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Im toten Winkel (2023)

Im toten Winkel

Originaltitel
Im toten Winkel
Regie
Ayse Polat
Darsteller
Katja Bürkle, Ahmet Varli, Çagla Yurga, Aybi Era, Max Hemmersdorfer, Nihan Okutucu
Kinostart:
Deutschland, am 04.01.2024 bei missingFilms
Genre
Thriller, Fantasy
Land
Deutschland
Jahr
2023
FSK
ab 16 Jahren
Länge
117 min.
IMDB
IMDB
Homepage
https://www.missingfilms.de/index.php/filme/10-filme-neu/386-in-totem-winkel
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brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
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Politthriller mit einem Touch magischer Realismus
Journalistin Simone (Katja Bürkle) ist mit ihrem Kameramann Christian (Maximilian Hemmersdorfer) in den kurdischen Teil der Türkei gereist, um eine Reportage über die Kurdin Hatice (Tudan Ürper) zu drehen. Seit Jahren kocht die am Tag des Verschwindens ihres Sohnes für das gesamte Dorf dessen Lieblingsgericht.

Die Deutschen ahnen nicht, dass sie mit ihren Recherchen sowohl Hatices Anwalt Yeup (Aziz Çapkurt) aber auch sich selbst in Lebensgefahr bringen. Die Agenten der Geheimpolizei überwachen jeden ihrer Schritte und bespitzeln selbst Dolmetscherin Leyla (Aybi Era). Die bringt ihre 7-jährige Nachbarstochter Melek (Çağla Yurga) mit zu den Treffen.

Zafer (Ahmet Varli), ist der Vater des Mädchens. Er gehört zu den Männern in den schweren schwarzen Limousinen, welche die kleine Gruppe nicht aus den Augen lassen. Er gerät bald unter Verdacht, ein Verräter zu sein. Ein Unbekannter schickt ihm Videos aus seinen Leben, die ihn ahnen lassen, dass er nicht länger sicher ist.
Der Politthriller mit Zügen des magischen Realismus von Ayse Polat feierte im Rahmen des Wettbewerbs Encounters der Berlinale 2023 seine Premiere. Die Regisseurin erzählt die Story in drei miteinander elegant, dramaturgisch überzeugend und intelligent verwobenen Kapiteln. Das erste folgt ausschließlich den deutschen Journalisten, das folgende Kapitel ergänzt die Ereignisse aus Sicht des Geheimdienstes, bevor die Kamera sich ausschließlich auf das Geschehen in Zafers Wohnung konzentriert.

Die Atmosphäre innerhalb des türkischen Geheimdienstes erinnern an die besten Romane zum Innenleben des britischen Secret Service von John le Carré und deren Verfilmungen. In Deutschland lassen sich etliche Parallelen zu künstlerischen Werken über die Stasi finden. Polat erweitert deren These, dass die Paranoia gegenüber Andersdenkenden oder Angehörigen anderer Religionen auf die Menschen abfärbt, die sie täglich beobachten sehr klug und inhaltlich nachvollziehbar über die Figur Melek, die plötzlich kurdisch spricht.

Der Geist der Toten holt die Mörder in der eigenen Familie ein. Die Schuld lastet schwer auf deren Seelen und dem Selbstverständnis der türkischen Gesellschaft. Für diesen Teil der Story knüpfen Polat und ihr Kameramann Patrick Orth an den aus Südamerika bekannten magischen Realismus an, in dem die Geister der Vergangenheit das Leben der Gegenwart beeinflussen.

Die Kameraführung setzt trotzdem durchgehend auf hohe Authentizität und dokumentarisch anmutende Bilder. Sie unterstützen die Geschichte über den Alltag und die klaustrophobische Atmosphäre im kurdischen Teil der Türkei, in dem alle, auch die Türken, Angst vor dem Geheimdienst und den eigenen Nachbarn haben.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
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Im toten Winkel (2023)
2024