Detailfilm, Janine Marold
Marleen Lohse in "Cleo" (2019)
Interview auf dem Filmfest München:
Interview: Marleen Lohse zu "Cleo"
Mit "Die Kinder vom Alstertal" fängt für Marleen Lohse alles an. Auch heute wird sie vor allem als 'Hexe auf der Straße erkannt, wenngleich die Wahlberlinerin längst auch in anderen namhaften Projekten wie "Nord bei Nordwest" und "M - Eine Stadt sucht einen Mörder" zu sehen ist. In Lohses neuestem Film "Cleo" ist sie nicht nur die Hauptdarstellerin, sie zeichnet auch als Koautorin verantwortlich. Im Gespräch mit Filmreporter.de erzählt sie von ihrer Leidenschaft für Berlin und weshalb Zeitreisen gar nicht ihr Ding sind.
erschienen am 4. 08. 2019
Detailfilm, Janine Marold
Jeremy Mockridge & Marleen Lohse in "Cleo" (2019)


Ricore Text: Wie kam es zu Ihrer Hauptrolle in "Cleo"? Marleen Lohse: Ich war schon von Anfang an dabei und habe am Drehbuch mitgearbeitet. Ich kenne den Regisseur Erik Schmitt schon seit vielen Jahren. Wir haben bereits mehrere Kurzfilme zusammen gemacht. Die Kurzfilme waren eine Trilogie und einige visuelle Elemente dienten als Test für diesen Langfilm. Mit unserem Treatment zu "Cleo" haben wir dann ein Stipendium der Wim Wenders-Stiftung gewonnen und uns anschließend voll und ganz in die Drehbucharbeit gestürzt. Die Arbeit am Buch hat etwa drei Jahre gedauert und bis zum fertigen Film waren es fünf intensive, aufregende und tolle Jahre.

Ricore Text: Haben Sie das Schreiben eines Drehbuchs gelernt oder war das eher ein Learning by Doing?

Marleen Lohse: Mediendramaturgie war ein kleiner Teil meiner Ausbildung an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, aber natürlich war ich anfangs völlig überfordert mit dieser großen Aufgabe. Aber Geschichtenerzählen hat mich immer interessiert und das tue ich als Schauspielerin natürlich auch. Die Begeisterung war da und so war vieles auch Learning by Doing. Vor kurzem habe ich durch Zufall ein Drehbuch gefunden, das ich 1995 geschrieben habe. Da habe ich gemerkt, dass das Schreiben eines Skripts mich schon immer begleitet und interessiert hat. Mir gefällt es durch das Schreiben neue Figuren zu kreieren. Momentan arbeite ich an einer neuen Idee.

Ricore Text: Sie arbeiten mit Herrn Schmitt in "Cleo" ja nicht das erste Mal zusammen. Weshalb haben Sie nicht genug voneinander?

Marleen Lohse: Die Art und Weise wie Erik die Welt sieht und daraus Geschichten und Filme spinnt, hat mich sehr beeindruckt. Wir haben uns zwar nicht gesucht, aber trotzdem gefunden. Für mich war der Beginn der Zusammenarbeit ein Wendepunkt in meiner Karriere. Selbst kreativ werden, aus kleinen Dingen etwas Größeres machen und immer wieder den Blickwinkel zu verändern, hat mich künstlerisch und auch menschlich sehr geprägt. Inzwischen sind wir ja eine kleine Filmfamilie geworden, zu der auch unser großartiger Kameramann Johannes Louis und unser Produzent Fabian Gasmia zählt. Die Zusammenarbeit wird natürlich weitergehen.

Ricore Text: Hatten Sie wie Cleo schon einmal das Bedürfnis in der Zeit zurück zu reisen, um etwas noch einmal zu erleben oder ungeschehen zu machen?

Marleen Lohse: Ich halte es wie Marlene Dietrich: "Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, würde ich die gleichen Fehler noch einmal machen. Aber ein bisschen früher, damit ich mehr davon habe".

Ricore Text: Wen aus der Vergangenheit hätten Sie dort gerne kennengelernt?

Marleen Lohse: Ich hätte gerne mit Marlene Dietrich einen Wein getrunken.
Detailfilm, Johannes Louis
Marleen Lohse in "Cleo" (2019)
Magischer, Furcht einflößender Ort
Ricore Text: Ein Großteil von "Cleo" spielt am Teufelsberg. War Ihnen die wechselhafte Geschichte dieses Bergs vor dem Film bekannt?

Marleen Lohse: Ich kannte die Geschichte des Teufelsberg, aber im Zuge der Recherche zum Drehbuch habe ich viel gelesen und zusammen mit Erik und dem Team mehrere Führungen unternommen. Wir waren am höchsten Punkt und im Untergrund. Wir haben auch vor Ort eine Schatzsuche unternommen und uns hierfür mit anderen Hobby-Schatzsuchern getroffen, um deren Welt kennenzulernen. Der Teufelsberg ist ein magischer und etwas Furcht einflößender Ort und er ist Dreh- und Angelpunkt unseres Films. Die Geschichte des Teufelsbergs liest sich wie ein Märchen oder ein Science-Fiction und ist doch größtenteils wahr.

Ricore Text: Haben Sie bei der Schatzsuche den anderen offenbart, dass Sie einen Film machen wollen?

