von "24" gemacht hat, war nie beim Fernsehen. Ich habe vorher nie Fernsehen gemacht. Mal abgesehen davon, dass "24" eine unglaubliche kreative Serie ist, gleicht es Kinofilmen in jeder Hinsicht. Technisch und schauspielerisch gibt es keine Unterschiede.
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Kiefer Sutherland in: The Sentinel - Wem kannst Du trauen?
Ricore: Ja, "24" sieht einem Kinofilm sehr ähnlich...

Sutherland: Rodney Charters ist ein hervorragender Kameramann. Und Stephen Hopkins wusste genau, was er wollte. Er hat sich für den Look von "24" von zwei chinesischen Filmen inspirieren lassen. Er hat die Idee des geteilten Bildschirms dort abgeschaut. Er hatte auch die Idee mit der Echtzeit.

Ricore: Wie gehen Sie mit Erfolg um?

Sutherland: Der große Vorteil in diesem Geschäft ist, dass meine Eltern auch erfolgreich sind. Ich kann mit Erfolg und Niederlagen besser umgehen als Andere, weil ich das schon mal miterlebt habe. Andere Schauspieler treffen am Anfang falsche Entscheidungen, weil sie Angst haben. Zum Beispiel nehmen Sie Rollen an, für die sie sich im Nachhinein schämen. So etwas konnte ich mit meiner Familie im Hintergrund vermeiden. Wir machen Filme und Fernsehsendungen, damit die Leute sich damit identifizieren. Dass den Leuten "24" gefällt, ist schon eine ganz große Sache. Aber zum Ruhm gehört auch die harte Arbeit. Wir gehen ja nicht jeden Tag nur spazieren. Wir arbeiten 14 bis 15 Stunden am Tag und das zehn Monate im Jahr. Wir nehmen das, was die Fans über die Sendung sagen, sehr ernst. Wir lassen uns zwar von der allgemeinen Meinung nicht beeinflussen, trotzdem freuen wir uns, dass sich die Fans mit der Story identifizieren. Es ist eine sehr interessante Arbeitsweise, denn anders als bei einem Film wie "The Sentinel" arbeitet man nicht in einem Vakuum.

Ricore: Sie haben mal gesagt, dass Sie zu jung aussehen um bestimmt Rollen zu spielen. Wie ist das heute?

Sutherland: Danke, aber jetzt sehe ich anders aus. Ich bin schon eine ganze Weile auf der Welt. Ich kenne Menschen, die um die 30 oder 40 sind und die waren Teenager als "Stand by Me - Das Geheimnis eines Sommers" raus kam. Die akzeptieren, dass ich 40 bin. Ich erinnere mich an eine Unterhaltung mit Bobby Downey als wir 20 waren. Wir haben uns gesagt wie toll es wäre, wenn wir uns über Wasser halten könnten bis wir 35 oder 40 sind. Dann werden wir die großen Rollen kriegen, wenn wir uns nicht dumm anstellen. Wir waren zwei Jungs, die versuchen am Leben zu bleiben. Ich denke "24" hat mir eine recht einflussreiche Position verschafft.

Ricore: Fühlen Sie sich jetzt wohler?

Sutherland: "24" hat mir viel Selbstvertrauen gegeben. Kein anderes Projekt hätte das geschafft. Und wenn man sich selbstsicher fühlt, hat man mehr Mut zu innovativen Ideen und man probiert neue Dinge aus. Das Selbstbewusstsein, das "24" mir gegeben hat, ist unbezahlbar. Es hat mein Leben verändert.
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Kiefer Sutherland: The Sentinel - Wem kannst Du vertrauen?
Ricore: Sie haben früher mit Robert Downey Jr. und Sarah Jessica Parker in einer WG gewohnt. Haben sie immer noch Kontakt zueinander?

