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Mirjam Weichselbraun
Mirjam Weichselbraun über ihre erste Synchro
Interview: Alle müssen gleich aussehen
In die Medien wollte die Österreicherin Mirjam Weichselbraun schon immer. Nach ersten Gehversuchen bei Antenne Tirol wurde sie vor sieben Jahren von der Zeitschrift Bravo zum "Girl des Jahres" gekürt und landete schließlich beim Kölner Sender VIVA Plus. Seitdem arbeitet das 26-jährige Energiebündel für die verschiedensten Formate bei Sendern wie ZDF, MTV und ORF. Nun synchronisierte Sie für die amerikanischen Dreamworks Studios den Animationsfilm "Bee Movie". In ihrer Wahlheimat Berlin trafen wir die hübsche Moderatorin zum Gespräch.
erschienen am 13. 12. 2007
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Szene aus: "Bee Movie - Das Honigkomplott"
Ricore: Mirjam, der Animationsfilm "Bee Movie" handelt von einer Biene, die sich in die Welt der Menschen wagt, um Abenteuer zu erleben. Wen synchronisieren Sie?

Mirjam Weichselbraun: Ich spiele Vanessa, eine New Yorker Floristin. Sie hat ein großes Herz, zu dem sich auch die Biene Barry B. Benson hingezogen fühlt. Barry ist in unsere Menschenwelt gekommen, weil er sich in seinem Bienenstock noch nicht für einen Beruf entscheiden kann. Er will mehr, hat Sehnsucht nach der weiten Welt - und wird in seinem Übermut fast von einem Mann mit einer Zeitung erschlagen. Als ihn Vanessa rettet, ist das der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

Ricore: Wie kam das Studio gerade auf Sie?

Weichselbraun: Ich wurde ganz normal zu einem Stimmen-Casting eingeladen, die Bänder wurden nach Amerika geschickt und dort auf höchster Ebene abgesegnet. Ich hatte einfach Glück, dass ich die passende Stimme hatte.

Ricore: Das Drehbuch stammt aus der Feder des US-Komikers Jerry Seinfeld. Wie würden sie den Humor des Films umschreiben?

Weichselbraun: Er ist sehr doppeldeutig, manchmal auch ironisch und trocken. Das trifft meinen Humor ganz gut. Hier hat jeder was zu lachen. Für Kinder wie Erwachsene sind eigene Gags eingebaut. Für Unterhaltungsformate ist da ja ein Idealfall.

Ricore: Sie sind im österreichischen Innsbruck aufgewachsen und haben in den letzten Jahren relativ viel Erfahrung als Moderatorin und neuerdings auch Schauspielerin sammeln können. Wollten Sie schon immer in die Medien?

Weichselbraun: Eigentlich schon. Mit sechzehn Jahren habe ich angefangen, mich für Radio zu interessieren. Deshalb habe ich später auch bei Antenne Tirol angefangen, bis ich über ein Bravo Girl-Wettbewerb schließlich als Moderatorin bei VIVA Plus in Köln gelandet bin.
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Mirjam Weichselbraun
Ricore: Sie haben seitdem für zahlreiche andere Auftraggeber gearbeitet, unter anderem für MTV und "Wetten, dass...?" Trotzdem kehren Sie auch immer wieder für Auftritte in das ORF zurück. Ist es eine Herzensangelegenheit für Sie, von Zeit zu Zeit wieder für Österreich arbeiten zu wollen?

Weichselbraun: Eigentlich sind mir Länder gar nicht so wichtig. Es ist mir auch total egal, ob ich in Deutschland oder Österreich arbeite. Ich gehe dahin, wo man mir schöne Projekte anbietet. Ich finde es total blödsinnig, Österreich und Deutschland gegeneinander abzugrenzen.

Ricore: Das deutsche Wiener Schnitzel ist allerdings um Klassen besser als das österreichische...

Weichselbraun: Völliger Blödsinn. (lacht)

Ricore: Was ist an Ihnen typisch österreichisch?

Weichselbraun: Wenn Sie mir aus deutscher Sicht sagen, was typisch für mein Land ist, kann ich Ihnen sagen, ob es auf mich zutrifft.

Ricore: Gemütliche Menschen, die stolz auf ihre Heimat sind, ein Faible für traditionelles, gutes Essen haben, gerne mal albern sind und sich selbst nicht zu ernst nehmen?

