Pandora Film
Wir sind dann wohl die Angehörigen (2022)

Wir sind dann wohl die Angehörigen

Die Geschichte einer Entführung
Originaltitel
Wir sind dann wohl die Angehörigen
Regie
Hans-Christian Schmid
Darsteller
Claude Heinrich, Adina Vetter, Justus von Dohnányi, Hans Löw, Yorck Dippe, Enno Trebs
Kinostart:
Deutschland, am 03.11.2022 bei Pandora Film
Genre
Drama
Land
Deutschland
Jahr
2021
FSK
ab 12 Jahren
Länge
118 min.
IMDB
IMDB
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brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
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Die Entführung von Jan Philipp Reemtsma
Der 13-jährige Johann (Claude Heinrich) hat Gewissensbisse. Die letzte Lateinübungsstunde mit seinem Vater Jan Philipp Reemtsma gleicht auf seiner Seite einem Rätselraten. Auf Vergil, der ihm von seinem Vater ans Herz gelegt wird, hat er keine Lust. Das dünne Bändchen landet in der Mülltonne. Beim Abendessen liegt Streit in der Luft. Doch nun könnte es sein, dass dies sein letzter Tag mit seinem Vater war. Der Millionärserbe wird entführt. 20 Millionen D-Mark Lösegeld wollen die Verbrecher.

Johanns Mutter Ann Kathrin (Adina Vetter) informiert sofort die Polizei, fortan sind immer zwei Beamte (Yorck Dippe, Enno Trebs) bei der Familie. Sie hoffen mit dem Täter die Lösegeldübergabe und Garantien für das Überleben Reemtsmas aushandeln zu können. Auch Familienanwalt Johann Schwenn (Justus von Dohnányi), ein alter Freund und Vertrauter des Vaters aus Frankfurt (Hans Löw) zieht zeitweise in der Hamburger Villa ein. Mehrere Geldübergaben scheitern, die Angst um Reemtsma steigt und die Nerven liegen blank.
Johann Scheerer veröffentlichte 2018 seine Erinnerungen an die 33 Tage im Frühling des Jahres 1996. Es ist eine Zeit, in der er zwischen Hoffnung und Bangen schwankt und eine Umwelt im Ausnahmezustand erlebt. Für die Adaption arbeitet Hans-Christian Schmid erneut mit Michael Gutmann zusammen, der zuvor bereits die Vorlagen zu "Nach Fünf im Urwald", "23 - nichts ist so wie es scheint", die Literaturverfilmung "Crazy" sowie "Lichter" für ihn schreibt.

Da der glückliche Ausgang des Entführungsdramas bekannt ist, konzentriert sich Schmied auf seine Stärken als Regisseur: den Zuschauer zu fesseln. Er schildert menschliche Gefühlswelten in all ihren Schattierungen, die ein grandioses Ensemble fein austariert und stimmig auf den Punkt bringt. Johann erlebt, wie seine Mutter ihn von Informationen ausschließt, um ihn zu schützen. Wie sie versucht, die optimistische Fassade ihm gegenüber zu wahren, was ihr schließlich nicht mehr gelingt. Er erlebt die Pannen der Polizei, die alle enttäuschen. Wie der Anwalt mit allen Mitteln helfen will. Die Familie und ihre Freunde schweben zwischen Hoffen und Bangen.

Durch die Wahl der Perspektive von Sohn Johann, aus dessen Sicht die Ereignisse in der Hamburger Villa geschildert werden, entsteht ein sehr intimer Blick auf das Leid derer, die medial meist im Schatten stehen. Im deutschen Film wird dieser Blickwinkel meist ausgeblendet. Werke zu spektakulären Entführungen wie "Der Tanz mit dem Teufel - Die Entführung des Richard Oetker" konzentrieren sich meist auf Polizei, Täter und Opfer. Dass die Situation auch an dessen Familie nicht spurlose vorbeigeht, liegt auf der Hand. Es ist gut, dass dies mit einem dem grandiosen Drama endlich auch auf der Leinwand sichtbar wird.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
Der 13-jährige Johann muss mit einer Ausnahmesituation fertig werden.
 
Johann Scheerer veröffentlichte 2018 seine Erinnerungen an die 33 Tage im Frühling des Jahres 1996, als sein Vater entführt wird.
Pandora Film, 23/5
Claude Heinrich & Adina Vetter in "Wir sind dann wohl die Angehörigen" (2022)
2024