Neue Visionen Filmverleih
Die perfekte Kandidatin ("The Perfect Candidate", 2019)

Die perfekte Kandidatin

Originaltitel
The Perfect Candidate
Regie
Haifaa Al-Mansour
Darsteller
Mila Al Zahrani, Dae Al Hilali, Nora Al Awadh, Khalid Abdulraheem, Shafi Alharthy, Tareq Al Khaldi
Kinostart:
Deutschland, am 12.03.2020 bei Neue Visionen Filmverleih
Kinostart:
Österreich, am 19.06.2020 bei Filmladen
Kinostart:
Schweiz, am 08.06.2020 bei DCM
Kinostart Deutschland
Die perfekte Kandidatin
Genre
Drama
Land
Saudi Arabien, Deutschland
Jahr
2019
Länge
101 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
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Die Moderne bahnt sich ihren Weg...
Dr. Maryam (Mila Al Zahrani) gehört zur gebildeten weiblichen Elite Saudi Arabiens. Deren Alltag wird von den strengen Vorgaben des Wahabismus bestimmt. Bevor sie das Haus in ihrer kleinen Heimatstadt verlässt, verhüllt sich die junge Ärztin. Nur die wachen Augen verraten ihr Alter und ihre Attraktivität.

Männliche Patienten weigern sich oft, von ihr behandelt zu werden. Die Diagnosen stellen dann ein Krankenpfleger, selbst wenn es um Leben und Tod geht. Dr. Maryam träumt von einem politischen und gesellschaftlichen Wechsel aus Riad, der Hauptstadt. Den mit der Kreditkarte ihrer Schwester gebuchten Flug zu einer Konferenz samt Bewerbungschance kann sie jedoch nicht antreten - ihr Vater hat die Reiseerlaubnis noch nicht verlängert. Normalerweise kann er seinen drei Töchtern keinen Wunsch abschlagen. Er muss aber nach außen sein Gesicht wahren und sich den Regeln der Gesellschaft beugen. Zudem erfüllt sich gerade sein eigener Traum. Endlich sind wieder Konzerte in der Öffentlichkeit erlaubt und der Musiker hofft auf eine späte Karriere mit der Gitarre.

Maryams letzte Hoffnung ist ihr Cousin Rashid (Ahmad Alsulaimy). Der will die Reiseerlaubnis zwar auch nicht erteilen, akzeptiert aber widerwillig die spontane Bewerbung Maryams für den Gemeinderat. Sie will die Wähler mit der Lösung eines Problems überzeugen: Die Schotterpiste vor dem örtlichen Krankenhaus, die die Anfahrt der Rettungswagen erschwert, soll endlich asphaltiert werden.

So feiert sie vor den arrangierten Hochzeiten ausgelassene Feste, die Maryams Schwester filmt. Bei ihr sucht Maryam Unterstützung. Auch wenn sie diese kleine Schlacht um den Sitz im Gemeinderat verliert, hat sie ein kleines Scharmützel eines Krieges ausgefochten, das letztlich zu grundlegenden Änderungen ihrer Gesellschaft führt.
Haifaa Al-Mansour inszeniert mit "Das Mädchen Wadjda" 2012 den ersten Spielfilm ihrer Heimat Saudi-Arabien. Sie lässt sich damals stets in einem abgedunkelten Auto zu den Außendrehschauplätzen chauffieren und kann die Straßenszenen nur vom Monitor aus verfolgen und mit Anweisungen aus dem Auto leiten. Weltweit wird ihr Spielfilmdebüt über eine 12-jährige, die davon träumt, Fahrrad fahren zu dürfen, gefeiert und ausgezeichnet. Auch ihr Heimatland würdigt die aufrechte Regisseurin und löscht das Fahrradfahrverbot schließlich sogar aus dem Strafgesetzbuch des Landes.

Maryam ist wie Wadjda keine Rebellin im klassischen Sinn. Sie akzeptiert die gesellschaftlichen Regeln und sucht ihren Platz. Doch schon mit ihrer Ausbildung, ihrem Selbstbewusstsein und ihrem zivilen Ungehorsam stellt sie den Status Quo in Frage. Es ist der Status Quo einer Gesellschaft, in der Frauen abgeschirmt vor den Augen der Öffentlichkeit leben.

Im Vergleich zu "Wadjda" ist der Ton von "Die perfekte Kandidatin" beinahe versöhnlich, er schrammt für unsere mitteleuropäischen Konventionen knapp an einem Feel-Good-Movie vorbei, das am Ende keinem wehtut. Die Kompromisse, welche die Regisseurin eingeht, sind aber Voraussetzung, dass der Film in den gerade erst eröffneten Kinos ihrer Heimat gezeigt werden darf.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
Nur die Augen verraten das Alter von Ärztin Dr. Maryam. Denn die darf nur verhüllt in die Öffentlichkeit.
 
Haifaa Al-Mansours zweiter Spielfilm legt wieder einen Finger in eine gesellschaftliche Wunde.
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Die perfekte Kandidatin ("The Perfect Candidate", 2019)
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