Weichselbraun: Ok. Gemütlich: Ich rege mich nicht über Dinge auf, über die es sich einfach nicht aufzuregen lohnt. Manches kann man einfach nicht ändern, deswegen mache ich mir darüber keinen Kopf. Ich will meine Energie einfach nicht sinnlos verschwenden. Faible für gutes Essen: Es muss nicht unbedingt traditionell sein, aber ich koche und schlemme für mein Leben gerne. Stolz auf mein Land: Nun ja, ich halte nichts von übermäßigem Patriotismus. Es ist nicht so, dass ich mir Österreich auf die Stirn schreibe. Ich bin gerne Österreicherin und fühle mich in Innsbruck auch nach wie vor zu Hause, aber es ist nicht so, dass mein Land vor allen anderen kommt. Ich fühle mich zum Beispiel auch in Berlin sehr wohl.
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Mirjam Weichselbraun mit Bastian Pastewka bei der Synchronarbeit
Ricore: Die große Millionenmetropole ist doch ein großer Kontrast zum verträumten Innsbruck, oder?

Weichselbraun: Innsbruck ist ja keine Alm, sondern eher eine Stadt. Wenn jemand aus Deutschland kommt und die Berge sieht, reicht es für viele ja schon, um ein gewisses Almgefühl zu bekommen. Aber es stimmt schon, das Innsbruck viel verträumter ist. Als ich nach Berlin gezogen bin, habe ich die Großstadt anfangs auch wirklich gehasst. Es war Winter, ich kannte keine Leute und dachte mir nur: Du musst hier weg. Inzwischen hat sich das Blatt gewandelt. Ich habe Berlin echt zu schätzen gelernt und mag auch den Kontrast zu Innsbruck. Ich pendele deshalb eigentlich ständig zwischen diesen beiden Städten.

Ricore: Was hat Innsbruck, was Berlin nicht zu bieten hat?

Weichselbraun: Eine ziemlich hohe Lebensqualität. Es gibt die Berge und die Jahreszeiten sind sehr viel spürbarer als in Berlin. Ich mag das.

Ricore: Ihre Schwester leitet von zu Hause Ihr Management?

Weichselbraun: Sie macht meine Termine und Verträge, ja. Sie ist meine Zwillingsschwester und einfach organisierter als ich. Anfangs wollte sie es nur aushilfsweise machen, aber nachdem es wirklich gut anlief, hat sie einfach weitergemacht.

Ricore: Wieso heißt die Firma "Melrose Management"?

Weichselbraun: Meine Schwester heißt Melanie, meine Mama Rosmarie. Wenn sich unsere Freunde bei uns zuhause treffen wollten, hieß es also immer: "Gehen wir ins Melrose Place". Daher kam irgendwann der Name.
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Szene aus: "Bee Movie - Das Honigkomplott"
Ricore: Die Abschnitte Ihrer Karriere erinnern stark an die von Jessica Schwarz und Heike Makatsch, die nach ersten Moderationsversuchen irgendwann auch bei der Schauspielerei gelandet sind. Sind Filme Ihr Endziel, auf das Sie hinarbeiten?

Weichselbraun: Gar nicht. Ich halte nichts davon, dass jeder Moderator auch gleichzeitig Schauspieler werden möchte. Es kann einfach nicht jeder. Ich weiß noch nicht einmal, ob ich wirklich Talent dazu habe, deswegen probiere ich es gerade aus. Ich gehe zu Castings, und wenn mich jemand für begabt hält, nutze ich die Chance auch gerne für erste Gehversuche. Aber es ist gar nicht so, dass ich eigentlich Schauspielerin werden möchte und die Moderation für mich ein Umweg ist. Im Gegenteil: Ich moderiere echt gerne und mag schöne Unterhaltungsshows. Man hat mich sicher noch nie sagen hören, dass ich Schauspielerin bin. Dazu braucht es mehr als ein paar erste Auftritte. All das fühlt sich für mich noch sehr fremd an.

Ricore: Mit dem qualitativen Gehalt des Fernsehens steht es derzeit nicht zum Besten. Wie groß ist die Gefahr, als hübsche, junge Moderatorin bei Schundformaten zu landen?

