Jean-François Martin/Ricore Text
Daniel Brühl
Daniel Brühl möchte nicht tauschen
Interview: Was im Leben wirklich zählt
Im wahren Leben ist er kein Typ der Sorte Lightning McQueen. Daniel Brühl fährt lieber mit seinen Oldtimern gemütlich auf der Landstraße. Das, was der heißblütige Rennwagen erst lernen muss, hat der 28jährige Schauspieler schon längst herausgefunden. Freundschaft, Familie und Beziehung sind wichtiger als Ruhm und das schnelle Geld. Im Interview zeigte er sich zurückhaltend. Auch im Showgeschäft ist er noch nicht ganz abgebrüht, wie er bei den Filmfestspielen in Cannes 2006 merken musste.
erschienen am 13. 09. 2006
Tatjana Niezel/Ricore Text
Daniel Brühl
Ricore: Wie hast du dich auf die Rolle vorbereitet, in Bezug auf Autos?

Daniel Brühl: Also ich bin jetzt keine Autorennen gefahren vor dem Film. Allgemein stehe ich auch eher auf langsame alte Autos. Ich habe selbst zwei Oldtimer, einen Alfa Romeo Giulia und ein Peugeot 304 Cabrio, so einen wie Columbo gefahren hat. Der fährt nicht schneller als 120 Km/h, ich bin also privat nicht gerade Lightning McQueen.

Ricore: Ist es dir leicht gefallen dich mit Lightning McQueen zu identifizieren und dich in den Charakter einzudenken?

Brühl: Am Anfang war ich noch ein bisschen verhalten und gehemmt, um so richtig auf die Tube zu drücken. Denn es ist ja wichtig für den Film, dass man die Veränderung von Lightning McQueens Charakter bemerkt. Zuerst ist er ein Angeber, der immer der Beste sein will, bevor er geläutert wird. Ich glaube, ich war am Anfang noch ein bisschen zu freundlich und nett.

Ricore: Also hast du nicht so eine Jugendphase durchgemacht, wo du extrem cool warst?

Brühl: Naja, vielleicht ein bisschen, aber nicht so extrem.

Ricore: Stellst du wie viele Männer deine Autos über alles?

Brühl: Neben meinem Beruf ist mir das Private am wichtigsten und nicht meine Autos. Familie, Freundschaft und Beziehung zählen.

Ricore: Hast du denn noch viel Zeit für Freunde neben deiner beruflichen Karriere?

Brühl: Manchmal ist das schon schwierig. Viele Leute sagen ja, das ist die Kehrseite vom Erfolg, und es stimmt auch. Aber ich würde mich niemals darüber beschweren, weil ich so viel Freude und Spaß in meinem Beruf habe und es mir ja wirklich gut geht. Man muss versuchen, sich das alles gut einzuteilen. Das einzig Blöde ist, dass ich nicht so gut planen kann, weil es ja keine kontinuierliche Arbeit ist. Aber das geht alles.

Ricore: Hat sich an den Freundschaften von früher etwas verändert seit du ein Star bist? Hast du Freunde verloren oder hast du es geschafft, die Kontakte zu halten?

Brühl: Zu den meisten schon. Selbst, wenn weniger Zeit ist. Die Leute, die einem wirklich wichtig sind, und auch anders rum, die bleiben einfach da. Die haben ihren Platz. Und mit der Zeit kristallisiert sich auch heraus, wer deine wirklichen Freunde sind.
Verleih
Daniel Brühl in: Salvador
Ricore: Kommen die Angebote ins Hausgeflattert oder musst du noch zu Castings gehen?

Brühl: Beides kommt vor. Im Ausland, wo ich noch nicht so bekannt bin, muss ich natürlich bei den Castings mitmachen. Ich mag Castings nicht so gern, ich bin immer ziemlich unentspannt und froh, wenn es vorbei ist. Und ich glaube, dass ich beim Vorsprechen viel schlechter bin, als vor der Kamera.

Ricore: Und wie läuft es international, in Amerika zum Beispiel?

Brühl: Es sind immer mal wieder Projekte im Gespräch, aber nichts Konkretes.

Ricore: Für das Remake von "Die fetten Jahre sind vorbei" bist du aber nicht als Hauptdarsteller vorgesehen?

Brühl: Nein. Ich bin aber auch froh, wenn das jemand anderes spielt. Ich find es aber cool, einen Film gemacht zu haben, wovon es ein Remake gibt, denn die Filmfreaks werden immer sagen, hast du denn auch das Original gesehen?

Ricore: Ist es schwieriger in Englisch zu arbeiten?

Brühl: Ja schon. Ich habe kürzlich einen Film mit John Malkovich gedreht, der nächstes Jahr raus kommt. Das ging zwar, aber man ist in der Muttersprache einfach freier. In Spanisch habe ich "Salvador" gemacht. Das war für mich nicht problematisch, da ich ja in Spanien geboren bin und auch mit meiner Mutter immer Spanisch rede.

Ricore: Hattest du vor Schauspielern wie Malkovich Ehrfurcht oder ist das ein ganz normales berufliches Verhältnis?

Brühl: Das legt sich eigentlich ziemlich schnell, wenn die Leute keine großen Allüren haben. Obwohl der Malkovich schon speziell ist, aber in seinem Verhalten dem Team gegenüber und den anderen Schauspielern ist er schon sehr cool. Er hat seine eigene Art und er ist ja auch irgendwie schon ein bisschen ein Furcht einflößender Typ. Im Film kam mir das aber ganz gelegen, weil ich da Angst vor ihm haben musste. Man kommt in solche Situationen aber schnell rein.

Ricore: Wie war Cannes?

Brühl: In Cannes hatte ich eine Panikattacke. Da war ich Mitglied der Kurzfilmjury und musste einen Preis verleihen. Ich hatte zuerst gedacht, ich müsste auf der Bühne einfach nur die Palme überreichen, ohne etwas zu sagen. Am Morgen der Verleihung habe ich aber ein Fax mit der Rede geschickt bekommen, die ich aufsagen sollte. Da habe ich erst mal einen Schreck bekommen, denn in Cannes sind ja nun wirklich alle Stars vertreten. Links neben mir stand Penélope Cruz, rechts Monica Bellucci und noch viele andere. Ich habe Panik bekommen und war fest davon überzeugt, dass ich nicht mehr lesen kann. Ich habe es dann zwar hingekriegt, aber ehrlich gesagt, war mir die Situation ein bisschen zuviel.
erschienen am 13. September 2006
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