United International Pictures (UIP)
Team America (2004)
Kontroverse Reaktionen auf Team America
Feature: Missverstandene Marionetten
In den USA hat "Team America" großes Entsetzen ausgelöst. Linke Verschwörung rufen die einen - politische Satire loben die anderen. Hollywood-Star Sean Penn fühlte sich derart gekränkt, dass er zur Feder griff und einen bitterbösen Brief verfasste. Amerikas konservative Politiker witterten kurz vor der Wahl des US-Präsidenten am 2.November gar eine linke Verschwörung. Auch die Kino-Zensoren der Motion Picture of America (MPAA) waren stinksauer. Sie fühlten sich von Trey Parker und Matt Stone wegen einer Sexszene zwischen zwei Holzpuppen veralbert.
erschienen am 27. 12. 2004
Ohne Euch wären wir verloren...
Willkommen bei "Team America", so der Titel des neuen kontroversen Streifens der South Park Erfinder Trey Parker und Matt Stone. Seit dem 15. Oktober 2004 läuft der erste mit Marionetten gedrehte Action-Langfilm erfolgreich in amerikanischen Kinos. Erfolgreich nicht zuletzt deshalb, weil schon Wochen vor dem Start heftige Debatten um den mit bescheidenen 32 Millionen Dollar budgetierten Film in den USA geführt wurden.

Internet-Kolumnist Matt Drudge war einer der ersten, der den Kinofilm als "politisches Werkzeug der linken Hollywood-Mafia" etikettieren. So warnte der konservative Journalist auf seiner Website schon Wochen vor der Veröffentlichung, dass die "Paramount Studios sich mit dem Film über den Kampf gegen den Terror lustig machen". Das ehrenwerte Wall Street Journal folgte mit Veröffentlichungen der konservativen Organisation "America Forward". Deren Sprecher Howard Kaloogian wird mit der Äußerung zitiert, es wäre "zu Zeiten des zweiten Weltkrieges unmöglich gewesen, sich über die Nazis lustig zu machen." Aus den Kreisen der Republikaner war zu hören, dass mit "Team America" der Ausgang der Wahl beeinflussen werden solle, indem "Stimmung gegen die Politik von Präsident Bush gemacht werde."
Die Weltpolizei...Freund und Helfer der Pariser?
Parker und Stone, jene exzentrische Filmemacher aus Kanada, die sich gerne auch schon mal als Jennifer Lopez und Gwyneth Paltrow ausgeben und als solche verkleidet bei der Oscar-Verleihung in Los Angeles auftauchen, freuen sich natürlich über die kostenlose Werbung. Gleichzeitig fühlen sie sich aber völlig missverstanden. "Der Film steht als Metapher", so Stone "wir wollen keine Politik in Amerika machen, uns aber über Amerikas Gegner lustig machen." In "Team America" versammelt sich eine Gruppe redeschwingender US-Helden, um den "Terroristen den Garaus" zu machen. Freilich zerstört das Team "im Kampf gegen das Böse" so ziemlich jeden kulturellen Schatz, den unser Globus ziert. Der Eiffelturm muss genauso dran glauben wie die Sphinx. Selbst der Panama-Kanal wird in die Luft gejagt. Ohne Frage eine eindeutige Anspielung auf die viel zitierte Weltpolizei-Attitüde der USA.

Im gleichen Atemzug lässt das kreative Duo seinen sarkastischen Verdruss an der "liberalen Hollywood-Mafia" aus. Da führt der böse Alec Baldwin, ein bekennender Bush-Gegner, eine Ansammlung von Schauspielern, die sich mit Nordkoreas Kim Il Sung verbündet und mit aller Macht versucht, das Team America zum Scheitern zu bringen. Über Sean Penns Irak-Besuche wird sich genauso lustig gemacht wie über Tim Robbins politisches Engagement im Kampf gegen den Konservativismus in den Staaten.
Der empfindliche Sean Penn füllt sich auf den Schlips getreten
Oscar-Gewinner Penn fühlte sich sogar über eine Bemerkung der Filmemacher so beleidigt, dass er einen sehr expliziten Brief an Parker und Stone schrieb. Das Schreiben fand auf mysteriöse Weise sofort den Weg in die US-Medien. Darin beschwert sich Penn nicht etwa darüber, dass er im Film arg durch den Kakao gezogen wird. Vielmehr beklagt er sich, dass Stone und Parker es durchaus in Ordnung fänden, "wenn Leute, die nicht wissen, worüber sie reden, nicht zur Wahlurne gehen". Diese Anmerkung war Penn sogar ein freundliches "F...You" am Ende des Schreibens wert.

