News: Hollywood Insider
Academy of Motion Picture Arts and Sciences
Plakat der 74. Oscar-Verleihung
Hollywood Insider Nr. 13 - Neues aus der Traumfabrik
Oscar, Oscar!
"Der Herr der Ringe" dominiert mit 13 Nominierungen das Oscar-Rennen, doch wer zuletzt lacht, steht noch längst nicht fest. Außerdem: Hollywood ist nicht mehr farbenblind, Deutschland zählt schon jetzt zu den Oscar-Losern und Jackie Chan kann seinen eigenen Film nicht leiden.
14. Feb 2002: Endlich: Die Oscar-Nominierungen sind da. Dass Gigantismus dabei in der Gunst der Wahlberechtigten ganz oben steht, wissen wir spätestens seit "Gladiator" und "Titanic". Wen konnte es da also überraschen, dass Peter Jacksons "Herr der Ringe"-Epos nun mit 13 Nominierungen in Führung liegt? Jedoch: Auch noch so viele Oscar-Nominierungen sind kein Garant für einen Sieg. Am Ende der am 24. März aus Hollywood in alle Welt übertragenen Zeremonie könnte das Fantasy-Spektakel als großer Verlierer gelten - so wie vor sechzehn Jahren Steven Spielbergs Sklavenepos "Die Farbe Lila". Elf Nominierungen erhielt der ellenlange Streifen seinerzeit, doch keine einzige Trophäe.

Jacksons Hauptkonkurrent ist ein geistig verwirrter Mathematiker: John Nash, dessen Leben und Leiden Mainstream-Regisseur Ron Howard meisterhaft verfilmte. "A Beautiful Mind" provozierte am Dienstag Abend bei der Deutschlandpremiere auf der Berlinale wahre Beifallsstürme. Der Film ist, wie auch das Musical "Moulin Rouge", in acht Kategorien nominiert und gilt bei Insidern als Oscarfavorit.

Regisseur und Produzent Ron Howard, Drehbuchautor Akiva Goldsman und die beiden Hauptdarsteller Russell Crowe und Jennifer Connelly erfuhren am Dienstag Nachmittag im Berliner Nobelhotel Adlon via CNN von ihren Nominierungen. Erleichterung machte sich breit - dann klingelten die Handys Sturm. Von Jeffrey Katzenberg bis Steven Spielberg wollten alle gratulieren. Ron Howard hatte bis zuletzt gezittert: Er hat bereits schlechte Erfahrungen mit der Academy gemacht, die ihn vor ein paar Jahren bei "Apollo 13" übergangen hatte.

Russell Crowe, an dessen Nominierung es im Vorfeld keinen Zweifel gab, nahm die gute Nachricht sehr gelassen auf. Dann telefonierte er eine Stunde lang mit seiner Mutter. Dass dadurch die mit ihm geplanten Presseinterviews ins Wasser fielen, war dem Superstar egal: Crowe hat, das ist bekannt, kein Herz für Journalisten. Dafür platzte er anschließend in ein laufendes Interview mit Jennifer Connelly, um sie vor der staunenden Presse in den Arm zu nehmen.

<div align="center">Oscarrennen: Hollywood ist nicht mehr farbenblind


Man hat Hollywood immer wieder vorgeworfen, "farbenblind" zu sein. Doch dieses Jahr wurden zum ersten Mal gleich drei afro-amerikanische Schauspieler für einen Oscar nominiert: Denzel Washington für "Training Day", Will Smith für "Ali" und Halle Berry für "Monster's Ball". Bisher ist Whoopi Goldberg die einzige schwarze Darstellerin, die mit einem Oscar ausgezeichnet wurde, und zwar 1990 für ihre Nebenrolle in "Ghost". Und in der 74-jährigen Oscar-Geschichte ist Sidney Poitier bis heute der einzige schwarze Schauspieler, der einen Oscar als bester Hauptdarsteller gewann: 1963 für "Lilien auf dem Felde". In diesem Jahr bekommt er einen Ehren-Oscar.

In der Kategorie "männliche Hauptrolle" kandidieren Will Smith und Denzel Washington gegen den Favoriten Russell Crowe ("A Beautiful Mind") sowie Sean Penn ("I Am Sam") und den Briten Tom Wilkinson ("In the Bedroom"). Bei den Frauen muss Halle Berry gegen Nicole Kidman ("Moulin Rouge"), Judi Dench ("Iris"), Sissy Spacek ("In the Bedroom") und Renée Zellweger ("Bridget Jones") antreten. Die Oscarverleihung findet am 24. März im neu errichteten Kodak Theater im Herzen von Hollywood statt.

