Vortex

Gaspar Noé betritt filmisches Neuland mit dem intimen Kammerspiel zweier Menschen am Ende ihres Lebens. Er tritt dabei ein wenig in die Fußstapfen von Michael Hanekes "Liebe". Die brillant gespielte Love Story zieht den Zuschauer langsam, aber sicher in ihren Bann. Nichts erinnert an die Skandale, die Noé mit seinen gewaltsamen, äußerst freizügigen Filmen über Sex und Drogen auslöste. Ruhig und still verläuft in diesem Drama das Leben in der mit Büchern vollgestopften Wohnung der beiden, die nebeneinander her leben. Noé illustriert dies mit einer künstlerischen Entscheidung, die den Stil des Films prägt: Er teilt die Leinwand und folgt beiden gleichzeitig durch ihren Alltag. In einigen Szenen werden die Bilder dann miteinander verbunden.

In seine Gedanken um den Umgang mit Krankheit und Tod, mischt Noé etliche Denkanstöße, zu denen wohl auch persönliche Erfahrungen in den vergangenen Jahren beitragen. Offenbar führt das Paar lange eine sehr bürgerliche Ehe, sie kümmert sich neben dem Beruf wie in vielen Beziehungen neben ihrer Arbeit auch um die Wohnung. In vielen Beziehungen hätte sie ihn gepflegt. Aber funktioniert dies auch umgekehrt? Kann er Abschied nehmen von dem Beruf, der ihn ausfüllt, und von seiner Geliebten, um nur für Elle da zu sein? Und wie fühlt sich Elle in ihren klaren Momenten, wenn über ihre Krankheit und die Folgen geredet wird als wäre sie nicht anwesend? Mit dem Aufwerfen dieser existentiellen Fragen einer zunehmend alternden Gesellschaft geht Noé über Haneke hinaus.