Marleen Lohse: Wir haben mit offenen Karten gespielt und die Menschen haben sich darüber gefreut, dass wir Interesse an ihrem Hobby gezeigt haben.

Ricore Text: Als langjährige Berlinerin: Was macht für Sie Berlin neben dem Teufelsberg reizvoll?

Marleen Lohse: Berlin war für mich ein Abenteuer. Anfangs war mir die Stadt - zugegeben- ein bisschen und groß. Das hat mich aber gereizt und herausgefordert und ich kam ja auch mit der Zusage mein Studium zu beginnen. Ich hatte also eine klare Aufgabe und das war gut für mich. Berlin hat mich eingeladen mutig zu sein. Nach anfänglichen Schwierigkeiten und dem ersten harten Winter sind Berlin und ich gute Freunde geworden. Wenn man mal ganz ehrlich ist, dann ist Berlin eigentlich die heimliche Hauptdarstellerin in unserem Film "Cleo"

Ricore Text: Was war für Sie in Berlin schwierig?

Marleen Lohse: Berlin wartet nicht auf einen. Man muss eine Richtung für sich finden. Natürlich muss man das überall, aber Berlin ist keine Stadt, die einen an die Hand nimmt. Ich hatte auch schwierige Zeiten und musste erstmal mein Platz in dieser großen Stadt für mich finden. Inzwischen fühle ich mich pudelwohl und würde Berlin leichten Herzens als meine Wahlheimat bezeichnen.

Ricore Text: Welche Selbstzweifel haben Sie befallen oder befallen Sie noch heute?

Marleen Lohse: Ich habe zusammen mit Erik fünf Jahr an "Cleo" gearbeitet. Das ist ein sehr persönliches Projekt. Ich würde es nicht als Selbstzweifel bezeichnen, aber ich spüre eine große kribbelnde Aufregung in mir. Ich bin gespannt wie das Publikum auf den Film reagiert und ob sich unsere Geschichte transportiert. Das Loslassen solche Projekte ist immer sehr spannend.
Detailfilm, Johannes Louis
Marleen Lohse ist "Cleo" (2019)
Ich mag den Norden
Ricore Text: Wie wichtig ist Ihnen die Anerkennung durch das Publikum für Ihr Wohlbefinden?

Marleen Lohse: Mir ist es wichtig, dass das Publikum Wohlbefinden verspürt, wenn es unseren Film schaut. Wir machen unsere Arbeit für das Publikum. Natürlich gibt es da eine Verbindung. Wenn der Film etwas mit den Zuschauern macht, dann freue ich mich natürlich auch.

Ricore Text: Zu Ihren prominenteren Projekten gehört "Nord bei Nordwest". Ist dies eine Serie, die Sie noch lange weitermachen möchten?

Marleen Lohse: Das hoffe ich doch. Ich arbeite sehr gerne für "Nord bei Nordwest". Ich mag meine Kollegen, ich mag den Norden, ich gehöre da einfach hin. Ich komme ja aus dem hohen Norden und habe zu dem Format deshalb natürlich eine sehr enge und natürliche Verbindung.

Ricore Text: Sie drehen überwiegend in Deutschland, waren aber auch schon im Ausland unterwegs. Möchten Sie in Zukunft weiter vor allem in Ihrer Heimat arbeiten?

Marleen Lohse: Ich habe schon im Ausland gearbeitet. Dieses Jahr wurde der Dreiteiler "Bella Germania" vom ZDF ausgestrahlt, der unter anderem in Italien gedreht wurde. "M - Eine Stadt such einen Mörder" wurde in Wien gedreht. Natürlich bin ich offen für internationale Projekte. Immer her damit.

Ricore Text: Haben Sie privat noch Zeit ins Kino zu gehen und was sehen Sie sich an?

Marleen Lohse: Zum Glück schaffe ich es noch ins Kino zu gehen! Ich gehe regelmäßig und schaue mir verschiedenste Filme an. Gerne genreübergreifend.

Ricore Text: Vom russischen Arthauskino bis hin zum Hollywood-Blockbuster ist bei Ihnen also alles mit dabei?

Marleen Lohse: So kann man das sagen. Ich schaue auch sehr gerne Dokumentationen auf der großen Leinwand, wenn sich die Möglichkeit ergibt. Ein Kinosaal ist ein magischer Raum. Ein Zufluchtsort, an dem das Handy weggelegt wird und die Aufmerksamkeit voll wirken kann. Ich liebe die Konzentration im Raum, wenn das Publikum sich gemeinsam auf eine Reise einlässt. Ich sitze bei den Screenings von "Cleo" sehr gerne mit im Kinosaal, um zu spüren wie die Menschen auf den Film reagieren. Von Emden über Madrid bis hin nach Shanghai waren die Reaktionen auf den Film so vielseitig und bewegend. Das kann Kino. Das begeistert mich.

Ricore Text: Was steht für Sie nach "Cleo" an?

Marleen Lohse: Erstmal geht es auf Kinotour quer durch Deutschland. Danach drehe ich noch zwei Filme in Hamburg und arbeite an einem neuen Drehbuch. Einem Musikfilm.

Ricore Text: Vielen Dank für das Interview.
erschienen am 4. August 2019
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2024