Als sei der politisches Zuendstoff nicht gefährlich genug, wagen sich Parker und Stone auch noch gleich an die nächste heilige Kuh in Hollywood: Sex. Eine Liebesszene zwischen zwei Team America-Mitgliedern war der Motion Picture of America (MPAA) zu wüst. Die Zensoren wollten dem Streifen das äußerst selten vergebene NC-17 Rating verpassen. Damit hätten nur über 17 Jahre alte Kinobesucher den Film sehen dürfen. "Wir haben insgesamt acht Versionen der Sexszene eingeschickt", so Scott Rudin, Produzent von "Team America". Enge Freunde von Parker und Stone behaupten, die Filmemacher hätten einen "Heidenspaß" gehabt, den konservativen Zensoren immer wieder neue Versionen de Corpus Delikti zuzusenden. Am Ende kam dann doch ein R-Rating heraus. Jetzt dürfen Teenager unter 18 Jahren den Film zumindest in Begleitung von Erwachsenen sehen. Dem Kassenerfolg stand nichts mehr im Wege.
Feuchtfröhliche Geschäfte
"Ich verstehe die Aufregung um unseren Film nicht", sagt Matt Stone. "Wenn Du Dir die ersten 40 Minuten des Films anschaust, denkst Du, dass Michael Moore das Skript geschrieben hat. Dann siehst Du die nächsten 40 Minuten und Du glaubst, dass wir die größten Rechtsradikalen sind, die es in den USA gibt", fährt er fort. Er will damit ausdrücken, dass er und sein Partner scheinbar selbst nicht so genau wissen, ob sie überhaupt eine Meinung vertreten wollten oder nicht. "Heutzutage musst Du ständig eine Seite wählen, ständig sagen, für wen oder gegen wen Du bist. Dagegen wollen wir uns stemmen", fällt ihm sein Komplize Parker ins Wort.

Tatsächlich sollte "Team America" in erster Linie die in den vergangenen Jahren immer irrwitziger scheinenden Action-Streifen Hollywoods karikieren. "Wir wollten uns eigentlich über die Action-Film a la Jerry Bruckheimer lustig machen, aber eben mit Marionetten", fasst Stone das ursprüngliche Unterfangen von "Team America" zusammen. Die politische Lawine, die der Film kurz vor der Wahl losgetreten hat, war demnach ebenso ungewollt wie der "wahnsinnige Arbeitsaufwand", der mit diesem Film verbunden war. "Hätten wir vorher gewusst, wie viel Arbeit in seinem solchen Projekt steckt, hätten wir es wahrscheinlich gar nicht gemacht", sagt Stone, den die Kontroverse im Moment "herzlich wenig interessiert". Er will - und da stimmt ihm Parker kopfnickend zu - jetzt "nur noch schlafen und Ferien machen". Danach geht's zurück zu South Park. Material für die nächste Staffel dürfte es mit dem alten und neuen Präsidenten als Zielscheibe genug geben.
erschienen am 27. Dezember 2004
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"America, Fuck Yeah!" ist nicht die Parole eines Amerikafeindlichen Terroristen, nein es ist vielmehr der Titelsong eines Puppenfilms der "South Park"-Erfinder Trey Parker und Matt Stone. Natürlich ist der Titel des Songs Programm. Schließlich verhöhnen die Puppen ohne Unterschied Terroristen, Hollywoods liberale Fraktion - die es hier wirklich noch geben soll - und die martialische Kriegsproduktionen der Traumfabrik. South-Park-Fans werden nicht überrascht sei, dass Sprache und Plot obszön,..
Geboren in Houston, Texas, USA.
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