Blue End

Blue End

Originaltitel
Blue End
Regie
Kaspar Kasics
Kinostart:
Deutschland, am 25.03.2004 bei
Genre
Dokumentarfilm
Land
Schweiz
Jahr
2000
Länge
85 min.
IMDB
IMDB
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brillant  10|
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Joseph Paul Jernigan ist 39 Jahre alt, als er 1993 in Huntsville, Texas, mit der Todesspritze hingerichtet wurde. Bei einem Einbruch wird der von dem Eigenheimbesitzer überrascht. Da Jernigan annimmt, dass dieser sein Nummernschild erkannt hat, bringt er den alten Mann auf brutale Weise um. Der Prozess, der 1981 stattfindet, dauert gerade eineinhalb Tage. Innerhalb von fünfzehn Minuten beschließen die Geschworenen, dass der Angeklagte sein Leben verwirkt habe. Kurz vor dem ersten Hinrichtungstermin schaltete sich, auf Intervention von Amnesty International hin, der Anwalt Mark A. Ticer ein und führt während der folgenden sieben Jahre verschiedene Berufungsverfahren für seinen Klienten, die alle abgewiesen werden. Jernigans Tod soll jedoch wenigstens für die Wissenschaft von Nutzen sein. Zwei Jahre lang hatte die National Library of Medicine unter der Leitung von Michael C. Ackerman für das "Visible Human Project" nach einer perfekten Leiche gesucht. Der tote Körper sollte wenig Spuren des Todes aufweisen und wenigstens einigermaßen dem Bild eines durchschnittlichen, normalen Menschen entsprechen. Die Idee, dass der Leichnam aus dem Todestrakt kommen sollte, schien die Lösung zu sein. Der Mensch kann vorher untersucht werden das für die Hinrichtung benutze Gift hinterlässt keine sichtbaren Spuren. Der Körper des Hingerichteten ist noch nicht einmal erkaltet, als er von den Wissenschaftlern abgeholt wird. Ziel der makaberen Aktion ist es, den ersten digitalen Anatomieatlas zu erstellen. Millimeter für Millimeter wird Jernigan abgehobelt und digital fotografiert. Alles, was von ihm übrig bleibt, ist feiner blauer Staub.
Der Schweizer Dokumentarfilmer Kaspar Kasics rollt das Schicksal des in Texas hingerichteten Joseph Paul Jernigan filmisch wieder auf. Im Internet ist er als digitalisierter Anatomieatlas für jeden Webuser abrufbar. In dem Dokumentarfilm kommen Angehörige wie der Bruder Bobby Jernigan oder die Ex-Ehefrau Vicky Layfield zu Wort, aber auch der gegen die Todesstrafe plädierende Anwalt und die Pflichtverteidigerin Jody Tullos wird gehört. Sie alle sehen das Schicksal von Jernigan naturgemäß aus den unterschiedlichsten Perspektiven. Etwa seine Ex-Ehefrau, die sich Vorwürfe macht, weil sie ihren Mann damals angezeigt hat, aber nicht ahnte, was mit dem Toten angestellt würde. Der Mediziner, dem der Mensch gleichgültig ist, den nur das menschliche Material interessiert. Und über all dem steht die Diskussion um die Todesstrafe und deren Ungeheuerlichkeit.
Julia Stoll, Filmreporter.de
2024