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Anatole Taubman als verschrobener Wissenschaftler am "Lost Place 3D"
Einer der Guten?
Interview: Liebhaber Anatole Taubman?
Seine Phase als Anatole-Drama-Taubman hat der Schauspieler nach eigener Aussage überwunden. Dafür haben nicht nur das Familienleben mit drei Töchtern, sondern auch die Arbeit als UNICEF-Sprecher für die Schweiz gesorgt, wie Anatole Taubman im Interview mit Filmreporter.de berichtet. Charmant erzählt der Schweizer, dass er sich wegen seiner Familie lieber nicht auf Verschwörungstheorien wie in "Lost Place 3D" einlässt. Außerdem spricht er darüber, was es heißt, ein guter Vater zu sein und warum er so oft den Fiesling spielt.
erschienen am 25. 09. 2013
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Anatole Taubman warnt François Goeske in "Lost Place 3D"
Kontinentaleuropäer spielen selten Good Guys
Ricore Text: Wie erklären Sie, dass Sie so oft für zwielichtige Figuren besetzt werden?

Anatole Taubman: In englischen Filmproduktionen spielen Kontinentaleuropäer selten die Good Guys. Aber natürlich verfüge ich auch über die entsprechende Physiognomie mit Augenrändern und hohen Wangenknochen. Die Engländer lieben es ja, Schauspieler in eine Schublade zu stecken. Meine heißt Kontinentaleuropäer. Da gibt es verschiedene. Ich kann Russen, Polen, Slowaken, Italiener, Franzosen oder Nordafrikaner spielen. Das ist mir aber recht, denn es gibt nur eine Art gut zu sein, aber [spricht mit einer bedrohlichen Stimme] Millionen Arten böse zu sein. Mein Glück ist es aber, dass ich auf verschiedenen Märkten arbeite. Die Franzosen sehen mich beispielsweise ganz anders. Da darf ich auch der beste Freund oder, ich weiß, es ist schwer zu glauben, der Liebhaber sein.

Ricore: Oder bei der Neuverfilmung von "Fünf Freunde".

Taubman: Ja genau, da spiele ich Timmy, den Hund [lacht]. Nein Scherz, ich spiele einen Interpol-Agenten, einen von den Guten.

Ricore: Und die Rolle in "Lost Place", den Sie gerade drehen? Dieser Falk Geisinger sieht auf den ersten Blick eher böse aus.

Taubman: Er ist aber ein Guter. Ein verrückter Wissenschaftler, der manisch obsessiv an Verschwörungstheorien glaubt. Er lebt im Wald bei dieser verlassenen Anlage, die früher ein wissenschaftliches Zentrum für die Amerikaner war. Die hatten im Pfälzer Wald mit extrem starken elektromagnetischen Strahlen experimentiert, die Versuche sind aber gescheitert. Und dieser Falk Geisinger will die Welt davor warnen, was hier geschehen ist. Durch die lange Zeit, die er da schon allein lebt, ist er sozial aber etwas verkümmert. Aber in seinem Herzen ist er gut.

Ricore: Glauben Sie an Verschwörungstheorien?

Taubman: Ich finde sie auf jeden Fall spannend. Aber ich glaube nicht daran. Denn ich habe eine glühende Fantasie und wenn ich mich auf so etwas einlassen würde, wäre ich nicht mehr funktionstüchtig. Ich habe ja auch Kinder und eine Frau, da geht so etwas nicht. Und wenn es so wäre, könnte ich es ja auch nicht beeinflussen.

Ricore: Wie alt sind denn Ihre Kinder?

Taubman: 16, 14 und acht Jahre - drei Mädchen.

Ricore: Wie beruhigen Sie ihre Töchter, wenn sie Angst haben?

Taubman: Die 14-Jährige hatte mal eine Phase zwischen zehn und zwölf, da hatte sie so Weltuntergangsängste. Unser Credo war es, nicht zu erklären versuchen, dass das theoretisch vielleicht so sein könnte, sondern mit Liebe und großem Verständnis darauf zu reagieren. Ich habe dann immer gesagt, wenn irgendwas passieren sollte, bin ich bei dir. Wichtig ist, die Kinder in solchen Dingen ernst zu nehmen, da zu sein, zu beschützen.
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Anatole Taubman ("James Bond 007: Ein Quantum Trost")
Guter Papa Anatole Taubman
Ricore: Sind Ihre Töchter eher Mama- oder Papa-Kinder?

Taubman: Es war schon früh klar, dass ich eher für den Unterhaltungssektor zuständig bin. Das liegt bestimmt daran, dass ich nicht so viel da bin und vielleicht auch nicht so gut kochen kann. Also die Mama ist auf jeden Fall das Zentrum. Böse gesagt, würde die Familie auch ohne mich funktionieren. Aber trotzdem lieben meine Töchter ihren Papa ganz doll. Ich glaube ich bin auch ein guter Papa, ich bin auf jeden Fall lustig.

Ricore: Was macht denn einen guten Papa aus? Muss ihre Frau immer die Strenge sein?

Taubman: Sie ist auf jeden Fall die strengere, ich lasse sicher mehr durchgehen. Das bringt manchmal natürlich Konflikte. Ich glaube es ist wichtig, pflichtbewusst und verantwortungsvoll zu sein. Man sollte nichts versprechen, was man nicht halten kann. In meinem Beruf ist es auch wichtig, wenn ich nach drei Wochen wieder zurückkomme, mich nicht so total über die Familie zu stülpen, sondern mich erstmal zurückzunehmen. Das musste ich erst lernen. Man muss sich dann nahtlos in das alltägliche Schul-Familienleben einfügen. Das Wichtigste ist natürlich Liebe - und auch eine Achtjährige ernst zu nehmen und auf gleicher Augenhöhe zu behandeln.

