Ricore

Das Überleben der Freundlichkeit

Originaltitel
The Survival of Kindness
Alternativ
The Mountain
Regie
Rolf de Heer
Darsteller
Mwajemi Hussein, Darsan Sharma, Deepthi Sharma, Beth Mayfield, Garry Waddell, Natasha Wanganeen
Kinostart:
Deutschland, bei
Genre
Fantasy
Land
Australien
Jahr
2022
Länge
110 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
8,0 (Filmreporter)
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Ein Meisterwerk der Filmgeschichte!
Eine Frau dunkler Hautfarbe (Mwajemi Hussein), möglicherweise wie die Hauptdarstellerin vor wenigen Jahren aus Afrika nach Australien eingewandert oder Angehörige der Indigenen, wird von Weißen in einen Käfig gesteckt und mitten in der Wüste in diesem ausgesetzt. Verzweifelt stemmt sie sich gegen den sicheren Tod und versucht die Gitterstäbe ihres rostigen Gefängnisses zu lösen.

Nachdem sie einen Spalt frei gemacht hat, macht sie sich auf den Weg durch eine Welt, in der Weiße, die ihre Gesichter hinter Gasmasken verbergen, Menschen anderer Hautfarben jagen und töten. Sie halten sie offenbar für Überträger einer todbringenden Krankheit, deren Symptome der Pest ähneln. Nachdem die Frau ihr Ziel erreicht hat und ihre letzten Freunde verliert, kehrt sie um.
Nach langen zehn Jahren legt der Australier Rolf de Heer erneut einen Spielfilm vor - ein Platz zwischen den Meisterwerken der Filmgeschichte ist ihm gewiss. Seine Dystopie beginnt im sonnendurchfluteten Outback, führt durch einladende Wälder bis in eine unwirtliche Stadt samt Chemieanlage und wieder zurück. Die Anspielungen auf Ereignisse der Gegenwart sind unübersehbar. Doch der Film entzieht sich einfachen Wertungen und eindeutigen Einordnungen. Ist die Wanderung nur ein Traum? Die Suche nach Nahrung und Wasser, die sonst die Handlung in Dystopien vorantreiben, spielen hier etwa keine Rolle.

Jeder Zuschauer ist selbst eingeladen, seine Assoziationen mit dem Weg und dem Schicksal der namenlosen Protagonistin zu verbinden. Angefangen von der Verbannung Asylsuchender durch die australische Regierung in Lagern auf einer Insel bis zu einer Abrechnung mit dem Kolonialismus, der noch in vielen Köpfen steckt. Menschen mit Maske erinnern an die Schutzkleidung des medizinischen Personals während der Corona-Krise und dem Impfegoismus des Westens.

Unwillkürlich werden viele angesichts der Gasmasken an die Gefahr eines Krieges denken, auch eine Umweltkatastrophe oder der Klimawandel als Auslöser der Krise lassen sich interpretieren. Diese inhaltliche Vielschichtigkeit unterstreicht den Kern der Story, die der Titel schon andeutet: Die Menschlichkeit bleibt in jedem Krieg und in jeder Krise als erstes auf der Strecke.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
2024