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Kurt Russell in "Death Proof - Todsicher"
Kurt Russells Abneigung gegen Hollywood
Interview: Ich bleibe Individualist
Kurt Russell hat mehr als achtzig Filme und Serien gedreht, sieht sich aber nicht als Teil Hollywoods. Er ist seit mehr als zwanzig Jahren mit Goldie Hawn liiert - glaubt aber nicht an die Ehe. Anlässlich seines neuen Films "Death Proof - Todsicher" luden wir den 56-Jährigen zur Bestandsaufnahme ein.
erschienen am 18. 05. 2007
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Kurt Russell in "Death Proof - Todsicher"
Ricore: Mr. Russell, warum bezeichnen Sie sich trotz ihrer erfolgreichen Weltkarriere gerne als jemand, den Hollywood verstoßen hat?

Kurt Russell: Heutzutage ist es fast schon Mode, das von sich zu behaupten. Jane Fonda etwa beleidigt das Establishment, obwohl ich mir niemanden vorstellen kann, der es mehr verkörpert als sie. Für viele ist es einfach nur ein Spiel, darüber zu schimpfen und nicht dessen Teil sein zu wollen. Bei mir war es schon immer so: Ich bin kein Teil dieser Welt, ich denke nicht so wie diese Typen und das Spiel mit den Medien mache ich auch nicht mit. Wenn man eine Einladung in Hollywood ausschlägt, wird man zu anderen Festen auch nicht eingeladen. In der Stadt der Engel ist das ein sehr ernstes Spiel. Ich habe mich sehr früh selbst ausgegrenzt, zu allem Nein gesagt. Die Folge: Man hat mir nicht verziehen und mich verstoßen.

Ricore: Andererseits leben Sie mit Goldie Hawn, haben mit Kate Hudson sogar eine prominente Stieftochter. Somit erfüllen gerade Sie das Klischee, oder nicht?

Russell: Nein, im Gegenteil. Es hat den Meinungsmachern in Hollywood einen schweren Schlag versetzt, dass sich gerade eines ihres Darlings in mich verliebt hat. Sie wird im Gegensatz zu mir von allen geliebt, und plötzlich tauchten wir im Doppelpack auf, wo man mich gar nicht mehr haben wollte. Unsere Beziehung hat meine Einstellung allerdings bis heute nicht verändert. Ich bin und bleibe Individualist. Die Auswirkungen freilich bekomme ich bis heute zu spüren: Viele wollen nicht mit mir arbeiten, weil ich zu schwierig sei. Es schockiert die meisten eben, nicht nach ihren Wertvorstellungen zu handeln. Mir wurde ins Gesicht gesagt, dass ich mich angepasster verhalten solle, da ich den Oscar sonst abschreiben könnte. Wer nicht konform läuft, wird diskriminiert.

Ricore: Also haben Sie Ihre Zelte in Hollywood abgebrochen und sind nach Kanada gezogen...

Russell: Das allerdings war keine Flucht. In erster Linie haben wir das getan, um mehr Zeit mit unserem Sohn verbringen zu können, der dort Hockey spielt. Es waren vier sehr schöne Jahre in British Columbia, wir haben dort viele Freunde gewonnen. Jetzt sind wir wieder aufgebrochen, unser Sohn braucht uns nicht mehr. Ich fand es allerdings witzig, dass während dieser Zeit so viele Filme wie noch nie dort gedreht wurden. In gewisser Weise verfolgt uns die Industrie! (lacht)

Ricore: Auch wenn Sie es offenbar nicht sind: Machen Sie und Goldie Hawn sich nie den Spaß und spielen einfach das ausgeflippte Hollywood-Glamour-Paar?

Russell: Nein, weil ich so etwas einfach nicht kann. Eine Geschichte aus dem Nähkästchen zur Verdeutlichung. Als wir vor etwas zwanzig Jahren zusammenkamen, war Goldie noch eine, die sich viel im Promi-Nachtleben herumgetrieben hat. Eines Abends hatten wir einige typische Hollywood-Idioten bei uns zu Gast, deren Gerede ich mir einfach nicht anhören konnte. Nach zwanzig Minuten verabschiedete ich mit den Worten, dass ich das einfach nicht länger aushalte. Es war vielleicht nicht die höflichste Form, meine Meinung vor Hausgästen kundzutun, aber Goldie kam damit klar. Bei der nächsten ähnlichen Situation zog sie die Notbremse lange bevor ich ausrasten konnte. (lacht)
Senator
Kurt Russell bleibt Individualist
Ricore: Sie sind ja noch nicht einmal mit Goldie Hawn verheiratet. Bedeutet Ihnen die Ehe denn nichts?

Russell: Das war eine Option, die wir beide wegen der Kinder durchgedacht aber dann doch wieder verworfen haben. Sogar meine Tochter Kate ist verheiratet, sie wollte nicht auf uns hören. (lacht) Für uns ist das nichts: Ich war schon einmal verheiratet und will sie nicht als meine zweite Ehefrau bezeichnen müssen. Im Gegenzug habe ich übrigens auch keinerlei Interesse, immer als ihr dritter Ehemann zu gelten. (lacht) Diese Einstellung hat sich über die Jahre nicht verändert. Wir sind seit einer halben Ewigkeit zusammen und genießen es noch immer, Zeit miteinander zu verbringen. Und um dieses Gefühl zu schmecken, brauchen wir nicht den Bund der Ehe.

Ricore: Könnten Sie sich vorstellen, beruflich noch einmal zusammenzuarbeiten?

Russell: Ja, sogar in absehbarer Zukunft. Goldie hat zwölf Jahre an einem Drehbuch geschrieben, das Sie im Herbst gerne verfilmen möchte. Sie wird Regie führen und voraussichtlich gemeinsam mit mir vor der Kamera stehen.

Ricore: Wirklich? Von was handelt die Story?

Russell: Von einer Frau in den Fünfzigern, die Ihren Sohn immer vernachlässigt hat, plötzlich aufwacht und alles wieder gut machen möchte. Doch just als sie dabei ist, auf voller Linie zu versagen, stirbt der Vater ihres Ex-Ehemannes. Sein letzter Wunsch ist, dass sie seine Asche auf dem Berg verstreuen soll, wo sie und sein Sohn vor Jahren als Hippies geheiratet haben. Sie dagegen will sich nicht mehr mit der Vergangenheit beschäftigen, doch ihr Sohn überredet sie zu einem Trip, der ihr selbst den Spiegel vorhalten wird. Im Grunde handelt der Film über das Leben von Menschen in meinem Alter. Wie wir auf die Zukunft blicken, wie wir mit der Vergangenheit unseren Frieden machen.

Ricore: Haben Sie ihre Midlife-Krise bereits hinter sich?

Russell: Oh, ich habe manchmal das Gefühl, dass die Midlife-Krise bei Schauspielern wesentlich früher beginnt als bei anderen Menschen. Mitte Zwanzig beginnt meist die erste Phase! (lacht) Vermutlich hatte ich bereits meine Momente, aber meistens realisiert man das erst sehr viel später - zum Glück! (lacht)
erschienen am 18. Mai 2007
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