Sutherland: Eher selten. In den 90er Jahren hat sich jeder von uns in eine andere Richtung entwickelt. Bobby heiratete und bekam ein Kind - das hört sich ein bisschen an wie aus einem Song, oder? Und ich war dann auch für sieben Jahre verheiratet. Jeder ist irgendwie seinen eigenen Weg gegangen. Ich sehe Sarah ab und zu auf der einen oder anderen Veranstaltung, und dann ist es auch nett. Aber jeder von uns hat sich eher um sein eigenes Leben gekümmert und sich nicht sonderlich angestrengt, den Kontakt zu halten - ich denke dabei hauptsächlich an mich. Es ist irgendwie seltsam an diese Zeit zurückzudenken - immerhin bin ich schon fast 40! Früher haben wir eine viel größere Freiheit gefühlt! Es war leichter, sich bestimmten Verantwortungen zu entziehen. Man konnte aufstehen wann man wollte. Aber dieses Freiheitsgefühl gehört eben zu dieser alten Zeit. Das können nur die Leute verstehen, die dabei waren.

Ricore: Ist es für sie traumatisch, 40 zu werden?

Sutherland: Naja, noch bin ich es zum Glück nicht.

Ricore: Würden sie sich eher aus einem Flugzeug stürzen oder ein Tattoo machen lassen?

Sutherland: Natürlich das Tattoo! Nein, ich werde weder aus einem Flugzeug springen, noch mir einen roten Sportwagen kaufen.

Ricore: Sie haben das meiste davon ja auch schon in Ihrer Serie ausprobiert.

Sutherland: Das ist zwar eine andere Perspektive, aber ehrlich gesagt, bin ich wirklich zufrieden mit meinem Leben, so wie es jetzt ist. Und es macht mir großen Spaß "24" zu drehen.
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Kiefer Sutherland in: The Sentinel - Wem kannst Du vertrauen?
Ricore: Wie geht es mit ihrer Plattenfirma weiter?

Sutherland: Wir haben mit Ironworks gerade unsere erste Platte auf den Markt gebracht. Das Album heißt "I Trust You To Kill Me" und ist von einer Band Namens Rocco DeLuca. Die machen das wirklich großartig und sind vor allem live toll. Bis jetzt läuft es ganz gut und es werden auch schon Lieder von einem Radiosender gespielt. Wir sind ja noch ein kleines Label, aber wir werden unseren Weg machen und eine Nische finden.

Ricore: Werden sie irgendwas für die DVD-Veröffentlichung dieses Films machen, zum Beispiel Kommentare sprechen oder irgendwelche Special Features?

Sutherland: So weit sind wir noch nicht. Darüber wird frühestens in einem Monat verhandelt. Man bespricht so etwas meistens erst, wenn der Film schon im Kino angelaufen ist.

Ricore: Was denken sie über politische Filme?

Sutherland: Fantastisch. Ich denke sie sind sehr wichtig. George Clooney hat mit "Syriana" und "Good Night, and Good Luck" ja gleich zwei gemacht.

Ricore: Und was halten sie von "Flug 93"?

Sutherland: Die Dokumentation? Ich habe einen Begleitkommentar für einen Teil gesprochen [The Flight That Fought Back]. Ich denke, es ist wirklich wichtig, diese ganze Sache nicht nur nachzuvollziehen, sondern den Ablauf auch zu dokumentieren. Es passierte alles unmittelbar und diese Leute haben unter den fürchterlichsten Umständen alles verloren. Es erinnerte mich an ein japanisches Flugzeug, das in den Bergen abgestürzt ist. Sie wussten, dass sie sich in einer unausweichlichen Situation befinden und es niemals über den Berg schaffen. Sie haben Briefe an ihre Familien geschrieben und diese an ihrer Kleidung befestigt. Das Bewusstsein vom bevorstehenden Tod und die Fähigkeit ihn anzunehmen und darüber zu sprechen, sind ähnlich. Sie haben unglaubliche Courage bewiesen. Es war alles einfach furchtbar. Ich denke man sollte nicht vergessen, wie sich die Menschen nach dem 11. September gefühlt haben, sonst kann so etwas womöglich noch einmal passieren. Das ist sehr wichtig.
erschienen am 18. Juni 2006
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Auf Theodor W. Adorno und Max Horkheimer geht die Beobachtung zurück, dass Unterhaltung nichts weiter als die Verlängerung der Arbeit unterm Spätkapitalismus ist. Die US-Produzenten Joel Surnow und Robert Cochran haben mit der Fernsehserie eine ganz eigene Interpretation dieser Theorie abgeliefert. "24" handelt vom Leben des Antiterror-Agenten Jack Bauer (Kiefer Sutherland) und verfolgt seine Erlebnisse über einen Zeitraum von exakt 24 Stunden.
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