News: Kino-Nachrichten
Kinosaal in München
Heute schon gepoppt?
Neulich im Kino...
"The Hours". Wie habe ich mich auf den Film gefreut. Virginia Woolfs Leben und Werk haben mich schon als Teenagerin interessiert und Michael Cunninghams Roman gefällt mir viele Jahre später als gelungene Pointierung eines Woolfschen Themas. Jetzt die Verfilmung mit Meryl Streep, ja - und Nicole Kidman!
12. Apr 2003: Ich kaufe mir eine Karte für die 11.00 Uhr Vorstellung. Morgens sind die Kinos noch so schön leer, ich kann es kaum erwarten, mich kopfüber in den Film zu stürzen. Es beginnt alles ganz wunderbar: kein Riese vor mir, der mir die Sicht nehmen würde, keine elendslangen Werbetrailer für Zigaretten und Eiskrem, die meine Geduld auf die Probe stellen würde. Selbst Miramax und Paramount eröffnen den Film ohne Getöse, mit einem stillen, sachten und tonlosen Aufspann. Schließlich <P ALIGN="Center">Wasserrauschen.


Virginia Woolf füllt ihre Taschen mit Steinen und schickt sich an, sich im Fluss Ouse zu ertränken. "Liebster, ich spüre genau, dass ich wieder wahnsinnig werde...," - in diesem Moment höre ich das ersten Krachen. In der Reihe hinter mir vertilgt eine Gruppe weiblicher Teenager bei offenem Mund Popcorn und Nachos und ... - Wasserrauschen ... - "Ich glaube, dass wir eine solche schreckliche Zeit nicht noch einmal durchmachen können..." Während sich Virginia Woolf auf der Leinwand mit einem Abschiedsbrief von ihrem Mann und vom Leben verabschiedete debattieren die Damen in der folgenden Reihe nun lautstark, in welchem Film sie sich denn befänden: "Wie heißt der Film? The Others? Oder: Ours" - "Nee, ich glaub der heißt The Hours...". Wasserrauschen. "Und diesmal werde ich nicht wieder gesund werden. Ich höre Stimmen, und ich kann mich nicht konzentrieren".

Auch ich höre Stimmen und kann mich nicht konzentrieren. Auf meine höfliche Frage, ob die Mädels denn bitte das Quatschen unterlassen könnten verstummen die Stimmen hinter mir. Kiefer zermalmen weiterhin gepoppten Mais und Chips. Tüten rascheln.

Währenddessen wird Mrs. Woolf von den Fluten weggerissen und ich fragte mich, wann der Hunger meines Mitpublikums gestillt sein möge. Wie lange hält eine Chipstüte? Haben sie eine S-, M-, oder L-Packung Popcorn gekauft? Bei einem Film wie "xXx - Triple X" hätten die Kaugeräusche sich wohl effektvoll in den allgemeinen Klangpegel eingefügt, aber wir sitzen nun einmal nicht in "xXx - Triple X"... - zum Glück?<P Align="Center"> Futterquellen versiegt... 2. Versuch


Gegen Mitte des Films kehrt langsam Ruhe ein. Die Futterquellen scheinen versiegt. Ich beschließe, am nächsten Tag noch einmal ins Kino zu gehen um ungestört in den Genuss des Anfangs zu kommen. 14:30 Uhr am darauf folgenden Tag. Mit Bedacht lasse ich mir einen Platz in den weniger begehrten Reihen geben. Meine Nachbarn futtern hingebungsvoll Nachos. "Hunger ist gut", dachte ich ,"vielleicht essen sie ihre Snacks ja bis zum Filmbeginn auf. Ist das nicht der wahre Segen an Kinowerbung: Popcorn- und tütenknisternde Chips- und Nachoesser können sich austoben, ausquatschen und anschließend können sich alle in Ruhe den Film ansehen"?

Aufspann Miramax und Paramount - lautlos. Wasserrauschen. Virginia Woolf füllt sich ihre Taschen mit Steinen... in Reihe 14 wird lauthals und anhaltend gequatscht, was einen anderen Mitzuschauer zu der Aufforderung veranlasst doch endlich die Klappe zu halten. Diesmal sitzen die Nacho-Verschlinger nicht hinter, sondern neben mir und der Laut breitete sich dank der guten Akustik wellenförmig aus. Wasserplätschern... "Hätte mich jemand retten können, wärest du es gewesen. Alles, außer der Gewissheit deiner Güte, hat mich verlassen." Mich hat auch so einiges verlassen als ich das Kino verlasse. Vielleicht versuche ich es nächste Woche noch einmal? <P ALIGN="Center">"Heaven only knows why we love it so."
Weiterführende Infos
Stars
Nicole Kidman Meryl Streep
2024