Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush

Die fünf Jahre währende Inhaftierung von Murat Kurnaz ist einer der größten Skandale in der jüngeren deutsch-amerikanischen Geschichte. Der damalige Außenmister und heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier lehnt 2002 das Angebot der USA ab, den unschuldigen Murat Kurnaz von Deutschland aufzunehmen. Der peinliche Fakt wird im Drama nur am Rande erwähnt. Im Zentrum steht in jeder Minute das Auf und Ab im Gefühlsleben von Rabiye Kurnaz, die grandios von der türkischen Entertainerin Meltem Kaptan gespielt wird. Ihre Rabiye strahlt einen unverbrüchlichen Optimismus und eine Herzlichkeit aus. Mit ihrem natürlichen Wesen erobert sie die Herzen der Zuschauer. Hier kämpft eine liebende Mutter mit sozialer Intelligenz, die mit der richtigen Portion Courage wettmacht, was ihr an Bildung fehlt.

Sie nimmt Bernhard Docke mit Haut und Haar in Beschlag und vertraut ihm blind. Geduldig erläutert er ihr die komplizierten Wege der Justiz. Die beiden Menschen könnten auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein. Sie werden über die Jahre dennoch Freunde. Im Gerichtssaal ist er ein Profi. Doch Andreas Dresen ist nicht der Regisseur, der ihm einen großen Auftritt im Gerichtssaal schenkt, wie ihn der Zuschauer aus amerikanischen Gerichts-Dramen kennt.

Dresen bleibt auch hier ein Freund der leisen Töne und setzt, wie im gesamten Film auf seinen bewährten dokumentarisch-realistischen Erzählstil. Im Gegensatz zu seinen früheren Filmen, ergreift der renommierte Beobachter und Experte beim Ausloten von Zwischentönen eindeutig, aber unaufdringlich Partei für Rabiye Kurnaz und ihren Kampf für Gerechtigkeit. Und das ist gut so.