Weichselbraun: Es ist gar nicht so einfach. Ich entscheide nach dem Bauchgefühl, weil ich kein Kopfmensch bin. Ich weiß, dass ich manche Aufträge hätte annehmen sollen, die mich vielleicht schneller vorangebracht hätten, aber die sich einfach nicht gut angefühlt hätten. Im Gegenzug habe ich auch Dinge gemacht, von denen mir abgeraten wurde, die ich aber trotzdem gemacht habe, weil ich es mit mir vereinbaren konnte. Mir ist es wichtig, in erster Linie meinem ersten Gefühl zu vertrauen. Ich merke schon selbst, ob etwas passt oder nicht. Aber man muss schon aufpassen, weil wirklich viel Schund produziert wird. Ich mag es nicht, wenn dem Fernsehzuschauer immer alles vorgekaut wird. Das Publikum wird oft für blöder gehalten als es wirklich ist. Ich persönlich mag schon eher Formate, die Fragen aufwerfen und zum Reden anregen.

Ricore: Ihre aktuelle Österreich-Show "Dancing Stars" ist allerdings ein Wackelkandidat...

Weichselbraun: Einige halten die Show für kitschig, aber zumindest sitzen die Leute vor dem Fernseher und reden darüber. Außerdem muss sich in diesem Format niemand zum Idioten machen. Ich hasse Show, bei denen sich auf Kosten anderer unterhalten wird. Dafür mag ich Menschen zu gerne und habe auch zu viel Respekt vor ihnen. Andererseits muss es solche Formate auch geben, denn immerhin generieren sie große Einschaltquoten. Ich halte nichts davon, Fernsehen in gute und schlechte Formate zu unterteilen. Ich mag keine erhobenen Zeigefinger. Wir Medienschaffenden müssen den Menschen nicht zeigen, was gut und was schlecht ist. Jeder muss das für sich selbst entscheiden. Wenn sich jemand gerne Gerichtsshows ansieht, ist das für mich auch in Ordnung. Nur meinen Ansprüchen wird es halt nicht gerecht.

Ricore: Haben Sie das Gefühl, dass Sie bei Ihren Angeboten zu oft mit Klischees konfrontiert werden?

Weichselbraun: Ja, klar. Im Fernsehen müssen alle Moderatorinnen gleich aussehen, Ironie wird auch schlecht verstanden. Es ist schon so, dass viele Frauen in dieser Branche einfach ein ähnlicher Typ sind, ich will mich da gar nicht ausschließen. Ich finde Sexyness im Fernsehen gar nicht verwerflich, es muss nur mit anderen Qualitäten gepaart sein. Ich habe mal Nelly Furtado interviewt, die ihren Idealzustand "intelligente Sexyness" nannte. Das trifft auch meinen Anspruch ganz gut. Ich bin total gerne Frau, schminke mich auch für die richtigen Gelegenheiten, kann aber andererseits auch wieder tagelang im Pyjama herumrennen. Aber ich muss schon beweisen, dass ich kein Püppchen bin, deren einzige Qualität blonde Haare sind. Man wird in meinem Alter sehr leicht in eine Schublade geschoben. Ich habe früher versucht, bewusst darauf hinzuweisen, dass ich gar nicht so bin. Damit habe ich inzwischen aufgehört. Entweder es merkt jemand, oder man merkt es eben nicht. Dann kann ich es auch nicht mehr ändern. Wer mir keine Chance gibt, dem brauch ich auch nicht auf Teufel komm raus etwas beweisen.
erschienen am 13. Dezember 2007
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In die Medien wollte die Österreicherin Mirjam Weichselbraun schon immer. Nach ersten Gehversuchen bei Antenne Tirol wurde sie von der Zeischrift Bravo zum "Girl des Jahres" gekürt und landete schließlich beim Kölner Sender VIVA Plus. Seitdem arbeitet das 26-jährige Energiebündel für die verschiedensten Formate bei Sendern wie ZDF, MTV und ORF.
Bevor er sich dem Ernst des Lebens zuwenden muss, beschließt Barry B. Benson (Jerry Seinfeld) sich in ein Abenteuer zu stürzen. Außerhalb des Bienenstocks macht er die Bekanntschaft der Floristin Vanessa (Renée Zellweger), die ihm vieles über die Menschen verrät. Als Barry erfährt, was die Menschen mit dem Honig der Bienen machen, wird er wütend. Er verklagt die Menschen. Jerry Seinfelds Ausflug in den Bereich der Filmanimation überzeugt durch eine überaus liebevoll erzählte Geschichte.
2024