Ricore: Wie viel Zeit im Jahr sind Sie nicht bei Ihrer Familie?

Taubman: Ich sag's mal so. Dieses Jahr ist das erste Jahr seit 2005, dass ich zwei Wochen am Stück zu Hause bin. Das habe ich bewusst so entschieden. Dafür habe ich ein paar internationale Projekte abgesagt und lieber deutsche Projekte angenommen, die ich aber auch spannender fand.

Ricore: Was hat Sie an der Rolle Falk Geisingers gereizt?

Taubman: Das Buch. Es ist eines der besten deutschen Drehbücher, die ich in den letzten Jahren gelesen habe.

Ricore: Was ist der Unterschied zwischen internationalen Produktionen und einem Film wie diesem, bei dem der junge Regisseur Thorsten Klein seinen Debütfilm dreht?

Taubman: Wenn ich bei so einem Low-Budget-Debütfilm mitmache, bin ich schon daran interessiert, dass das Projekt großes Potential hat, international anerkannt zu werden. Der Stoff und das Genre ist international. Zu Großprojekten liegen aber noch Welten dazwischen. Was ich aber wichtig finde ist, dass man Begeisterung und Teamspirit hat. Egal ob bei einem Bondfilm mit einem 400-Mann-Team oder einer Produktion mit 40 Leuten. Natürlich wollte ich vorher den Regisseur treffen. Thorsten hat mich mit seiner Vision überzeugt.

Ricore: Wie waren denn die Dreharbeiten im Pfälzer Wald.

Taubman: Super. Ich drehe lieber an Originalschauplätzen als im Studio. Da ist die Konzentration höher. Im Studio kann Lethargie reinkommen. Hier kommt ja auch noch dazu, dass die Geschichte auf wahren Begebenheiten beruht.
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Lost Place 3D
Ricore: Wie wirkt es sich auf die Dreharbeiten aus, wenn in 3D gefilmt wird?

Taubman: Die Wartezeiten sind noch länger als sonst, weil immer wieder alles genau von den Kameraleuten eingestellt werden muss. Aber von der Technik habe ich überhaupt keine Ahnung. Die Wartezeiten sind grundsätzlich eine große Herausforderung. Mann muss immer die Spannung halten.

Ricore: Glauben Sie, dass es sich lohnt, den Film in 3D zu drehen?

Taubman: Ich bin kein Freund vom 3D-Fernsehen. Und ich habe auch noch nicht so viele Filme in 3D gesehen. Bei Zeichentrick finde ich es gut. Kürzlich habe ich "Die Schlümpfe" gesehen. Ich finde, es muss nicht jeder Film in 3D gedreht werden. Natürlich war es hier ein Kick, aber ich denke, dass "Lost Place" auch in 2D funktionieren würde.

Ricore: Wie kommen Sie mit ihren jungen Kollegen am Set klar?

Taubman: Sehr gut. So etwas ist mir sehr wichtig. Viele Kollegen können auch ohne Team am Set gut funktionieren, aber ich bin einfach keine Ein-Mann-Show. Ich weiß meistens schon nach dem zweiten Tag alle Namen der Crewmitglieder. Da sind die dann immer total verwundert.

Ricore: Sie sind UNICEF-Sprecher für die Schweiz. Was beinhaltet diese Aufgabe?

Taubman: Am 30. November 2011 führe ich beispielsweise durch eine große Gala in München. Von Stars designte Weihnachtskugeln werden versteigert. Ich unterstütze alle Kampagnen von UNICEF Schweiz. Aber es gehören nicht nur solche Dinge dazu, sondern auch Field-Trips. Und da hat mich mein erster wirklich umgehauen.

Ricore: Wo waren Sie da?

Taubman: Es ging nach Ruanda. Ich dachte Ach, dann mache ich da ein paar Fotos mit Journalisten. Aber diese Reise hat mich mit Gefühlen wie eine Lawine umgehauen. Es war auch eine sehr politische Reise. Seitdem bin ich geläutert. Am 26. November startet eine zehntägige Kampagne gegen Gewalt an Frauen. UNICEF Schweiz ist sehr aktiv, sie sind weltweit der drittwichtigste Geldgeber von UNICEF. Ich nehme das sehr ernst. Es ist keine einfache Spaßaufgabe, sondern alles auch sehr politisch. Irgendwann muss man ja auch mal erwachsen werden.

Ricore: Hört sich an, als hätte sich dadurch Ihr Leben verändert.

Taubman: Für mich als Mensch und vor allem auch als Papa hat sich dadurch alles in die richtige Perspektive gerückt. Wenn mir jetzt in meinem kleinen Kosmos Anatol Taubman irgendetwas widerfährt, woraus ich vor ein paar Jahren noch ein Riesendrama gemacht hätte, denn ich war auch Anatol-Drama-Taubman, da habe ich mich jetzt ein paar Mal bewusst erwischt, dass ich sage: Moment, setz das mal in die richtige Perspektive. Das gebe ich auch an meine Töchter weiter. Meine Mädchen sind sehr interessiert, was um sie herum geschieht. Sie sind dynamische, moderne, unabhängige junge Frauen und fragen nach.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch
erschienen am 25. September 2013
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Lost Place 3D (Kinofilm)
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2024