Cairo Conspiracy

Nachdem bereits "Die Nile Hilton Affäre" Tarik Saleh zu einer Persona non grata in seiner ägyptischen Heimat macht, dürfte auch dieser Film den Zensurbehörden nicht gefallen. Im Zentrum der Geschichte steht die enge Liaison von Religion und Staat sowie die Ohnmacht des Einzelnen im autoritär regierten Ägypten. Bei den Filmfestspielen von Cannes gilt der komplexe Polit-Thriller als Favorit unter den Kritikern und gewinnt völlig verdient die Goldene Palme für das beste Drehbuch. Außerdem geht der Film für Schweden ins Rennen um den Oscar für den besten nichtenglischsprachigen Spielfilm.

Mit Adam betritt der Zuschauer bewundernd den 1.000 Jahre alten, prachtvollen Gebäudekomplex der Uni, allerdings dient eine Moschee in Istanbul als Drehort. Er folgt ihm durch die folgenden Wochen durch eine Prozedur, die an die Papstwahl erinnert. Nur der innerste Zirkel der Geistlichen wählt den mächtigsten Führer der Sunniten. In ihrem Streit um die künftige Ausrichtung der Religion werden der Islamismus und der Einfluss des terroristischen IS auf das Denken der Geistlichen natürlich gestreift.

Erneut erweist sich Saleh mit seiner von der ersten bis zur letzten Minute spannenden Story künstlerisch und inhaltlich als würdiger Nachfolger von John le Carrés Einblicken in den Alltag der Spione. Sie sind sich selbst untereinander nicht grün und agieren gegeneinander, damit die eigene Karriere einen Schub erhält. Der zunächst eher naive Adam, ein unbescholtener Student vom Land, droht zum Opfer ihrer Rangeleien zu werden. Er ist allerdings intelligent genug, das Spiel zu durchschauen. Dafür muss er jedoch einen Desillusionierungsprozess durchlaufen und die Doppelmoral der geistlichen Führung durchschauen. Als Zuschauer wird man an Luthers Kritik an der katholischen Kirche und manchen heutigen Skandal ihrer Institutionen erinnert.

Obwohl der Film sich auf das Geschehen innerhalb der Unimauern beschränkt, reicht er inhaltlich weit darüber hinaus und wird zu einem intelligenten Lehrstück über die Machtmechanismen in autokratischen Staaten, in denen ein Menschenleben kaum zählt. Über die Zwänge in einer Mangel- und Vetternwirtschaft, unter denen Menschen ihre Nachbarn ausspitzeln. Und ganz nebenbei zeigt er einen Prozess, der sich in der ägyptischen Gesellschaft langsam vollzieht. Frauen werden durch die Renaissance der engen Verbindung zwischen staatlichen und religiösen Machthabern wieder an den Rand gedrängt.