Cobis Film
El olvido

El olvido

Originaltitel
El olvido
Alternativ
El olvido - Oblivion (Festivaltitel)
Regie
Heddy Honigmann
Kinostart:
Deutschland, bei
Genre
Dokumentarfilm
Land
Niederlande, Deutschland
Jahr
2008
Länge
93 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
6,0 (Filmreporter)
6,0 (1 User)
Dokumentation über die vergessenen Kinder Limas
Während die Ampel auf Rot steht, vollbringen sie gymnastische Kunststücke auf dem Zebrastreifen. Sie hoffen auf die Gunst der wartenden Autofahrer und ein paar Geldstücke fürs Überleben. Sie streunen durchs die Parks, bis ein Kunde endlich Erbarmen zeigt und sich die Schuhe putzen lässt. Die Rede ist von den Kindern, die von ihrem Land vergessen in Perus Hauptstadt Lima ein tristes Leben fristen. Träume haben die wenigsten, Erinnerungen an gute oder schlechte Zeiten auch nicht. Die Dokumentation der peruanisch-holländischen Regisseurin Heddy Honigmann begleitet aber auch ältere Bürger der Andenmetropole, die viele Präsidenten und Regierungen erlebt haben. Alte Kellner, Barmixer oder Schneider erinnern sich an eine Zeit, in denen die Inflation nicht so stark war, in der es ihnen besser ging. Nur mit Hilfe einer guten Portion Selbstironie und Gelassenheit ist es ihnen gelungen, bis heute ihren Mut zu behalten.
Peru hat viele Gesichter. Heddy Honigmann versucht in ihrer Dokumentation "El olvido" ein möglichst einheitliches Bild des Landes zu vermitteln. Einfühlsam, sensibel, beinahe poetisch nähert sie sich Menschen, die während der großen Inflation von 1985 bis 1990 ihr ganzes Hab und Gut verloren haben. Sie zeigt Menschen, die etwa vor der Wahl standen: Arbeit oder Ehemann und sich ganz pragmatisch für die Arbeit entschieden haben. Im eigentlichen Zentrum der Dokumentation stehen aber die Kinder. Vergessen vegetieren viele von ihnen am Straßenrand, leben mit Selbstironie aber ohne Erinnerungen und Träume in den Tag hinein und arbeiten bis zur Erschöpfung, um ein paar Pesos zu verdienen. Trotz ihrer peruanischen Wurzeln versteht es Honigmann, objektiv zu bleiben. Sie nimmt eine distanzierte Erzählweise ein. Honigmann geht es nicht darum, das Leid und den Kummer dieser Menschen zu emotionalisieren. Selbst wenn mal eine Träne vorkommt, ist sie stets um Aufklärung bemüht. Es geht ihr um die Darstellung der aktuellen Situation Limas und seiner Einwohner. Dabei bezieht sie den Wechsel der peruanischen Regierungen der letzten Jahre klug ein. Während sich die mächtigsten Männer im Staate immer weiter bereicherten und um die Macht stritten, ging es den Menschen im Land immer schlechter. Nicht zuletzt durch die rasant gestiegene Inflation, die Korruption und die Zunahme der alltäglichen Gewalt. Ein Befragter formuliert es passend: "Bei der Wahl 2006 hatte man die Möglichkeit, sich zwischen Aids oder Hepatitis B zu entscheiden."

Ein einheitliches Bild des Landes zu vermitteln, ist Heddy Honigmann nicht gelungen. Im Gegenteil. Als Betrachter hat man das Gefühl, nur einen kleinen Einblick in die Geschichte und Schicksal Perus erhalten zu haben. Dies führt im besten Fall zu einem größeren Interesse an Peru, seinen Menschen und seiner Geschichte. Vielleicht ist es genau das, was die Regisseurin gewollt hat.
Andrea Niederfriniger, Filmreporter.de
2024