<div align="center">Oscar 2002: Ein paar Verlierer stehen bereits fest


Auch wenn das Rennen um die Oscar-Statuetten prinzipiell noch offen ist, stehen ein paar Verlierer bereits fest. Zum Beispiel "The Majestic" mit Jim Carrey. Das capraeske Drama von Frank Darabont ging bei den Kritikern und an der Kinokasse unter. Auch das Psycho-Drama "K-PAX" und Lasse Hallströms "Schiffsnachrichten" wurden übergangen. Nicht gut erging es auch dem Boxerfilm "Ali", Wes Andersons schräger Komödie "Die Royal Tenenbaums" und Steven Spielbergs Sci-Fi-Film "A.I. - Künstliche Intelligenz".

Auch Deutschland zählt schon zu den Losern dieses Oscarjahres: Oliver Hirschbiegels "Das Experiment" wurde nicht nominiert. Statt dessen finden sich in der Kategorie "bester nicht-englischsprachiger Film" Beiträge wahrer Filmnationen: Bosnien, Norwegen und Argentinien. Und so ruhen die deutschen Hoffnungen einmal mehr auf der Kurzfilmkategorie. Dort wurde "Gregors größte Erfindung" von Johannes Kiefer nominiert. Immerhin ist mit "Die fabelhafte Welt der Amélie" eine deutsch-französische Koproduktion heißer Anwärter für den besten fremdsprachigen Film.

<div align="center">Jackie Chan kann "Rush Hour" nicht leiden


Schön, dass manche Schauspieler noch ehrlich sind - auch, was die Qualität der eigenen Blockbuster betrifft. Für Martial-Arts-Ikone Jackie Chan kam der Erfolg von "Rush Hour"ganz unerwartet: "Ich mag den Film ehrlich gesagt nicht", verriet der Star unlängst in einem Interview. "Rush Hour" sei "einfach nicht komisch und hat keine gute Action." Auch Ang Lees oscarprämierter Film "Tiger and Dragon" kommt bei Chan nicht so gut weg: "Solche Filme machen wir in Hongkong doch seit über 30 Jahren. Das läuft dort überall im Fernsehen", mäkelte der Schauspieler, der künftig zwei Arten von Kinofilmen drehen möchte: eine Sorte für den US-Markt und eine andere für die Fans in seiner Heimat.

Die Fortsetzung "Rush Hour 2", die derzeit sehr erfolgreich in den deutschen Kinos läuft, stößt bei dem 47-jährigen Schauspieler ebenfalls nicht auf ungeteilte Zustimmung: "Zweifellos besser als der erste Teil, aber immer noch zu amerikanisch", urteilt Chan. "Es wird wirklich höchste Zeit, dass ich wieder einen asiatischen Film drehe."

<div align="center">Ansehen/Wegsehen - 14.2.02

Ansehen: "Hearts in Atlantis" Nur 43 Jahre alt wurde der Kameramann Piotr Sobocinski, auf der Leinwand wird sein Lebenswerk jedoch Generationen überdauern. Auch für "Hearts in Atlantis" lieferte Sobocinski bestechend schöne Bilder. Die Stephen-King-Verfilmung steht in der Tradition von "Stand By Me": Anthony Hopkins spielt darin einen geheimnisvollen Untermieter, der im Sommer 1960 das Dachgeschoss im Haus der Garfields in Connecticut bezieht. Dort wächst der junge Bobby Garfield (Anton Yelchin) vaterlos bei seiner überforderten und nicht gerade liebevollen Mutter (Hope Davis) auf - und der Fremde nimmt ihn unter seine Fittiche. Scott Hicks' nostalisch-wehmütiger Blick aufs Ende einer Kindheit ist eine gelungene Parabel über die verlorene Unschuld eines Landes, hinter dessen bürgerlicher Fassade oft das nackte Grauen steckt.

Durchstehen: "Der Pakt der Wölfe" Ein echtes All-in-one-Paket aus Frankreich: Das im 18. Jahrhundert angesiedelte Spektakel vereint Fantasy und Horrorfilm mit Martial-Arts und Mystery - unter dem Deckmantel eines aufwändigen Historienfilms. In dem mit vielen Irrungen und Wirrungen beladenen Film findet sogar ein echter Indianer Platz. Handwerklich operiert das überlange Epos allerdings auf Top-Niveau: Regisseur Christophe Gans hat mit dem Film eine Art Leistungsschau des Euro-Kinos abgeliefert, die überzeugend illustriert, dass Hollywood mitunter auch in Frankreich liegt.

Wegsehen: "Tödliches Vertrauen" Als Fernsehfilm der Woche könnte dieser grundsolide Streifen durchaus punkten, die große Leinwand aber ist für diesen routinierten Thriller allerdings zu schade. John Travolta spielt in Harold Beckers Krimi einen braven Bootsbauer, dessen geschiedene Frau den Unternehmer Barnes (Vince Vaughn) ehelichen will. Sohn Danny (12) ist davon nicht begeistert, und in der Tat: Barnes ist ein skrupelloser Mörder.
Von Rico Pfirstinger/Filmreporter.de
2024